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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr.

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Das Projekt einer deutschen Uommuncilbcmk

Geschäftsbeziehungen mit den Landesbanken den Kommunen bieten würde. Mit
Recht wird u. a, darauf hingewiesen, daß namentlich bei den mittleren und
kleineren Kommunen leicht eine derartige Gewöhnung an die Landesbank und
an deren Kreditbedingungen eintritt, daß an die Aufsuchung etwaiger besserer
Kreditquellen gar nicht mehr gedacht wird. Für die Kommunen kann diese
Gewöhnung zu einer allmählichen Verschlechterung des Kredits führen oder
wenigstens ein Hemmnis seiner Verbesserung sein. Diese Gewöhnung soll tat¬
sächlich schon in weitem Umfange eingetreten sein. Seit einiger Zeit erhalten
die mittleren und kleinen Kommunen in Westpreußen bis zu kleinen Wasser¬
genossenschaften herunter ihre Kommunaldarlehen zu besseren Bedingungen von
den Hypothekenbanken (nämlich zu 4 Prozent ohne Zinsaufschlag bei geringer
Provision), als die Kommunen aller mit Landesbanken usw. versehenen Provinzen.

Diese Gefahr der Gewöhnung ist bei der Kommunalbank nur gering, weil
ihr Geschäftsbetrieb durchsichtiger ist, sich mehr in der Öffentlichkeit vollzieht und
vor allem durch das Wechselverhältnis zwischen Dividende und Kreditbedingungen
beständig kontrolliert werden kann.

Ferner weisen die Landesbanken darauf hiu, daß die von ihnen erzielten
Überschüsse den Kommunen durch Minderung der Provinzialabgaben wieder
zugute kommen. Mit Recht betont demgegenüber das Rundschreiben, daß dies
in einem unrichtigen Verhältnisse erfolge; es beruft sich dabei auf eine Äußerung
des Kämmerers der Stadt Danzig, des jetzigen Oberbürgermeisters von Bromberg.
Mitzlasf, in dessen Referat auf dem Deutschen Städtetage, der ausführte: "Ein¬
zelne Provinzialhilfskassen (so die rheinische und westfälische Landesbank) führen
an ihre Provinzialhauptverwaltungen beträchtliche Überschüsse ab. Der wünschens¬
werte Zustand wäre, daß, soweit es sich bei den sogenannten Überschüssen nicht
um die Verzinsung und Tilgung vorgestreckter Kapitalien handelt, etwaige
Betriebsüberschüsse nicht der Hauptverwaltung zugeführt werden, sondern der
Hilfskasse verbleiben. Es würde dann erreicht werden können, daß bei der
Festsetzung des Darlehnszinsfußes der Zinsenaufschlag wesentlich vermindert und,
wenn größere Reservefonds angesammelt sind, die Zinssparung, wie es bei
einigen der älteren ritterschaftlichen Landschaften, z. B. der schlesischen, der Fall
ist, sogar ganz wegfallen könnte." Das einzige von den größeren Provinzial-
instituten, das keinen Gewinn erzielt, sondern die Überschüsse zur Ermäßigung
der Zinsen verwendet, ist die hannoversche Landeskreditanstalt, die aber die
Kommunaldarlehnsgewährung seit 1906 eingestellt hat.

Tatsächlich findet man in den Landesbankprovinzen, daß die größten und
leistungsfähigsten Kommunen, insbesondere die Großstädte, ihre Anleihen auf
die billigste Art, nämlich durch Ausgabe eigener Obligationen, daß die kleinen
Kommunen ihre Anleihen erheblich teurer von der Landesbank aufnehmen. An
den Alileihen der kleinen Kommunen wird ein Gewinn erzielt, der nach dem
Maßstab der Provinzialabgaben auf alle Kommunen verteilt wird, an dem also
die größten und leistungsfähigsten Kommunen am meisten partizipieren. Die


Das Projekt einer deutschen Uommuncilbcmk

Geschäftsbeziehungen mit den Landesbanken den Kommunen bieten würde. Mit
Recht wird u. a, darauf hingewiesen, daß namentlich bei den mittleren und
kleineren Kommunen leicht eine derartige Gewöhnung an die Landesbank und
an deren Kreditbedingungen eintritt, daß an die Aufsuchung etwaiger besserer
Kreditquellen gar nicht mehr gedacht wird. Für die Kommunen kann diese
Gewöhnung zu einer allmählichen Verschlechterung des Kredits führen oder
wenigstens ein Hemmnis seiner Verbesserung sein. Diese Gewöhnung soll tat¬
sächlich schon in weitem Umfange eingetreten sein. Seit einiger Zeit erhalten
die mittleren und kleinen Kommunen in Westpreußen bis zu kleinen Wasser¬
genossenschaften herunter ihre Kommunaldarlehen zu besseren Bedingungen von
den Hypothekenbanken (nämlich zu 4 Prozent ohne Zinsaufschlag bei geringer
Provision), als die Kommunen aller mit Landesbanken usw. versehenen Provinzen.

Diese Gefahr der Gewöhnung ist bei der Kommunalbank nur gering, weil
ihr Geschäftsbetrieb durchsichtiger ist, sich mehr in der Öffentlichkeit vollzieht und
vor allem durch das Wechselverhältnis zwischen Dividende und Kreditbedingungen
beständig kontrolliert werden kann.

Ferner weisen die Landesbanken darauf hiu, daß die von ihnen erzielten
Überschüsse den Kommunen durch Minderung der Provinzialabgaben wieder
zugute kommen. Mit Recht betont demgegenüber das Rundschreiben, daß dies
in einem unrichtigen Verhältnisse erfolge; es beruft sich dabei auf eine Äußerung
des Kämmerers der Stadt Danzig, des jetzigen Oberbürgermeisters von Bromberg.
Mitzlasf, in dessen Referat auf dem Deutschen Städtetage, der ausführte: „Ein¬
zelne Provinzialhilfskassen (so die rheinische und westfälische Landesbank) führen
an ihre Provinzialhauptverwaltungen beträchtliche Überschüsse ab. Der wünschens¬
werte Zustand wäre, daß, soweit es sich bei den sogenannten Überschüssen nicht
um die Verzinsung und Tilgung vorgestreckter Kapitalien handelt, etwaige
Betriebsüberschüsse nicht der Hauptverwaltung zugeführt werden, sondern der
Hilfskasse verbleiben. Es würde dann erreicht werden können, daß bei der
Festsetzung des Darlehnszinsfußes der Zinsenaufschlag wesentlich vermindert und,
wenn größere Reservefonds angesammelt sind, die Zinssparung, wie es bei
einigen der älteren ritterschaftlichen Landschaften, z. B. der schlesischen, der Fall
ist, sogar ganz wegfallen könnte." Das einzige von den größeren Provinzial-
instituten, das keinen Gewinn erzielt, sondern die Überschüsse zur Ermäßigung
der Zinsen verwendet, ist die hannoversche Landeskreditanstalt, die aber die
Kommunaldarlehnsgewährung seit 1906 eingestellt hat.

Tatsächlich findet man in den Landesbankprovinzen, daß die größten und
leistungsfähigsten Kommunen, insbesondere die Großstädte, ihre Anleihen auf
die billigste Art, nämlich durch Ausgabe eigener Obligationen, daß die kleinen
Kommunen ihre Anleihen erheblich teurer von der Landesbank aufnehmen. An
den Alileihen der kleinen Kommunen wird ein Gewinn erzielt, der nach dem
Maßstab der Provinzialabgaben auf alle Kommunen verteilt wird, an dem also
die größten und leistungsfähigsten Kommunen am meisten partizipieren. Die


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[0529] Das Projekt einer deutschen Uommuncilbcmk Geschäftsbeziehungen mit den Landesbanken den Kommunen bieten würde. Mit Recht wird u. a, darauf hingewiesen, daß namentlich bei den mittleren und kleineren Kommunen leicht eine derartige Gewöhnung an die Landesbank und an deren Kreditbedingungen eintritt, daß an die Aufsuchung etwaiger besserer Kreditquellen gar nicht mehr gedacht wird. Für die Kommunen kann diese Gewöhnung zu einer allmählichen Verschlechterung des Kredits führen oder wenigstens ein Hemmnis seiner Verbesserung sein. Diese Gewöhnung soll tat¬ sächlich schon in weitem Umfange eingetreten sein. Seit einiger Zeit erhalten die mittleren und kleinen Kommunen in Westpreußen bis zu kleinen Wasser¬ genossenschaften herunter ihre Kommunaldarlehen zu besseren Bedingungen von den Hypothekenbanken (nämlich zu 4 Prozent ohne Zinsaufschlag bei geringer Provision), als die Kommunen aller mit Landesbanken usw. versehenen Provinzen. Diese Gefahr der Gewöhnung ist bei der Kommunalbank nur gering, weil ihr Geschäftsbetrieb durchsichtiger ist, sich mehr in der Öffentlichkeit vollzieht und vor allem durch das Wechselverhältnis zwischen Dividende und Kreditbedingungen beständig kontrolliert werden kann. Ferner weisen die Landesbanken darauf hiu, daß die von ihnen erzielten Überschüsse den Kommunen durch Minderung der Provinzialabgaben wieder zugute kommen. Mit Recht betont demgegenüber das Rundschreiben, daß dies in einem unrichtigen Verhältnisse erfolge; es beruft sich dabei auf eine Äußerung des Kämmerers der Stadt Danzig, des jetzigen Oberbürgermeisters von Bromberg. Mitzlasf, in dessen Referat auf dem Deutschen Städtetage, der ausführte: „Ein¬ zelne Provinzialhilfskassen (so die rheinische und westfälische Landesbank) führen an ihre Provinzialhauptverwaltungen beträchtliche Überschüsse ab. Der wünschens¬ werte Zustand wäre, daß, soweit es sich bei den sogenannten Überschüssen nicht um die Verzinsung und Tilgung vorgestreckter Kapitalien handelt, etwaige Betriebsüberschüsse nicht der Hauptverwaltung zugeführt werden, sondern der Hilfskasse verbleiben. Es würde dann erreicht werden können, daß bei der Festsetzung des Darlehnszinsfußes der Zinsenaufschlag wesentlich vermindert und, wenn größere Reservefonds angesammelt sind, die Zinssparung, wie es bei einigen der älteren ritterschaftlichen Landschaften, z. B. der schlesischen, der Fall ist, sogar ganz wegfallen könnte." Das einzige von den größeren Provinzial- instituten, das keinen Gewinn erzielt, sondern die Überschüsse zur Ermäßigung der Zinsen verwendet, ist die hannoversche Landeskreditanstalt, die aber die Kommunaldarlehnsgewährung seit 1906 eingestellt hat. Tatsächlich findet man in den Landesbankprovinzen, daß die größten und leistungsfähigsten Kommunen, insbesondere die Großstädte, ihre Anleihen auf die billigste Art, nämlich durch Ausgabe eigener Obligationen, daß die kleinen Kommunen ihre Anleihen erheblich teurer von der Landesbank aufnehmen. An den Alileihen der kleinen Kommunen wird ein Gewinn erzielt, der nach dem Maßstab der Provinzialabgaben auf alle Kommunen verteilt wird, an dem also die größten und leistungsfähigsten Kommunen am meisten partizipieren. Die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316950/529>, abgerufen am 22.07.2024.