Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Zweites Vierteljahr.Die Verwaltung der geistigen Güter Photographien der Photographen als Originale betrachtet und ihnen einen Die Verwaltung der geistigen Güter Photographien der Photographen als Originale betrachtet und ihnen einen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0126" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/315765"/> <fw type="header" place="top"> Die Verwaltung der geistigen Güter</fw><lb/> <p xml:id="ID_643" prev="#ID_642"> Photographien der Photographen als Originale betrachtet und ihnen einen<lb/> „Urheberschutz" von zehn Jahren gibt, während sie früher die geschäftlich völlig<lb/> ausreichende Schutzfrist von fünf Jahren besaßen. Wenn es also einem Photo¬<lb/> graphen gelungen ist, ein berühmtes Original zu photographieren, kann er zehn<lb/> Jahre hindurch das Publikum nach Beliebet: am Geldbeutel strafen — kraft<lb/> seines überaus komischen „Urheberrechtes". Avenarius verlangt hier die Wieder¬<lb/> herstellung der alten Schutzfrist von fünf Jahren und weiter verlangt er, daß<lb/> die freien Originale der öffentlichen Sammlungen von jedem sollen reproduziert<lb/> werden dürfen, der die Befähigung dafür nachweist. Da die öffentlichen<lb/> Sammlungen aus öffentlichen Mitteln erhalten werden, ist es nur eine ganz<lb/> einfache Konsequenz, daß sie der breitesten Öffentlichkeit zugänglich sind. Wie<lb/> die Dinge heute liegen, kann eine öffentliche Sammlung eine Photographen¬<lb/> firma privilegieren, die dann kraft ihres wunderbaren Urheberrechtes das<lb/> Publikum brandschatzt und die Verbreitung billiger Blätter geradezu hindert.<lb/> Daß aber eine öffentliche Sammlung, die die Verbreitung ihrer Werke in der<lb/> Öffentlichkeit hindert, ein unsinniges Ding ist, braucht nicht näher ausgeführt<lb/> zu werden. Avenarius hat sich sehr tief in die Materie hineingearbeitet und<lb/> beherrscht sie sowohl von der künstlerischen wie von der geschäftlich-praktischen<lb/> Seite aus. Hoffentlich finden seine Worte nun endlich auch in den beteiligten<lb/> Künstlerkreisen das starke Echo, das sie verdienen. Wenn die künstlerischen<lb/> Organisationen sich endlich ermannen, wenn die deutsche Bildung sich für die<lb/> Sache interessiert, dann muß es gelingen, den scheinbaren Urheberschutz in einen<lb/> wirklichen zu verwandeln. Daß es sich dabei um Dinge handelt, die weit über<lb/> den Rahmen von künstlerischen Standesfragen hinausgehen, haben die vor¬<lb/> stehenden Ausführungen hoffentlich ergeben. Es handelt sich wohl um eine<lb/> Standesfrage, aber um eine solche, die in ihrer Konsequenz von nationaler<lb/> Bedeutung ist. „Die wichtigste Aufgabe der deutschen Geisteskultur im zwanzigsten<lb/> Jahrhundert ist: zu bilden und auszubauen einen Urheberschatz zur Befreiung des<lb/> geistigen Schaffens der Nation vom Tages-Marktwert." Mit diesen Worten<lb/> sagt Avenarius keine Silbe mehr, als er in solider Begründung vertreten kann.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0126]
Die Verwaltung der geistigen Güter
Photographien der Photographen als Originale betrachtet und ihnen einen
„Urheberschutz" von zehn Jahren gibt, während sie früher die geschäftlich völlig
ausreichende Schutzfrist von fünf Jahren besaßen. Wenn es also einem Photo¬
graphen gelungen ist, ein berühmtes Original zu photographieren, kann er zehn
Jahre hindurch das Publikum nach Beliebet: am Geldbeutel strafen — kraft
seines überaus komischen „Urheberrechtes". Avenarius verlangt hier die Wieder¬
herstellung der alten Schutzfrist von fünf Jahren und weiter verlangt er, daß
die freien Originale der öffentlichen Sammlungen von jedem sollen reproduziert
werden dürfen, der die Befähigung dafür nachweist. Da die öffentlichen
Sammlungen aus öffentlichen Mitteln erhalten werden, ist es nur eine ganz
einfache Konsequenz, daß sie der breitesten Öffentlichkeit zugänglich sind. Wie
die Dinge heute liegen, kann eine öffentliche Sammlung eine Photographen¬
firma privilegieren, die dann kraft ihres wunderbaren Urheberrechtes das
Publikum brandschatzt und die Verbreitung billiger Blätter geradezu hindert.
Daß aber eine öffentliche Sammlung, die die Verbreitung ihrer Werke in der
Öffentlichkeit hindert, ein unsinniges Ding ist, braucht nicht näher ausgeführt
zu werden. Avenarius hat sich sehr tief in die Materie hineingearbeitet und
beherrscht sie sowohl von der künstlerischen wie von der geschäftlich-praktischen
Seite aus. Hoffentlich finden seine Worte nun endlich auch in den beteiligten
Künstlerkreisen das starke Echo, das sie verdienen. Wenn die künstlerischen
Organisationen sich endlich ermannen, wenn die deutsche Bildung sich für die
Sache interessiert, dann muß es gelingen, den scheinbaren Urheberschutz in einen
wirklichen zu verwandeln. Daß es sich dabei um Dinge handelt, die weit über
den Rahmen von künstlerischen Standesfragen hinausgehen, haben die vor¬
stehenden Ausführungen hoffentlich ergeben. Es handelt sich wohl um eine
Standesfrage, aber um eine solche, die in ihrer Konsequenz von nationaler
Bedeutung ist. „Die wichtigste Aufgabe der deutschen Geisteskultur im zwanzigsten
Jahrhundert ist: zu bilden und auszubauen einen Urheberschatz zur Befreiung des
geistigen Schaffens der Nation vom Tages-Marktwert." Mit diesen Worten
sagt Avenarius keine Silbe mehr, als er in solider Begründung vertreten kann.
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