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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Umnaßzobliches

Hypothese Von Arrhenius ungemein fruchtbar zeigte, und daß man darin zum
mindesten ein sehr ausdruckvolles Abbild der Wirklichkeit sehen mußte, wenn nicht
eines, das ihr gänzlich entsprach." Man mag sich heute der Theorie des Arrhenius
gegenüberstellen, wie man will -- auch jetzt noch laßt sich eine ganze Reihe wohl¬
begründeter Einwände gegen sie geltend machen --, durch zwei Umstände hat sie
ihre Existenzberechtigung auf das glänzendste erwiesen: erstens durch die für die
Praxis höchst bedeutsamen Folgerungen, die namentlich Ostwald und seine Schüler
aus ihr zu ziehen verstanden, zum andern aber dadurch, daß die spezielle Art,
den Aufbau eines Körpers zu betrachte", wie sie Arrhenius lehrte, vorbildlich
wurde und geradezu den Anstoß gab zur Schaffung der großartigsten und um¬
fassendsten Theorie aller Zeiten, zur Elektronentheorie, die uns die tief¬
gründigsten Aufschlüsse über das Wesen und Wirken der Elektrizität, vor vilen aber
über die Struktur der Materie bietet.

Daß Arrhenius zur Behandlung von Fragen der kosmischen Physik der rechte
Mann sein würde, war vorauszusehen. Denn zunächst ist natürlich überall da, wo
der Forscher das Laboratorium verläßt und sich in den Weltenraum begibt, der
Spekulation ein größerer Spielraum gegeben, andrerseits sind sie gerade im hohen
Norden -- das hat sich hundertmal erwiesen -- dem Erdgeist näher als anderswo.
Die eigenartigen Himmelsverhältnisse, unter denen die Leute dort leben, die Fülle
der Phänomene, die ihnen der Alltag beschert, haben im ganzen Volke den Sinn
für kosmogonische Fragen besonders geweckt und geschult, sodaß es -- wie ge¬
sagt -- nicht wundernimmt, wenn ein Arrhenius mit einem kompletten Lehrbuch
der kosmischen Physik auf dem Plan erscheint.

Daß es trefflich ist und von der ersten bis zur letzten Zeile eignes und an-
regendes bietet, bedarf keiner besondern Erwähnung. Allerdings -- Mangel an
Mut wage ich bei einem Arrhenius kaum dafür als Grund in Betracht zu
ziehen -- scheut sich der Verfasser, zu den Quellen herabzusteigen und beim "Nichts"
zu beginnen. Er gibt ganz offen zu: "Wenn man, wie Kant, versucht, sich einen
Begriff davon zu bilden, wie großartig geregelte Systeme von Himmelskörpern
aus einem absolut ungeordneten Chaos entstehen konnten, so heißt das, nach der
Lösung eines in dieser Form vollkommen unlösbaren Problems streben. Übrigens
liegt ein Widerspruch in allen Versuchen, die Entstehung der Welt in ihrer Gesamt¬
heit zu erkläre", wie statio mit besonderm Nachdruck hervorhebt: "Die einzige
Frage, zu welcher eine Reihe von Erscheinungen Veranlassung gibt, ist die nach
ihrer gegenseitigen Abhängigkeit und ihrem Zusammenhang." Infolgedessen habe
ich nur zu zeigen versucht, wie Nebelflecke aus Sonnen entstehn können, und um¬
gekehrt, Wie Sonnen aus Nebelflecken entstehn; und ich habe angenommen, daß
diese Wechselwirkung ständig vor sich gegangen ist, gerade wie jetzt."

Es mag in dem gänzlichen Mangel an Zucht meines Geistes kosmogonischen
Problemen gegenüber liegen -- je unbefangner man einer Sache gegenübersteht,
um so unbescheidner pflegt man in seinen Ansprüchen zu sein --, daß mich dieser
Standpunkt recht wenig befriedigt. Es ist für mich keine Schöpfungsgeschichte des
Weltalls, daß ich mir einfach sagen lasse: So -- die Sonne ist da. Nun bilden
sich aus dieser Sonne Nebelflecke, und diese Nebel verdichten sich wieder zu
Sonnen. Ich, Hans Naivus, frage ganz bescheiden: Und wie entstand die erste
Sonne? Dieses diktatorisch hingesetzte Faktum: Sie war eben da! -- ersetzt mir
beim besten Willen keine Erklärung. Und wenn ich als Autor eines Werkes,
genannt: Das Werden der Welten, sage: "Das leitende Motiv bei der vorliegenden
Bearbeitung der kosmogonischen Fragen war die Ansicht, daß das Weltganze seinem
Wesen nach stets so war. wie es noch jetzt ist. Materie, Energie und Leben haben
nur Form und Platz im Raume gewechselt", so nehme ich mir damit eigentlich die
Berechtigung, dieses Werk zu schreiben, zum mindesten aber, es: "Das Werden
der Welten" zu nennen. Denn -- Titel verpflichten. Und -- ehrlich gesagt --


Maßgebliches und Umnaßzobliches

Hypothese Von Arrhenius ungemein fruchtbar zeigte, und daß man darin zum
mindesten ein sehr ausdruckvolles Abbild der Wirklichkeit sehen mußte, wenn nicht
eines, das ihr gänzlich entsprach." Man mag sich heute der Theorie des Arrhenius
gegenüberstellen, wie man will — auch jetzt noch laßt sich eine ganze Reihe wohl¬
begründeter Einwände gegen sie geltend machen —, durch zwei Umstände hat sie
ihre Existenzberechtigung auf das glänzendste erwiesen: erstens durch die für die
Praxis höchst bedeutsamen Folgerungen, die namentlich Ostwald und seine Schüler
aus ihr zu ziehen verstanden, zum andern aber dadurch, daß die spezielle Art,
den Aufbau eines Körpers zu betrachte», wie sie Arrhenius lehrte, vorbildlich
wurde und geradezu den Anstoß gab zur Schaffung der großartigsten und um¬
fassendsten Theorie aller Zeiten, zur Elektronentheorie, die uns die tief¬
gründigsten Aufschlüsse über das Wesen und Wirken der Elektrizität, vor vilen aber
über die Struktur der Materie bietet.

Daß Arrhenius zur Behandlung von Fragen der kosmischen Physik der rechte
Mann sein würde, war vorauszusehen. Denn zunächst ist natürlich überall da, wo
der Forscher das Laboratorium verläßt und sich in den Weltenraum begibt, der
Spekulation ein größerer Spielraum gegeben, andrerseits sind sie gerade im hohen
Norden — das hat sich hundertmal erwiesen — dem Erdgeist näher als anderswo.
Die eigenartigen Himmelsverhältnisse, unter denen die Leute dort leben, die Fülle
der Phänomene, die ihnen der Alltag beschert, haben im ganzen Volke den Sinn
für kosmogonische Fragen besonders geweckt und geschult, sodaß es — wie ge¬
sagt — nicht wundernimmt, wenn ein Arrhenius mit einem kompletten Lehrbuch
der kosmischen Physik auf dem Plan erscheint.

Daß es trefflich ist und von der ersten bis zur letzten Zeile eignes und an-
regendes bietet, bedarf keiner besondern Erwähnung. Allerdings — Mangel an
Mut wage ich bei einem Arrhenius kaum dafür als Grund in Betracht zu
ziehen — scheut sich der Verfasser, zu den Quellen herabzusteigen und beim „Nichts"
zu beginnen. Er gibt ganz offen zu: „Wenn man, wie Kant, versucht, sich einen
Begriff davon zu bilden, wie großartig geregelte Systeme von Himmelskörpern
aus einem absolut ungeordneten Chaos entstehen konnten, so heißt das, nach der
Lösung eines in dieser Form vollkommen unlösbaren Problems streben. Übrigens
liegt ein Widerspruch in allen Versuchen, die Entstehung der Welt in ihrer Gesamt¬
heit zu erkläre», wie statio mit besonderm Nachdruck hervorhebt: »Die einzige
Frage, zu welcher eine Reihe von Erscheinungen Veranlassung gibt, ist die nach
ihrer gegenseitigen Abhängigkeit und ihrem Zusammenhang.« Infolgedessen habe
ich nur zu zeigen versucht, wie Nebelflecke aus Sonnen entstehn können, und um¬
gekehrt, Wie Sonnen aus Nebelflecken entstehn; und ich habe angenommen, daß
diese Wechselwirkung ständig vor sich gegangen ist, gerade wie jetzt."

Es mag in dem gänzlichen Mangel an Zucht meines Geistes kosmogonischen
Problemen gegenüber liegen — je unbefangner man einer Sache gegenübersteht,
um so unbescheidner pflegt man in seinen Ansprüchen zu sein —, daß mich dieser
Standpunkt recht wenig befriedigt. Es ist für mich keine Schöpfungsgeschichte des
Weltalls, daß ich mir einfach sagen lasse: So — die Sonne ist da. Nun bilden
sich aus dieser Sonne Nebelflecke, und diese Nebel verdichten sich wieder zu
Sonnen. Ich, Hans Naivus, frage ganz bescheiden: Und wie entstand die erste
Sonne? Dieses diktatorisch hingesetzte Faktum: Sie war eben da! — ersetzt mir
beim besten Willen keine Erklärung. Und wenn ich als Autor eines Werkes,
genannt: Das Werden der Welten, sage: „Das leitende Motiv bei der vorliegenden
Bearbeitung der kosmogonischen Fragen war die Ansicht, daß das Weltganze seinem
Wesen nach stets so war. wie es noch jetzt ist. Materie, Energie und Leben haben
nur Form und Platz im Raume gewechselt", so nehme ich mir damit eigentlich die
Berechtigung, dieses Werk zu schreiben, zum mindesten aber, es: „Das Werden
der Welten" zu nennen. Denn — Titel verpflichten. Und — ehrlich gesagt —


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[0296] Maßgebliches und Umnaßzobliches Hypothese Von Arrhenius ungemein fruchtbar zeigte, und daß man darin zum mindesten ein sehr ausdruckvolles Abbild der Wirklichkeit sehen mußte, wenn nicht eines, das ihr gänzlich entsprach." Man mag sich heute der Theorie des Arrhenius gegenüberstellen, wie man will — auch jetzt noch laßt sich eine ganze Reihe wohl¬ begründeter Einwände gegen sie geltend machen —, durch zwei Umstände hat sie ihre Existenzberechtigung auf das glänzendste erwiesen: erstens durch die für die Praxis höchst bedeutsamen Folgerungen, die namentlich Ostwald und seine Schüler aus ihr zu ziehen verstanden, zum andern aber dadurch, daß die spezielle Art, den Aufbau eines Körpers zu betrachte», wie sie Arrhenius lehrte, vorbildlich wurde und geradezu den Anstoß gab zur Schaffung der großartigsten und um¬ fassendsten Theorie aller Zeiten, zur Elektronentheorie, die uns die tief¬ gründigsten Aufschlüsse über das Wesen und Wirken der Elektrizität, vor vilen aber über die Struktur der Materie bietet. Daß Arrhenius zur Behandlung von Fragen der kosmischen Physik der rechte Mann sein würde, war vorauszusehen. Denn zunächst ist natürlich überall da, wo der Forscher das Laboratorium verläßt und sich in den Weltenraum begibt, der Spekulation ein größerer Spielraum gegeben, andrerseits sind sie gerade im hohen Norden — das hat sich hundertmal erwiesen — dem Erdgeist näher als anderswo. Die eigenartigen Himmelsverhältnisse, unter denen die Leute dort leben, die Fülle der Phänomene, die ihnen der Alltag beschert, haben im ganzen Volke den Sinn für kosmogonische Fragen besonders geweckt und geschult, sodaß es — wie ge¬ sagt — nicht wundernimmt, wenn ein Arrhenius mit einem kompletten Lehrbuch der kosmischen Physik auf dem Plan erscheint. Daß es trefflich ist und von der ersten bis zur letzten Zeile eignes und an- regendes bietet, bedarf keiner besondern Erwähnung. Allerdings — Mangel an Mut wage ich bei einem Arrhenius kaum dafür als Grund in Betracht zu ziehen — scheut sich der Verfasser, zu den Quellen herabzusteigen und beim „Nichts" zu beginnen. Er gibt ganz offen zu: „Wenn man, wie Kant, versucht, sich einen Begriff davon zu bilden, wie großartig geregelte Systeme von Himmelskörpern aus einem absolut ungeordneten Chaos entstehen konnten, so heißt das, nach der Lösung eines in dieser Form vollkommen unlösbaren Problems streben. Übrigens liegt ein Widerspruch in allen Versuchen, die Entstehung der Welt in ihrer Gesamt¬ heit zu erkläre», wie statio mit besonderm Nachdruck hervorhebt: »Die einzige Frage, zu welcher eine Reihe von Erscheinungen Veranlassung gibt, ist die nach ihrer gegenseitigen Abhängigkeit und ihrem Zusammenhang.« Infolgedessen habe ich nur zu zeigen versucht, wie Nebelflecke aus Sonnen entstehn können, und um¬ gekehrt, Wie Sonnen aus Nebelflecken entstehn; und ich habe angenommen, daß diese Wechselwirkung ständig vor sich gegangen ist, gerade wie jetzt." Es mag in dem gänzlichen Mangel an Zucht meines Geistes kosmogonischen Problemen gegenüber liegen — je unbefangner man einer Sache gegenübersteht, um so unbescheidner pflegt man in seinen Ansprüchen zu sein —, daß mich dieser Standpunkt recht wenig befriedigt. Es ist für mich keine Schöpfungsgeschichte des Weltalls, daß ich mir einfach sagen lasse: So — die Sonne ist da. Nun bilden sich aus dieser Sonne Nebelflecke, und diese Nebel verdichten sich wieder zu Sonnen. Ich, Hans Naivus, frage ganz bescheiden: Und wie entstand die erste Sonne? Dieses diktatorisch hingesetzte Faktum: Sie war eben da! — ersetzt mir beim besten Willen keine Erklärung. Und wenn ich als Autor eines Werkes, genannt: Das Werden der Welten, sage: „Das leitende Motiv bei der vorliegenden Bearbeitung der kosmogonischen Fragen war die Ansicht, daß das Weltganze seinem Wesen nach stets so war. wie es noch jetzt ist. Materie, Energie und Leben haben nur Form und Platz im Raume gewechselt", so nehme ich mir damit eigentlich die Berechtigung, dieses Werk zu schreiben, zum mindesten aber, es: „Das Werden der Welten" zu nennen. Denn — Titel verpflichten. Und — ehrlich gesagt —

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_313702/296>, abgerufen am 22.07.2024.