Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr.Gskcir Jäger der württembergische Klosterschüler brachte diese Einsicht schon als eigne Er¬ Auf den Abschluß der akademischen Studien folgte für Jäger eine Reihe Im Jahre 1862 wurde Jäger zum Rektor des Progymnasiums in Mörs GrmzSotm IV 1910 s
Gskcir Jäger der württembergische Klosterschüler brachte diese Einsicht schon als eigne Er¬ Auf den Abschluß der akademischen Studien folgte für Jäger eine Reihe Im Jahre 1862 wurde Jäger zum Rektor des Progymnasiums in Mörs GrmzSotm IV 1910 s
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0069" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/317020"/> <fw type="header" place="top"> Gskcir Jäger</fw><lb/> <p xml:id="ID_178" prev="#ID_177"> der württembergische Klosterschüler brachte diese Einsicht schon als eigne Er¬<lb/> fahrung in das reifere Alter, zunächst auf die Hochschule mit. In einem seiner<lb/> gedruckten Aufsätze hat Jäger den Aufenthalt im Tübinger Stift anschaulich<lb/> beschrieben, nicht ohne heitere Hervorkehruug manches Zuges von menschlicher<lb/> Schwäche, die in so engem Zusammenleben deutlicher als anderswo bemerkt<lb/> wurde, doch mit herzlicher Anerkennung für das, was der Jugend dort geboten<lb/> ward, wie für den Ernst gemeinsamen Strebens, womit sie sich des Dargebotenen<lb/> zu bemächtigen suchte. In dieses friedliche Dasein sollte nun, gerade im Anfang<lb/> von Jägers Studentenzeit, der Sturm von 1848 hereinbrausen. „Uns Jungen<lb/> war es in jenen Märztagen, die dem Februar-Ereignis in Frankreich folgten,<lb/> als vernähmen wir die Posaune des Weltgerichts, um die deutsche Nation aus<lb/> langem Schlafe zu einem neuen, großartigen Leben der Freiheit und der Macht<lb/> zu rufen", so berichtet er selbst. Und wenn er auch auf die Versuche zu eigner<lb/> politischer und gar militärischer Mitwirkung, die von Tübingen aus gemacht<lb/> wurden, später mit Lächeln zurückblickte, so vergaß er doch niemals, was er<lb/> dem damals Durchlebten verdankte: unausrottbar war dadurch in ihn das<lb/> Bewußtsein gepflanzt worden, daß sein Leben aufs engste verknüpft war mit<lb/> dem der Nation. „Man war in sturmbewegter Zeit," das sind wieder seine<lb/> eignen Worte, „man mochte wollen oder nicht, zum Politiker und Patrioten<lb/> geworden."</p><lb/> <p xml:id="ID_179"> Auf den Abschluß der akademischen Studien folgte für Jäger eine Reihe<lb/> pädagogischer Lehr- und Wanderjahre, die wieder damit ihr Ende fanden, daß<lb/> ihn der Provinzialschulrat Landfermann als Lehrer an das Gymnasium in<lb/> Wetzlar berief. Von seiner dreijährigen Wirksamkeit dort hat uns einer seiner<lb/> Schüler, der nachher auch als Mann in nahe amtliche Beziehungen zu ihm<lb/> getreten ist, Wilhelm Münch, eine Schilderung gegeben. Vom ersten Tage an<lb/> wurde er als die interessanteste und bedeutendste Persönlichkeit im Kreise der<lb/> Schule empfunden. Das Glück einer jungen Ehe kam hinzu, um ihm die<lb/> Freudigkeit des Schaffens zu steigern. So hatten die Schüler des Wetzlarer<lb/> Gymnasiums hier einen Freund und Berater gewonnen, der von der Art, die<lb/> sie sonst gewohnt waren, merkbar abwich. Bei aller Festigkeit seiner Forde¬<lb/> rungen ging er doch mit jugendlicher Frische auf den Sinn der Jugend ein,<lb/> erschien im Drillichanzug auf dein Turnplatz als Vorturner, der allen voran<lb/> die Gerstange warf und den Barlauf eröffnete. Das Wertvollste war doch, wie<lb/> er im Geschichtsunterricht durch seinen lebendigen Vortrag, durch die freie Auf¬<lb/> fassung nationaler Fragen, zu der er sich bekannte, in den Herzen der Zuhörer<lb/> Tatenlust und Lerneifer zu wecken wußte.</p><lb/> <p xml:id="ID_180" next="#ID_181"> Im Jahre 1862 wurde Jäger zum Rektor des Progymnasiums in Mörs<lb/> gewählt und hat hier wieder drei Jahre lang gewirkt. Die Leitung eines<lb/> wenn auch kleinen Kollegiums, die Vertretung der Anstalt nach außen gaben ihm<lb/> Gelegenheit, sich für größere Aufgaben zu rüsten, die nicht ausbleiben konnten.<lb/> Zwar, als vom Kuratorium des Gymnasiums in Bielefeld beschlossen war, ihm</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> GrmzSotm IV 1910 s</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0069]
Gskcir Jäger
der württembergische Klosterschüler brachte diese Einsicht schon als eigne Er¬
fahrung in das reifere Alter, zunächst auf die Hochschule mit. In einem seiner
gedruckten Aufsätze hat Jäger den Aufenthalt im Tübinger Stift anschaulich
beschrieben, nicht ohne heitere Hervorkehruug manches Zuges von menschlicher
Schwäche, die in so engem Zusammenleben deutlicher als anderswo bemerkt
wurde, doch mit herzlicher Anerkennung für das, was der Jugend dort geboten
ward, wie für den Ernst gemeinsamen Strebens, womit sie sich des Dargebotenen
zu bemächtigen suchte. In dieses friedliche Dasein sollte nun, gerade im Anfang
von Jägers Studentenzeit, der Sturm von 1848 hereinbrausen. „Uns Jungen
war es in jenen Märztagen, die dem Februar-Ereignis in Frankreich folgten,
als vernähmen wir die Posaune des Weltgerichts, um die deutsche Nation aus
langem Schlafe zu einem neuen, großartigen Leben der Freiheit und der Macht
zu rufen", so berichtet er selbst. Und wenn er auch auf die Versuche zu eigner
politischer und gar militärischer Mitwirkung, die von Tübingen aus gemacht
wurden, später mit Lächeln zurückblickte, so vergaß er doch niemals, was er
dem damals Durchlebten verdankte: unausrottbar war dadurch in ihn das
Bewußtsein gepflanzt worden, daß sein Leben aufs engste verknüpft war mit
dem der Nation. „Man war in sturmbewegter Zeit," das sind wieder seine
eignen Worte, „man mochte wollen oder nicht, zum Politiker und Patrioten
geworden."
Auf den Abschluß der akademischen Studien folgte für Jäger eine Reihe
pädagogischer Lehr- und Wanderjahre, die wieder damit ihr Ende fanden, daß
ihn der Provinzialschulrat Landfermann als Lehrer an das Gymnasium in
Wetzlar berief. Von seiner dreijährigen Wirksamkeit dort hat uns einer seiner
Schüler, der nachher auch als Mann in nahe amtliche Beziehungen zu ihm
getreten ist, Wilhelm Münch, eine Schilderung gegeben. Vom ersten Tage an
wurde er als die interessanteste und bedeutendste Persönlichkeit im Kreise der
Schule empfunden. Das Glück einer jungen Ehe kam hinzu, um ihm die
Freudigkeit des Schaffens zu steigern. So hatten die Schüler des Wetzlarer
Gymnasiums hier einen Freund und Berater gewonnen, der von der Art, die
sie sonst gewohnt waren, merkbar abwich. Bei aller Festigkeit seiner Forde¬
rungen ging er doch mit jugendlicher Frische auf den Sinn der Jugend ein,
erschien im Drillichanzug auf dein Turnplatz als Vorturner, der allen voran
die Gerstange warf und den Barlauf eröffnete. Das Wertvollste war doch, wie
er im Geschichtsunterricht durch seinen lebendigen Vortrag, durch die freie Auf¬
fassung nationaler Fragen, zu der er sich bekannte, in den Herzen der Zuhörer
Tatenlust und Lerneifer zu wecken wußte.
Im Jahre 1862 wurde Jäger zum Rektor des Progymnasiums in Mörs
gewählt und hat hier wieder drei Jahre lang gewirkt. Die Leitung eines
wenn auch kleinen Kollegiums, die Vertretung der Anstalt nach außen gaben ihm
Gelegenheit, sich für größere Aufgaben zu rüsten, die nicht ausbleiben konnten.
Zwar, als vom Kuratorium des Gymnasiums in Bielefeld beschlossen war, ihm
GrmzSotm IV 1910 s
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |