Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr.Der neue deutsche Shakespeare Man höre Schlegel in "Romeo und Julia" (II, 2): Ich bin kein Steuermann, doch wärst du fern Gundolf: Ich bin kein Steuermann, doch wärst du fern Schlegel in "Romeo und Julia" (I, 5): Entweihet meine Hand verwegen dich, Dagegen Gundolf: Wenn die unheilige Hand zu nahe war Tieck in "Othello" (I. 3): ' So sprach ich denn von anreden harte" Fall Gundolf: Dn sprach ich von verhängnisvollen Lage", Tieck in "Antonius und Kleopatra" it, 5): Aus NestlingSjahren, Gundolf: Meine grasigen Tage, Dazu vergleiche man Shakespeare selbst: ssllael eiirys Grenzboten IV l91v 15
Der neue deutsche Shakespeare Man höre Schlegel in „Romeo und Julia" (II, 2): Ich bin kein Steuermann, doch wärst du fern Gundolf: Ich bin kein Steuermann, doch wärst du fern Schlegel in „Romeo und Julia" (I, 5): Entweihet meine Hand verwegen dich, Dagegen Gundolf: Wenn die unheilige Hand zu nahe war Tieck in „Othello" (I. 3): ' So sprach ich denn von anreden harte» Fall Gundolf: Dn sprach ich von verhängnisvollen Lage», Tieck in „Antonius und Kleopatra" it, 5): Aus NestlingSjahren, Gundolf: Meine grasigen Tage, Dazu vergleiche man Shakespeare selbst: ssllael eiirys Grenzboten IV l91v 15
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0365" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/317316"/> <fw type="header" place="top"> Der neue deutsche Shakespeare</fw><lb/> <p xml:id="ID_1663" next="#ID_1664"> Man höre</p><lb/> <p xml:id="ID_1664" prev="#ID_1663" next="#ID_1665"> Schlegel in „Romeo und Julia" (II, 2):</p><lb/> <quote> Ich bin kein Steuermann, doch wärst du fern<lb/> Wie Ufer, die das fernste Meer bespült,<lb/> Ich wagte mich nach solchem Kleinod hin.</quote><lb/> <p xml:id="ID_1665" prev="#ID_1664" next="#ID_1666"> Gundolf:</p><lb/> <quote> Ich bin kein Steuermann, doch wärst du fern<lb/> Wie weiter Strand vom fernsten Meer vespült,<lb/> Ich wagte mich ans solche Knuffahrtei.</quote><lb/> <p xml:id="ID_1666" prev="#ID_1665" next="#ID_1667"> Schlegel in „Romeo und Julia" (I, 5):</p><lb/> <quote> Entweihet meine Hand verwegen dich,<lb/> O Heiligenbild, so will ichs lieblich büßen.<lb/> Zwei Pilger, neigen meine Lippen sich,<lb/> Den herben Druck im.Kusse zu versüßen.</quote><lb/> <p xml:id="ID_1667" prev="#ID_1666" next="#ID_1668"> Dagegen Gundolf:</p><lb/> <quote> Wenn die unheilige Hand zu nahe war<lb/> Dem heiligen Schrein; zur sanften Sühne muß<lb/> Mein Mund dann — ein errötend Pilgerpanr —<lb/> Glätten den rauhen Druck mit zartem Kuß.</quote><lb/> <p xml:id="ID_1668" prev="#ID_1667" next="#ID_1669"> Tieck in „Othello" (I. 3): '</p><lb/> <quote> So sprach ich denn von anreden harte» Fall<lb/> Erschütternder Gefahr zu See und Land,<lb/> Von knapper Rettung aus toddroh'über Bresche;<lb/> Wie mich der stolze Feind gefangen nahm<lb/> Und mich als stimo' verkauft', wie ich erlöst ward;<lb/> Und meiner Reisen wundervolle Fahrt:<lb/> Wobei von weiten Höhlen, wüsten Steppen,<lb/> Steinbrüchen, Felsen, himnielhohen Bergen<lb/> Zu melden war im Fortgang der Geschichte.</quote><lb/> <p xml:id="ID_1669" prev="#ID_1668" next="#ID_1670"> Gundolf:</p><lb/> <quote> Dn sprach ich von verhängnisvollen Lage»,<lb/> Erregendem Geschick in Flut und Feld,<lb/> Haarscharfer Flucht ans tödlich drohender Brandung,<lb/> Wie mich der freche Feind gefangen nahm,<lb/> In Knechtschaft mich verkauft, ich mich befreite<lb/> Und hielt in meiner Reise Abenteuer.<lb/> Von weiten Höhlen, öden Wüsten, rauhen<lb/> Bergstürzen, Felsen, himmelragenden Gipfeln<lb/> Halt' ich zu sprechen Anlaß.</quote><lb/> <p xml:id="ID_1670" prev="#ID_1669" next="#ID_1671"> Tieck in „Antonius und Kleopatra" it, 5):</p><lb/> <quote> Aus NestlingSjahren,<lb/> Wo kaum mein Urteil flügge! Kaltes Herz,<lb/> Das noch wie damals spricht!</quote><lb/> <p xml:id="ID_1671" prev="#ID_1670" next="#ID_1672"> Gundolf:</p><lb/> <quote> Meine grasigen Tage,<lb/> Als ich grün von Verstand war, kalt von Blut —<lb/> Zu sprechen, wie ich da sprach!</quote><lb/> <p xml:id="ID_1672" prev="#ID_1671"> Dazu vergleiche man Shakespeare selbst:</p><lb/> <quote> ssllael eiirys<lb/> V/Ilm I oss Arsen in juclAineiN— autel in dlvocl,<lb/> l'o ssy hö I ssicl inen!</quote><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten IV l91v 15</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0365]
Der neue deutsche Shakespeare
Man höre
Schlegel in „Romeo und Julia" (II, 2):
Ich bin kein Steuermann, doch wärst du fern
Wie Ufer, die das fernste Meer bespült,
Ich wagte mich nach solchem Kleinod hin.
Gundolf:
Ich bin kein Steuermann, doch wärst du fern
Wie weiter Strand vom fernsten Meer vespült,
Ich wagte mich ans solche Knuffahrtei.
Schlegel in „Romeo und Julia" (I, 5):
Entweihet meine Hand verwegen dich,
O Heiligenbild, so will ichs lieblich büßen.
Zwei Pilger, neigen meine Lippen sich,
Den herben Druck im.Kusse zu versüßen.
Dagegen Gundolf:
Wenn die unheilige Hand zu nahe war
Dem heiligen Schrein; zur sanften Sühne muß
Mein Mund dann — ein errötend Pilgerpanr —
Glätten den rauhen Druck mit zartem Kuß.
Tieck in „Othello" (I. 3): '
So sprach ich denn von anreden harte» Fall
Erschütternder Gefahr zu See und Land,
Von knapper Rettung aus toddroh'über Bresche;
Wie mich der stolze Feind gefangen nahm
Und mich als stimo' verkauft', wie ich erlöst ward;
Und meiner Reisen wundervolle Fahrt:
Wobei von weiten Höhlen, wüsten Steppen,
Steinbrüchen, Felsen, himnielhohen Bergen
Zu melden war im Fortgang der Geschichte.
Gundolf:
Dn sprach ich von verhängnisvollen Lage»,
Erregendem Geschick in Flut und Feld,
Haarscharfer Flucht ans tödlich drohender Brandung,
Wie mich der freche Feind gefangen nahm,
In Knechtschaft mich verkauft, ich mich befreite
Und hielt in meiner Reise Abenteuer.
Von weiten Höhlen, öden Wüsten, rauhen
Bergstürzen, Felsen, himmelragenden Gipfeln
Halt' ich zu sprechen Anlaß.
Tieck in „Antonius und Kleopatra" it, 5):
Aus NestlingSjahren,
Wo kaum mein Urteil flügge! Kaltes Herz,
Das noch wie damals spricht!
Gundolf:
Meine grasigen Tage,
Als ich grün von Verstand war, kalt von Blut —
Zu sprechen, wie ich da sprach!
Dazu vergleiche man Shakespeare selbst:
ssllael eiirys
V/Ilm I oss Arsen in juclAineiN— autel in dlvocl,
l'o ssy hö I ssicl inen!
Grenzboten IV l91v 15
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |