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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr.

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Goldlcrgerstätteu auf deutschen! Boden

und Poppäa, Neros Gemahlin, ihre Maultiere mit dem gelben Edelmetalle
beschlagen ließ, haben zweifellos auch die Gegenden der nördlichen Barbaren
von Kolchis und Pannonien bis hin zum Rheine einen ansehnlichen Beitrag
geliefert. Noch zur Zeit des Mittelalters lieferte der Boden von Zentraleuropa
erstaunlich große Mengen an Gold, und zwar in Landstrichen, in denen
man heute meistens vergeblich selbst nach Spuren des edlen Erzes sucht. So
Scham Hajek auf Grund zuverlässiger Angaben die Goldausbeute der Umgegend
von Eule bei Prag während des Jahres 1363 in ihrem Werte auf nicht weniger
als 1500000 Goldgulden, und nach den vortrefflichen Darstellungen von Reißacher
zog die erzbischöfliche Kammer zu Salzburg von 1538 bis 1562 von den Gold¬
feldern in der Umgegend des Wildbades Gastein, denen die Taurisker bereits
große Mengen von Edelmetall entnommen haben müssen, als die reichen Gold¬
wäschen an der Salzach schon erschöpft waren, jährlich an Rente allein
80000 Goldgulden. Der jährliche Ertrag des Goldgebietes an der Nordseite
der hohen Tauern auf der salzburgischen Seite soll mit 1468000 Gulden und
der auf der südlichen Kärnthener Seite mit 5130000 Gulden nicht zu hoch
geschätzt sein. Fürwahr, auch das alte Europa hat seine Dorados gehabt, aber
die ungezählten Tausende, ja Hunderttausende geschäftiger Menschen, die in der
Jahrhunderte Verlauf in ihm nach dem kostbaren und so begehrten Edelmetalle
gesucht, haben seinen Boden schon verhältnismäßig früh fast gänzlich erschöpft,
abgesehen nur von Ungarn und Siebenbürgen, zwei Landgebieten, die auch
noch in unseren Tagen einen immerhin nennenswerten Beitrag zur gesamten
Goldausbeute der Welt geliefert haben.

Was nun das Vorkommen von Gold in deutscher Erde, soweit heute das
schwarz-weiß-rote Banner über ihr weht, betrifft, so hat sich auch diese nicht
ganz so arm an dem gelben Edelmetalle gezeigt, wie man heute, wo der
Bergbau schon seit geraumer Zeit deutschen Golderzen keine Beachtung mehr
schenkt, allgemein annimmt. -- Zwar möchte ich nicht glauben, daß Gebiete unseres
Teutschen Reiches dabei in Frage kommen, wenn Herodot von Gegenden an der
damals angenommenen Nordgrenze von Europa spricht, deren Goldreichtum zu
seiner Zeit am Mittelmeere gerühmt wurde. Meiner Ansicht nach handelt es
sich hierbei nur um das Gebiet des goldreichen Uralgebirges, aus dem nach¬
weislich schon sehr früh Gold auf dem Handelswege bis zum Pontus gekommen
ist. Aber dennoch können unsere Altvordern Germaniens Boden nicht so arm
an demi edlen Metalle gefunden haben, wie man wohl anzunehmen versucht
sein könnte. Zwar erfahren wir durch die römischen Schriftsteller, soweit mir
bekannt ist, nichts von irgendwelchem nennenswerten Besitze an Gold, den die
Cimbern und Teutonen mit sich führten, als sie in Italien einfielen, wogegen
die Gallier, als sie im Jahre 390 v. Chr. vor den Toren der alten Roma
erschienen, zum Teile schon goldgeschmückte Wehr und Waffen trugen. Gold,
verwendet zu Zieraten und Gefäßen, zum Schmucke von Geräten und Waffen,
ja selbst zu Würfeln, spielt aber in der Mythologie und den ältesten Sagen


Goldlcrgerstätteu auf deutschen! Boden

und Poppäa, Neros Gemahlin, ihre Maultiere mit dem gelben Edelmetalle
beschlagen ließ, haben zweifellos auch die Gegenden der nördlichen Barbaren
von Kolchis und Pannonien bis hin zum Rheine einen ansehnlichen Beitrag
geliefert. Noch zur Zeit des Mittelalters lieferte der Boden von Zentraleuropa
erstaunlich große Mengen an Gold, und zwar in Landstrichen, in denen
man heute meistens vergeblich selbst nach Spuren des edlen Erzes sucht. So
Scham Hajek auf Grund zuverlässiger Angaben die Goldausbeute der Umgegend
von Eule bei Prag während des Jahres 1363 in ihrem Werte auf nicht weniger
als 1500000 Goldgulden, und nach den vortrefflichen Darstellungen von Reißacher
zog die erzbischöfliche Kammer zu Salzburg von 1538 bis 1562 von den Gold¬
feldern in der Umgegend des Wildbades Gastein, denen die Taurisker bereits
große Mengen von Edelmetall entnommen haben müssen, als die reichen Gold¬
wäschen an der Salzach schon erschöpft waren, jährlich an Rente allein
80000 Goldgulden. Der jährliche Ertrag des Goldgebietes an der Nordseite
der hohen Tauern auf der salzburgischen Seite soll mit 1468000 Gulden und
der auf der südlichen Kärnthener Seite mit 5130000 Gulden nicht zu hoch
geschätzt sein. Fürwahr, auch das alte Europa hat seine Dorados gehabt, aber
die ungezählten Tausende, ja Hunderttausende geschäftiger Menschen, die in der
Jahrhunderte Verlauf in ihm nach dem kostbaren und so begehrten Edelmetalle
gesucht, haben seinen Boden schon verhältnismäßig früh fast gänzlich erschöpft,
abgesehen nur von Ungarn und Siebenbürgen, zwei Landgebieten, die auch
noch in unseren Tagen einen immerhin nennenswerten Beitrag zur gesamten
Goldausbeute der Welt geliefert haben.

Was nun das Vorkommen von Gold in deutscher Erde, soweit heute das
schwarz-weiß-rote Banner über ihr weht, betrifft, so hat sich auch diese nicht
ganz so arm an dem gelben Edelmetalle gezeigt, wie man heute, wo der
Bergbau schon seit geraumer Zeit deutschen Golderzen keine Beachtung mehr
schenkt, allgemein annimmt. — Zwar möchte ich nicht glauben, daß Gebiete unseres
Teutschen Reiches dabei in Frage kommen, wenn Herodot von Gegenden an der
damals angenommenen Nordgrenze von Europa spricht, deren Goldreichtum zu
seiner Zeit am Mittelmeere gerühmt wurde. Meiner Ansicht nach handelt es
sich hierbei nur um das Gebiet des goldreichen Uralgebirges, aus dem nach¬
weislich schon sehr früh Gold auf dem Handelswege bis zum Pontus gekommen
ist. Aber dennoch können unsere Altvordern Germaniens Boden nicht so arm
an demi edlen Metalle gefunden haben, wie man wohl anzunehmen versucht
sein könnte. Zwar erfahren wir durch die römischen Schriftsteller, soweit mir
bekannt ist, nichts von irgendwelchem nennenswerten Besitze an Gold, den die
Cimbern und Teutonen mit sich führten, als sie in Italien einfielen, wogegen
die Gallier, als sie im Jahre 390 v. Chr. vor den Toren der alten Roma
erschienen, zum Teile schon goldgeschmückte Wehr und Waffen trugen. Gold,
verwendet zu Zieraten und Gefäßen, zum Schmucke von Geräten und Waffen,
ja selbst zu Würfeln, spielt aber in der Mythologie und den ältesten Sagen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_317612/185>, abgerufen am 28.12.2024.