Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr.von der Gstmarkenfahrt süddeutscher Parlamentarier und Journalisten oder auch nur deu Schein des Ausgebens aufkommen läßt, und vollends nicht Ich verstehe es recht gut, daß die Polen auf dem Stuhl des heiligen Wenn die Ansiedlungskommission katholische Dörfer errichtet, so baut sie Der letzte Ansiedlungsort, den wir sahen, war Neuschönsee, dessen Grund Für den ganzen Norden des Ansiedluugsgebiets hatten wir leider nnr von der Gstmarkenfahrt süddeutscher Parlamentarier und Journalisten oder auch nur deu Schein des Ausgebens aufkommen läßt, und vollends nicht Ich verstehe es recht gut, daß die Polen auf dem Stuhl des heiligen Wenn die Ansiedlungskommission katholische Dörfer errichtet, so baut sie Der letzte Ansiedlungsort, den wir sahen, war Neuschönsee, dessen Grund Für den ganzen Norden des Ansiedluugsgebiets hatten wir leider nnr <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0126" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/314473"/> <fw type="header" place="top"> von der Gstmarkenfahrt süddeutscher Parlamentarier und Journalisten</fw><lb/> <p xml:id="ID_606" prev="#ID_605"> oder auch nur deu Schein des Ausgebens aufkommen läßt, und vollends nicht<lb/> im Erzbistum Gnesen: in der Ewigen Stadt lernt man warten, und wer die<lb/> Zunahme des Klosterwesens auf preußischem Boden in den letzten Jahrzehnten<lb/> erlebt hat, der kann auch abwarten, ob sich nicht in Osterbitz wieder eine<lb/> katholische Gemeinde findet für die jederzeit bereitstehende Kirche, deren Baulast<lb/> ja der sogenannte protestantische Staat hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_607"> Ich verstehe es recht gut, daß die Polen auf dem Stuhl des heiligen<lb/> Adalbert ihr System der Prophylaxe und Bekämpfung deutschnationaler An¬<lb/> wandlungen ihrer Diözescmcn deutscher Zunge bis ins kleinste durchbilden<lb/> und durchführen, wenn sie namentlich die Bildung getrennter deutscher Parochien<lb/> möglichst verhindern, den deutschen Minderheiten möglichst selten deutsche Hoch¬<lb/> ämter halten, um deren Weiblichkeit den polnischen glanzvollen Gottesdiensten<lb/> zuzuführen. Aber es entspricht nicht meinen Vorstellungen vom großen römischen<lb/> Stil und von der Universalität der römischen Kirche, daß bei dieser Gelegen¬<lb/> heit Geldgeschäfte gemacht werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_608"> Wenn die Ansiedlungskommission katholische Dörfer errichtet, so baut sie<lb/> diesen natürlich auch Kirchen und macht die nötigen Stiftungen zu deren<lb/> Unterhalt, die vom Posener Ordinariat in reichlicher Ausstattung verlangt<lb/> werden; dann kommt aber noch die polnische Pfarrei, auf deren Sprengel die<lb/> neue Gemeinde gegründet worden ist, und verlangt Abfindungsgelder für die<lb/> entgehenden kirchlichen Gefälle — tatsächlich doch nnr, weil in der neuen<lb/> katholischen Kirche deutsch gepredigt und gesungen wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_609"> Der letzte Ansiedlungsort, den wir sahen, war Neuschönsee, dessen Grund<lb/> und Boden im Jahre 1902 um 1531 Mark für den Hektar gekauft wurde.<lb/> Der ungewöhnlich hohe Preis erklärt sich zum Teil aus der günstigen Lage<lb/> des direkt an den Marktflecken Schönsee anstoßenden Gutes, zum Teil aus<lb/> dem sehr guten Boden und dem hohen Kulturzustande dieses Gutes, das von<lb/> seinem Vorbesitzer, einem Deutschen, systematisch trainiert worden war. Hier<lb/> gab es noch einmal stattliche Genossenschaftsanlagen zu besichtigen, dann<lb/> wurden die Wagen zum letztenmal bestiegen, um uns unweit der spärlichen<lb/> Reste der Ordensburg Schönsee am Bahnhof abzusetzen.</p><lb/> <p xml:id="ID_610"> Für den ganzen Norden des Ansiedluugsgebiets hatten wir leider nnr<lb/> noch zwei Tage und keine Zeit mehr zu Fahrten über Land. Nördlich von<lb/> Schönsee haben wir deshalb von den Erfolgen der Kommission für die Be¬<lb/> siedlung nichts mehr zu Gesicht bekommen, dafür haben wir dort die Besiedlung<lb/> ohne Kommission, die des dreizehnten und der nächsten Jahrhunderte verfolgt.<lb/> Mit Staunen und Bewunderung haben wir in Marienburg, in Danzig und<lb/> in Oliva geschaut, was der deutsche Ritter, der Bürger und der Mönch im<lb/> Mittelalter zur Zeit des jugendkräftigen deutschen Vorstoßes auf slawischen<lb/> Boden geschaffen haben. Dort haben die Steine zu uns gesprochen und die<lb/> späten Enkel gemahnt, dem Rückstoß der Polen nicht zu weichen und das<lb/> Vütererbe nicht verderben zu lassen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0126]
von der Gstmarkenfahrt süddeutscher Parlamentarier und Journalisten
oder auch nur deu Schein des Ausgebens aufkommen läßt, und vollends nicht
im Erzbistum Gnesen: in der Ewigen Stadt lernt man warten, und wer die
Zunahme des Klosterwesens auf preußischem Boden in den letzten Jahrzehnten
erlebt hat, der kann auch abwarten, ob sich nicht in Osterbitz wieder eine
katholische Gemeinde findet für die jederzeit bereitstehende Kirche, deren Baulast
ja der sogenannte protestantische Staat hat.
Ich verstehe es recht gut, daß die Polen auf dem Stuhl des heiligen
Adalbert ihr System der Prophylaxe und Bekämpfung deutschnationaler An¬
wandlungen ihrer Diözescmcn deutscher Zunge bis ins kleinste durchbilden
und durchführen, wenn sie namentlich die Bildung getrennter deutscher Parochien
möglichst verhindern, den deutschen Minderheiten möglichst selten deutsche Hoch¬
ämter halten, um deren Weiblichkeit den polnischen glanzvollen Gottesdiensten
zuzuführen. Aber es entspricht nicht meinen Vorstellungen vom großen römischen
Stil und von der Universalität der römischen Kirche, daß bei dieser Gelegen¬
heit Geldgeschäfte gemacht werden.
Wenn die Ansiedlungskommission katholische Dörfer errichtet, so baut sie
diesen natürlich auch Kirchen und macht die nötigen Stiftungen zu deren
Unterhalt, die vom Posener Ordinariat in reichlicher Ausstattung verlangt
werden; dann kommt aber noch die polnische Pfarrei, auf deren Sprengel die
neue Gemeinde gegründet worden ist, und verlangt Abfindungsgelder für die
entgehenden kirchlichen Gefälle — tatsächlich doch nnr, weil in der neuen
katholischen Kirche deutsch gepredigt und gesungen wird.
Der letzte Ansiedlungsort, den wir sahen, war Neuschönsee, dessen Grund
und Boden im Jahre 1902 um 1531 Mark für den Hektar gekauft wurde.
Der ungewöhnlich hohe Preis erklärt sich zum Teil aus der günstigen Lage
des direkt an den Marktflecken Schönsee anstoßenden Gutes, zum Teil aus
dem sehr guten Boden und dem hohen Kulturzustande dieses Gutes, das von
seinem Vorbesitzer, einem Deutschen, systematisch trainiert worden war. Hier
gab es noch einmal stattliche Genossenschaftsanlagen zu besichtigen, dann
wurden die Wagen zum letztenmal bestiegen, um uns unweit der spärlichen
Reste der Ordensburg Schönsee am Bahnhof abzusetzen.
Für den ganzen Norden des Ansiedluugsgebiets hatten wir leider nnr
noch zwei Tage und keine Zeit mehr zu Fahrten über Land. Nördlich von
Schönsee haben wir deshalb von den Erfolgen der Kommission für die Be¬
siedlung nichts mehr zu Gesicht bekommen, dafür haben wir dort die Besiedlung
ohne Kommission, die des dreizehnten und der nächsten Jahrhunderte verfolgt.
Mit Staunen und Bewunderung haben wir in Marienburg, in Danzig und
in Oliva geschaut, was der deutsche Ritter, der Bürger und der Mönch im
Mittelalter zur Zeit des jugendkräftigen deutschen Vorstoßes auf slawischen
Boden geschaffen haben. Dort haben die Steine zu uns gesprochen und die
späten Enkel gemahnt, dem Rückstoß der Polen nicht zu weichen und das
Vütererbe nicht verderben zu lassen.
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