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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

diese Eigenschaft hebt Strunz als die hervorragendste und bedeutsamste des
Gelehrten hervor. Aus dem Wirken des Paracelsus spricht zudem ein solcher
Idealismus und anderseits ein so lebenstüchtiger, positiver Realismus, daß man
auch ohne das Zeugnis der Schriften annehmen müßte, seine Persönlichkeit
bedeute mehr als einen klugen Märchendichter und -tenter. Mit Recht hebt
Strunz an der Hand der Schriften hervor, daß Paracelsus jene immanente
Frömmigkeit besaß, die wir noch heute in den klassischen Mystikern bewundern.
"Hierin stand er wohl gegen Rationalismus und jene transzendente Religion.
Er hat in der Natur Gott gesehen, im Makrokosmus, im selben Maße wie er im
Mikrokosmos, d. i. in dem Menschen, den Abglanz des göttlichen Lichtes bewunderte.
Seine praktischen Konsequenzen sind die Ethik des christlichen Humanismus.
Eine enge Verbrüderung sich liebender Gotteskinder soll aus einer sittlichen
Menschheit herauswachsen, Menschenbewußtsein und die Erkenntnis des unendlichen
Werth der Seele entflamme die innere Persönlichkeit. Diese Welt mit ihren
taufenden Formen und Kräften ist sowohl in ihrer Einheit und im kleinsten als
auch in ihren inneren Zusammenhängen die Offenbarungsstätte Gottes, die Natur
die treueste Freundin und Helferin der Kranken und Schwachen, der Reichen und
Bedürftigen."

Die beiden bedeutendsten Werke des P., "Paragranum" und "Paramirum",
sind übrigens in dem genannten Verlage in Neuausgaben und in vornehmer,
stilvoller Ausstattung herausgegeben worden. Diese Schriften erscheinen in dem
Deutsch des Paracelsus. Vielleicht wäre eine Übertragung in unser Deutsch mit
Beibehaltung alter Wortwendungen und -Stellungen und des alten Tones der
S Hans Benzmann prache manchem erwünschter gewesen.




Maßgebliches und Unmaßgebliches

diese Eigenschaft hebt Strunz als die hervorragendste und bedeutsamste des
Gelehrten hervor. Aus dem Wirken des Paracelsus spricht zudem ein solcher
Idealismus und anderseits ein so lebenstüchtiger, positiver Realismus, daß man
auch ohne das Zeugnis der Schriften annehmen müßte, seine Persönlichkeit
bedeute mehr als einen klugen Märchendichter und -tenter. Mit Recht hebt
Strunz an der Hand der Schriften hervor, daß Paracelsus jene immanente
Frömmigkeit besaß, die wir noch heute in den klassischen Mystikern bewundern.
„Hierin stand er wohl gegen Rationalismus und jene transzendente Religion.
Er hat in der Natur Gott gesehen, im Makrokosmus, im selben Maße wie er im
Mikrokosmos, d. i. in dem Menschen, den Abglanz des göttlichen Lichtes bewunderte.
Seine praktischen Konsequenzen sind die Ethik des christlichen Humanismus.
Eine enge Verbrüderung sich liebender Gotteskinder soll aus einer sittlichen
Menschheit herauswachsen, Menschenbewußtsein und die Erkenntnis des unendlichen
Werth der Seele entflamme die innere Persönlichkeit. Diese Welt mit ihren
taufenden Formen und Kräften ist sowohl in ihrer Einheit und im kleinsten als
auch in ihren inneren Zusammenhängen die Offenbarungsstätte Gottes, die Natur
die treueste Freundin und Helferin der Kranken und Schwachen, der Reichen und
Bedürftigen."

Die beiden bedeutendsten Werke des P., „Paragranum" und „Paramirum",
sind übrigens in dem genannten Verlage in Neuausgaben und in vornehmer,
stilvoller Ausstattung herausgegeben worden. Diese Schriften erscheinen in dem
Deutsch des Paracelsus. Vielleicht wäre eine Übertragung in unser Deutsch mit
Beibehaltung alter Wortwendungen und -Stellungen und des alten Tones der
S Hans Benzmann prache manchem erwünschter gewesen.




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[0251] Maßgebliches und Unmaßgebliches diese Eigenschaft hebt Strunz als die hervorragendste und bedeutsamste des Gelehrten hervor. Aus dem Wirken des Paracelsus spricht zudem ein solcher Idealismus und anderseits ein so lebenstüchtiger, positiver Realismus, daß man auch ohne das Zeugnis der Schriften annehmen müßte, seine Persönlichkeit bedeute mehr als einen klugen Märchendichter und -tenter. Mit Recht hebt Strunz an der Hand der Schriften hervor, daß Paracelsus jene immanente Frömmigkeit besaß, die wir noch heute in den klassischen Mystikern bewundern. „Hierin stand er wohl gegen Rationalismus und jene transzendente Religion. Er hat in der Natur Gott gesehen, im Makrokosmus, im selben Maße wie er im Mikrokosmos, d. i. in dem Menschen, den Abglanz des göttlichen Lichtes bewunderte. Seine praktischen Konsequenzen sind die Ethik des christlichen Humanismus. Eine enge Verbrüderung sich liebender Gotteskinder soll aus einer sittlichen Menschheit herauswachsen, Menschenbewußtsein und die Erkenntnis des unendlichen Werth der Seele entflamme die innere Persönlichkeit. Diese Welt mit ihren taufenden Formen und Kräften ist sowohl in ihrer Einheit und im kleinsten als auch in ihren inneren Zusammenhängen die Offenbarungsstätte Gottes, die Natur die treueste Freundin und Helferin der Kranken und Schwachen, der Reichen und Bedürftigen." Die beiden bedeutendsten Werke des P., „Paragranum" und „Paramirum", sind übrigens in dem genannten Verlage in Neuausgaben und in vornehmer, stilvoller Ausstattung herausgegeben worden. Diese Schriften erscheinen in dem Deutsch des Paracelsus. Vielleicht wäre eine Übertragung in unser Deutsch mit Beibehaltung alter Wortwendungen und -Stellungen und des alten Tones der S Hans Benzmann prache manchem erwünschter gewesen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_315638/251>, abgerufen am 26.06.2024.