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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr.

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Rolonialpolitik und Aolonialwirtschaft

brauchen Raum, um uns ausdehnen zu können, also müssen wir nach dem
Recht des Stärkern -- nach Maßgabe unsrer christlichen Kultur allerdings in
humaner Weise -- den Neger höflich aber bestimmt einladen, sich unser,?
rationelleren Staats- und Wirtschaftsformen anzupassen, wenn anders er nicht
untergehen will. Fügt er sich und leistet er nützliche Arbeit, so wird es ihm
unter unsrer Herrschaft ja viel besser gehen als unter seinen angestammten
Machthabern. Im übrigen wird sich die Zukunft des Negers nach denselben
Grundsätzen regeln wie hierzulande: der fleißige und intelligente Arbeiter bringt
es zu etwas, der stumpfsinnige bleibt zeitlebens Proletarier. Es ist allerdings
wahrscheinlich, daß letzteres beim Neger in der Hauptsache der Fall sein wird.
Denn überall, wo die schwarze Rasse einmal politisch auf sich gestellt war, hat
sie in kultureller Hinsicht versagt; man denke nur an Haiti und Liberia. Und
unter europäischer Leitung bleibt sie, wie die Verhältnisse in Nordamerika
beweisen, auch inferior, wenn man ihr die Möglichkeit freier Betätigung gibt.
Jedenfalls wäre es durchaus verkehrt, wenn wir auf die unsichere Hoffnung
hin, der Neger könnte vielleicht mit der Zeit eine der unsrigen gleichwertige
Entwickelung nehmen, unsre Wirtschaftsmethoden künstlich auf ein langsameres
Tempo einstellen würden.

Dies ist mehrere Jahre lang unter dem Einfluß Dernburgs dadurch geschehen,
daß man die Eingeborenenkulturen begünstigte, dagegen die Plantagenwirtschaft
und die Besiedlung mit Weißen hemmte. Heute kann man glücklicherweise die
Hoffnung hegen, daß die maßgebenden Kreise von dieser Verkennung unsrer
eigenen Aufgaben geheilt sind. Wo Besiedlung und Plautagenwirtschaft möglich
sind, da müssen sie energisch betrieben werden. Der Neger ist als selbständiger
Arbeiter zu unzuverlässig, als daß wir seine Produktion als sicheren Faktor in
unsre Rechnung einstellen könnten, dafür haben wir schon allzu viele Beweise.
Dazu kommt noch, daß wir mit den Produkten unsrer Kolonien auf dem
Weltmarkt nur durch die Qualität einen Einfluß gewinnen können. Für Qualitäts¬
arbeit ist der Neger erfahrungsgemäß bis auf weiteres nicht brauchbar.

Vielleicht kann sich die Entwickelung so gestalten wie in den Baumwoll¬
gebieten von Nordamerika. Zunächst werden die geeigneten Gebiete auf dem
Wege des Plantagengroßbetriebs unter Kultur genommen und später, wenn die
Neger genug gelernt und sich dnrch regelmäßigen Arbeitsverdienst gesteigerte
Lebensbedürfnisse angeeignet haben, also notgedrungen von selbstregelmäßig arbeiten,
so werden die Plantagen aufgeteilt und die seitherigen Arbeiter zu selbständigen Pächtern.
Diese Entwickelung müßte den enragiertesten Eingeborenenfreund befriedigen.

Wir werden in Afrika in wenig Jahren über ansehnliche Eisenbahnnetze
verfügen und weitere Strecken werden gebaut werden. Jahrelang haben wir
unsern mangelhaften kolonialen Unternehmungsgeist damit entschuldigt, daß das
Fehlen der Verkehrswege eine planmäßige Erschließuugsarbeit unmöglich mache.
Diese Entschuldigung fällt jetzt weg, es gilt nun für unser Kapital, sich für
rationelle Kolonialarbeit bereit zu halten.


Grenzboten IV 1910 64
Rolonialpolitik und Aolonialwirtschaft

brauchen Raum, um uns ausdehnen zu können, also müssen wir nach dem
Recht des Stärkern — nach Maßgabe unsrer christlichen Kultur allerdings in
humaner Weise — den Neger höflich aber bestimmt einladen, sich unser,?
rationelleren Staats- und Wirtschaftsformen anzupassen, wenn anders er nicht
untergehen will. Fügt er sich und leistet er nützliche Arbeit, so wird es ihm
unter unsrer Herrschaft ja viel besser gehen als unter seinen angestammten
Machthabern. Im übrigen wird sich die Zukunft des Negers nach denselben
Grundsätzen regeln wie hierzulande: der fleißige und intelligente Arbeiter bringt
es zu etwas, der stumpfsinnige bleibt zeitlebens Proletarier. Es ist allerdings
wahrscheinlich, daß letzteres beim Neger in der Hauptsache der Fall sein wird.
Denn überall, wo die schwarze Rasse einmal politisch auf sich gestellt war, hat
sie in kultureller Hinsicht versagt; man denke nur an Haiti und Liberia. Und
unter europäischer Leitung bleibt sie, wie die Verhältnisse in Nordamerika
beweisen, auch inferior, wenn man ihr die Möglichkeit freier Betätigung gibt.
Jedenfalls wäre es durchaus verkehrt, wenn wir auf die unsichere Hoffnung
hin, der Neger könnte vielleicht mit der Zeit eine der unsrigen gleichwertige
Entwickelung nehmen, unsre Wirtschaftsmethoden künstlich auf ein langsameres
Tempo einstellen würden.

Dies ist mehrere Jahre lang unter dem Einfluß Dernburgs dadurch geschehen,
daß man die Eingeborenenkulturen begünstigte, dagegen die Plantagenwirtschaft
und die Besiedlung mit Weißen hemmte. Heute kann man glücklicherweise die
Hoffnung hegen, daß die maßgebenden Kreise von dieser Verkennung unsrer
eigenen Aufgaben geheilt sind. Wo Besiedlung und Plautagenwirtschaft möglich
sind, da müssen sie energisch betrieben werden. Der Neger ist als selbständiger
Arbeiter zu unzuverlässig, als daß wir seine Produktion als sicheren Faktor in
unsre Rechnung einstellen könnten, dafür haben wir schon allzu viele Beweise.
Dazu kommt noch, daß wir mit den Produkten unsrer Kolonien auf dem
Weltmarkt nur durch die Qualität einen Einfluß gewinnen können. Für Qualitäts¬
arbeit ist der Neger erfahrungsgemäß bis auf weiteres nicht brauchbar.

Vielleicht kann sich die Entwickelung so gestalten wie in den Baumwoll¬
gebieten von Nordamerika. Zunächst werden die geeigneten Gebiete auf dem
Wege des Plantagengroßbetriebs unter Kultur genommen und später, wenn die
Neger genug gelernt und sich dnrch regelmäßigen Arbeitsverdienst gesteigerte
Lebensbedürfnisse angeeignet haben, also notgedrungen von selbstregelmäßig arbeiten,
so werden die Plantagen aufgeteilt und die seitherigen Arbeiter zu selbständigen Pächtern.
Diese Entwickelung müßte den enragiertesten Eingeborenenfreund befriedigen.

Wir werden in Afrika in wenig Jahren über ansehnliche Eisenbahnnetze
verfügen und weitere Strecken werden gebaut werden. Jahrelang haben wir
unsern mangelhaften kolonialen Unternehmungsgeist damit entschuldigt, daß das
Fehlen der Verkehrswege eine planmäßige Erschließuugsarbeit unmöglich mache.
Diese Entschuldigung fällt jetzt weg, es gilt nun für unser Kapital, sich für
rationelle Kolonialarbeit bereit zu halten.


Grenzboten IV 1910 64
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[0517] Rolonialpolitik und Aolonialwirtschaft brauchen Raum, um uns ausdehnen zu können, also müssen wir nach dem Recht des Stärkern — nach Maßgabe unsrer christlichen Kultur allerdings in humaner Weise — den Neger höflich aber bestimmt einladen, sich unser,? rationelleren Staats- und Wirtschaftsformen anzupassen, wenn anders er nicht untergehen will. Fügt er sich und leistet er nützliche Arbeit, so wird es ihm unter unsrer Herrschaft ja viel besser gehen als unter seinen angestammten Machthabern. Im übrigen wird sich die Zukunft des Negers nach denselben Grundsätzen regeln wie hierzulande: der fleißige und intelligente Arbeiter bringt es zu etwas, der stumpfsinnige bleibt zeitlebens Proletarier. Es ist allerdings wahrscheinlich, daß letzteres beim Neger in der Hauptsache der Fall sein wird. Denn überall, wo die schwarze Rasse einmal politisch auf sich gestellt war, hat sie in kultureller Hinsicht versagt; man denke nur an Haiti und Liberia. Und unter europäischer Leitung bleibt sie, wie die Verhältnisse in Nordamerika beweisen, auch inferior, wenn man ihr die Möglichkeit freier Betätigung gibt. Jedenfalls wäre es durchaus verkehrt, wenn wir auf die unsichere Hoffnung hin, der Neger könnte vielleicht mit der Zeit eine der unsrigen gleichwertige Entwickelung nehmen, unsre Wirtschaftsmethoden künstlich auf ein langsameres Tempo einstellen würden. Dies ist mehrere Jahre lang unter dem Einfluß Dernburgs dadurch geschehen, daß man die Eingeborenenkulturen begünstigte, dagegen die Plantagenwirtschaft und die Besiedlung mit Weißen hemmte. Heute kann man glücklicherweise die Hoffnung hegen, daß die maßgebenden Kreise von dieser Verkennung unsrer eigenen Aufgaben geheilt sind. Wo Besiedlung und Plautagenwirtschaft möglich sind, da müssen sie energisch betrieben werden. Der Neger ist als selbständiger Arbeiter zu unzuverlässig, als daß wir seine Produktion als sicheren Faktor in unsre Rechnung einstellen könnten, dafür haben wir schon allzu viele Beweise. Dazu kommt noch, daß wir mit den Produkten unsrer Kolonien auf dem Weltmarkt nur durch die Qualität einen Einfluß gewinnen können. Für Qualitäts¬ arbeit ist der Neger erfahrungsgemäß bis auf weiteres nicht brauchbar. Vielleicht kann sich die Entwickelung so gestalten wie in den Baumwoll¬ gebieten von Nordamerika. Zunächst werden die geeigneten Gebiete auf dem Wege des Plantagengroßbetriebs unter Kultur genommen und später, wenn die Neger genug gelernt und sich dnrch regelmäßigen Arbeitsverdienst gesteigerte Lebensbedürfnisse angeeignet haben, also notgedrungen von selbstregelmäßig arbeiten, so werden die Plantagen aufgeteilt und die seitherigen Arbeiter zu selbständigen Pächtern. Diese Entwickelung müßte den enragiertesten Eingeborenenfreund befriedigen. Wir werden in Afrika in wenig Jahren über ansehnliche Eisenbahnnetze verfügen und weitere Strecken werden gebaut werden. Jahrelang haben wir unsern mangelhaften kolonialen Unternehmungsgeist damit entschuldigt, daß das Fehlen der Verkehrswege eine planmäßige Erschließuugsarbeit unmöglich mache. Diese Entschuldigung fällt jetzt weg, es gilt nun für unser Kapital, sich für rationelle Kolonialarbeit bereit zu halten. Grenzboten IV 1910 64

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316950/517>, abgerufen am 23.07.2024.