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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Zweites Vierteljahr.

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Der Entwurf eines Stcllenvermittlergcsetzes

Dienst nicht zur festgesetzten Zeit antritt; die bereits gezahlte Gebühr kann
zurückgefordert werden. Die Stellenvermittler sind verpflichtet, dem Stellen¬
suchenden vor Abschluß des Vermittelungsgeschäfts die für ihn zur Anwendung
kommende Taxe mitzuteilen. Die Taxe ist in den Geschäftsräumen an einer
in die Augen fallenden Stelle anzubringen.

Im übrigen kann die Landeszentralbehörde weitere Bestimmungen über den
Umfang der Befugnisse und Verpflichtungen sowie über den Geschäftsbetrieb der
Stellenvermittler erlassen.

Die Erlaubnis zum Gewerbebetriebe des Stellenvermittlers ist zurück¬
zunehmen, wenn sich aus Handlungen oder Unterlassungen des Stellenvermittlers
dessen Unzuverlässigkeit in bezug auf den Gewerbebetrieb ergibt. Unter der
gleichen Voraussetzung ist der Gewerbebetrieb Stellenvermittlern, die ihn vor
dem 1. Oktober 1900 begonnen haben, zu untersagen. Die Unzuverlässigkeit
ist stets anzunehmen, wenn der Stellenvermittler wiederholt bestraft ist, weil er
die festgesetzte Gebührentaxe überschritten oder sich außer den taxmäßigen
Gebühren Vergütungen anderer Art von dem Arbeitnehmer hat gewähren oder
versprechen lassen, oder weil er eines der ihm verbotenen Gewerbe be¬
trieben hat.

Ein Abdruck des Gesetzes muß auf jedem deutschen Kauffahrteischiff im
Volkslogis zur jederzeitigen Einsicht der Schiffsleute vorhanden sein.

Der Entwurf setzt zum Schluß eine Reihe von Geldstrafen für Übertretungen
des Gesetzes fest; sie können bis zum Höchstbetrage von 600 Mark festgesetzt
werden für den, der ohne Konzession Stellen vermittelt, verbotene Neben¬
betriebe leitet, die Taxen überschreitet oder es unternimmt, einen Arbeitnehmer
zuni Bruche eines eingegangenen Arbeitsvertrages zu verleiten, bis zum Höchst¬
betrage von 150 Mark bei Übertretung der übrigen Gesetzesvorschriften. Im
Unvermögensfalle tritt an Stelle der Geldstrafe die entsprechende Haftstrafe.

Die Bestimmungen der Gewerbeordnung finden insoweit noch auf den
Gewerbebetrieb des Stellenvermittlers Anwendung, als der Entwurf nicht
besondere Vorschriften getroffen hat. Hierdurch wird der Charakter der Vorlage
als eines die Gewerbeordnung ergänzenden Sondergesetzes zum Ausdruck
gebracht. Es kommen also die allgemeinen Bestimmungen der Gewerbeordnung
(§ 1 Abs. 2, HZ 11a, 41, 42, 45 bis 47) auch weiterhin zur Anwendung.

Die in Aussicht genommenenen Maßnahmen lehnen sich zum Teil an das
Reichsgesetz vom 2. Juni 1902, betreffend die Stellenvermittelung für Schiffs¬
leute, an. Für diese Art der Stellenvermittelung hat sich ebenfalls die Einführung
des Bedürfnisnachweises als erwünscht erwiesen. Da für die übrigen Stellen¬
vermittler die im Gesetze vom 2. Juni 1902 bereits vorgesehene behördliche
Regelung der Tarife und das Verbot gemisser Nebengewerbe in Betracht kommen,
so sind zwischen beiden Arten der Stellenvermittler nicht so erhebliche Unter¬
schiede vorhanden, daß eine getrennte gesetzliche Neuregelung erforderlich erschien.
Die Vorlage will daher die Angelegenheit unter Berücksichtigung der hinsichtlich


Der Entwurf eines Stcllenvermittlergcsetzes

Dienst nicht zur festgesetzten Zeit antritt; die bereits gezahlte Gebühr kann
zurückgefordert werden. Die Stellenvermittler sind verpflichtet, dem Stellen¬
suchenden vor Abschluß des Vermittelungsgeschäfts die für ihn zur Anwendung
kommende Taxe mitzuteilen. Die Taxe ist in den Geschäftsräumen an einer
in die Augen fallenden Stelle anzubringen.

Im übrigen kann die Landeszentralbehörde weitere Bestimmungen über den
Umfang der Befugnisse und Verpflichtungen sowie über den Geschäftsbetrieb der
Stellenvermittler erlassen.

Die Erlaubnis zum Gewerbebetriebe des Stellenvermittlers ist zurück¬
zunehmen, wenn sich aus Handlungen oder Unterlassungen des Stellenvermittlers
dessen Unzuverlässigkeit in bezug auf den Gewerbebetrieb ergibt. Unter der
gleichen Voraussetzung ist der Gewerbebetrieb Stellenvermittlern, die ihn vor
dem 1. Oktober 1900 begonnen haben, zu untersagen. Die Unzuverlässigkeit
ist stets anzunehmen, wenn der Stellenvermittler wiederholt bestraft ist, weil er
die festgesetzte Gebührentaxe überschritten oder sich außer den taxmäßigen
Gebühren Vergütungen anderer Art von dem Arbeitnehmer hat gewähren oder
versprechen lassen, oder weil er eines der ihm verbotenen Gewerbe be¬
trieben hat.

Ein Abdruck des Gesetzes muß auf jedem deutschen Kauffahrteischiff im
Volkslogis zur jederzeitigen Einsicht der Schiffsleute vorhanden sein.

Der Entwurf setzt zum Schluß eine Reihe von Geldstrafen für Übertretungen
des Gesetzes fest; sie können bis zum Höchstbetrage von 600 Mark festgesetzt
werden für den, der ohne Konzession Stellen vermittelt, verbotene Neben¬
betriebe leitet, die Taxen überschreitet oder es unternimmt, einen Arbeitnehmer
zuni Bruche eines eingegangenen Arbeitsvertrages zu verleiten, bis zum Höchst¬
betrage von 150 Mark bei Übertretung der übrigen Gesetzesvorschriften. Im
Unvermögensfalle tritt an Stelle der Geldstrafe die entsprechende Haftstrafe.

Die Bestimmungen der Gewerbeordnung finden insoweit noch auf den
Gewerbebetrieb des Stellenvermittlers Anwendung, als der Entwurf nicht
besondere Vorschriften getroffen hat. Hierdurch wird der Charakter der Vorlage
als eines die Gewerbeordnung ergänzenden Sondergesetzes zum Ausdruck
gebracht. Es kommen also die allgemeinen Bestimmungen der Gewerbeordnung
(§ 1 Abs. 2, HZ 11a, 41, 42, 45 bis 47) auch weiterhin zur Anwendung.

Die in Aussicht genommenenen Maßnahmen lehnen sich zum Teil an das
Reichsgesetz vom 2. Juni 1902, betreffend die Stellenvermittelung für Schiffs¬
leute, an. Für diese Art der Stellenvermittelung hat sich ebenfalls die Einführung
des Bedürfnisnachweises als erwünscht erwiesen. Da für die übrigen Stellen¬
vermittler die im Gesetze vom 2. Juni 1902 bereits vorgesehene behördliche
Regelung der Tarife und das Verbot gemisser Nebengewerbe in Betracht kommen,
so sind zwischen beiden Arten der Stellenvermittler nicht so erhebliche Unter¬
schiede vorhanden, daß eine getrennte gesetzliche Neuregelung erforderlich erschien.
Die Vorlage will daher die Angelegenheit unter Berücksichtigung der hinsichtlich


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[0222] Der Entwurf eines Stcllenvermittlergcsetzes Dienst nicht zur festgesetzten Zeit antritt; die bereits gezahlte Gebühr kann zurückgefordert werden. Die Stellenvermittler sind verpflichtet, dem Stellen¬ suchenden vor Abschluß des Vermittelungsgeschäfts die für ihn zur Anwendung kommende Taxe mitzuteilen. Die Taxe ist in den Geschäftsräumen an einer in die Augen fallenden Stelle anzubringen. Im übrigen kann die Landeszentralbehörde weitere Bestimmungen über den Umfang der Befugnisse und Verpflichtungen sowie über den Geschäftsbetrieb der Stellenvermittler erlassen. Die Erlaubnis zum Gewerbebetriebe des Stellenvermittlers ist zurück¬ zunehmen, wenn sich aus Handlungen oder Unterlassungen des Stellenvermittlers dessen Unzuverlässigkeit in bezug auf den Gewerbebetrieb ergibt. Unter der gleichen Voraussetzung ist der Gewerbebetrieb Stellenvermittlern, die ihn vor dem 1. Oktober 1900 begonnen haben, zu untersagen. Die Unzuverlässigkeit ist stets anzunehmen, wenn der Stellenvermittler wiederholt bestraft ist, weil er die festgesetzte Gebührentaxe überschritten oder sich außer den taxmäßigen Gebühren Vergütungen anderer Art von dem Arbeitnehmer hat gewähren oder versprechen lassen, oder weil er eines der ihm verbotenen Gewerbe be¬ trieben hat. Ein Abdruck des Gesetzes muß auf jedem deutschen Kauffahrteischiff im Volkslogis zur jederzeitigen Einsicht der Schiffsleute vorhanden sein. Der Entwurf setzt zum Schluß eine Reihe von Geldstrafen für Übertretungen des Gesetzes fest; sie können bis zum Höchstbetrage von 600 Mark festgesetzt werden für den, der ohne Konzession Stellen vermittelt, verbotene Neben¬ betriebe leitet, die Taxen überschreitet oder es unternimmt, einen Arbeitnehmer zuni Bruche eines eingegangenen Arbeitsvertrages zu verleiten, bis zum Höchst¬ betrage von 150 Mark bei Übertretung der übrigen Gesetzesvorschriften. Im Unvermögensfalle tritt an Stelle der Geldstrafe die entsprechende Haftstrafe. Die Bestimmungen der Gewerbeordnung finden insoweit noch auf den Gewerbebetrieb des Stellenvermittlers Anwendung, als der Entwurf nicht besondere Vorschriften getroffen hat. Hierdurch wird der Charakter der Vorlage als eines die Gewerbeordnung ergänzenden Sondergesetzes zum Ausdruck gebracht. Es kommen also die allgemeinen Bestimmungen der Gewerbeordnung (§ 1 Abs. 2, HZ 11a, 41, 42, 45 bis 47) auch weiterhin zur Anwendung. Die in Aussicht genommenenen Maßnahmen lehnen sich zum Teil an das Reichsgesetz vom 2. Juni 1902, betreffend die Stellenvermittelung für Schiffs¬ leute, an. Für diese Art der Stellenvermittelung hat sich ebenfalls die Einführung des Bedürfnisnachweises als erwünscht erwiesen. Da für die übrigen Stellen¬ vermittler die im Gesetze vom 2. Juni 1902 bereits vorgesehene behördliche Regelung der Tarife und das Verbot gemisser Nebengewerbe in Betracht kommen, so sind zwischen beiden Arten der Stellenvermittler nicht so erhebliche Unter¬ schiede vorhanden, daß eine getrennte gesetzliche Neuregelung erforderlich erschien. Die Vorlage will daher die Angelegenheit unter Berücksichtigung der hinsichtlich

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_315638/222>, abgerufen am 29.06.2024.