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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr.

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Das Projekt einer deutschen Aommunalbcmk

worden, als wenn jene dem Projekt nicht wohlwollend entgegenstanden. Dieses
entspricht nicht den Tatsachen. Vielmehr ist das Unternehmen von den Behörden
wohlwollend behandelt worden. Hindernisse sind von staatlicher Seite nicht zu
besorgen. Eine positive Förderung durch eine Zusage über die Mündelsicherheit,
welche der Bundesrat auszusprechen haben würde, hat der Ausschuß zwar bisher
nicht erlangen können, glaubt aber, daß diese schließlich nicht versagt werden wird.

Die Praxis des Bundesrath geht dahin, die Mündelsicherheit den Wert¬
papieren privater Gesellschaften zu versagen, dagegen besteht ein Vorgang für
den vorliegenden Fall wohl nicht, da in der bisherigen Praxis des Bundesrath
ein Institut, das der Deutschen Kommunalbank ähnlich wäre, nicht vorgekommen
sein dürfte.

Die bisher vom Finanzministerium geäußerten Bedenken beruhen haupt¬
sächlich auf der Besorgnis vor einer Beeinträchtigung des Kurses der preußischen
Staatsanleihen. Es wird angenommen, daß die Kommunalscheine beim Publikum
beliebt seien und daher einen hohen Kurs haben würden. Dadurch würden sie
den Konsols ähnlicher werden, wie die bisherigen Einzel- oder Kommunal- oder
Provinzialobligationen, und würden ihnen größere Konkurrenz machen. Außer¬
dem könne die Kommunalbank ihre jährlichen Emissionen so einrichten, daß sie
die staatlichen Emissionen vorhersehen und dadurch auf den: Kapitalmarkt die
Sahne abschöpfen würde. Auf der anderen Seite ist gerade von dem jetzigen
Finanzminister, damaligen Oberbürgermeister Dr. Lentze in einer Herrenhausrede
mit vollem Rechte hervorgehoben worden, daß es ein Irrtum sei, wenn vielfach
angenommen werde, die Kommunen wären Körperschaften für sich, die in bezug
auf die Finanzen den Staat und das Reich gar nichts angingen; sie seien im
Gegenteil nichts wie Teile des Staates und des Reiches, und wenn die Finanzen
in den Kommunen verwirrt werden und zugrunde gehen, könne der Staat nicht
gedeihen und das Reich auch nicht.

Die ganze Frage unterliegt gegenwärtig einer erneuten Prüfung im
Finanzministerium, das vor der Entscheidung des Bundesrates Stellung zur
Sache nehmen muß.

Die größere Schwierigkeit liegt zurzeit in dem Verhältnis zu den Städten,
da der Deutsche Städtetag von den weniger interessierten Großstädten geleitet
wird und es schwer ist, mit den interessierten Städten eine geeignete Verbindung
herzustellen. Die verschiedenen Strömungen unter den Städten verschiedener
Größe und mit verschieden gearteten wirtschaftlichen Verhältnissen erschweren
naturgemäß eine gemeinsame Arbeit. Die große Mehrheit der Kreise steht
gleichwohl auf dem Standpunkt, jede Gelegenheit zu benutzen, sich mit den
Städten zu gemeinsamer wirtschaftlicher Arbeit zu vereinigen; parteipolitische
Differenzen sind völlig auszuschalten. Politische Fragen mit diesem rein wirt¬
schaftlichen Unternehmen zu verquicken, erscheint nicht angebracht. Wie wenig
die Kreise selbst daran denken, geht aus einem im Mai des Jahres an alle
deutschen Städte gerichteten Rundschreiben hervor, in welchem ausgeführt wird,


Das Projekt einer deutschen Aommunalbcmk

worden, als wenn jene dem Projekt nicht wohlwollend entgegenstanden. Dieses
entspricht nicht den Tatsachen. Vielmehr ist das Unternehmen von den Behörden
wohlwollend behandelt worden. Hindernisse sind von staatlicher Seite nicht zu
besorgen. Eine positive Förderung durch eine Zusage über die Mündelsicherheit,
welche der Bundesrat auszusprechen haben würde, hat der Ausschuß zwar bisher
nicht erlangen können, glaubt aber, daß diese schließlich nicht versagt werden wird.

Die Praxis des Bundesrath geht dahin, die Mündelsicherheit den Wert¬
papieren privater Gesellschaften zu versagen, dagegen besteht ein Vorgang für
den vorliegenden Fall wohl nicht, da in der bisherigen Praxis des Bundesrath
ein Institut, das der Deutschen Kommunalbank ähnlich wäre, nicht vorgekommen
sein dürfte.

Die bisher vom Finanzministerium geäußerten Bedenken beruhen haupt¬
sächlich auf der Besorgnis vor einer Beeinträchtigung des Kurses der preußischen
Staatsanleihen. Es wird angenommen, daß die Kommunalscheine beim Publikum
beliebt seien und daher einen hohen Kurs haben würden. Dadurch würden sie
den Konsols ähnlicher werden, wie die bisherigen Einzel- oder Kommunal- oder
Provinzialobligationen, und würden ihnen größere Konkurrenz machen. Außer¬
dem könne die Kommunalbank ihre jährlichen Emissionen so einrichten, daß sie
die staatlichen Emissionen vorhersehen und dadurch auf den: Kapitalmarkt die
Sahne abschöpfen würde. Auf der anderen Seite ist gerade von dem jetzigen
Finanzminister, damaligen Oberbürgermeister Dr. Lentze in einer Herrenhausrede
mit vollem Rechte hervorgehoben worden, daß es ein Irrtum sei, wenn vielfach
angenommen werde, die Kommunen wären Körperschaften für sich, die in bezug
auf die Finanzen den Staat und das Reich gar nichts angingen; sie seien im
Gegenteil nichts wie Teile des Staates und des Reiches, und wenn die Finanzen
in den Kommunen verwirrt werden und zugrunde gehen, könne der Staat nicht
gedeihen und das Reich auch nicht.

Die ganze Frage unterliegt gegenwärtig einer erneuten Prüfung im
Finanzministerium, das vor der Entscheidung des Bundesrates Stellung zur
Sache nehmen muß.

Die größere Schwierigkeit liegt zurzeit in dem Verhältnis zu den Städten,
da der Deutsche Städtetag von den weniger interessierten Großstädten geleitet
wird und es schwer ist, mit den interessierten Städten eine geeignete Verbindung
herzustellen. Die verschiedenen Strömungen unter den Städten verschiedener
Größe und mit verschieden gearteten wirtschaftlichen Verhältnissen erschweren
naturgemäß eine gemeinsame Arbeit. Die große Mehrheit der Kreise steht
gleichwohl auf dem Standpunkt, jede Gelegenheit zu benutzen, sich mit den
Städten zu gemeinsamer wirtschaftlicher Arbeit zu vereinigen; parteipolitische
Differenzen sind völlig auszuschalten. Politische Fragen mit diesem rein wirt¬
schaftlichen Unternehmen zu verquicken, erscheint nicht angebracht. Wie wenig
die Kreise selbst daran denken, geht aus einem im Mai des Jahres an alle
deutschen Städte gerichteten Rundschreiben hervor, in welchem ausgeführt wird,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316950/527>, abgerufen am 22.07.2024.