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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Drittes Vierteljahr.

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Die Wasserwirtschaft im rheinisch-westfälischen Industriebezirk

ordentliche Polizeilast wesentlich von den Verursachern des zu bessernden Zustandes
zu tragen seien, die praktisch brauchbare Form gefunden und ihn: in dieser
Form auch gesetzgeberisch zum Siege verholfen zu haben. Denn ohne Gesetz
ging es hier freilich, wo nicht einmal der Kreis der Beteiligten feststand, nicht
ab, sollten nicht einige unbeteiligt beiseite bleiben. Am 14. Juli 1904
erging das Gesetz betreffend Bildung der Emschergenossenschaft, die zum Zwecke
haben sollte: "die Regelung der Vorflut nach einem einheitlichen Projekt, und
die Abwässerreinigung im Emschergebiet, sowie die Unterhaltung und den Betrieb
der für diesen Zweck ausgeführten Anlagen". Als Mitglieder find aufgeführt
die zum Gebiet gehörigen neun Stadt- und neun Landkreise. Das Merkwürdige
an dieser Genossenschaft ist, daß gar nicht diese Genossen die Genossenschafts¬
lasten tragen, sondern die besonders aufgeführten "Beteiligten". Als solche
bezeichnet das Gesetz Bergwerke, -- andere gewerbliche Unternehmungen, Eisen¬
bahnen und sonstige Anlagen -- und Gemeinden. Sie sind nach einen: Kataster
heranzuziehen, das aufzustellen ist einerseits mit Rücksicht auf die durch die
Veranlagten im Emschergebiete herbeigeführten Schädigungen, andrerseits auf
die nach der Projektausführung ihnen mittelbar oder unmittelbar zugute kommenden
Vorteile. Weiteres sagt das Gesetz nicht. Es überläßt die Ermittelung der
einzelnen Beteiligten und die Festsetzung ihres Beitrages der Genossenschaft.
Einige Garantien gegen Mißbrauch des damit verliehenen Besteuerungsrechtes
gewähren die Bestimmungen über die Zusammensetzung der Genossenschafts¬
versammlung und der für die Nachprüfung der Veranlagung gebildeten Berufungs¬
kommission. In ersterer haben die zur Genossenschaft gehörigen Stadt- und
Landkreise Vertreter aus den Kreisen der obengenannten drei Gruppen der
Beteiligten nach dem Maßstab der katastermäßigen Beitragsleistung zu entsenden --
also eine indirekte Vertretung dieser Gruppen -- und in der neunköpfigen
Berufungskommission hat ein von der Aufsichtsbehörde, dem Oberpräsidenten
von Westfalen, zu ernennender Staatsbeamter den Vorsitz zu führen; es
gehören ihr noch zwei von der Aufsichtsbehörde und vom Oberbergamt zu
Dortmund zu ernennende technische Beamte an. Die anderen sechs Mitglieder
werden von der Genossenschaftsversammlung gewählt.

Trotzdem hätte das Gesetz die sonst für erforderlich erachtete Begrenzung
der Genossenschaftsrechte nicht unterlassen können, wenn nicht als Ergebnis aller
Vorverhandlungen über die Gestaltung der Genossenschaft zutage getreten wäre,
daß die wesentliche Mehrheit aller Beteiligten mit einer Regelung, wie sie hier
vorgesehen wurde, einverstanden war. Diese Regelung ermöglichte den endlichen
Beginn der Arbeiten zur Beseitigung des immer dringender werdenden Not¬
standes; die Feststellung der genauen Grundsätze über die Beitragshöhe mochte
später erfolgen, vorderhand fand der einmütige Wille, daß etwas geschehen
müsse, seine Betätigung.

Zurzeit sind veranlagt 189 Bergwerke, 18 Großindustrielle einschließlich
der fiskalischen Verwaltungen und 129 Gemeinden. Letztere steuern etwa


Grenzvoten III 1910 27
Die Wasserwirtschaft im rheinisch-westfälischen Industriebezirk

ordentliche Polizeilast wesentlich von den Verursachern des zu bessernden Zustandes
zu tragen seien, die praktisch brauchbare Form gefunden und ihn: in dieser
Form auch gesetzgeberisch zum Siege verholfen zu haben. Denn ohne Gesetz
ging es hier freilich, wo nicht einmal der Kreis der Beteiligten feststand, nicht
ab, sollten nicht einige unbeteiligt beiseite bleiben. Am 14. Juli 1904
erging das Gesetz betreffend Bildung der Emschergenossenschaft, die zum Zwecke
haben sollte: „die Regelung der Vorflut nach einem einheitlichen Projekt, und
die Abwässerreinigung im Emschergebiet, sowie die Unterhaltung und den Betrieb
der für diesen Zweck ausgeführten Anlagen". Als Mitglieder find aufgeführt
die zum Gebiet gehörigen neun Stadt- und neun Landkreise. Das Merkwürdige
an dieser Genossenschaft ist, daß gar nicht diese Genossen die Genossenschafts¬
lasten tragen, sondern die besonders aufgeführten „Beteiligten". Als solche
bezeichnet das Gesetz Bergwerke, — andere gewerbliche Unternehmungen, Eisen¬
bahnen und sonstige Anlagen — und Gemeinden. Sie sind nach einen: Kataster
heranzuziehen, das aufzustellen ist einerseits mit Rücksicht auf die durch die
Veranlagten im Emschergebiete herbeigeführten Schädigungen, andrerseits auf
die nach der Projektausführung ihnen mittelbar oder unmittelbar zugute kommenden
Vorteile. Weiteres sagt das Gesetz nicht. Es überläßt die Ermittelung der
einzelnen Beteiligten und die Festsetzung ihres Beitrages der Genossenschaft.
Einige Garantien gegen Mißbrauch des damit verliehenen Besteuerungsrechtes
gewähren die Bestimmungen über die Zusammensetzung der Genossenschafts¬
versammlung und der für die Nachprüfung der Veranlagung gebildeten Berufungs¬
kommission. In ersterer haben die zur Genossenschaft gehörigen Stadt- und
Landkreise Vertreter aus den Kreisen der obengenannten drei Gruppen der
Beteiligten nach dem Maßstab der katastermäßigen Beitragsleistung zu entsenden —
also eine indirekte Vertretung dieser Gruppen — und in der neunköpfigen
Berufungskommission hat ein von der Aufsichtsbehörde, dem Oberpräsidenten
von Westfalen, zu ernennender Staatsbeamter den Vorsitz zu führen; es
gehören ihr noch zwei von der Aufsichtsbehörde und vom Oberbergamt zu
Dortmund zu ernennende technische Beamte an. Die anderen sechs Mitglieder
werden von der Genossenschaftsversammlung gewählt.

Trotzdem hätte das Gesetz die sonst für erforderlich erachtete Begrenzung
der Genossenschaftsrechte nicht unterlassen können, wenn nicht als Ergebnis aller
Vorverhandlungen über die Gestaltung der Genossenschaft zutage getreten wäre,
daß die wesentliche Mehrheit aller Beteiligten mit einer Regelung, wie sie hier
vorgesehen wurde, einverstanden war. Diese Regelung ermöglichte den endlichen
Beginn der Arbeiten zur Beseitigung des immer dringender werdenden Not¬
standes; die Feststellung der genauen Grundsätze über die Beitragshöhe mochte
später erfolgen, vorderhand fand der einmütige Wille, daß etwas geschehen
müsse, seine Betätigung.

Zurzeit sind veranlagt 189 Bergwerke, 18 Großindustrielle einschließlich
der fiskalischen Verwaltungen und 129 Gemeinden. Letztere steuern etwa


Grenzvoten III 1910 27
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[0221] Die Wasserwirtschaft im rheinisch-westfälischen Industriebezirk ordentliche Polizeilast wesentlich von den Verursachern des zu bessernden Zustandes zu tragen seien, die praktisch brauchbare Form gefunden und ihn: in dieser Form auch gesetzgeberisch zum Siege verholfen zu haben. Denn ohne Gesetz ging es hier freilich, wo nicht einmal der Kreis der Beteiligten feststand, nicht ab, sollten nicht einige unbeteiligt beiseite bleiben. Am 14. Juli 1904 erging das Gesetz betreffend Bildung der Emschergenossenschaft, die zum Zwecke haben sollte: „die Regelung der Vorflut nach einem einheitlichen Projekt, und die Abwässerreinigung im Emschergebiet, sowie die Unterhaltung und den Betrieb der für diesen Zweck ausgeführten Anlagen". Als Mitglieder find aufgeführt die zum Gebiet gehörigen neun Stadt- und neun Landkreise. Das Merkwürdige an dieser Genossenschaft ist, daß gar nicht diese Genossen die Genossenschafts¬ lasten tragen, sondern die besonders aufgeführten „Beteiligten". Als solche bezeichnet das Gesetz Bergwerke, — andere gewerbliche Unternehmungen, Eisen¬ bahnen und sonstige Anlagen — und Gemeinden. Sie sind nach einen: Kataster heranzuziehen, das aufzustellen ist einerseits mit Rücksicht auf die durch die Veranlagten im Emschergebiete herbeigeführten Schädigungen, andrerseits auf die nach der Projektausführung ihnen mittelbar oder unmittelbar zugute kommenden Vorteile. Weiteres sagt das Gesetz nicht. Es überläßt die Ermittelung der einzelnen Beteiligten und die Festsetzung ihres Beitrages der Genossenschaft. Einige Garantien gegen Mißbrauch des damit verliehenen Besteuerungsrechtes gewähren die Bestimmungen über die Zusammensetzung der Genossenschafts¬ versammlung und der für die Nachprüfung der Veranlagung gebildeten Berufungs¬ kommission. In ersterer haben die zur Genossenschaft gehörigen Stadt- und Landkreise Vertreter aus den Kreisen der obengenannten drei Gruppen der Beteiligten nach dem Maßstab der katastermäßigen Beitragsleistung zu entsenden — also eine indirekte Vertretung dieser Gruppen — und in der neunköpfigen Berufungskommission hat ein von der Aufsichtsbehörde, dem Oberpräsidenten von Westfalen, zu ernennender Staatsbeamter den Vorsitz zu führen; es gehören ihr noch zwei von der Aufsichtsbehörde und vom Oberbergamt zu Dortmund zu ernennende technische Beamte an. Die anderen sechs Mitglieder werden von der Genossenschaftsversammlung gewählt. Trotzdem hätte das Gesetz die sonst für erforderlich erachtete Begrenzung der Genossenschaftsrechte nicht unterlassen können, wenn nicht als Ergebnis aller Vorverhandlungen über die Gestaltung der Genossenschaft zutage getreten wäre, daß die wesentliche Mehrheit aller Beteiligten mit einer Regelung, wie sie hier vorgesehen wurde, einverstanden war. Diese Regelung ermöglichte den endlichen Beginn der Arbeiten zur Beseitigung des immer dringender werdenden Not¬ standes; die Feststellung der genauen Grundsätze über die Beitragshöhe mochte später erfolgen, vorderhand fand der einmütige Wille, daß etwas geschehen müsse, seine Betätigung. Zurzeit sind veranlagt 189 Bergwerke, 18 Großindustrielle einschließlich der fiskalischen Verwaltungen und 129 Gemeinden. Letztere steuern etwa Grenzvoten III 1910 27

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316288/221>, abgerufen am 23.07.2024.