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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr.

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Einiges über das Klima Italiens

im Sommer aufgenommene Wärme allmählich abgibt. Norditalien wird dagegen
vom Meere kaum beeinflußt, wohl aber von der angrenzenden Alpenkette. Von
dieser sinkt die kalte Luft herab, die nur langsam nach Osten abströmt. Außerdem
kühlt sich der Boden im Winter wegen starker Wärmeausstrahlung sehr ab,
da der Himmel meist unbewölkt ist. Daher ist in Norditalien kein Ort von
Frost frei. In Mailand friert es jeden Winter, und oft fällt Schnee, der
mehrere Wochen liegen bleibt. Man kann in Mailand häufig Schlittschuh
laufen, wenn an der Riviera der Frühling herrscht. Auch stellt sich dieser in
Mailand weit später als im übrigen Italien ein.

Der Einfluß des Meeres macht sich im Süden auch im Sommer geltend,
indem die vom Meere nach dem Lande strömenden Winde die Hitze mildern.
Man kann daher recht gut im Sommer eine Mittelmeerfahrt machen. Nord¬
italien hat dagegen trotz der weit nördlichern Lage ebenso heiße Sommer wie
der Süden. Mit der Entfernung vom Meere wird hier sogar die Wärme um
diese Jahreszeit größer als im Süden, wie zum Beispiel in Florenz, Verona
und Bologna. Im Juli ist es hier am wärmsten, während in Palermo der
August der heißeste Monat ist. Die lombardische Ebne hat demnach völlig
festländisches Klima mit heißem Sommer und kaltem Winter gleich dem Nord¬
deutschlands, nur hält in Norditalien die kalte Jahreszeit nicht so lange an.
Aber auch im Mürz finden noch häufig bedeutende Temperaturschwankungen
statt. Nur an der adriatischen Meeresküste und in den geschützten Lagen der
oberitalienischen Seen sind die Winter mild und die Sommer weniger warm.
In der Poebene ist es im Sommer wärmer als in Sizilien, sodaß hier einjährige
Pflanzen der Tropen (zum Beispiel Reis) gezogen werden können. Aber kühle,
schwere Luftmassen, die von den Alpen wehen, können die Temperatur stark
zum Sinken bringen. Es gibt Winter, wo das Thermometer dreißig Tage lang
unter 0 Grad anzeigt. Deshalb finden wir hier auch den Ölbaum nicht, der
die anhaltende Kälte nicht vertrüge.

Mittelitalien ist, was das Klima anlangt, nicht so günstig gestellt wie die
Küste Liguriens und die Ufer der oberitalienischen Seen. Die Temperatur sinkt
hier im Winter unter 0 Grad, und es fällt vielfach Schnee. Florenz ist infolge
seiner hohen Lage namentlich im Winter recht kalt. In Mittel- und selbst in
Unteritalien können plötzliche Kälterückfülle die Baumblüten zerstören, und plötz¬
licher Wechsel von Regen und Sonnenschein im März, wie bei uns im April,
sind hier noch recht häufig. Der Mai ist in Florenz und Rom noch angenehm
und nicht zu heiß, während sich die Hitze in dieser Zeit weiter nach dem Süden
sehr bemerkbar macht. Mit dem Juni beginnt aber auch hier die Sommerhitze.
In Rom und Neapel steigt das Thermometer in: Juli und August auf 37 bis
33 Grad, in Palermo auf 40 Grad.

Erst in Süditalien ist mediterranes Klima. Der Regen füllt hier im Winter,
im Sommer ist die regenlose Zeit. Die Gegensätze zwischen den einzelnen
Jahreszeiten treten hier weniger hervor. Im Winter wie im Sommer kommt


Einiges über das Klima Italiens

im Sommer aufgenommene Wärme allmählich abgibt. Norditalien wird dagegen
vom Meere kaum beeinflußt, wohl aber von der angrenzenden Alpenkette. Von
dieser sinkt die kalte Luft herab, die nur langsam nach Osten abströmt. Außerdem
kühlt sich der Boden im Winter wegen starker Wärmeausstrahlung sehr ab,
da der Himmel meist unbewölkt ist. Daher ist in Norditalien kein Ort von
Frost frei. In Mailand friert es jeden Winter, und oft fällt Schnee, der
mehrere Wochen liegen bleibt. Man kann in Mailand häufig Schlittschuh
laufen, wenn an der Riviera der Frühling herrscht. Auch stellt sich dieser in
Mailand weit später als im übrigen Italien ein.

Der Einfluß des Meeres macht sich im Süden auch im Sommer geltend,
indem die vom Meere nach dem Lande strömenden Winde die Hitze mildern.
Man kann daher recht gut im Sommer eine Mittelmeerfahrt machen. Nord¬
italien hat dagegen trotz der weit nördlichern Lage ebenso heiße Sommer wie
der Süden. Mit der Entfernung vom Meere wird hier sogar die Wärme um
diese Jahreszeit größer als im Süden, wie zum Beispiel in Florenz, Verona
und Bologna. Im Juli ist es hier am wärmsten, während in Palermo der
August der heißeste Monat ist. Die lombardische Ebne hat demnach völlig
festländisches Klima mit heißem Sommer und kaltem Winter gleich dem Nord¬
deutschlands, nur hält in Norditalien die kalte Jahreszeit nicht so lange an.
Aber auch im Mürz finden noch häufig bedeutende Temperaturschwankungen
statt. Nur an der adriatischen Meeresküste und in den geschützten Lagen der
oberitalienischen Seen sind die Winter mild und die Sommer weniger warm.
In der Poebene ist es im Sommer wärmer als in Sizilien, sodaß hier einjährige
Pflanzen der Tropen (zum Beispiel Reis) gezogen werden können. Aber kühle,
schwere Luftmassen, die von den Alpen wehen, können die Temperatur stark
zum Sinken bringen. Es gibt Winter, wo das Thermometer dreißig Tage lang
unter 0 Grad anzeigt. Deshalb finden wir hier auch den Ölbaum nicht, der
die anhaltende Kälte nicht vertrüge.

Mittelitalien ist, was das Klima anlangt, nicht so günstig gestellt wie die
Küste Liguriens und die Ufer der oberitalienischen Seen. Die Temperatur sinkt
hier im Winter unter 0 Grad, und es fällt vielfach Schnee. Florenz ist infolge
seiner hohen Lage namentlich im Winter recht kalt. In Mittel- und selbst in
Unteritalien können plötzliche Kälterückfülle die Baumblüten zerstören, und plötz¬
licher Wechsel von Regen und Sonnenschein im März, wie bei uns im April,
sind hier noch recht häufig. Der Mai ist in Florenz und Rom noch angenehm
und nicht zu heiß, während sich die Hitze in dieser Zeit weiter nach dem Süden
sehr bemerkbar macht. Mit dem Juni beginnt aber auch hier die Sommerhitze.
In Rom und Neapel steigt das Thermometer in: Juli und August auf 37 bis
33 Grad, in Palermo auf 40 Grad.

Erst in Süditalien ist mediterranes Klima. Der Regen füllt hier im Winter,
im Sommer ist die regenlose Zeit. Die Gegensätze zwischen den einzelnen
Jahreszeiten treten hier weniger hervor. Im Winter wie im Sommer kommt


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_313702/31>, abgerufen am 22.07.2024.