Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Zweites Vierteljahr.Gesellschaft, Sitten und Salons unter dem Direktorium Gottesgemeinschaft, die nur im Jenseits möglich ist, den Glauben und den Trieb Wem: trotzdem die Kirchen und ihre Vertreter die Freimaurer als Frei¬ Gesellschaft, Bitten und Salons unter dem Direktorium iM5 bis 5799) von Friedrich ZU, Aircheiscn ^ er 9. Thermidor hatte der Schreckensherrschaft und ihrem Diktator Die Veränderung war verblüffend. Eine ganz neue Gesellschaft bildete Gesellschaft, Sitten und Salons unter dem Direktorium Gottesgemeinschaft, die nur im Jenseits möglich ist, den Glauben und den Trieb Wem: trotzdem die Kirchen und ihre Vertreter die Freimaurer als Frei¬ Gesellschaft, Bitten und Salons unter dem Direktorium iM5 bis 5799) von Friedrich ZU, Aircheiscn ^ er 9. Thermidor hatte der Schreckensherrschaft und ihrem Diktator Die Veränderung war verblüffend. Eine ganz neue Gesellschaft bildete <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0314" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/315953"/> <fw type="header" place="top"> Gesellschaft, Sitten und Salons unter dem Direktorium</fw><lb/> <p xml:id="ID_1812" prev="#ID_1811"> Gottesgemeinschaft, die nur im Jenseits möglich ist, den Glauben und den Trieb<lb/> zu einer innerweltlichen Glaubensgemeinschaft schädigt und die Energie, die auf<lb/> den Aufbau des Gottesreiches im Diesseits gerichtet sein sollte, lahmt und<lb/> beeinträchtigt. Eben der Aufbau dieses Gottesreiches oder, wie es in der Sprache<lb/> der Humanität heißt, die Erziehung des Menschengeschlechts war das<lb/> Ziel, welches sich die hervorragendsten Vertreter des Humanitätsgedankens gesteckt<lb/> hatten und welches noch heute als der eigentliche Kernpunkt der Lehre der<lb/> Freimaurerei zu betrachten ist. Die Stärkung der sittlichen Tatkraft, auf die ihr<lb/> Hauptstreben gerichtet war und ist, betrachteten sie als den Lebensquell jeder<lb/> wahren Religiosität, die sie ebenso wie die Kirchen von ihren Anhängern<lb/> forderten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1813"> Wem: trotzdem die Kirchen und ihre Vertreter die Freimaurer als Frei¬<lb/> geister, Gottesleugner, Atheisten und Revolutionäre kennzeichnen zu müssen<lb/> glauben — nach der „Germania" hat sich sogar Kaiser Wilhelm der Erste, der<lb/> ebenso wie seine Vorfahren Maurer war, der Begünstigung der Revolution<lb/> schuldig gemacht —, so beweist das lediglich, daß sie die Hürden ihrer Heerden<lb/> mit den schärfsten Waffen, über die sie verfügen, vor den Wölfen schützen zu<lb/> müssen glauben. Selbstverständlich ist es dann doppelt schmerzlich, beobachten<lb/> zu müssen, daß auch diese Waffen sich mehr und mehr als stumpf und schartig<lb/><note type="byline"> Z,</note> erweisen. </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Gesellschaft, Bitten und Salons unter dem Direktorium<lb/> iM5 bis 5799)<lb/><note type="byline"> von Friedrich ZU, Aircheiscn</note></head><lb/> <p xml:id="ID_1814"> ^ er 9. Thermidor hatte der Schreckensherrschaft und ihrem Diktator<lb/> ein Ende gemacht. Man brauchte jetzt nicht mehr ausschließlich<lb/> mit der Sorge um sein Dasein beschäftigt zu sein: das bisher<lb/> geführte politische Leben machte endlich wieder dem Privatleben<lb/> Platz. Wie aus einem schweren Traume erwachend stürzten sich<lb/> die Pariser in den betäubenden Wirbel von Vergnügungen aller Art; sie waren<lb/> ja nun nicht mehr einer tyrannischen Zensur unterworfen. Zu lange hatte man<lb/> danach geschmachtet, zu lange die barbarischen Zerstreuungen der öffentlichen<lb/> Hinrichtungen genossen, die wahre Volksfeste mit Musik und T«H geworden<lb/> waren, zu lange hatte man in spartanischer Einfachheit gelebt! Man lechzte<lb/> sörmlich nach verfeinerten, zivilisierteren Genüssen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1815" next="#ID_1816"> Die Veränderung war verblüffend. Eine ganz neue Gesellschaft bildete<lb/> sich in Frankreich, eine schlecht erzogene, durch die Revolution vollkommen ver-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0314]
Gesellschaft, Sitten und Salons unter dem Direktorium
Gottesgemeinschaft, die nur im Jenseits möglich ist, den Glauben und den Trieb
zu einer innerweltlichen Glaubensgemeinschaft schädigt und die Energie, die auf
den Aufbau des Gottesreiches im Diesseits gerichtet sein sollte, lahmt und
beeinträchtigt. Eben der Aufbau dieses Gottesreiches oder, wie es in der Sprache
der Humanität heißt, die Erziehung des Menschengeschlechts war das
Ziel, welches sich die hervorragendsten Vertreter des Humanitätsgedankens gesteckt
hatten und welches noch heute als der eigentliche Kernpunkt der Lehre der
Freimaurerei zu betrachten ist. Die Stärkung der sittlichen Tatkraft, auf die ihr
Hauptstreben gerichtet war und ist, betrachteten sie als den Lebensquell jeder
wahren Religiosität, die sie ebenso wie die Kirchen von ihren Anhängern
forderten.
Wem: trotzdem die Kirchen und ihre Vertreter die Freimaurer als Frei¬
geister, Gottesleugner, Atheisten und Revolutionäre kennzeichnen zu müssen
glauben — nach der „Germania" hat sich sogar Kaiser Wilhelm der Erste, der
ebenso wie seine Vorfahren Maurer war, der Begünstigung der Revolution
schuldig gemacht —, so beweist das lediglich, daß sie die Hürden ihrer Heerden
mit den schärfsten Waffen, über die sie verfügen, vor den Wölfen schützen zu
müssen glauben. Selbstverständlich ist es dann doppelt schmerzlich, beobachten
zu müssen, daß auch diese Waffen sich mehr und mehr als stumpf und schartig
Z, erweisen.
Gesellschaft, Bitten und Salons unter dem Direktorium
iM5 bis 5799)
von Friedrich ZU, Aircheiscn
^ er 9. Thermidor hatte der Schreckensherrschaft und ihrem Diktator
ein Ende gemacht. Man brauchte jetzt nicht mehr ausschließlich
mit der Sorge um sein Dasein beschäftigt zu sein: das bisher
geführte politische Leben machte endlich wieder dem Privatleben
Platz. Wie aus einem schweren Traume erwachend stürzten sich
die Pariser in den betäubenden Wirbel von Vergnügungen aller Art; sie waren
ja nun nicht mehr einer tyrannischen Zensur unterworfen. Zu lange hatte man
danach geschmachtet, zu lange die barbarischen Zerstreuungen der öffentlichen
Hinrichtungen genossen, die wahre Volksfeste mit Musik und T«H geworden
waren, zu lange hatte man in spartanischer Einfachheit gelebt! Man lechzte
sörmlich nach verfeinerten, zivilisierteren Genüssen.
Die Veränderung war verblüffend. Eine ganz neue Gesellschaft bildete
sich in Frankreich, eine schlecht erzogene, durch die Revolution vollkommen ver-
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