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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Drittes Vierteljahr.

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Frieden vorhanden sind und je mehr deren Konstruktion durchgebildet wird,
desto größer wird auch ihr Wirkungskreis werden. Hatte man zunächst nur
an ihre Verwendung im Bereich der Etappenbehörden und vor Festungen
gedacht, so werden jetzt auch schon die Armeekorps mit leichten Armee-Lastzügen
ausgerüstet. Sie werden in erster Linie dazu dienen, um die Feldmagazine
der Armeekorps zu füllen, können im Bedarfsfalle auf guten Straßen aber auch
bis zu Unterkunftsorten der Truppen selbst vorgezogen werden. So werden
sie zum Teile die bisherigen Fuhrparkkolonnen ersetzen, zum Teil mit ihnen den
Nachschubdienst abwechselnd ausführen. Es ist aber notwendig, daß im Kriegs¬
falle der ganze Nachschubdienst eines Armeekorps in einer Hand liegt und von
einer Stelle aus einheitlich geregelt wird. Es ist sonnt zweckmäßig, das Train-
und Kraftfahrwesen derselben Stelle unterzuordnen. Dies würde notwendiger¬
weise dazu führen, auch schon im Frieden die Trainbataillone und die Kraft-
sahrabteilung unter dasselbe Kommando zusammenzufassen und das gesamte
Trainwesen der Inspektion der Verkehrstruppen zu unterstellen. Auf diese Weise
würde die Einheitlichkeit der ganzen Organisationen an: besten gewahrt werden. Bei
fortschreitender Entwicklung des Kraftfahrwesens würde der tierische Zug immer
mehr durch den mechanischen ersetzt werden, und es würden allmählich weitere
Trainformationen in Kraftfahrabteilungen umgewandelt werden können. Auf
eine derartige Absicht deuten auch die vor kurzem verbreiteten Nachrichten hin,
daß es geplant sei, die Inspektionen der Verkehrstruppen zu einer General¬
inspektion umzuwandeln.

Auch die übrigen technischen Truppen, die dem Verkehr- und Nachrichten¬
wesen dienen, werden eine Vermehrung erfahren müssen, da ihr jetziger Stand
nicht mehr der beabsichtigten Verwendung entspricht. Die Einführung des
lenkbarem Luftschiffes, der Flugzeuge, der drahtlosen Telegraphier u.a.in. erfor¬
dert die Aufstellung besonderer Formationen, die schon im Frieden mit diesem
neuen Kriegsmittel gründlich ausgebildet sind und die Stämme für die im
Mobilmachungsfalle aufzustellenden neuen Formationen abgeben würden.

Somit würde die neue Militärvorlage in erster Linie eine neue Organisation
und Vermehrung der technischen Truppen bringen. Eine umfangreiche Ver¬
mehrung der fechtenden Truppen ist nicht wahrscheinlich, bei der derzeitigen
politischen, militärischen und finanziellen Lage auch nicht notwendig. Auf
welche Weise es möglich sein würde, trotzdem die Gefechtskraft des Heeres zu
steigern, wie z. B. durch vermehrte Übungen des Beurlaubtenstandes, eine
innigere Verbindung der aktiven und Reserveformationen, durch eine militärisch¬
turnerische Ausbildung der Jugend in der Zeit von ihrer Entlassung aus der
Schule bis zum Eintritt in das Heer, durch Förderung des Schießwesens, nach
der Entlassung durch Wiedereinführung der zwar gesetzlich noch bestehenden,
aber praktisch nicht mehr ausgeführten Übungspflicht der Ersatzreserve -- muß
-einer besonderen Abhandlung vorbehalten bleiben.




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Frieden vorhanden sind und je mehr deren Konstruktion durchgebildet wird,
desto größer wird auch ihr Wirkungskreis werden. Hatte man zunächst nur
an ihre Verwendung im Bereich der Etappenbehörden und vor Festungen
gedacht, so werden jetzt auch schon die Armeekorps mit leichten Armee-Lastzügen
ausgerüstet. Sie werden in erster Linie dazu dienen, um die Feldmagazine
der Armeekorps zu füllen, können im Bedarfsfalle auf guten Straßen aber auch
bis zu Unterkunftsorten der Truppen selbst vorgezogen werden. So werden
sie zum Teile die bisherigen Fuhrparkkolonnen ersetzen, zum Teil mit ihnen den
Nachschubdienst abwechselnd ausführen. Es ist aber notwendig, daß im Kriegs¬
falle der ganze Nachschubdienst eines Armeekorps in einer Hand liegt und von
einer Stelle aus einheitlich geregelt wird. Es ist sonnt zweckmäßig, das Train-
und Kraftfahrwesen derselben Stelle unterzuordnen. Dies würde notwendiger¬
weise dazu führen, auch schon im Frieden die Trainbataillone und die Kraft-
sahrabteilung unter dasselbe Kommando zusammenzufassen und das gesamte
Trainwesen der Inspektion der Verkehrstruppen zu unterstellen. Auf diese Weise
würde die Einheitlichkeit der ganzen Organisationen an: besten gewahrt werden. Bei
fortschreitender Entwicklung des Kraftfahrwesens würde der tierische Zug immer
mehr durch den mechanischen ersetzt werden, und es würden allmählich weitere
Trainformationen in Kraftfahrabteilungen umgewandelt werden können. Auf
eine derartige Absicht deuten auch die vor kurzem verbreiteten Nachrichten hin,
daß es geplant sei, die Inspektionen der Verkehrstruppen zu einer General¬
inspektion umzuwandeln.

Auch die übrigen technischen Truppen, die dem Verkehr- und Nachrichten¬
wesen dienen, werden eine Vermehrung erfahren müssen, da ihr jetziger Stand
nicht mehr der beabsichtigten Verwendung entspricht. Die Einführung des
lenkbarem Luftschiffes, der Flugzeuge, der drahtlosen Telegraphier u.a.in. erfor¬
dert die Aufstellung besonderer Formationen, die schon im Frieden mit diesem
neuen Kriegsmittel gründlich ausgebildet sind und die Stämme für die im
Mobilmachungsfalle aufzustellenden neuen Formationen abgeben würden.

Somit würde die neue Militärvorlage in erster Linie eine neue Organisation
und Vermehrung der technischen Truppen bringen. Eine umfangreiche Ver¬
mehrung der fechtenden Truppen ist nicht wahrscheinlich, bei der derzeitigen
politischen, militärischen und finanziellen Lage auch nicht notwendig. Auf
welche Weise es möglich sein würde, trotzdem die Gefechtskraft des Heeres zu
steigern, wie z. B. durch vermehrte Übungen des Beurlaubtenstandes, eine
innigere Verbindung der aktiven und Reserveformationen, durch eine militärisch¬
turnerische Ausbildung der Jugend in der Zeit von ihrer Entlassung aus der
Schule bis zum Eintritt in das Heer, durch Förderung des Schießwesens, nach
der Entlassung durch Wiedereinführung der zwar gesetzlich noch bestehenden,
aber praktisch nicht mehr ausgeführten Übungspflicht der Ersatzreserve — muß
-einer besonderen Abhandlung vorbehalten bleiben.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316288/626>, abgerufen am 23.07.2024.