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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Gesellschaft ein Umschwung eintrat, war es mit Napoleons Imperialismus zu Ende.
Das Regiment der Standesinteressen mußte in Preußen vor allen Dingen erst
niedergeworfen werden. Sich den neuen Kulturformen anpassen, zur rechten Zeit
Opfer bringen, das ist ja das Geheimnis aller politischen Machtbehauptung. Daß
sich der preußische Adel nach Jena und Auerstedt noch weigerte, diese Opfer dein
Volkswohle zu bringen, ist kein besondrer Ruhmestitel. Sehr gut schildert der
Verfasser dieses Verhalten des Adels: "Freilich, diese neuen, aus dem Börne
ewiger Menschheitsrechte gewonnenen Ideen fanden im Adel, besonders im Offizier¬
korps, die heftigste Gegnerschaft. Die in mittelalterlichen Vorurteilen befangne
Aristokratie erblickte in den Reformen, die einen Gneisenau zu poetischer Be¬
geisterung entflammten, nichts weiter als den aufrührerischen Geist einer Revolution,
"die ihre heiligen, alt verbrieften Rechte" wie ein Sturm hinwegfegte. Sie hatte
sich zu einer festen Gemeinschaft, dem sogenannten Perponcherklub, zusammen¬
geschlossen und drohte dem "Nattergezücht der Reformer" Tod und Verderben.
Alte hochangesehene Adelsfamilien Ostpreußens, die Grafen von Finckenstein, Dohna
und Auerswald, erinnerten in einer Eingabe an den König mit leidenschaftlichen
Worten an ihre Verdienste um den Staat und beschworen ihn, die Rechte des
Adels zu schützen. Ihre wütendste Feindschaft richtete sich gegen die Hardenberg-
Steinschen Reformen. Die Aufhebung der Befreiung vom Kriegsdienste, die Be¬
seitigung der Patrimonialgerichtsbarkeit und der Fronarbeiten siel ihnen besonders
schwer aus die Nerven. Am meisten erregte sich der Führer des kurmärkischen
Adels, von der Marwitz, der in veralteten Staatsanschauungen verbissen, in Wort
und Schrift dagegen tobte und die Aufhebung der Fronarbeiten, zu welchen die
Bauern bisher verpflichtet waren, als "eine rechtswidrige Beraubung" bezeichnete.
Man warf der Regierung offen vor, daß sie durch die Begünstigung der Reformen
selbst den Krieg der Besitzlosen gegen das Eigentum, des Materialismus gegen
die von Gott eingesetzte Ordnung eröffnet habe." Daß dieser egoistische, nur das
eigne Interesse ohne Rücksicht auf das Volkswohl verfolgende Geist in den kon¬
servativen Kreisen auch heute noch sein Unwesen treibt, davon haben wir ja in der
letzten Zeit einen schlagenden Beweis erhalten.

Während uns der erste Band bis zur Erhebung Preußens, bis zum Völkerfrühling
führt, schildert uns der zweite Band die Befreiung Deutschlands und die Nieder¬
werfung Napoleons. Mit dramatischer Lebendigkeit entwirft der Verfasser die einzelnen
Akte und Szenen. Manche Schlachtenbilder, zum Beispiel die Schilderung der
Schlacht bei Großgörschen, sind wahre Kabinettstücke der Darstellungskunst. Überall
weiß er die Führer durch charakteristische Episoden ins rechte Licht zu rücken. Als
General Uorck auf der Pegauer Straße heranrückte, kam er bei dem russischen
Kaiser und bei Friedrich Wilhelm dem Dritten vorbei: "Der Kaiser sah ihn zuerst
und eilte ihm entgegen. Mit den Worten: "Da ist ja mein lieber Dorck!" streckte
er ihm die Hand entgegen, umarmte ihn und küßte ihm die Stirn. Dann erst
konnte Zjorck auf deu König zugehn, der, militärisch die Hand an der Mütze, seine
Meldung empfing und dann kühl entgegnete: "Habe Ihnen bereits das Eiserne
Kreuz verliehen, sehe aber, daß Sie es noch nicht tragen." Yorck erwiderte: So
dankbar er für Seiner Majestät Gnade sei, habe er doch für seine Person das
Kreuz nicht angelegt, weil ihm noch nicht Seiner Majestät Entscheidung über alle
diejenigen Offiziere, Unteroffiziere und Gemeinen zugegangen sei, die er zu solcher
Auszeichnung vorzuschlagen für Pflicht gehalten, sondern erst über einen Teil der¬
selben; er werde auch das Kreuz nicht eher tragen, als bis Seine Majestät so
gnädig gewesen seien, es auch denen zu bewilligen, die sich sonst nach dem ge¬
machten Vorschlage gekränkt fühlen müßten. Nichts weniger als gnädig hörte der
König diese Entgegnung: "Kann doch ohnmöglich gleich allen das Eiserne Kreuz
bewilligen; haben mir überdies sehr viele dazu vorgeschlagen", sagte er. Jorck


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Gesellschaft ein Umschwung eintrat, war es mit Napoleons Imperialismus zu Ende.
Das Regiment der Standesinteressen mußte in Preußen vor allen Dingen erst
niedergeworfen werden. Sich den neuen Kulturformen anpassen, zur rechten Zeit
Opfer bringen, das ist ja das Geheimnis aller politischen Machtbehauptung. Daß
sich der preußische Adel nach Jena und Auerstedt noch weigerte, diese Opfer dein
Volkswohle zu bringen, ist kein besondrer Ruhmestitel. Sehr gut schildert der
Verfasser dieses Verhalten des Adels: „Freilich, diese neuen, aus dem Börne
ewiger Menschheitsrechte gewonnenen Ideen fanden im Adel, besonders im Offizier¬
korps, die heftigste Gegnerschaft. Die in mittelalterlichen Vorurteilen befangne
Aristokratie erblickte in den Reformen, die einen Gneisenau zu poetischer Be¬
geisterung entflammten, nichts weiter als den aufrührerischen Geist einer Revolution,
»die ihre heiligen, alt verbrieften Rechte« wie ein Sturm hinwegfegte. Sie hatte
sich zu einer festen Gemeinschaft, dem sogenannten Perponcherklub, zusammen¬
geschlossen und drohte dem »Nattergezücht der Reformer« Tod und Verderben.
Alte hochangesehene Adelsfamilien Ostpreußens, die Grafen von Finckenstein, Dohna
und Auerswald, erinnerten in einer Eingabe an den König mit leidenschaftlichen
Worten an ihre Verdienste um den Staat und beschworen ihn, die Rechte des
Adels zu schützen. Ihre wütendste Feindschaft richtete sich gegen die Hardenberg-
Steinschen Reformen. Die Aufhebung der Befreiung vom Kriegsdienste, die Be¬
seitigung der Patrimonialgerichtsbarkeit und der Fronarbeiten siel ihnen besonders
schwer aus die Nerven. Am meisten erregte sich der Führer des kurmärkischen
Adels, von der Marwitz, der in veralteten Staatsanschauungen verbissen, in Wort
und Schrift dagegen tobte und die Aufhebung der Fronarbeiten, zu welchen die
Bauern bisher verpflichtet waren, als »eine rechtswidrige Beraubung« bezeichnete.
Man warf der Regierung offen vor, daß sie durch die Begünstigung der Reformen
selbst den Krieg der Besitzlosen gegen das Eigentum, des Materialismus gegen
die von Gott eingesetzte Ordnung eröffnet habe." Daß dieser egoistische, nur das
eigne Interesse ohne Rücksicht auf das Volkswohl verfolgende Geist in den kon¬
servativen Kreisen auch heute noch sein Unwesen treibt, davon haben wir ja in der
letzten Zeit einen schlagenden Beweis erhalten.

Während uns der erste Band bis zur Erhebung Preußens, bis zum Völkerfrühling
führt, schildert uns der zweite Band die Befreiung Deutschlands und die Nieder¬
werfung Napoleons. Mit dramatischer Lebendigkeit entwirft der Verfasser die einzelnen
Akte und Szenen. Manche Schlachtenbilder, zum Beispiel die Schilderung der
Schlacht bei Großgörschen, sind wahre Kabinettstücke der Darstellungskunst. Überall
weiß er die Führer durch charakteristische Episoden ins rechte Licht zu rücken. Als
General Uorck auf der Pegauer Straße heranrückte, kam er bei dem russischen
Kaiser und bei Friedrich Wilhelm dem Dritten vorbei: „Der Kaiser sah ihn zuerst
und eilte ihm entgegen. Mit den Worten: »Da ist ja mein lieber Dorck!« streckte
er ihm die Hand entgegen, umarmte ihn und küßte ihm die Stirn. Dann erst
konnte Zjorck auf deu König zugehn, der, militärisch die Hand an der Mütze, seine
Meldung empfing und dann kühl entgegnete: »Habe Ihnen bereits das Eiserne
Kreuz verliehen, sehe aber, daß Sie es noch nicht tragen.« Yorck erwiderte: So
dankbar er für Seiner Majestät Gnade sei, habe er doch für seine Person das
Kreuz nicht angelegt, weil ihm noch nicht Seiner Majestät Entscheidung über alle
diejenigen Offiziere, Unteroffiziere und Gemeinen zugegangen sei, die er zu solcher
Auszeichnung vorzuschlagen für Pflicht gehalten, sondern erst über einen Teil der¬
selben; er werde auch das Kreuz nicht eher tragen, als bis Seine Majestät so
gnädig gewesen seien, es auch denen zu bewilligen, die sich sonst nach dem ge¬
machten Vorschlage gekränkt fühlen müßten. Nichts weniger als gnädig hörte der
König diese Entgegnung: »Kann doch ohnmöglich gleich allen das Eiserne Kreuz
bewilligen; haben mir überdies sehr viele dazu vorgeschlagen«, sagte er. Jorck


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_314346/50>, abgerufen am 24.07.2024.