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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr.

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aus sieben "nichtoffiziellen" Mitgliedern, von denen zwei durch die Handels¬
kammern von Singapore und Penang, die übrigen fünf durch den Gouverneur
ernannt werden. Dieser Gesetzgebende Rat hat nur eine beratende Tätigkeit;
er ist aber nicht berufen, selbständige Anträge einzubringen. Seine Zusammen¬
setzung sichert dem Gouverneur stets die Stimmenmehrheit. In der Hand
eines starken Gouverneurs sinkt dieser Rat zu einer Behörde herab, die
einzig und allein die vom Gouverneur beabsichtigten Maßnahmen zu begut¬
achte hat,"!! v-'''

Wenn auch zugegeben werden muß, daß in einer Kolonie in den Tropen,
wo eine Handvoll britischer Handelsleute unter einer sie an Zahl weit über¬
ragenden eingebornen Bevölkerung lebt, das System der Kronkolonie ganz
besonders geeignet ist, so fällt es doch selbst dem englischen Besucher der
Kolonie*) auf, daß durch dieses System jede Teilnahme der britischen nicht¬
amtlichen Kreise in Fragen von öffentlichem Interesse auf ein Mindestmaß
beschränkt erschien. Die öffentliche Meinung wird dadurch völlig unterdrückt.

, Aber auch nach einer andern Richtung hin hat es sich gezeigt, daß das
selbstherrliche Regierungssystem, wie es in den Straits settlements ausgeübt
wird, von bedeutenden Nachteilen begleitet sein kann. Der Mangel eines
einem Parlamente verantwortlichen Finanzministers hat der Kolonie in un¬
nötiger Weise große Ausgaben gebracht bei der Enteignung der Tanjong Pagar
Dock Company, die wegen ungünstiger Verhältnisse auf dem Geldmarkte, denen
man hätte ausweichen können, die Summe von 35 Millionen Mark mehr ge¬
kostet hat. Infolge dieser gesteigerten Ausgaben hat die Regierung nun eine
Anleihe von 120 Millionen Mark aufnehmen müssen^ ein Umstand, der zwar
keineswegs beunruhigt, der aber immerhin auf die schwache Seite der Kron-
lolouicnverwaltuug hinweist.

Während bisher die Hafenanlagen von Singapore, sehr im Gegensatz zu
denen von Colombo, einen ziemlich vernachlässigten Eindruck gemacht haben,
werden jetzt im Zusammenhang mit der erwähnten Enteignung bedeutende
Verbesserungen geplant. Man trägt sich mit dem Gedanken, eine Wasserfläche
von etwa 5,3 Quadratkilometern als Jnnenhafen für die kleinern Lastfahr-
zeuge, die im Laufe des Jahres Singapore in großer Zahl aufsuchen, mit
Dämmen abzuschließen. Hierzu wäre die Errichtung von drei großen Molen,
die in einer Gesamtlänge von über 3^/z Kilometern als Wellenbrecher dienen
müssen, nötig. Mit den Anfangsarbeiten für eine Westmole in einer Länge
vou 600 Metern bei einem Kostenvoranschlag von über 20 Millionen Mark
ist schon begonnen worden. . - ' -

Singapore genießt auch nicht unbedeutenden Schutz. Ein Bataillon
britischer Infanterie, ein Bataillon indischer Eingeborneninfanterie. zwei Kom¬
pagnien britischer Fußartillerie, eine Kompagnie des Fußartilleriebataillons



*) Vgl. Colonel A. M. Murrn"), lmpvn-a 0ich>"--t", London, bei I. Murray, 1907.

aus sieben „nichtoffiziellen" Mitgliedern, von denen zwei durch die Handels¬
kammern von Singapore und Penang, die übrigen fünf durch den Gouverneur
ernannt werden. Dieser Gesetzgebende Rat hat nur eine beratende Tätigkeit;
er ist aber nicht berufen, selbständige Anträge einzubringen. Seine Zusammen¬
setzung sichert dem Gouverneur stets die Stimmenmehrheit. In der Hand
eines starken Gouverneurs sinkt dieser Rat zu einer Behörde herab, die
einzig und allein die vom Gouverneur beabsichtigten Maßnahmen zu begut¬
achte hat,"!! v-'''

Wenn auch zugegeben werden muß, daß in einer Kolonie in den Tropen,
wo eine Handvoll britischer Handelsleute unter einer sie an Zahl weit über¬
ragenden eingebornen Bevölkerung lebt, das System der Kronkolonie ganz
besonders geeignet ist, so fällt es doch selbst dem englischen Besucher der
Kolonie*) auf, daß durch dieses System jede Teilnahme der britischen nicht¬
amtlichen Kreise in Fragen von öffentlichem Interesse auf ein Mindestmaß
beschränkt erschien. Die öffentliche Meinung wird dadurch völlig unterdrückt.

, Aber auch nach einer andern Richtung hin hat es sich gezeigt, daß das
selbstherrliche Regierungssystem, wie es in den Straits settlements ausgeübt
wird, von bedeutenden Nachteilen begleitet sein kann. Der Mangel eines
einem Parlamente verantwortlichen Finanzministers hat der Kolonie in un¬
nötiger Weise große Ausgaben gebracht bei der Enteignung der Tanjong Pagar
Dock Company, die wegen ungünstiger Verhältnisse auf dem Geldmarkte, denen
man hätte ausweichen können, die Summe von 35 Millionen Mark mehr ge¬
kostet hat. Infolge dieser gesteigerten Ausgaben hat die Regierung nun eine
Anleihe von 120 Millionen Mark aufnehmen müssen^ ein Umstand, der zwar
keineswegs beunruhigt, der aber immerhin auf die schwache Seite der Kron-
lolouicnverwaltuug hinweist.

Während bisher die Hafenanlagen von Singapore, sehr im Gegensatz zu
denen von Colombo, einen ziemlich vernachlässigten Eindruck gemacht haben,
werden jetzt im Zusammenhang mit der erwähnten Enteignung bedeutende
Verbesserungen geplant. Man trägt sich mit dem Gedanken, eine Wasserfläche
von etwa 5,3 Quadratkilometern als Jnnenhafen für die kleinern Lastfahr-
zeuge, die im Laufe des Jahres Singapore in großer Zahl aufsuchen, mit
Dämmen abzuschließen. Hierzu wäre die Errichtung von drei großen Molen,
die in einer Gesamtlänge von über 3^/z Kilometern als Wellenbrecher dienen
müssen, nötig. Mit den Anfangsarbeiten für eine Westmole in einer Länge
vou 600 Metern bei einem Kostenvoranschlag von über 20 Millionen Mark
ist schon begonnen worden. . - ' -

Singapore genießt auch nicht unbedeutenden Schutz. Ein Bataillon
britischer Infanterie, ein Bataillon indischer Eingeborneninfanterie. zwei Kom¬
pagnien britischer Fußartillerie, eine Kompagnie des Fußartilleriebataillons



*) Vgl. Colonel A. M. Murrn»), lmpvn-a 0ich>»--t», London, bei I. Murray, 1907.
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[0075] aus sieben „nichtoffiziellen" Mitgliedern, von denen zwei durch die Handels¬ kammern von Singapore und Penang, die übrigen fünf durch den Gouverneur ernannt werden. Dieser Gesetzgebende Rat hat nur eine beratende Tätigkeit; er ist aber nicht berufen, selbständige Anträge einzubringen. Seine Zusammen¬ setzung sichert dem Gouverneur stets die Stimmenmehrheit. In der Hand eines starken Gouverneurs sinkt dieser Rat zu einer Behörde herab, die einzig und allein die vom Gouverneur beabsichtigten Maßnahmen zu begut¬ achte hat,"!! v-''' Wenn auch zugegeben werden muß, daß in einer Kolonie in den Tropen, wo eine Handvoll britischer Handelsleute unter einer sie an Zahl weit über¬ ragenden eingebornen Bevölkerung lebt, das System der Kronkolonie ganz besonders geeignet ist, so fällt es doch selbst dem englischen Besucher der Kolonie*) auf, daß durch dieses System jede Teilnahme der britischen nicht¬ amtlichen Kreise in Fragen von öffentlichem Interesse auf ein Mindestmaß beschränkt erschien. Die öffentliche Meinung wird dadurch völlig unterdrückt. , Aber auch nach einer andern Richtung hin hat es sich gezeigt, daß das selbstherrliche Regierungssystem, wie es in den Straits settlements ausgeübt wird, von bedeutenden Nachteilen begleitet sein kann. Der Mangel eines einem Parlamente verantwortlichen Finanzministers hat der Kolonie in un¬ nötiger Weise große Ausgaben gebracht bei der Enteignung der Tanjong Pagar Dock Company, die wegen ungünstiger Verhältnisse auf dem Geldmarkte, denen man hätte ausweichen können, die Summe von 35 Millionen Mark mehr ge¬ kostet hat. Infolge dieser gesteigerten Ausgaben hat die Regierung nun eine Anleihe von 120 Millionen Mark aufnehmen müssen^ ein Umstand, der zwar keineswegs beunruhigt, der aber immerhin auf die schwache Seite der Kron- lolouicnverwaltuug hinweist. Während bisher die Hafenanlagen von Singapore, sehr im Gegensatz zu denen von Colombo, einen ziemlich vernachlässigten Eindruck gemacht haben, werden jetzt im Zusammenhang mit der erwähnten Enteignung bedeutende Verbesserungen geplant. Man trägt sich mit dem Gedanken, eine Wasserfläche von etwa 5,3 Quadratkilometern als Jnnenhafen für die kleinern Lastfahr- zeuge, die im Laufe des Jahres Singapore in großer Zahl aufsuchen, mit Dämmen abzuschließen. Hierzu wäre die Errichtung von drei großen Molen, die in einer Gesamtlänge von über 3^/z Kilometern als Wellenbrecher dienen müssen, nötig. Mit den Anfangsarbeiten für eine Westmole in einer Länge vou 600 Metern bei einem Kostenvoranschlag von über 20 Millionen Mark ist schon begonnen worden. . - ' - Singapore genießt auch nicht unbedeutenden Schutz. Ein Bataillon britischer Infanterie, ein Bataillon indischer Eingeborneninfanterie. zwei Kom¬ pagnien britischer Fußartillerie, eine Kompagnie des Fußartilleriebataillons *) Vgl. Colonel A. M. Murrn»), lmpvn-a 0ich>»--t», London, bei I. Murray, 1907.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_312350/75>, abgerufen am 12.12.2024.