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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Drittes Vierteljahr.

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Aus dein Lande der Freiheit

beitragen können. Sie dient dazu, einerseits die Einsicht in die Vorteile und
Wohltaten der Versicherung in ihren mannigfachen Zweigen zu vertiefen, ander¬
seits dem Versicherten den rechten Einblick in seine Rechte und Verbindlichkeiten
zu gewähren und ihm so einen gewissen Rückhalt in seinem Verhältnis zu seiner
Versicherungsgesellschaft zu verschaffen, vor allein aber das Verständnis sür die
notwendigen Lebensbedingungen der Versicherung zu erwecken und damit die
unausbleiblichen Ansprüche und Verbesserungswünsche auf das Maß des Mög¬
lichen und Erreichbaren zurückzuführen und manche Quelle des Mißtrauens
gegen die Versicherung zu beseitigen, das der vollen Entfaltung ihrer segens¬
reichen Wirksamkeit bisher hinderlich gewesen ist.




Aus dem Lande der Freiheit
Dr. Arthur Rochs von
Legislative Topfguckereien

le amerikanische Nationalkrankheit der gesetzgeberischen Regulier-
und Schikaniersucht geht so weit, daß man sich -- wie bereits
angedeutet -- auch nicht davor scheut, die verfassungsmäßig ver¬
bürgten Grundrechte anzutasten und zu verletzen, wenn freilich auch
immer nur unter einer gewissen verhüllenden Drapierung. Mitunter
bleibt besagte Drapierung aber doch ganz verzweifelt durchsichtig.

Wurde schon an andrer Stelle gezeigt, daß die Bestimmungen der Bundes¬
verfassung nur zu oft bei zahlreichen Konflikten mit den Gesetzen der Einzel¬
staaten in ärgste Bedrängnis geraten, so fehlt es auch keineswegs an zahlreichen
Fällen, in denen sich die Bundesgesetze selbst nicht mit den in der Bundesverfassung
niedergelegten Grundsätzen in Einklang bringen lassen.

Wie stolz ist nicht jeder Amerikaner auf die in seinem Lande durch die
Konstitution garantierte absolute Preßfreiheit!

In Wirklichkeit hat die Sache aber ihren gewaltigen Haken -- ja, bei
Lichte betrachtet sogar deren mehrere.

Und zwar erstens in der Form von äußerst strengen Schadenersatzparagraphen
in nahezu allen Staatsgesetzgebungen, die den vielgeplagten Zeitungsmann
auch dann noch nicht einmal schützen, wenn er imstande ist, den Beweis der
Wahrheit für seine Behauptungen zu erbringen.

Während des letzten Jahrzehnts hat der Kongreß in Washington aber auch
noch ein Gesetz angenommen, das in bezug auf eine spezielle Angelegenheit
die Preßfreiheit überhaupt aufhebt, indem es für einen besonderen Fall die
Beförderung der betreffenden Preßerzeugnisse durch die Post ganz und gar ver¬
bietet. Wer nun aber glauben sollte, es handle sich hierbei um etwas ganz
besonders Furchtbares und Verwerfliches, der wird nicht wenig in Erstaunen
versetzt werden, wenn er erfährt, daß es sich bei dieser Suspendierung der


Aus dein Lande der Freiheit

beitragen können. Sie dient dazu, einerseits die Einsicht in die Vorteile und
Wohltaten der Versicherung in ihren mannigfachen Zweigen zu vertiefen, ander¬
seits dem Versicherten den rechten Einblick in seine Rechte und Verbindlichkeiten
zu gewähren und ihm so einen gewissen Rückhalt in seinem Verhältnis zu seiner
Versicherungsgesellschaft zu verschaffen, vor allein aber das Verständnis sür die
notwendigen Lebensbedingungen der Versicherung zu erwecken und damit die
unausbleiblichen Ansprüche und Verbesserungswünsche auf das Maß des Mög¬
lichen und Erreichbaren zurückzuführen und manche Quelle des Mißtrauens
gegen die Versicherung zu beseitigen, das der vollen Entfaltung ihrer segens¬
reichen Wirksamkeit bisher hinderlich gewesen ist.




Aus dem Lande der Freiheit
Dr. Arthur Rochs von
Legislative Topfguckereien

le amerikanische Nationalkrankheit der gesetzgeberischen Regulier-
und Schikaniersucht geht so weit, daß man sich — wie bereits
angedeutet — auch nicht davor scheut, die verfassungsmäßig ver¬
bürgten Grundrechte anzutasten und zu verletzen, wenn freilich auch
immer nur unter einer gewissen verhüllenden Drapierung. Mitunter
bleibt besagte Drapierung aber doch ganz verzweifelt durchsichtig.

Wurde schon an andrer Stelle gezeigt, daß die Bestimmungen der Bundes¬
verfassung nur zu oft bei zahlreichen Konflikten mit den Gesetzen der Einzel¬
staaten in ärgste Bedrängnis geraten, so fehlt es auch keineswegs an zahlreichen
Fällen, in denen sich die Bundesgesetze selbst nicht mit den in der Bundesverfassung
niedergelegten Grundsätzen in Einklang bringen lassen.

Wie stolz ist nicht jeder Amerikaner auf die in seinem Lande durch die
Konstitution garantierte absolute Preßfreiheit!

In Wirklichkeit hat die Sache aber ihren gewaltigen Haken — ja, bei
Lichte betrachtet sogar deren mehrere.

Und zwar erstens in der Form von äußerst strengen Schadenersatzparagraphen
in nahezu allen Staatsgesetzgebungen, die den vielgeplagten Zeitungsmann
auch dann noch nicht einmal schützen, wenn er imstande ist, den Beweis der
Wahrheit für seine Behauptungen zu erbringen.

Während des letzten Jahrzehnts hat der Kongreß in Washington aber auch
noch ein Gesetz angenommen, das in bezug auf eine spezielle Angelegenheit
die Preßfreiheit überhaupt aufhebt, indem es für einen besonderen Fall die
Beförderung der betreffenden Preßerzeugnisse durch die Post ganz und gar ver¬
bietet. Wer nun aber glauben sollte, es handle sich hierbei um etwas ganz
besonders Furchtbares und Verwerfliches, der wird nicht wenig in Erstaunen
versetzt werden, wenn er erfährt, daß es sich bei dieser Suspendierung der


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[0348] Aus dein Lande der Freiheit beitragen können. Sie dient dazu, einerseits die Einsicht in die Vorteile und Wohltaten der Versicherung in ihren mannigfachen Zweigen zu vertiefen, ander¬ seits dem Versicherten den rechten Einblick in seine Rechte und Verbindlichkeiten zu gewähren und ihm so einen gewissen Rückhalt in seinem Verhältnis zu seiner Versicherungsgesellschaft zu verschaffen, vor allein aber das Verständnis sür die notwendigen Lebensbedingungen der Versicherung zu erwecken und damit die unausbleiblichen Ansprüche und Verbesserungswünsche auf das Maß des Mög¬ lichen und Erreichbaren zurückzuführen und manche Quelle des Mißtrauens gegen die Versicherung zu beseitigen, das der vollen Entfaltung ihrer segens¬ reichen Wirksamkeit bisher hinderlich gewesen ist. Aus dem Lande der Freiheit Dr. Arthur Rochs von Legislative Topfguckereien le amerikanische Nationalkrankheit der gesetzgeberischen Regulier- und Schikaniersucht geht so weit, daß man sich — wie bereits angedeutet — auch nicht davor scheut, die verfassungsmäßig ver¬ bürgten Grundrechte anzutasten und zu verletzen, wenn freilich auch immer nur unter einer gewissen verhüllenden Drapierung. Mitunter bleibt besagte Drapierung aber doch ganz verzweifelt durchsichtig. Wurde schon an andrer Stelle gezeigt, daß die Bestimmungen der Bundes¬ verfassung nur zu oft bei zahlreichen Konflikten mit den Gesetzen der Einzel¬ staaten in ärgste Bedrängnis geraten, so fehlt es auch keineswegs an zahlreichen Fällen, in denen sich die Bundesgesetze selbst nicht mit den in der Bundesverfassung niedergelegten Grundsätzen in Einklang bringen lassen. Wie stolz ist nicht jeder Amerikaner auf die in seinem Lande durch die Konstitution garantierte absolute Preßfreiheit! In Wirklichkeit hat die Sache aber ihren gewaltigen Haken — ja, bei Lichte betrachtet sogar deren mehrere. Und zwar erstens in der Form von äußerst strengen Schadenersatzparagraphen in nahezu allen Staatsgesetzgebungen, die den vielgeplagten Zeitungsmann auch dann noch nicht einmal schützen, wenn er imstande ist, den Beweis der Wahrheit für seine Behauptungen zu erbringen. Während des letzten Jahrzehnts hat der Kongreß in Washington aber auch noch ein Gesetz angenommen, das in bezug auf eine spezielle Angelegenheit die Preßfreiheit überhaupt aufhebt, indem es für einen besonderen Fall die Beförderung der betreffenden Preßerzeugnisse durch die Post ganz und gar ver¬ bietet. Wer nun aber glauben sollte, es handle sich hierbei um etwas ganz besonders Furchtbares und Verwerfliches, der wird nicht wenig in Erstaunen versetzt werden, wenn er erfährt, daß es sich bei dieser Suspendierung der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316288/348>, abgerufen am 23.07.2024.