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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und llnilläßgeblicheS

darüber machte, ob es leicht oder schwer gewesen war, aus der unterschiedlosen Masse
der neuem Praktikanten (ich habe ein-sehr schlechtes Personengedächtnis) zu Semester¬
anfang diejenigen herauszufinden, denen ich hervorragende Leistungen zutraute, konnte
ich alsbald- feststellen,?daß gar- keine S chwierigkeiten in dieser/B e ziehun g
bestanden hatten. Ich erinnere mich tatsächlich nur eines einzigen Falles, wo
die tatsächliche-Leistung größer war, als ich vermutet hatte, und dabei handelte es
sich um einen Fall, der durch gewisse persönliche Eigentümlichkeiten kompliziert worden
war. In zwei bis drei Fällen hatte ich den Mann überschätzt; bei weitem die größte
Mehrzahl der Fälle war aber so normal, verlaufen, daß sie überhaupt, keine Über¬
raschung gebracht! und keine Korrektur der ursprünglichen Auffassung nötig gemacht
hatten.! Demjenigen, der sein ganzes Leben mit der Ermittlung von Naturgesetzen
zugebracht hat, kann! eine solche regelmäßige Erscheinung nicht zum Bewußtsein
kommen, ohne ihn sofort mit der Überzeugung zu erfüllen, daß hier ein Gegenstand
ersvlgvcrhcißcnder Forschung vorliegt. Denn die Tatsache, daß ich unbewußt so
leicht das Richtige finden konnte, beweist ja nicht etwa eine übernatürliche Inspiration
bei. mir, sondern sie beweist das Vorhandensein einfacher und all¬
gemeiner Verhältnisse an dem- Objekt/ das auf diese Weise gleichsam selbst
nur seine Gesetzmäßigkeiten gesagt hatte, auch ohne daß ich danach fragte. Ich muß
daher schließen, daß ausgezeichnete Persönlichkeiten, wenigstens soweit es. sich um
wissenschaftliche Leistungen -handelt, trotz der unleugbar vorhandnen Verschieden¬
heiten-- denn solche Persönlichkeiten sind ja notwendigerweise Original und daher
mit individuellen Besonderheiten ausgeprägtester Natur behaftet -- sehr stark
betonte Gemeinsamkeiten besitzen müssen., So deutliche Gemeinsamkeiten,
daß sie sich von selbst aufdrängen. /Es^hmidelte sich also, mir dariim. jeneii un¬
berührten Schatz persönlicher Erfahrung aus dem Unbewußten ins Bewußte , zu
erheben, ohne ihn dabei zu verschieben oder zu verrücken, ohne'daß Zufälliges für
Wesentliches -und. Wesentliches für Zufälliges genommen wurde. - Es War wie eine
künstlerische Geburt, die jai gleichfalls ini Uiiterbewußtsew vorbereitet Ast, dann einen
beträchtlichen Grad der Reife, erlangt und -nun den lebensgefährlichen Vorgang des
Znrwelttoinmens durchzumachen hat." - - . ^ ^ v "

i - . Um uno das Gesetzmäßige aus großen- Persönlichkeiten herauszuschälen, läßt
Ostwald zunächst (biographische Skizzen über Davy, Mayer,. Faraday, Liebig, Gerha rde
und Helmholtz folgen. Wir sind gewöhnt, derartige Lebensbilder nur im Nekrologstil
Vorgesetzt zu erhalten.. Anläßlich irgendeines Jahrestags fühlt-sich bekanntlich'der
eine oder der -andre berufen, . ein Bild des Helden uiid leuchtenden Farben "zur
Ehre der vergangnen,- zur .Nacheiferung einer kommenden- Generation" zu malen.
Schlackenlos, bar aller menschlichen Kleinlichkeiten ersteht - dann die Persönlichkeit;
jeder Zoll ein König. Nicht so bei Ostwald. Er ist bestrebt, in erster Linie den
Menschen zu schildern, Licht-und Schatten gerecht zu verteilen und scheut sich nicht,
uns gelegentlich den-Großen auch,in Unterhosen und Nachtmütze zu zeigen. Da es
sich! -samt ! und^ Menschen handelt/ die lange der Rasen deckt, -so-darf
man sicher! sein, daß - weder Haß- noch- Gunst die. Bilder verzerrt. . ! -. .- .

v Auf..Grund dieser. .studiert scheidet Ostwald die großen Gelehrten,.aber nur
die wirklichen Genies, in zwei streng getrennte Gruppeir: in Klassiker und Romantiker.
Und zwar liegt der Hauptunterschied in der Verschiedenheit der Reaktionsgeschwindig¬
keit ihres Geistes. Die Klassiker- sind die starren, alles sich im Schweiße ihres
Antlitzes abringenden, die jedes Wort zehnmal im Kopfe- wälzen, ehe sie - es zum
Satze fügen. ! Die wieder und immer wieder eine Arbeit umpflügen; bis sie dann
endlich wie in Erz gemeißelt, fast vermeint man für alle Ewigkett dasteht/von
beym darum aber auch eine unmittelbare Anregung nicht ausgeht. Die Romantiker
hingegen sin.d die-beweglichen,->die jederzeit-über eine Fülle von EinsMen verfügen
und dabei in hohem Maße .die Gabe der Anpassungsfähigkeit haben, -sodaß
namentlich auf Schüler, ungemein befruchtend wirken. Im Gegensatz zu den Klassikern


Maßgebliches und llnilläßgeblicheS

darüber machte, ob es leicht oder schwer gewesen war, aus der unterschiedlosen Masse
der neuem Praktikanten (ich habe ein-sehr schlechtes Personengedächtnis) zu Semester¬
anfang diejenigen herauszufinden, denen ich hervorragende Leistungen zutraute, konnte
ich alsbald- feststellen,?daß gar- keine S chwierigkeiten in dieser/B e ziehun g
bestanden hatten. Ich erinnere mich tatsächlich nur eines einzigen Falles, wo
die tatsächliche-Leistung größer war, als ich vermutet hatte, und dabei handelte es
sich um einen Fall, der durch gewisse persönliche Eigentümlichkeiten kompliziert worden
war. In zwei bis drei Fällen hatte ich den Mann überschätzt; bei weitem die größte
Mehrzahl der Fälle war aber so normal, verlaufen, daß sie überhaupt, keine Über¬
raschung gebracht! und keine Korrektur der ursprünglichen Auffassung nötig gemacht
hatten.! Demjenigen, der sein ganzes Leben mit der Ermittlung von Naturgesetzen
zugebracht hat, kann! eine solche regelmäßige Erscheinung nicht zum Bewußtsein
kommen, ohne ihn sofort mit der Überzeugung zu erfüllen, daß hier ein Gegenstand
ersvlgvcrhcißcnder Forschung vorliegt. Denn die Tatsache, daß ich unbewußt so
leicht das Richtige finden konnte, beweist ja nicht etwa eine übernatürliche Inspiration
bei. mir, sondern sie beweist das Vorhandensein einfacher und all¬
gemeiner Verhältnisse an dem- Objekt/ das auf diese Weise gleichsam selbst
nur seine Gesetzmäßigkeiten gesagt hatte, auch ohne daß ich danach fragte. Ich muß
daher schließen, daß ausgezeichnete Persönlichkeiten, wenigstens soweit es. sich um
wissenschaftliche Leistungen -handelt, trotz der unleugbar vorhandnen Verschieden¬
heiten— denn solche Persönlichkeiten sind ja notwendigerweise Original und daher
mit individuellen Besonderheiten ausgeprägtester Natur behaftet — sehr stark
betonte Gemeinsamkeiten besitzen müssen., So deutliche Gemeinsamkeiten,
daß sie sich von selbst aufdrängen. /Es^hmidelte sich also, mir dariim. jeneii un¬
berührten Schatz persönlicher Erfahrung aus dem Unbewußten ins Bewußte , zu
erheben, ohne ihn dabei zu verschieben oder zu verrücken, ohne'daß Zufälliges für
Wesentliches -und. Wesentliches für Zufälliges genommen wurde. - Es War wie eine
künstlerische Geburt, die jai gleichfalls ini Uiiterbewußtsew vorbereitet Ast, dann einen
beträchtlichen Grad der Reife, erlangt und -nun den lebensgefährlichen Vorgang des
Znrwelttoinmens durchzumachen hat." - - . ^ ^ v "

i - . Um uno das Gesetzmäßige aus großen- Persönlichkeiten herauszuschälen, läßt
Ostwald zunächst (biographische Skizzen über Davy, Mayer,. Faraday, Liebig, Gerha rde
und Helmholtz folgen. Wir sind gewöhnt, derartige Lebensbilder nur im Nekrologstil
Vorgesetzt zu erhalten.. Anläßlich irgendeines Jahrestags fühlt-sich bekanntlich'der
eine oder der -andre berufen, . ein Bild des Helden uiid leuchtenden Farben „zur
Ehre der vergangnen,- zur .Nacheiferung einer kommenden- Generation" zu malen.
Schlackenlos, bar aller menschlichen Kleinlichkeiten ersteht - dann die Persönlichkeit;
jeder Zoll ein König. Nicht so bei Ostwald. Er ist bestrebt, in erster Linie den
Menschen zu schildern, Licht-und Schatten gerecht zu verteilen und scheut sich nicht,
uns gelegentlich den-Großen auch,in Unterhosen und Nachtmütze zu zeigen. Da es
sich! -samt ! und^ Menschen handelt/ die lange der Rasen deckt, -so-darf
man sicher! sein, daß - weder Haß- noch- Gunst die. Bilder verzerrt. . ! -. .- .

v Auf..Grund dieser. .studiert scheidet Ostwald die großen Gelehrten,.aber nur
die wirklichen Genies, in zwei streng getrennte Gruppeir: in Klassiker und Romantiker.
Und zwar liegt der Hauptunterschied in der Verschiedenheit der Reaktionsgeschwindig¬
keit ihres Geistes. Die Klassiker- sind die starren, alles sich im Schweiße ihres
Antlitzes abringenden, die jedes Wort zehnmal im Kopfe- wälzen, ehe sie - es zum
Satze fügen. ! Die wieder und immer wieder eine Arbeit umpflügen; bis sie dann
endlich wie in Erz gemeißelt, fast vermeint man für alle Ewigkett dasteht/von
beym darum aber auch eine unmittelbare Anregung nicht ausgeht. Die Romantiker
hingegen sin.d die-beweglichen,->die jederzeit-über eine Fülle von EinsMen verfügen
und dabei in hohem Maße .die Gabe der Anpassungsfähigkeit haben, -sodaß
namentlich auf Schüler, ungemein befruchtend wirken. Im Gegensatz zu den Klassikern


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[0052] Maßgebliches und llnilläßgeblicheS darüber machte, ob es leicht oder schwer gewesen war, aus der unterschiedlosen Masse der neuem Praktikanten (ich habe ein-sehr schlechtes Personengedächtnis) zu Semester¬ anfang diejenigen herauszufinden, denen ich hervorragende Leistungen zutraute, konnte ich alsbald- feststellen,?daß gar- keine S chwierigkeiten in dieser/B e ziehun g bestanden hatten. Ich erinnere mich tatsächlich nur eines einzigen Falles, wo die tatsächliche-Leistung größer war, als ich vermutet hatte, und dabei handelte es sich um einen Fall, der durch gewisse persönliche Eigentümlichkeiten kompliziert worden war. In zwei bis drei Fällen hatte ich den Mann überschätzt; bei weitem die größte Mehrzahl der Fälle war aber so normal, verlaufen, daß sie überhaupt, keine Über¬ raschung gebracht! und keine Korrektur der ursprünglichen Auffassung nötig gemacht hatten.! Demjenigen, der sein ganzes Leben mit der Ermittlung von Naturgesetzen zugebracht hat, kann! eine solche regelmäßige Erscheinung nicht zum Bewußtsein kommen, ohne ihn sofort mit der Überzeugung zu erfüllen, daß hier ein Gegenstand ersvlgvcrhcißcnder Forschung vorliegt. Denn die Tatsache, daß ich unbewußt so leicht das Richtige finden konnte, beweist ja nicht etwa eine übernatürliche Inspiration bei. mir, sondern sie beweist das Vorhandensein einfacher und all¬ gemeiner Verhältnisse an dem- Objekt/ das auf diese Weise gleichsam selbst nur seine Gesetzmäßigkeiten gesagt hatte, auch ohne daß ich danach fragte. Ich muß daher schließen, daß ausgezeichnete Persönlichkeiten, wenigstens soweit es. sich um wissenschaftliche Leistungen -handelt, trotz der unleugbar vorhandnen Verschieden¬ heiten— denn solche Persönlichkeiten sind ja notwendigerweise Original und daher mit individuellen Besonderheiten ausgeprägtester Natur behaftet — sehr stark betonte Gemeinsamkeiten besitzen müssen., So deutliche Gemeinsamkeiten, daß sie sich von selbst aufdrängen. /Es^hmidelte sich also, mir dariim. jeneii un¬ berührten Schatz persönlicher Erfahrung aus dem Unbewußten ins Bewußte , zu erheben, ohne ihn dabei zu verschieben oder zu verrücken, ohne'daß Zufälliges für Wesentliches -und. Wesentliches für Zufälliges genommen wurde. - Es War wie eine künstlerische Geburt, die jai gleichfalls ini Uiiterbewußtsew vorbereitet Ast, dann einen beträchtlichen Grad der Reife, erlangt und -nun den lebensgefährlichen Vorgang des Znrwelttoinmens durchzumachen hat." - - . ^ ^ v " i - . Um uno das Gesetzmäßige aus großen- Persönlichkeiten herauszuschälen, läßt Ostwald zunächst (biographische Skizzen über Davy, Mayer,. Faraday, Liebig, Gerha rde und Helmholtz folgen. Wir sind gewöhnt, derartige Lebensbilder nur im Nekrologstil Vorgesetzt zu erhalten.. Anläßlich irgendeines Jahrestags fühlt-sich bekanntlich'der eine oder der -andre berufen, . ein Bild des Helden uiid leuchtenden Farben „zur Ehre der vergangnen,- zur .Nacheiferung einer kommenden- Generation" zu malen. Schlackenlos, bar aller menschlichen Kleinlichkeiten ersteht - dann die Persönlichkeit; jeder Zoll ein König. Nicht so bei Ostwald. Er ist bestrebt, in erster Linie den Menschen zu schildern, Licht-und Schatten gerecht zu verteilen und scheut sich nicht, uns gelegentlich den-Großen auch,in Unterhosen und Nachtmütze zu zeigen. Da es sich! -samt ! und^ Menschen handelt/ die lange der Rasen deckt, -so-darf man sicher! sein, daß - weder Haß- noch- Gunst die. Bilder verzerrt. . ! -. .- . v Auf..Grund dieser. .studiert scheidet Ostwald die großen Gelehrten,.aber nur die wirklichen Genies, in zwei streng getrennte Gruppeir: in Klassiker und Romantiker. Und zwar liegt der Hauptunterschied in der Verschiedenheit der Reaktionsgeschwindig¬ keit ihres Geistes. Die Klassiker- sind die starren, alles sich im Schweiße ihres Antlitzes abringenden, die jedes Wort zehnmal im Kopfe- wälzen, ehe sie - es zum Satze fügen. ! Die wieder und immer wieder eine Arbeit umpflügen; bis sie dann endlich wie in Erz gemeißelt, fast vermeint man für alle Ewigkett dasteht/von beym darum aber auch eine unmittelbare Anregung nicht ausgeht. Die Romantiker hingegen sin.d die-beweglichen,->die jederzeit-über eine Fülle von EinsMen verfügen und dabei in hohem Maße .die Gabe der Anpassungsfähigkeit haben, -sodaß namentlich auf Schüler, ungemein befruchtend wirken. Im Gegensatz zu den Klassikern

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_314346/52>, abgerufen am 04.07.2024.