Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr.Juristen und Serien in der preußischen OerwciKung auch in der Gemeindeverwaltung mancher tüchtige Beamte mit juristischer Vor¬ Nein -- ein Jurist, der in der Verwaltung wirklich etwas Brauchbares Diesen durch nichts zu ersetzenden Nutzen und Wert der juristischen Aus¬ Juristen und Serien in der preußischen OerwciKung auch in der Gemeindeverwaltung mancher tüchtige Beamte mit juristischer Vor¬ Nein — ein Jurist, der in der Verwaltung wirklich etwas Brauchbares Diesen durch nichts zu ersetzenden Nutzen und Wert der juristischen Aus¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0414" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/317365"/> <fw type="header" place="top"> Juristen und Serien in der preußischen OerwciKung</fw><lb/> <p xml:id="ID_1892" prev="#ID_1891"> auch in der Gemeindeverwaltung mancher tüchtige Beamte mit juristischer Vor¬<lb/> bildung finden. Aber ihre Gesamtzahl ist zweifellos klein. Und diese wenigen<lb/> verdanken ihre Leistungsfähigkeit sicherlich nicht der Einheitlichkeit oder Geschlossen¬<lb/> heit ihrer juristischen Vorbildung, wie Klonau und Exzellenz von Rheinbaben<lb/> meinen. Das; die juristische Ausbildung einheitlich oder geschlossen ist, soll nicht<lb/> geleugnet werdeu. Aber was bedeutet das hier? Einheitlichkeit oder Einheit ist<lb/> ein philosophischer Begriff. Eine Vielheit hat Einheit, wenn alle ihre einzelnen<lb/> Teile von demselben Grundgedanken beherrscht werden, in einem notwendigen<lb/> innern Zusammenhang miteinander stehen, also z. B. gleichmäßig demselben Zweck<lb/> dienen. Die Ausbildung für einen besondern Beruf wird daher Einheit haben,<lb/> wenn sie diesem Beruf genau angepaßt ist. Eine juristische Ausbildung, die mit<lb/> Recht einheitlich genannt werden kann, gibt demnach das, was der Justizdienst<lb/> braucht. Das reicht aber noch lange nicht für die Verwaltung aus. Diese beiden<lb/> Zweige des Staatsdiensts sind in ihrer Eigenart grundverschieden und stellen an<lb/> ihre Jünger ganz verschiedene Anforderungen. Deshalb ist die einheitliche,<lb/> geschlossene juristische Ausbildung vom Verwaltungsstandpnnkt ungenügend und<lb/> mangelhaft.</p><lb/> <p xml:id="ID_1893"> Nein — ein Jurist, der in der Verwaltung wirklich etwas Brauchbares<lb/> leistet, verdnukt dies neben einer besonders guten persönlichen Begabung<lb/> zweifellos nicht seiner juristischen Ausbildung als solcher, sondern der mit ihr<lb/> verbundenen unübertrefflichen formal-logischen Schulung.</p><lb/> <p xml:id="ID_1894" next="#ID_1895"> Diesen durch nichts zu ersetzenden Nutzen und Wert der juristischen Aus¬<lb/> bildung haben genug berufene Urteiler hervorgehoben. Ich will hier nur auf<lb/> die auch sonst lehrreichen Erörterungen über die Berufsbildung der volks¬<lb/> wirtschaftlichen Beamten auf der Generalversammlung des Vereins für Sozial¬<lb/> politik vom Jahre 1907 hinweisen. Von den vierzehn Rednern, die zur Sache<lb/> sprachen, verlangten neun für diese Beamten unbedingt eine gründliche juristische<lb/> Vorbildung, nicht so sehr, weil sie Rechtskeuntuisse in ihren: Beruf nicht<lb/> entbehren konnten, sondern wegen der geistigen Schulung, die mit dein Studium<lb/> und der Ausübung der Rechtswissenschaft verbunden sei. Zu deu Vertretern<lb/> dieser Anschauung gehörten Sachkenner allerersten Rangs, wie der eine Bericht¬<lb/> erstatter, Haudelskanunersyndikus Dr. Behrend aus Magdeburg, der dabei<lb/> ausdrücklich hervorhob, daß er selbst keine juristische Bildung besitze, also der<lb/> Frage unbefangen gegenüberstand, ferner Theoretiker wie Gierke, Knapp und<lb/> Adolf Wagner, und Praktiker wie der Syndikus der Berliner Handelskammer<lb/> I^r. Dove und der Generalsekretär des Deutschen Handelstags l)r. Soetbeer.<lb/> Einer dieser Redner nannte auch den Professor Conrad in Halle, einen<lb/> weitren Nichtjuristen, als Vertreter dieser Ansicht. Entgegengesetzter Auf¬<lb/> fassung waren bestimmt nur drei, zu denen der zweite Berichterstatter,<lb/> Professor Bücher in Leipzig, gehörte; die beiden letzten waren zweifelhaft.<lb/> Alle Befürworter der juristischen Vorbildung hoben übereinstimmend nachdrücklichst<lb/> den außerordentlichen Nutzen hervor, den die juristische Geistesschulung für die</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0414]
Juristen und Serien in der preußischen OerwciKung
auch in der Gemeindeverwaltung mancher tüchtige Beamte mit juristischer Vor¬
bildung finden. Aber ihre Gesamtzahl ist zweifellos klein. Und diese wenigen
verdanken ihre Leistungsfähigkeit sicherlich nicht der Einheitlichkeit oder Geschlossen¬
heit ihrer juristischen Vorbildung, wie Klonau und Exzellenz von Rheinbaben
meinen. Das; die juristische Ausbildung einheitlich oder geschlossen ist, soll nicht
geleugnet werdeu. Aber was bedeutet das hier? Einheitlichkeit oder Einheit ist
ein philosophischer Begriff. Eine Vielheit hat Einheit, wenn alle ihre einzelnen
Teile von demselben Grundgedanken beherrscht werden, in einem notwendigen
innern Zusammenhang miteinander stehen, also z. B. gleichmäßig demselben Zweck
dienen. Die Ausbildung für einen besondern Beruf wird daher Einheit haben,
wenn sie diesem Beruf genau angepaßt ist. Eine juristische Ausbildung, die mit
Recht einheitlich genannt werden kann, gibt demnach das, was der Justizdienst
braucht. Das reicht aber noch lange nicht für die Verwaltung aus. Diese beiden
Zweige des Staatsdiensts sind in ihrer Eigenart grundverschieden und stellen an
ihre Jünger ganz verschiedene Anforderungen. Deshalb ist die einheitliche,
geschlossene juristische Ausbildung vom Verwaltungsstandpnnkt ungenügend und
mangelhaft.
Nein — ein Jurist, der in der Verwaltung wirklich etwas Brauchbares
leistet, verdnukt dies neben einer besonders guten persönlichen Begabung
zweifellos nicht seiner juristischen Ausbildung als solcher, sondern der mit ihr
verbundenen unübertrefflichen formal-logischen Schulung.
Diesen durch nichts zu ersetzenden Nutzen und Wert der juristischen Aus¬
bildung haben genug berufene Urteiler hervorgehoben. Ich will hier nur auf
die auch sonst lehrreichen Erörterungen über die Berufsbildung der volks¬
wirtschaftlichen Beamten auf der Generalversammlung des Vereins für Sozial¬
politik vom Jahre 1907 hinweisen. Von den vierzehn Rednern, die zur Sache
sprachen, verlangten neun für diese Beamten unbedingt eine gründliche juristische
Vorbildung, nicht so sehr, weil sie Rechtskeuntuisse in ihren: Beruf nicht
entbehren konnten, sondern wegen der geistigen Schulung, die mit dein Studium
und der Ausübung der Rechtswissenschaft verbunden sei. Zu deu Vertretern
dieser Anschauung gehörten Sachkenner allerersten Rangs, wie der eine Bericht¬
erstatter, Haudelskanunersyndikus Dr. Behrend aus Magdeburg, der dabei
ausdrücklich hervorhob, daß er selbst keine juristische Bildung besitze, also der
Frage unbefangen gegenüberstand, ferner Theoretiker wie Gierke, Knapp und
Adolf Wagner, und Praktiker wie der Syndikus der Berliner Handelskammer
I^r. Dove und der Generalsekretär des Deutschen Handelstags l)r. Soetbeer.
Einer dieser Redner nannte auch den Professor Conrad in Halle, einen
weitren Nichtjuristen, als Vertreter dieser Ansicht. Entgegengesetzter Auf¬
fassung waren bestimmt nur drei, zu denen der zweite Berichterstatter,
Professor Bücher in Leipzig, gehörte; die beiden letzten waren zweifelhaft.
Alle Befürworter der juristischen Vorbildung hoben übereinstimmend nachdrücklichst
den außerordentlichen Nutzen hervor, den die juristische Geistesschulung für die
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