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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr.

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Drahtlose Telegraph!" und Telephonie mittels elektrischer Wellen

Gebilde; zwei Drittel ihrer Länge verläuft wagerecht und nur ein Drittel
senkrecht oder schräg nach unten. Nach Marconis Prinzip der gebognen
Antenne soll eine solche Luftleiteranordnung in der nach der Gegenstation
zeigenden Richtung kräftiger ausstrahlen als nach den andern Richtungen.
Zur Aufhängung der Lustleiter dienen je vier Masten von 200 Meter Höhe,
die in ihrer größten Ausdehnung ein wagerechtes Rechteck von 200 Meter
Breite und 400 Meter Länge bilden. An der einen Schmalseite dieser einem
Laubengänge ähnlichen Anlage laufen die Drähte nach unten, und am Ende
des senkrechten Teils der Antenne werden sie zu einem Kabel vereinigt in die
Station eingeführt. Dieses mächtige Drahtgebilde hat eine ganz erhebliche
Kapazität, und es wird unter Verwendung von Dynamomaschinen mit 100 Kilo¬
watt (gleich 136 Pferdekräften) zu Schwingungen von 4000 Meter Wellenlänge
erregt. Zu diesem Zweck werden zunächst zwei hintereinander geschaltete Konden¬
satoren mit hochgespanntem Gleichstrom von der Dynamomaschine geladen. Die
äußern Belegungen der Kondensatoren sind mit je einer schnell rotierenden
Metallscheibe -- Polarscheibe genannt -- verbunden. Zwischen den in einer
Ebene liegenden Polarscheiben rotiert eine dritte größere Scheibe, deren Flächen
von den Kanten der beiden ersten Scheiben durch einen ganz geringen Zwischen¬
raum getrennt sind. Ein induktiv mit der Luftleitung gekoppelter, aus Selbst¬
induktion und Kapazität bestehender Schwingungskreis ist einerseits an die
Mittelscheibe und andrerseits an die innere Kondensatorbelegung des Primär¬
kreises geführt. Zwischen der Mittelscheibe und den Polarscheiben finden Ent¬
ladungen statt, die im Sekundärkreise die gewünschten kräftigen Hochfrequenz¬
schwingungen hervorrufen. Die große Mittelscheibe, die schneller als die Polar¬
scheibe rotiert, muß eine Umdrehungsgeschwindigkeit von mehr als 100 Meter
in der Sekunde erhalten; man erzielt dann eine Schwingungsfrequenz von
etwa 200000 in der Sekunde. Bei der durch eine solche schnelle Umdrehung
der Mittelscheibe bewirkten Abkühlung kommt kein ununterbrochner Lichtbogen
zustande. Dreht sich dagegen die Mittelscheibe langsamer, so entsteht schließlich
ein Lichtbogen, und die elektrischen Schwingungen hören auf, weil dann nicht
mehr die nötige Elektroden kühlung vorhanden ist. Die mit dieser Anordnung
erzielte Schwingungsfrequenz ist jedoch zu hoch, um ohne Einschaltung eines
Unterbrechers den Wellenanzeiger der Empfangsstation wirksam zu betätigen;
dieser würde hierbei dauernd dem Einfluß der elektrischen Wellen unterworfen
sein, sodaß eine aus Punkten und Strichen des Morsealphabets bestehende
Zeichengebung unmöglich wäre. Marconi hat deshalb an dem Rande der
Mittelscheibe in regelmäßigen Abständen voneinander eine Reihe von Er¬
höhungen angebracht, von denen aus sich die Entladungen vorzugsweise voll¬
ziehen. Diese Anordnung hat nebenbei noch den Vorzug, daß der durch die
elektrischen Wellen im Fernhörer der Empfangsstation entstehende musikalische
Ton gut vernehmbar und leicht von den durch atmosphärische Entladungen
hervorgebrachten Geräuschen zu unterscheiden ist.


Drahtlose Telegraph!« und Telephonie mittels elektrischer Wellen

Gebilde; zwei Drittel ihrer Länge verläuft wagerecht und nur ein Drittel
senkrecht oder schräg nach unten. Nach Marconis Prinzip der gebognen
Antenne soll eine solche Luftleiteranordnung in der nach der Gegenstation
zeigenden Richtung kräftiger ausstrahlen als nach den andern Richtungen.
Zur Aufhängung der Lustleiter dienen je vier Masten von 200 Meter Höhe,
die in ihrer größten Ausdehnung ein wagerechtes Rechteck von 200 Meter
Breite und 400 Meter Länge bilden. An der einen Schmalseite dieser einem
Laubengänge ähnlichen Anlage laufen die Drähte nach unten, und am Ende
des senkrechten Teils der Antenne werden sie zu einem Kabel vereinigt in die
Station eingeführt. Dieses mächtige Drahtgebilde hat eine ganz erhebliche
Kapazität, und es wird unter Verwendung von Dynamomaschinen mit 100 Kilo¬
watt (gleich 136 Pferdekräften) zu Schwingungen von 4000 Meter Wellenlänge
erregt. Zu diesem Zweck werden zunächst zwei hintereinander geschaltete Konden¬
satoren mit hochgespanntem Gleichstrom von der Dynamomaschine geladen. Die
äußern Belegungen der Kondensatoren sind mit je einer schnell rotierenden
Metallscheibe — Polarscheibe genannt — verbunden. Zwischen den in einer
Ebene liegenden Polarscheiben rotiert eine dritte größere Scheibe, deren Flächen
von den Kanten der beiden ersten Scheiben durch einen ganz geringen Zwischen¬
raum getrennt sind. Ein induktiv mit der Luftleitung gekoppelter, aus Selbst¬
induktion und Kapazität bestehender Schwingungskreis ist einerseits an die
Mittelscheibe und andrerseits an die innere Kondensatorbelegung des Primär¬
kreises geführt. Zwischen der Mittelscheibe und den Polarscheiben finden Ent¬
ladungen statt, die im Sekundärkreise die gewünschten kräftigen Hochfrequenz¬
schwingungen hervorrufen. Die große Mittelscheibe, die schneller als die Polar¬
scheibe rotiert, muß eine Umdrehungsgeschwindigkeit von mehr als 100 Meter
in der Sekunde erhalten; man erzielt dann eine Schwingungsfrequenz von
etwa 200000 in der Sekunde. Bei der durch eine solche schnelle Umdrehung
der Mittelscheibe bewirkten Abkühlung kommt kein ununterbrochner Lichtbogen
zustande. Dreht sich dagegen die Mittelscheibe langsamer, so entsteht schließlich
ein Lichtbogen, und die elektrischen Schwingungen hören auf, weil dann nicht
mehr die nötige Elektroden kühlung vorhanden ist. Die mit dieser Anordnung
erzielte Schwingungsfrequenz ist jedoch zu hoch, um ohne Einschaltung eines
Unterbrechers den Wellenanzeiger der Empfangsstation wirksam zu betätigen;
dieser würde hierbei dauernd dem Einfluß der elektrischen Wellen unterworfen
sein, sodaß eine aus Punkten und Strichen des Morsealphabets bestehende
Zeichengebung unmöglich wäre. Marconi hat deshalb an dem Rande der
Mittelscheibe in regelmäßigen Abständen voneinander eine Reihe von Er¬
höhungen angebracht, von denen aus sich die Entladungen vorzugsweise voll¬
ziehen. Diese Anordnung hat nebenbei noch den Vorzug, daß der durch die
elektrischen Wellen im Fernhörer der Empfangsstation entstehende musikalische
Ton gut vernehmbar und leicht von den durch atmosphärische Entladungen
hervorgebrachten Geräuschen zu unterscheiden ist.


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[0516] Drahtlose Telegraph!« und Telephonie mittels elektrischer Wellen Gebilde; zwei Drittel ihrer Länge verläuft wagerecht und nur ein Drittel senkrecht oder schräg nach unten. Nach Marconis Prinzip der gebognen Antenne soll eine solche Luftleiteranordnung in der nach der Gegenstation zeigenden Richtung kräftiger ausstrahlen als nach den andern Richtungen. Zur Aufhängung der Lustleiter dienen je vier Masten von 200 Meter Höhe, die in ihrer größten Ausdehnung ein wagerechtes Rechteck von 200 Meter Breite und 400 Meter Länge bilden. An der einen Schmalseite dieser einem Laubengänge ähnlichen Anlage laufen die Drähte nach unten, und am Ende des senkrechten Teils der Antenne werden sie zu einem Kabel vereinigt in die Station eingeführt. Dieses mächtige Drahtgebilde hat eine ganz erhebliche Kapazität, und es wird unter Verwendung von Dynamomaschinen mit 100 Kilo¬ watt (gleich 136 Pferdekräften) zu Schwingungen von 4000 Meter Wellenlänge erregt. Zu diesem Zweck werden zunächst zwei hintereinander geschaltete Konden¬ satoren mit hochgespanntem Gleichstrom von der Dynamomaschine geladen. Die äußern Belegungen der Kondensatoren sind mit je einer schnell rotierenden Metallscheibe — Polarscheibe genannt — verbunden. Zwischen den in einer Ebene liegenden Polarscheiben rotiert eine dritte größere Scheibe, deren Flächen von den Kanten der beiden ersten Scheiben durch einen ganz geringen Zwischen¬ raum getrennt sind. Ein induktiv mit der Luftleitung gekoppelter, aus Selbst¬ induktion und Kapazität bestehender Schwingungskreis ist einerseits an die Mittelscheibe und andrerseits an die innere Kondensatorbelegung des Primär¬ kreises geführt. Zwischen der Mittelscheibe und den Polarscheiben finden Ent¬ ladungen statt, die im Sekundärkreise die gewünschten kräftigen Hochfrequenz¬ schwingungen hervorrufen. Die große Mittelscheibe, die schneller als die Polar¬ scheibe rotiert, muß eine Umdrehungsgeschwindigkeit von mehr als 100 Meter in der Sekunde erhalten; man erzielt dann eine Schwingungsfrequenz von etwa 200000 in der Sekunde. Bei der durch eine solche schnelle Umdrehung der Mittelscheibe bewirkten Abkühlung kommt kein ununterbrochner Lichtbogen zustande. Dreht sich dagegen die Mittelscheibe langsamer, so entsteht schließlich ein Lichtbogen, und die elektrischen Schwingungen hören auf, weil dann nicht mehr die nötige Elektroden kühlung vorhanden ist. Die mit dieser Anordnung erzielte Schwingungsfrequenz ist jedoch zu hoch, um ohne Einschaltung eines Unterbrechers den Wellenanzeiger der Empfangsstation wirksam zu betätigen; dieser würde hierbei dauernd dem Einfluß der elektrischen Wellen unterworfen sein, sodaß eine aus Punkten und Strichen des Morsealphabets bestehende Zeichengebung unmöglich wäre. Marconi hat deshalb an dem Rande der Mittelscheibe in regelmäßigen Abständen voneinander eine Reihe von Er¬ höhungen angebracht, von denen aus sich die Entladungen vorzugsweise voll¬ ziehen. Diese Anordnung hat nebenbei noch den Vorzug, daß der durch die elektrischen Wellen im Fernhörer der Empfangsstation entstehende musikalische Ton gut vernehmbar und leicht von den durch atmosphärische Entladungen hervorgebrachten Geräuschen zu unterscheiden ist.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_314346/516>, abgerufen am 24.07.2024.