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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Drittes Vierteljahr.

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Die Wasserwirtschaft im rheinisch-westfälischen Jndustricbezirk

den Gemeinden völlig gleich. Gleich stehen sie insbesondere durch die Art der
Lastenverteilung. Denn während diese bei Heranziehung zu gewöhnlichen
Genossenschaftsbeiträgen, ebenso wie zu den besonderen Beiträgen und Voraus¬
leistungen in der Kommunalbesteuerung nur nach Maßgabe der entstehenden
Vorteile erfolgen kann, erscheint hier die Last wesentlich als Abtragung einer
öffentlichen Schuld, als Übernahme einer besonderen Auflage zugunsten der
Allgemeinheit. Und im wesentlichen ist sie als solche von den Beteiligten frei¬
willig übernommen worden.

Es sind nicht bloß diese Vorgänge, es sind vielmehr manche Verhältnisse
auf vielen anderen Gebieten des öffentlichen Lebens, die zu dem Schlüsse zwingen,
daß die große bergbauliche und industrielle Unternehmung für die Verwaltung
nicht einfach innerhalb des Gemeideverbandes verschwinden kann, daß sie eine
gesonderte Stellung einnimmt, die auch in der Gemeindegesetzgebung mit der
Zeit Berücksichtigung finden wird, wenn diese auch nie in der Art erfolgen
könnte, die in den östlichen Provinzen der "Gutsbezirk" genießt. Aber jedenfalls
dürfte das geplante Zweckverbandsgesetz an Bildungen, wie sie Ruhrtalsperreu-
vercin und Emschergenossenschaft darstellen, nicht ohne weiteres vorbeigehen,
vielmehr auch für sie den Rahmen entsprechend weit spannen.

Bemerkenswert ist auch der Anteil der staatlichen Verwaltung bei den
Gründungen. Sie hat sie angeregt, gefördert, durch entsprechende Handhabung
gesetzlicher Befugnisse überhaupt erst ermöglicht, und ist bei der Erfüllung der
Aufgaben der Vereinigungen nicht bloß als Aufsichtsbehörde tätig, sondern
arbeitet an den verschiedensten Stellen dauernd mit. Wie ohne Gemeinsinn
der Beteiligten die Gründung nicht Hütte erfolgen können, so sind es doch
anderseits die Staatsverwaltungsbehördcn gewesen, die die Notwendigkeit des
Zusammenschlusses erkannt und durch ihr Vorgehen die Vereinigungen ins
Leben gerufen haben. Die entstehenden gewaltigen Werke, die in so wichtigen
Beziehungen gesunde Grundlagen für die Weiterentwickelung des Bezirkes
schaffen, sind eine Großtat der preußischen Verwaltung. Es mindert nicht ihr
Verdienst, es ist vielmehr ein Zeichen, daß sie auf einen, ihr sonst fernliegenden
Gebiet die richtigen Mittel zu wählen verstand, wenn sie die Ausführung der
Arbeiten nicht selbst übernahm, sondern bei dem Fehlen einer kommunalen
Einheit des Bezirks besondere Selbstverwaltuugsorganisationen zu schaffen wußte
und zur Mitarbeit heranzog!




Die Wasserwirtschaft im rheinisch-westfälischen Jndustricbezirk

den Gemeinden völlig gleich. Gleich stehen sie insbesondere durch die Art der
Lastenverteilung. Denn während diese bei Heranziehung zu gewöhnlichen
Genossenschaftsbeiträgen, ebenso wie zu den besonderen Beiträgen und Voraus¬
leistungen in der Kommunalbesteuerung nur nach Maßgabe der entstehenden
Vorteile erfolgen kann, erscheint hier die Last wesentlich als Abtragung einer
öffentlichen Schuld, als Übernahme einer besonderen Auflage zugunsten der
Allgemeinheit. Und im wesentlichen ist sie als solche von den Beteiligten frei¬
willig übernommen worden.

Es sind nicht bloß diese Vorgänge, es sind vielmehr manche Verhältnisse
auf vielen anderen Gebieten des öffentlichen Lebens, die zu dem Schlüsse zwingen,
daß die große bergbauliche und industrielle Unternehmung für die Verwaltung
nicht einfach innerhalb des Gemeideverbandes verschwinden kann, daß sie eine
gesonderte Stellung einnimmt, die auch in der Gemeindegesetzgebung mit der
Zeit Berücksichtigung finden wird, wenn diese auch nie in der Art erfolgen
könnte, die in den östlichen Provinzen der „Gutsbezirk" genießt. Aber jedenfalls
dürfte das geplante Zweckverbandsgesetz an Bildungen, wie sie Ruhrtalsperreu-
vercin und Emschergenossenschaft darstellen, nicht ohne weiteres vorbeigehen,
vielmehr auch für sie den Rahmen entsprechend weit spannen.

Bemerkenswert ist auch der Anteil der staatlichen Verwaltung bei den
Gründungen. Sie hat sie angeregt, gefördert, durch entsprechende Handhabung
gesetzlicher Befugnisse überhaupt erst ermöglicht, und ist bei der Erfüllung der
Aufgaben der Vereinigungen nicht bloß als Aufsichtsbehörde tätig, sondern
arbeitet an den verschiedensten Stellen dauernd mit. Wie ohne Gemeinsinn
der Beteiligten die Gründung nicht Hütte erfolgen können, so sind es doch
anderseits die Staatsverwaltungsbehördcn gewesen, die die Notwendigkeit des
Zusammenschlusses erkannt und durch ihr Vorgehen die Vereinigungen ins
Leben gerufen haben. Die entstehenden gewaltigen Werke, die in so wichtigen
Beziehungen gesunde Grundlagen für die Weiterentwickelung des Bezirkes
schaffen, sind eine Großtat der preußischen Verwaltung. Es mindert nicht ihr
Verdienst, es ist vielmehr ein Zeichen, daß sie auf einen, ihr sonst fernliegenden
Gebiet die richtigen Mittel zu wählen verstand, wenn sie die Ausführung der
Arbeiten nicht selbst übernahm, sondern bei dem Fehlen einer kommunalen
Einheit des Bezirks besondere Selbstverwaltuugsorganisationen zu schaffen wußte
und zur Mitarbeit heranzog!




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[0223] Die Wasserwirtschaft im rheinisch-westfälischen Jndustricbezirk den Gemeinden völlig gleich. Gleich stehen sie insbesondere durch die Art der Lastenverteilung. Denn während diese bei Heranziehung zu gewöhnlichen Genossenschaftsbeiträgen, ebenso wie zu den besonderen Beiträgen und Voraus¬ leistungen in der Kommunalbesteuerung nur nach Maßgabe der entstehenden Vorteile erfolgen kann, erscheint hier die Last wesentlich als Abtragung einer öffentlichen Schuld, als Übernahme einer besonderen Auflage zugunsten der Allgemeinheit. Und im wesentlichen ist sie als solche von den Beteiligten frei¬ willig übernommen worden. Es sind nicht bloß diese Vorgänge, es sind vielmehr manche Verhältnisse auf vielen anderen Gebieten des öffentlichen Lebens, die zu dem Schlüsse zwingen, daß die große bergbauliche und industrielle Unternehmung für die Verwaltung nicht einfach innerhalb des Gemeideverbandes verschwinden kann, daß sie eine gesonderte Stellung einnimmt, die auch in der Gemeindegesetzgebung mit der Zeit Berücksichtigung finden wird, wenn diese auch nie in der Art erfolgen könnte, die in den östlichen Provinzen der „Gutsbezirk" genießt. Aber jedenfalls dürfte das geplante Zweckverbandsgesetz an Bildungen, wie sie Ruhrtalsperreu- vercin und Emschergenossenschaft darstellen, nicht ohne weiteres vorbeigehen, vielmehr auch für sie den Rahmen entsprechend weit spannen. Bemerkenswert ist auch der Anteil der staatlichen Verwaltung bei den Gründungen. Sie hat sie angeregt, gefördert, durch entsprechende Handhabung gesetzlicher Befugnisse überhaupt erst ermöglicht, und ist bei der Erfüllung der Aufgaben der Vereinigungen nicht bloß als Aufsichtsbehörde tätig, sondern arbeitet an den verschiedensten Stellen dauernd mit. Wie ohne Gemeinsinn der Beteiligten die Gründung nicht Hütte erfolgen können, so sind es doch anderseits die Staatsverwaltungsbehördcn gewesen, die die Notwendigkeit des Zusammenschlusses erkannt und durch ihr Vorgehen die Vereinigungen ins Leben gerufen haben. Die entstehenden gewaltigen Werke, die in so wichtigen Beziehungen gesunde Grundlagen für die Weiterentwickelung des Bezirkes schaffen, sind eine Großtat der preußischen Verwaltung. Es mindert nicht ihr Verdienst, es ist vielmehr ein Zeichen, daß sie auf einen, ihr sonst fernliegenden Gebiet die richtigen Mittel zu wählen verstand, wenn sie die Ausführung der Arbeiten nicht selbst übernahm, sondern bei dem Fehlen einer kommunalen Einheit des Bezirks besondere Selbstverwaltuugsorganisationen zu schaffen wußte und zur Mitarbeit heranzog!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316288/223>, abgerufen am 23.07.2024.