Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr.Im Flecken "Das denke ich." "Und ich sage dir -- merke darauf -- in diesem Kreise sitze ich, Tit Grigorjewitsch "Sieh doch!" rief Räbzow spöttisch. "Ich sage es dir." "Du denkst, du wärest imstande, mich in die Luft zu sprengen?" "Ich würde alles daransetzen, und wenn ich als Bettler Haus und Hof ver¬ "Sieh doch, wie giftig du bist!" "Ich bin nicht giftig. Ich halte auf mein Recht. Ich denke ja auch nicht "In meinem Kreise! Wie der Mensch spricht! In meinem Kreise gibt es "Warum nicht?" "Warum nicht! Weil es dort eben keine Wälder gibt." "Keine Wälder?" "Ja, ja, keine Wälder. Das heißt, Wald gibt es, aber solchen Wald kannst "In deinem Kreise kein Bauholz!" "Ich sage es dir ja. Du weißt es übrigens selbst." "Gott sei mir gnädig! Dein Kreis ist ja der waldreichste im ganzen "Hahahaha, um die Gouvernementsstadt Waldreichtum! Tit Grigorjewitsch, "Ja, Bruder, einer von uns hat jetzt den Verstand verloren. Was, zum "Nur nicht hitzig, Väterchen, nicht hitzig! Ich lebe seit zwei Monaten in der "Bist nicht mehr in dem fernen Kreise?" ,,Habe dort alles aufgegeben und alle Geschäfte beendet. Im Gouvernement Botscharows Wangen und Stirn färbten sich. "Im Gouvernement lebst du jetzt? Hast deinen Handel in meiner Nähe! "Höre, Tit Grigorjewitsch, wollen wir dies Gespräch heute lassen. Sage mir Wohl eine halbe Stunde blieb Botscharow einsilbig und konnte mit der Auf¬ Im Flecken „Das denke ich." „Und ich sage dir — merke darauf — in diesem Kreise sitze ich, Tit Grigorjewitsch „Sieh doch!" rief Räbzow spöttisch. „Ich sage es dir." „Du denkst, du wärest imstande, mich in die Luft zu sprengen?" „Ich würde alles daransetzen, und wenn ich als Bettler Haus und Hof ver¬ „Sieh doch, wie giftig du bist!" „Ich bin nicht giftig. Ich halte auf mein Recht. Ich denke ja auch nicht „In meinem Kreise! Wie der Mensch spricht! In meinem Kreise gibt es „Warum nicht?" „Warum nicht! Weil es dort eben keine Wälder gibt." „Keine Wälder?" „Ja, ja, keine Wälder. Das heißt, Wald gibt es, aber solchen Wald kannst „In deinem Kreise kein Bauholz!" „Ich sage es dir ja. Du weißt es übrigens selbst." „Gott sei mir gnädig! Dein Kreis ist ja der waldreichste im ganzen „Hahahaha, um die Gouvernementsstadt Waldreichtum! Tit Grigorjewitsch, „Ja, Bruder, einer von uns hat jetzt den Verstand verloren. Was, zum „Nur nicht hitzig, Väterchen, nicht hitzig! Ich lebe seit zwei Monaten in der „Bist nicht mehr in dem fernen Kreise?" ,,Habe dort alles aufgegeben und alle Geschäfte beendet. Im Gouvernement Botscharows Wangen und Stirn färbten sich. „Im Gouvernement lebst du jetzt? Hast deinen Handel in meiner Nähe! „Höre, Tit Grigorjewitsch, wollen wir dies Gespräch heute lassen. Sage mir Wohl eine halbe Stunde blieb Botscharow einsilbig und konnte mit der Auf¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0635" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/317586"/> <fw type="header" place="top"> Im Flecken</fw><lb/> <p xml:id="ID_3089" prev="#ID_3088"> „Das denke ich."</p><lb/> <p xml:id="ID_3090"> „Und ich sage dir — merke darauf — in diesem Kreise sitze ich, Tit Grigorjewitsch<lb/> Botscharow. Wer sich neben mich setzen will, sich in meine Geschäfte drängen und<lb/> mir hinderlich sein will ich bin ein friedlicher Mensch, aber für jeden solchen<lb/> Unberufenen wäre es ebensogut, er setzte sich auf ein Faß mit Pulver, das auf<lb/> glimmernden Kohlen stände."</p><lb/> <p xml:id="ID_3091"> „Sieh doch!" rief Räbzow spöttisch.</p><lb/> <p xml:id="ID_3092"> „Ich sage es dir."</p><lb/> <p xml:id="ID_3093"> „Du denkst, du wärest imstande, mich in die Luft zu sprengen?"</p><lb/> <p xml:id="ID_3094"> „Ich würde alles daransetzen, und wenn ich als Bettler Haus und Hof ver¬<lb/> lassen müßte. Doch, Gott sei Dank, zum Betteln würde es nicht kommen. Tit<lb/> Grigorjewitsch Botscharow kann etwas leisten und etwas aushalten."</p><lb/> <p xml:id="ID_3095"> „Sieh doch, wie giftig du bist!"</p><lb/> <p xml:id="ID_3096"> „Ich bin nicht giftig. Ich halte auf mein Recht. Ich denke ja auch nicht<lb/> daran, in deinem Kreise zu kaufen und Handel zu treiben."</p><lb/> <p xml:id="ID_3097"> „In meinem Kreise! Wie der Mensch spricht! In meinem Kreise gibt es<lb/> keine Waldstücke, die du kaufen möchtest."</p><lb/> <p xml:id="ID_3098"> „Warum nicht?"</p><lb/> <p xml:id="ID_3099"> „Warum nicht! Weil es dort eben keine Wälder gibt."</p><lb/> <p xml:id="ID_3100"> „Keine Wälder?"</p><lb/> <p xml:id="ID_3101"> „Ja, ja, keine Wälder. Das heißt, Wald gibt es, aber solchen Wald kannst<lb/> du nicht brauchen. Du machst Geschäfte in Bauholz, und ich habe weit umher<lb/> nur Brennholz, jämmerliches, hungriges Brennholz."</p><lb/> <p xml:id="ID_3102"> „In deinem Kreise kein Bauholz!"</p><lb/> <p xml:id="ID_3103"> „Ich sage es dir ja. Du weißt es übrigens selbst."</p><lb/> <p xml:id="ID_3104"> „Gott sei mir gnädig! Dein Kreis ist ja der waldreichste im ganzen<lb/> Gouvernement."</p><lb/> <p xml:id="ID_3105"> „Hahahaha, um die Gouvernementsstadt Waldreichtum! Tit Grigorjewitsch,<lb/> Gott verdunkelt dir den Verstand."</p><lb/> <p xml:id="ID_3106"> „Ja, Bruder, einer von uns hat jetzt den Verstand verloren. Was, zum<lb/> Teufel, faselst du von der Gouvernementsstadt?"</p><lb/> <p xml:id="ID_3107"> „Nur nicht hitzig, Väterchen, nicht hitzig! Ich lebe seit zwei Monaten in der<lb/> Gouv ernementsstadt."</p><lb/> <p xml:id="ID_3108"> „Bist nicht mehr in dem fernen Kreise?"</p><lb/> <p xml:id="ID_3109"> ,,Habe dort alles aufgegeben und alle Geschäfte beendet. Im Gouvernement<lb/> habe ich mein Haus und meinen Holzhandel."</p><lb/> <p xml:id="ID_3110"> Botscharows Wangen und Stirn färbten sich.</p><lb/> <p xml:id="ID_3111"> „Im Gouvernement lebst du jetzt? Hast deinen Handel in meiner Nähe!<lb/> Denkst also wirklich dich mir auf die Nase zu setzen und auch hier im Nachbarkreise<lb/> zu arbeiten?"</p><lb/> <p xml:id="ID_3112"> „Höre, Tit Grigorjewitsch, wollen wir dies Gespräch heute lassen. Sage mir<lb/> lieber, wie kommst du in den jetzigen Zeiten mit deinen Kommis aus? Bist du<lb/> so glücklich, ehrliche Leute zu haben, oder bestehlen sie dich ebenso, wie ich bestohlen<lb/> werde?"</p><lb/> <p xml:id="ID_3113" next="#ID_3114"> Wohl eine halbe Stunde blieb Botscharow einsilbig und konnte mit der Auf¬<lb/> regung nicht fertig werden, die der alte Geschäftsfreund in ihm heraufbeschworen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0635]
Im Flecken
„Das denke ich."
„Und ich sage dir — merke darauf — in diesem Kreise sitze ich, Tit Grigorjewitsch
Botscharow. Wer sich neben mich setzen will, sich in meine Geschäfte drängen und
mir hinderlich sein will ich bin ein friedlicher Mensch, aber für jeden solchen
Unberufenen wäre es ebensogut, er setzte sich auf ein Faß mit Pulver, das auf
glimmernden Kohlen stände."
„Sieh doch!" rief Räbzow spöttisch.
„Ich sage es dir."
„Du denkst, du wärest imstande, mich in die Luft zu sprengen?"
„Ich würde alles daransetzen, und wenn ich als Bettler Haus und Hof ver¬
lassen müßte. Doch, Gott sei Dank, zum Betteln würde es nicht kommen. Tit
Grigorjewitsch Botscharow kann etwas leisten und etwas aushalten."
„Sieh doch, wie giftig du bist!"
„Ich bin nicht giftig. Ich halte auf mein Recht. Ich denke ja auch nicht
daran, in deinem Kreise zu kaufen und Handel zu treiben."
„In meinem Kreise! Wie der Mensch spricht! In meinem Kreise gibt es
keine Waldstücke, die du kaufen möchtest."
„Warum nicht?"
„Warum nicht! Weil es dort eben keine Wälder gibt."
„Keine Wälder?"
„Ja, ja, keine Wälder. Das heißt, Wald gibt es, aber solchen Wald kannst
du nicht brauchen. Du machst Geschäfte in Bauholz, und ich habe weit umher
nur Brennholz, jämmerliches, hungriges Brennholz."
„In deinem Kreise kein Bauholz!"
„Ich sage es dir ja. Du weißt es übrigens selbst."
„Gott sei mir gnädig! Dein Kreis ist ja der waldreichste im ganzen
Gouvernement."
„Hahahaha, um die Gouvernementsstadt Waldreichtum! Tit Grigorjewitsch,
Gott verdunkelt dir den Verstand."
„Ja, Bruder, einer von uns hat jetzt den Verstand verloren. Was, zum
Teufel, faselst du von der Gouvernementsstadt?"
„Nur nicht hitzig, Väterchen, nicht hitzig! Ich lebe seit zwei Monaten in der
Gouv ernementsstadt."
„Bist nicht mehr in dem fernen Kreise?"
,,Habe dort alles aufgegeben und alle Geschäfte beendet. Im Gouvernement
habe ich mein Haus und meinen Holzhandel."
Botscharows Wangen und Stirn färbten sich.
„Im Gouvernement lebst du jetzt? Hast deinen Handel in meiner Nähe!
Denkst also wirklich dich mir auf die Nase zu setzen und auch hier im Nachbarkreise
zu arbeiten?"
„Höre, Tit Grigorjewitsch, wollen wir dies Gespräch heute lassen. Sage mir
lieber, wie kommst du in den jetzigen Zeiten mit deinen Kommis aus? Bist du
so glücklich, ehrliche Leute zu haben, oder bestehlen sie dich ebenso, wie ich bestohlen
werde?"
Wohl eine halbe Stunde blieb Botscharow einsilbig und konnte mit der Auf¬
regung nicht fertig werden, die der alte Geschäftsfreund in ihm heraufbeschworen
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |