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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Zweites Vierteljahr.

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Mehrkraft und Sport

Sportsjünger, der nicht für außerordentliche Leistungen auch auf einem Nachbar¬
gebiet Verständnis und Bewunderung hätte und dadurch ein starkes Streben zu
ähnlichen Taten in sich erwachen fühlte. Die Opfer, die der Sport -- selten
genug -- hier und da fordert, sind wohl zu beklagen, aber es wäre vom männ¬
lichen Standpunkt aus durchaus zu bedauern, wenn man daraufhin nach guter
deutscher Sitte "nach der Polizei" rufen wollte.

Man muß nicht alles in einen Topf werfen wollen. Junge Leute, die
schimmerlos durch das Hochgebirge ziehen und dort verunglücken, kann man dem
rechten Alpensport und seinen Jüngern nicht zurechnen -- im Gegenteil, diese
rücken weit ab von solchen planlosen Wagehälsen. schaukelnde Sonntagsgondler,
die mit ihrem Mietboot umschlagen und ertrinken, kann man nicht dem Wassersport
zuschieben und darum hier die blauen Fluten, wie dort die hohen Alpengipfel in
Bann tun. Sie sind nur denen gefährlich, die ihre Tücken nicht kennen, ihren
Gefahren nicht zu begegnen wissen. Grade der rechte Jünger des Sports vermeidet
alles, was in Mißkredit bringen kann. Aber er fürchtet allerdings die Gefahr nicht,
weil er sie kennt; ja er sucht sie auf, weil er sie zu besiegen gelernt hat.

Unser Sport ist noch jung, er steckt in den Kinderschuhen. Deswegen soll
man mit seinen Schwächen und Fehlern Nachsicht haben. Seine Verdienste um
Volk und Heer sind so weitreichend für Frieden und für Krieg, für jung und
alt, für Stadt und Land, daß sich alle möchten angelegen sein lassen, ihn zu hüten
und zu pflegen, damit uns erstehe ein kräftiges und männliches Geschlecht.


W. Scheibert


Mehrkraft und Sport

Sportsjünger, der nicht für außerordentliche Leistungen auch auf einem Nachbar¬
gebiet Verständnis und Bewunderung hätte und dadurch ein starkes Streben zu
ähnlichen Taten in sich erwachen fühlte. Die Opfer, die der Sport — selten
genug — hier und da fordert, sind wohl zu beklagen, aber es wäre vom männ¬
lichen Standpunkt aus durchaus zu bedauern, wenn man daraufhin nach guter
deutscher Sitte „nach der Polizei" rufen wollte.

Man muß nicht alles in einen Topf werfen wollen. Junge Leute, die
schimmerlos durch das Hochgebirge ziehen und dort verunglücken, kann man dem
rechten Alpensport und seinen Jüngern nicht zurechnen — im Gegenteil, diese
rücken weit ab von solchen planlosen Wagehälsen. schaukelnde Sonntagsgondler,
die mit ihrem Mietboot umschlagen und ertrinken, kann man nicht dem Wassersport
zuschieben und darum hier die blauen Fluten, wie dort die hohen Alpengipfel in
Bann tun. Sie sind nur denen gefährlich, die ihre Tücken nicht kennen, ihren
Gefahren nicht zu begegnen wissen. Grade der rechte Jünger des Sports vermeidet
alles, was in Mißkredit bringen kann. Aber er fürchtet allerdings die Gefahr nicht,
weil er sie kennt; ja er sucht sie auf, weil er sie zu besiegen gelernt hat.

Unser Sport ist noch jung, er steckt in den Kinderschuhen. Deswegen soll
man mit seinen Schwächen und Fehlern Nachsicht haben. Seine Verdienste um
Volk und Heer sind so weitreichend für Frieden und für Krieg, für jung und
alt, für Stadt und Land, daß sich alle möchten angelegen sein lassen, ihn zu hüten
und zu pflegen, damit uns erstehe ein kräftiges und männliches Geschlecht.


W. Scheibert


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[0595] Mehrkraft und Sport Sportsjünger, der nicht für außerordentliche Leistungen auch auf einem Nachbar¬ gebiet Verständnis und Bewunderung hätte und dadurch ein starkes Streben zu ähnlichen Taten in sich erwachen fühlte. Die Opfer, die der Sport — selten genug — hier und da fordert, sind wohl zu beklagen, aber es wäre vom männ¬ lichen Standpunkt aus durchaus zu bedauern, wenn man daraufhin nach guter deutscher Sitte „nach der Polizei" rufen wollte. Man muß nicht alles in einen Topf werfen wollen. Junge Leute, die schimmerlos durch das Hochgebirge ziehen und dort verunglücken, kann man dem rechten Alpensport und seinen Jüngern nicht zurechnen — im Gegenteil, diese rücken weit ab von solchen planlosen Wagehälsen. schaukelnde Sonntagsgondler, die mit ihrem Mietboot umschlagen und ertrinken, kann man nicht dem Wassersport zuschieben und darum hier die blauen Fluten, wie dort die hohen Alpengipfel in Bann tun. Sie sind nur denen gefährlich, die ihre Tücken nicht kennen, ihren Gefahren nicht zu begegnen wissen. Grade der rechte Jünger des Sports vermeidet alles, was in Mißkredit bringen kann. Aber er fürchtet allerdings die Gefahr nicht, weil er sie kennt; ja er sucht sie auf, weil er sie zu besiegen gelernt hat. Unser Sport ist noch jung, er steckt in den Kinderschuhen. Deswegen soll man mit seinen Schwächen und Fehlern Nachsicht haben. Seine Verdienste um Volk und Heer sind so weitreichend für Frieden und für Krieg, für jung und alt, für Stadt und Land, daß sich alle möchten angelegen sein lassen, ihn zu hüten und zu pflegen, damit uns erstehe ein kräftiges und männliches Geschlecht. W. Scheibert

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_315638/595>, abgerufen am 01.07.2024.