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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr.

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Hofleben und Staatsorganismus in Siam

früherer Gesandter im Lande erworben hätte: "Bitte grüßen Sie ihn, wenn
Sie nach Deutschland zurückgekommen sind, und sagen Sie ihm, er möchte
mich auch zu seinen Freunden zählen."

Der Kronprinz hat noch eine Anzahl Halbbrüder, zum Teil im jüngsten
Alter. Über die Zahl ist man sich selbst in eingeweihten Kreisen nicht ganz
einig. Von diesen Söhnen ist in Deutschland Prinz Paribatra bekannter ge¬
worden, der in dem Kadettenkorps zu Groß-Lichterfelde erzogen, mit Prinz
Adalbert von Preußen persönlich befreundet und vom Kaiser bei der An¬
wesenheit seines königlichen Vaters a 1a fünf des Königin August"-Garde¬
grenadierregiments gestellt worden ist. Er gilt als der ausgesprochne Liebling
König Chulalongkorns und ist der einzige Prinz, der neben dem Thronfolger
sein eignes Palais besitzt. Die meisten dieser Prinzen weilen nicht in ihrer
Heimat, sondern halten sich in europäischen Staaten zu Studienzwecken oder
als Offiziere auf; selbst im kalten Petersburg weilt seit Jahren ein siamesischer
Prinz als russischer Offizier und bezeigt wenig Neigung, in seine sonnige Heimat
zurückzukehren. Es ist übrigens derselbe Prinz, der im Jahre 1905 zur Ver¬
mählung des deutschen Kronprinzen als persönlicher Vertreter seines königlichen
Vaters erschien.

Der königliche Hofhalt, eingerechnet die Unterhaltung der Prinzen, ver¬
schlingt natürlich große Summen, aber so märchenhaft, wie man im Westen
anzunehmen geneigt ist. stellen sich die Reichtümer dieses hinterindischen
Herrschers doch nicht dar. Natürlich ist er der reichste Mann des Landes,
sein Besitz besteht besonders aus Grundeigentum. Im Vergleich zu europäischen
Fürstlichkeiten könnte er sogar um seinen herrlichen Juwelenschatz beneidet
werden. Zum großen Teil besteht dieser aus Diamanten und den kostbaren,
im Lande selbst gefundnen Rubinen und Smaragden, deren Wert natürlich
ins Millionenfache geht. Bei dem geregelten Staatshaushalt sind seine Ein¬
künfte genau festgelegt; immerhin gestatten sie ihm, seinen Neigungen nachzu-
gehn, zu denen hauptsächlich eine rege Baulust zu zählen ist, und ihr hat die
Residenzstadt Bangkok eine Reihe imposanter Tempel, Schlösser und öffent¬
licher Bauten zu verdanken. Freilich zeigt sich der König darin ganz Orientale,
daß sein Sinn mehr auf Schaffung neuer als auf Erhaltung alter Bau¬
werke -- ich denke hierbei vornehmlich an die kulturhistorisch einzigartigen
Ruinen der alten Königstadt Ajuthia -- geht. Im Golf von Siam, an der
Mündung des Meran, liegt die Insel Kohsi Chang -- Elefanteninsel --, ein
wahres Kleinod: der König wandelte es zu einem Paradiesgarten um und
ließ sich Schlösser darauf errichten. Jetzt heißt es, um mit Chamisso zu reden:
"die Hallen sind verlassen, die Stätte wüst und leer, und fragt man nach dem
König -- man findet ihn nicht mehr." Ein weiteres Beispiel: Petschaburi,
ein Blütenberg von ungezählten Tausenden heiliger Latombäume, hebt sich als
ein leuchtendes Wunder aus fruchtbarer Ebene drunten auf der malaiischen
Halbinsel. Durch die dichten, berauschend duftenden Haine strebt des Wandrers


Hofleben und Staatsorganismus in Siam

früherer Gesandter im Lande erworben hätte: „Bitte grüßen Sie ihn, wenn
Sie nach Deutschland zurückgekommen sind, und sagen Sie ihm, er möchte
mich auch zu seinen Freunden zählen."

Der Kronprinz hat noch eine Anzahl Halbbrüder, zum Teil im jüngsten
Alter. Über die Zahl ist man sich selbst in eingeweihten Kreisen nicht ganz
einig. Von diesen Söhnen ist in Deutschland Prinz Paribatra bekannter ge¬
worden, der in dem Kadettenkorps zu Groß-Lichterfelde erzogen, mit Prinz
Adalbert von Preußen persönlich befreundet und vom Kaiser bei der An¬
wesenheit seines königlichen Vaters a 1a fünf des Königin August«-Garde¬
grenadierregiments gestellt worden ist. Er gilt als der ausgesprochne Liebling
König Chulalongkorns und ist der einzige Prinz, der neben dem Thronfolger
sein eignes Palais besitzt. Die meisten dieser Prinzen weilen nicht in ihrer
Heimat, sondern halten sich in europäischen Staaten zu Studienzwecken oder
als Offiziere auf; selbst im kalten Petersburg weilt seit Jahren ein siamesischer
Prinz als russischer Offizier und bezeigt wenig Neigung, in seine sonnige Heimat
zurückzukehren. Es ist übrigens derselbe Prinz, der im Jahre 1905 zur Ver¬
mählung des deutschen Kronprinzen als persönlicher Vertreter seines königlichen
Vaters erschien.

Der königliche Hofhalt, eingerechnet die Unterhaltung der Prinzen, ver¬
schlingt natürlich große Summen, aber so märchenhaft, wie man im Westen
anzunehmen geneigt ist. stellen sich die Reichtümer dieses hinterindischen
Herrschers doch nicht dar. Natürlich ist er der reichste Mann des Landes,
sein Besitz besteht besonders aus Grundeigentum. Im Vergleich zu europäischen
Fürstlichkeiten könnte er sogar um seinen herrlichen Juwelenschatz beneidet
werden. Zum großen Teil besteht dieser aus Diamanten und den kostbaren,
im Lande selbst gefundnen Rubinen und Smaragden, deren Wert natürlich
ins Millionenfache geht. Bei dem geregelten Staatshaushalt sind seine Ein¬
künfte genau festgelegt; immerhin gestatten sie ihm, seinen Neigungen nachzu-
gehn, zu denen hauptsächlich eine rege Baulust zu zählen ist, und ihr hat die
Residenzstadt Bangkok eine Reihe imposanter Tempel, Schlösser und öffent¬
licher Bauten zu verdanken. Freilich zeigt sich der König darin ganz Orientale,
daß sein Sinn mehr auf Schaffung neuer als auf Erhaltung alter Bau¬
werke — ich denke hierbei vornehmlich an die kulturhistorisch einzigartigen
Ruinen der alten Königstadt Ajuthia — geht. Im Golf von Siam, an der
Mündung des Meran, liegt die Insel Kohsi Chang — Elefanteninsel —, ein
wahres Kleinod: der König wandelte es zu einem Paradiesgarten um und
ließ sich Schlösser darauf errichten. Jetzt heißt es, um mit Chamisso zu reden:
»die Hallen sind verlassen, die Stätte wüst und leer, und fragt man nach dem
König — man findet ihn nicht mehr." Ein weiteres Beispiel: Petschaburi,
ein Blütenberg von ungezählten Tausenden heiliger Latombäume, hebt sich als
ein leuchtendes Wunder aus fruchtbarer Ebene drunten auf der malaiischen
Halbinsel. Durch die dichten, berauschend duftenden Haine strebt des Wandrers


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_314346/547>, abgerufen am 24.07.2024.