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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr.

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Goethe als Freimaurer

sein Aufnahmegesuch wurde wegen seiner Laster abgelehnt. Die Gesellschaft
gestaltete sich dann bald zu einer Loge um, und als sie zehn Jahre später
um die Aufnahme des inzwischen bekannt gewordnen Dichters warb, da
lehnte er ab.

Als Goethe 1775 nach Weimar übergesiedelt war, trat er bald in nähere
Beziehungen zu der Loge Amalia, über die der junge Herzog Karl August die
Protektion übernommen hatte, und die damals in Weimar im Mittelpunkt des
geistigen und gesellschaftlichen Lebens stand. Im Februar 1780 reichte der
Dichter sein Aufnahmegesuch ein, und nach einer Wartezeit von vier Monaten
durfte er am Vorabend des Johannisfestes an die westliche Pforte klopfen. Nach
einjähriger Tätigkeit als Lehrling wurde er in den Gesellengrad befördert, und
schon in dieser Zeit bis 1732 verfaßte er Gedichte maurerischen Inhalts, von
denen jedoch keins erhalten geblieben ist. Das bekannteste Logenlied Goethes:
lÄ-Zo oiwm,v.8 ist erst später in Jena entstanden. In demselben Jahre 1782
trat auch der Herzog selbst dem Freimaurerbunde bei und wurde in Anwesenheit
des Herzogs Ernst und des Prinzen August von Gotha-Altenburg in die Loge
Amalia aufgenommen. Einen Monat später schon wurden Fürst und Dichter
Meister der Loge, aber dieser Umstand hinderte nicht, daß unter den Mitgliedern
Spaltungen eintraten, die zur Schließung der Loge führten.

Die Arbeit ruhte sechsundzwanzig Jahre, und endlich 1808 gelang es, die
Loge Amalia wieder zur Tätigkeit zu erwecken. Im Salon des Wittumspalais
fand die feierliche Wiedereröffnung am 24. Oktober statt, und es begann eine
regelmäßige ernste Logenarbeit, an der auch Goethe nach dem Ausweise seines
Tagebuches teilnahm. In der Versammlung am 4. April 1809 wurde in An¬
wesenheit des Dichters der sechsundsiebzigjährige Hofrat Christoph Martin Wieland
feierlich eingeführt; zu dessen achtzigstem Geburtstage ließ die Loge dann 1812
eine Denkmünze prägen, und als er im folgenden Jahre starb, hatte Goethe
die übliche Gedächtnisrede zu halten. (Abgedruckt im Anhang IV des Deileschen
Buches.)

Die Logcnbesuche Goethes wurden allmählich immer seltner, aber er nahm
doch an jedem bedeutungsvollen Ereignisse, an jedem größern Feste der Loge
so lebhaften Anteil, daß ihm die wichtigern Reden, Gesänge und Anordnungen
meist zur Prüfung und Billigung vorher übersandt wurden. Die letzte
Logenfeier, bei der der Dichter persönlich anwesend war, fiel auf den 5. De¬
zember 1815, als sein Sohn, der Kammerrat und Kammerjunker August v. Goethe
unter des Vaters Bürgschaft in den Orden aufgenommen wurde. Von da an
vermittelte der Sohn den Verkehr mit den Brüdern in Weimar und mit den
auswärtigen Logen. So vertrat er ihn beispielsweise in Erfurt, als der Dichter
zum dreißigjährigen Stiftungsfeste der dortigen Loge 1816 feierlichst eingeladen
worden war.

Die fünfzigste Wiederkehr des Regierungsantritts des Herzogs im Sep¬
tember 1825 gab der Loge Amalia Veranlassung zu einer Feier im großen


Goethe als Freimaurer

sein Aufnahmegesuch wurde wegen seiner Laster abgelehnt. Die Gesellschaft
gestaltete sich dann bald zu einer Loge um, und als sie zehn Jahre später
um die Aufnahme des inzwischen bekannt gewordnen Dichters warb, da
lehnte er ab.

Als Goethe 1775 nach Weimar übergesiedelt war, trat er bald in nähere
Beziehungen zu der Loge Amalia, über die der junge Herzog Karl August die
Protektion übernommen hatte, und die damals in Weimar im Mittelpunkt des
geistigen und gesellschaftlichen Lebens stand. Im Februar 1780 reichte der
Dichter sein Aufnahmegesuch ein, und nach einer Wartezeit von vier Monaten
durfte er am Vorabend des Johannisfestes an die westliche Pforte klopfen. Nach
einjähriger Tätigkeit als Lehrling wurde er in den Gesellengrad befördert, und
schon in dieser Zeit bis 1732 verfaßte er Gedichte maurerischen Inhalts, von
denen jedoch keins erhalten geblieben ist. Das bekannteste Logenlied Goethes:
lÄ-Zo oiwm,v.8 ist erst später in Jena entstanden. In demselben Jahre 1782
trat auch der Herzog selbst dem Freimaurerbunde bei und wurde in Anwesenheit
des Herzogs Ernst und des Prinzen August von Gotha-Altenburg in die Loge
Amalia aufgenommen. Einen Monat später schon wurden Fürst und Dichter
Meister der Loge, aber dieser Umstand hinderte nicht, daß unter den Mitgliedern
Spaltungen eintraten, die zur Schließung der Loge führten.

Die Arbeit ruhte sechsundzwanzig Jahre, und endlich 1808 gelang es, die
Loge Amalia wieder zur Tätigkeit zu erwecken. Im Salon des Wittumspalais
fand die feierliche Wiedereröffnung am 24. Oktober statt, und es begann eine
regelmäßige ernste Logenarbeit, an der auch Goethe nach dem Ausweise seines
Tagebuches teilnahm. In der Versammlung am 4. April 1809 wurde in An¬
wesenheit des Dichters der sechsundsiebzigjährige Hofrat Christoph Martin Wieland
feierlich eingeführt; zu dessen achtzigstem Geburtstage ließ die Loge dann 1812
eine Denkmünze prägen, und als er im folgenden Jahre starb, hatte Goethe
die übliche Gedächtnisrede zu halten. (Abgedruckt im Anhang IV des Deileschen
Buches.)

Die Logcnbesuche Goethes wurden allmählich immer seltner, aber er nahm
doch an jedem bedeutungsvollen Ereignisse, an jedem größern Feste der Loge
so lebhaften Anteil, daß ihm die wichtigern Reden, Gesänge und Anordnungen
meist zur Prüfung und Billigung vorher übersandt wurden. Die letzte
Logenfeier, bei der der Dichter persönlich anwesend war, fiel auf den 5. De¬
zember 1815, als sein Sohn, der Kammerrat und Kammerjunker August v. Goethe
unter des Vaters Bürgschaft in den Orden aufgenommen wurde. Von da an
vermittelte der Sohn den Verkehr mit den Brüdern in Weimar und mit den
auswärtigen Logen. So vertrat er ihn beispielsweise in Erfurt, als der Dichter
zum dreißigjährigen Stiftungsfeste der dortigen Loge 1816 feierlichst eingeladen
worden war.

Die fünfzigste Wiederkehr des Regierungsantritts des Herzogs im Sep¬
tember 1825 gab der Loge Amalia Veranlassung zu einer Feier im großen


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[0613] Goethe als Freimaurer sein Aufnahmegesuch wurde wegen seiner Laster abgelehnt. Die Gesellschaft gestaltete sich dann bald zu einer Loge um, und als sie zehn Jahre später um die Aufnahme des inzwischen bekannt gewordnen Dichters warb, da lehnte er ab. Als Goethe 1775 nach Weimar übergesiedelt war, trat er bald in nähere Beziehungen zu der Loge Amalia, über die der junge Herzog Karl August die Protektion übernommen hatte, und die damals in Weimar im Mittelpunkt des geistigen und gesellschaftlichen Lebens stand. Im Februar 1780 reichte der Dichter sein Aufnahmegesuch ein, und nach einer Wartezeit von vier Monaten durfte er am Vorabend des Johannisfestes an die westliche Pforte klopfen. Nach einjähriger Tätigkeit als Lehrling wurde er in den Gesellengrad befördert, und schon in dieser Zeit bis 1732 verfaßte er Gedichte maurerischen Inhalts, von denen jedoch keins erhalten geblieben ist. Das bekannteste Logenlied Goethes: lÄ-Zo oiwm,v.8 ist erst später in Jena entstanden. In demselben Jahre 1782 trat auch der Herzog selbst dem Freimaurerbunde bei und wurde in Anwesenheit des Herzogs Ernst und des Prinzen August von Gotha-Altenburg in die Loge Amalia aufgenommen. Einen Monat später schon wurden Fürst und Dichter Meister der Loge, aber dieser Umstand hinderte nicht, daß unter den Mitgliedern Spaltungen eintraten, die zur Schließung der Loge führten. Die Arbeit ruhte sechsundzwanzig Jahre, und endlich 1808 gelang es, die Loge Amalia wieder zur Tätigkeit zu erwecken. Im Salon des Wittumspalais fand die feierliche Wiedereröffnung am 24. Oktober statt, und es begann eine regelmäßige ernste Logenarbeit, an der auch Goethe nach dem Ausweise seines Tagebuches teilnahm. In der Versammlung am 4. April 1809 wurde in An¬ wesenheit des Dichters der sechsundsiebzigjährige Hofrat Christoph Martin Wieland feierlich eingeführt; zu dessen achtzigstem Geburtstage ließ die Loge dann 1812 eine Denkmünze prägen, und als er im folgenden Jahre starb, hatte Goethe die übliche Gedächtnisrede zu halten. (Abgedruckt im Anhang IV des Deileschen Buches.) Die Logcnbesuche Goethes wurden allmählich immer seltner, aber er nahm doch an jedem bedeutungsvollen Ereignisse, an jedem größern Feste der Loge so lebhaften Anteil, daß ihm die wichtigern Reden, Gesänge und Anordnungen meist zur Prüfung und Billigung vorher übersandt wurden. Die letzte Logenfeier, bei der der Dichter persönlich anwesend war, fiel auf den 5. De¬ zember 1815, als sein Sohn, der Kammerrat und Kammerjunker August v. Goethe unter des Vaters Bürgschaft in den Orden aufgenommen wurde. Von da an vermittelte der Sohn den Verkehr mit den Brüdern in Weimar und mit den auswärtigen Logen. So vertrat er ihn beispielsweise in Erfurt, als der Dichter zum dreißigjährigen Stiftungsfeste der dortigen Loge 1816 feierlichst eingeladen worden war. Die fünfzigste Wiederkehr des Regierungsantritts des Herzogs im Sep¬ tember 1825 gab der Loge Amalia Veranlassung zu einer Feier im großen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_313702/613>, abgerufen am 22.12.2024.