Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr.Maßgebliches mit Unmaßgebliches stattfindende Internationale Baufachausstellung, welche mit Sonderausstellungen Zur Religionsgeschichte. In dem Diederichsschen Verlag, in dem schon Eine kurzgefaßte allgemeine Geschichte der Religionen bietet Salomon Reinach Maßgebliches mit Unmaßgebliches stattfindende Internationale Baufachausstellung, welche mit Sonderausstellungen Zur Religionsgeschichte. In dem Diederichsschen Verlag, in dem schon Eine kurzgefaßte allgemeine Geschichte der Religionen bietet Salomon Reinach <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0647" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/317598"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches mit Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_3216" prev="#ID_3215"> stattfindende Internationale Baufachausstellung, welche mit Sonderausstellungen<lb/> verbunden sein wird, auch diese volkswirtschaftlich wie sozialpolitisch hochbedeutsame<lb/><note type="byline"> Seidel</note> Frage einen guten Schritt weiter bringen. </p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Zur Religionsgeschichte.</head> <p xml:id="ID_3217"> In dem Diederichsschen Verlag, in dem schon<lb/> früher die Werke von Robertson, Kalthoff und Drews erschienen sind, die den<lb/> Nachweis zu führen versuchen, daß das Christentum nicht auf einen geschichtlichen<lb/> Jesus, sondern auf eine Christusidce zurückgehe, ist neuerdings der erste Teil eines<lb/> von gleichen Grundgedanken ausgehenden Werkes erschienen: Sinn, Lublinskis<lb/> „Der urchristliche Erdkreis und sein Mythos". 1. Bd.: „Die Entstehung deK<lb/> Christentums aus der antiken Kultur" (Jena 1910. 3 M.). Lublinski lehnt die<lb/> Kalthoffsche Deutung des Urchristentums als einer sozialen Bewegung ab und sucht,<lb/> vielfach mit Drews sich berührend, das Christentum zu erklären als die große<lb/> Kultursynthese der Antike, hervorgegangen aus der ethischen Romantik des Plato-<lb/> nismus und den Mysterienkultcn des alten Orients. Die Ausführungen Lublinskis,<lb/> an denen übrigens der würdige, von aller gehässigen Polemik freie Ton wohltuend<lb/> berührt, sind fesselnd geschrieben und geben ein anschauliches Bild von der neu<lb/> erschlossenen bunten Welt religiöser Strömungen und Gestaltungen der großen<lb/> Zeitenwende vor und nach Christi Geburt. Daß er freilich nur durch kühne<lb/> Kombinationen das ziemlich dunkle und bruchstückartige Material zu seinem<lb/> geschlossenen Gesamtbilde zusammenzwingt, das ist sich Lublinski selbst bewußt;<lb/> und seine These, daß das Christentum nicht auf einem geschichtlichen Jesus beruhe<lb/> und nicht einem geschichtlichen Paulus seine erste Ausbreitung verdanke, sondern<lb/> seinem Mythos nach viel älter sei, als selbständige Religion sich aber erst nach<lb/> der Zerstörung Jerusalems vom Judentum habe ablösen können, hat zur Voraus¬<lb/> setzung eine Ablehnung des geschichilichen Quellenwertes sämtlicher neutestcnnent-<lb/> lichen Schriften, die doch als unhaltbar bezeichnet werden muß. Man wird so<lb/> aus dein Werke Lublinskis vieles lernen können über die religiöse Umwelt, in die<lb/> das Christentum hineintrat und von der es sicher auch beeinflußt worden ist; aber<lb/> die Entstehung des Christentums in völligem Widerspruch zu dessen eigenen ältesten<lb/> Quellen lediglich aus dieser Umwelt erklären zu wollen, muß wohl von vornherein<lb/> als verfehlter Versuch erscheinen.</p><lb/> <p xml:id="ID_3218" next="#ID_3219"> Eine kurzgefaßte allgemeine Geschichte der Religionen bietet Salomon Reinach<lb/> in seinem „Orpheus". (Deutsche Ausgabe von A. Mahler. Wien und Leipzig;<lb/> Eisenstein. 1910.) Ob es nötig war, dieses vom Geiste Voltaires (der bis zum<lb/> Überdruß zitiert wird) und Heines inspirierte Buch deutschen Lesern darzubieten,<lb/> möchte man bezweifeln. Zwar nimmt Reinach für sich den Ruhm in Anspruch,<lb/> „zum erstenmal eine zusammenfassende Darstellung aller Religionen unter dem<lb/> Gesichtswinkel von natürlichen Erscheinungen und nichts anderen zu bieten"; aber<lb/> das Eigentümliche an seinem Buche ist doch schließlich nur die Vereinigung eines<lb/> Kompendiums der Kirchengeschichte mit einem solchen der außerchristlichen Religionen.<lb/> Der Verfasser verfügt, wie besonders die bibliographischen Anmerkungen beweisen,<lb/> über eine staunenswerte Velesenheit; aber der ungeheure Stoff ist nur ziemlich<lb/> locker gruppiert zusammengetragen, zum Teil bedenklich oberflächlich behandelt<lb/> (man lese nur die fünf Seiten über die deutsche Reformation!), und das Ganze<lb/> wird nur für einen gewissen Leserkreis schmackhaft gemacht durch das tendenziöse<lb/> Urteil des Verfassers, der so ziemlich die ganze Geschichte der Religionen als<lb/> Mischmasch von Irrtum und Gewalt darstellt. Auch die Übersetzung läßt zu<lb/> wünschen übrig (statt „Erwachen" lies z. B. „Erweckung"!). Ein gutes, lesbares<lb/> Handbuch der Geschichte der Religionen fehlt uns wohl allerdings noch; das Werk,</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0647]
Maßgebliches mit Unmaßgebliches
stattfindende Internationale Baufachausstellung, welche mit Sonderausstellungen
verbunden sein wird, auch diese volkswirtschaftlich wie sozialpolitisch hochbedeutsame
Seidel Frage einen guten Schritt weiter bringen.
Zur Religionsgeschichte. In dem Diederichsschen Verlag, in dem schon
früher die Werke von Robertson, Kalthoff und Drews erschienen sind, die den
Nachweis zu führen versuchen, daß das Christentum nicht auf einen geschichtlichen
Jesus, sondern auf eine Christusidce zurückgehe, ist neuerdings der erste Teil eines
von gleichen Grundgedanken ausgehenden Werkes erschienen: Sinn, Lublinskis
„Der urchristliche Erdkreis und sein Mythos". 1. Bd.: „Die Entstehung deK
Christentums aus der antiken Kultur" (Jena 1910. 3 M.). Lublinski lehnt die
Kalthoffsche Deutung des Urchristentums als einer sozialen Bewegung ab und sucht,
vielfach mit Drews sich berührend, das Christentum zu erklären als die große
Kultursynthese der Antike, hervorgegangen aus der ethischen Romantik des Plato-
nismus und den Mysterienkultcn des alten Orients. Die Ausführungen Lublinskis,
an denen übrigens der würdige, von aller gehässigen Polemik freie Ton wohltuend
berührt, sind fesselnd geschrieben und geben ein anschauliches Bild von der neu
erschlossenen bunten Welt religiöser Strömungen und Gestaltungen der großen
Zeitenwende vor und nach Christi Geburt. Daß er freilich nur durch kühne
Kombinationen das ziemlich dunkle und bruchstückartige Material zu seinem
geschlossenen Gesamtbilde zusammenzwingt, das ist sich Lublinski selbst bewußt;
und seine These, daß das Christentum nicht auf einem geschichtlichen Jesus beruhe
und nicht einem geschichtlichen Paulus seine erste Ausbreitung verdanke, sondern
seinem Mythos nach viel älter sei, als selbständige Religion sich aber erst nach
der Zerstörung Jerusalems vom Judentum habe ablösen können, hat zur Voraus¬
setzung eine Ablehnung des geschichilichen Quellenwertes sämtlicher neutestcnnent-
lichen Schriften, die doch als unhaltbar bezeichnet werden muß. Man wird so
aus dein Werke Lublinskis vieles lernen können über die religiöse Umwelt, in die
das Christentum hineintrat und von der es sicher auch beeinflußt worden ist; aber
die Entstehung des Christentums in völligem Widerspruch zu dessen eigenen ältesten
Quellen lediglich aus dieser Umwelt erklären zu wollen, muß wohl von vornherein
als verfehlter Versuch erscheinen.
Eine kurzgefaßte allgemeine Geschichte der Religionen bietet Salomon Reinach
in seinem „Orpheus". (Deutsche Ausgabe von A. Mahler. Wien und Leipzig;
Eisenstein. 1910.) Ob es nötig war, dieses vom Geiste Voltaires (der bis zum
Überdruß zitiert wird) und Heines inspirierte Buch deutschen Lesern darzubieten,
möchte man bezweifeln. Zwar nimmt Reinach für sich den Ruhm in Anspruch,
„zum erstenmal eine zusammenfassende Darstellung aller Religionen unter dem
Gesichtswinkel von natürlichen Erscheinungen und nichts anderen zu bieten"; aber
das Eigentümliche an seinem Buche ist doch schließlich nur die Vereinigung eines
Kompendiums der Kirchengeschichte mit einem solchen der außerchristlichen Religionen.
Der Verfasser verfügt, wie besonders die bibliographischen Anmerkungen beweisen,
über eine staunenswerte Velesenheit; aber der ungeheure Stoff ist nur ziemlich
locker gruppiert zusammengetragen, zum Teil bedenklich oberflächlich behandelt
(man lese nur die fünf Seiten über die deutsche Reformation!), und das Ganze
wird nur für einen gewissen Leserkreis schmackhaft gemacht durch das tendenziöse
Urteil des Verfassers, der so ziemlich die ganze Geschichte der Religionen als
Mischmasch von Irrtum und Gewalt darstellt. Auch die Übersetzung läßt zu
wünschen übrig (statt „Erwachen" lies z. B. „Erweckung"!). Ein gutes, lesbares
Handbuch der Geschichte der Religionen fehlt uns wohl allerdings noch; das Werk,
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |