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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr.

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Städtische Anleihen und ihre Organisation

gebotnen Stücke auszulaufen und für eine längere Dauer in ihrem Portefeuille
aufzubewahren. Da alle Städte mit Ausnahme der unter 10000 Einwohner
zählenden lebhaftes Interesse an der Gründung einer solchen Bank haben, diese
andrerseits aber nur solche Gewinne zu erzielen braucht, um die Verwaltungskosten
zu bestreiten, also von jedem überschießenden Reingewinn von vornherein ab¬
sehen kann, dürfte die Rechtsform einer Genossenschaft mit beschränkter Haftung
die geeignetste sein. Je nach dem Verhältnis ihrer Steuerkraft würden die
"Städtegenossen" die Anteilscheine zu übernehmen haben. Die hierfür erforder¬
lichen Summen könnte jede Stadt wohl am besten dadurch erzielen, daß sie auf
etwa fünf Jahre die Auslosung einer oder mehrerer Anleihen suspendiert und die
so freiwerdenden Gelder zum Ankauf der auf sie entfallenden Anteilscheine der
Genossenschaftsbank verwendet. Die Inhaber der Stücke dürften aus den schon
oben angeführten Gründen mit der Suspendicrung der Auslosung auf eine zu
bestimmende Frist sehr wohl einverstanden sein. Kommunalkörperschaften, bei
denen die auf diese Weise erzielten Summen nicht ausreichen, würden sicherlich
in der Lage sein, aus etwa bestehenden Fonds die erforderlichen Mittel zu
nehmen. Ob durch einen Steuerzuschlag für ein oder mehrere Jahre oder durch
etwaige Überschüsse in der Steuerveranlagung die für Gründung der Bank not¬
wendigen Mittel ausnahmsweise beschafft werden können, scheint uns -- soweit
die preußischen Gesetze in Betracht kommen -- sehr fraglich zu sein. Hier dürfte
die beaufsichtigende Behörde die Zustimmung versagen. Ein andrer Weg würde
der sein, für eine Reihe von Jahren einen Posten für Ankauf der Bankanteil¬
scheine in den Etat einzusetzen.

Die Aufbringung des Grundkapitals in Höhe von 60 Millionen Mark
dürfte nicht die größten Schwierigkeiten bereiten. Wenn sich an der Bank¬
gründung nur die über 50000 Einwohner zählenden deutschen Städte beteiligen
würden, auch wenn wir Hamburg, Lübeck und Bremen ausschließen, so entfielen
auf jedes angefangene 50000 etwa 250000 Mark. Köln mit 428000 Ein¬
wohnern würde das Neunfache von 250000 Mark -- 2,250 Millionen Mark --
aufzubringen haben. Es darf nun weiter nicht vergessen werden, daß 60 Millionen
die überhaupt in Betracht kommende Höchstsumme für Gründung der Städtebank
darstellt, und daß andrerseits die vielen Städte unter 50000 ebenfalls zur
Einzahlung des auf sie entfallenden Genossenschaftskapitals geneigt sein
werden. Düsseldorf würde bei dieser Berechnung etwa 1^ Millionen Mark
Grundkapital übernehmen müssen, also einen Betrag, der dem Reinzuschuß ent¬
spricht, den Düsseldorf 1906 für seinen Schuldendienst aufgewandt hat. Daran
sieht man, daß die Schwierigkeiten für Aufbringung des Gesellschaftskapitals, das
überdies nicht auf einmal beschafft zu werden braucht, wohl zu überwinden sein
dürften. Wenn die Städtebank die Rechte einer Hypothekenbank erlangt, dürfte
die Hälfte des angenommnen Grundkapitals schon zweifellos ausreichen. Und
diese Aussichten sind um so berechtigter, als es sich auch hier nur um mündcl-
sichcre Papiere handelt.


Städtische Anleihen und ihre Organisation

gebotnen Stücke auszulaufen und für eine längere Dauer in ihrem Portefeuille
aufzubewahren. Da alle Städte mit Ausnahme der unter 10000 Einwohner
zählenden lebhaftes Interesse an der Gründung einer solchen Bank haben, diese
andrerseits aber nur solche Gewinne zu erzielen braucht, um die Verwaltungskosten
zu bestreiten, also von jedem überschießenden Reingewinn von vornherein ab¬
sehen kann, dürfte die Rechtsform einer Genossenschaft mit beschränkter Haftung
die geeignetste sein. Je nach dem Verhältnis ihrer Steuerkraft würden die
„Städtegenossen" die Anteilscheine zu übernehmen haben. Die hierfür erforder¬
lichen Summen könnte jede Stadt wohl am besten dadurch erzielen, daß sie auf
etwa fünf Jahre die Auslosung einer oder mehrerer Anleihen suspendiert und die
so freiwerdenden Gelder zum Ankauf der auf sie entfallenden Anteilscheine der
Genossenschaftsbank verwendet. Die Inhaber der Stücke dürften aus den schon
oben angeführten Gründen mit der Suspendicrung der Auslosung auf eine zu
bestimmende Frist sehr wohl einverstanden sein. Kommunalkörperschaften, bei
denen die auf diese Weise erzielten Summen nicht ausreichen, würden sicherlich
in der Lage sein, aus etwa bestehenden Fonds die erforderlichen Mittel zu
nehmen. Ob durch einen Steuerzuschlag für ein oder mehrere Jahre oder durch
etwaige Überschüsse in der Steuerveranlagung die für Gründung der Bank not¬
wendigen Mittel ausnahmsweise beschafft werden können, scheint uns — soweit
die preußischen Gesetze in Betracht kommen — sehr fraglich zu sein. Hier dürfte
die beaufsichtigende Behörde die Zustimmung versagen. Ein andrer Weg würde
der sein, für eine Reihe von Jahren einen Posten für Ankauf der Bankanteil¬
scheine in den Etat einzusetzen.

Die Aufbringung des Grundkapitals in Höhe von 60 Millionen Mark
dürfte nicht die größten Schwierigkeiten bereiten. Wenn sich an der Bank¬
gründung nur die über 50000 Einwohner zählenden deutschen Städte beteiligen
würden, auch wenn wir Hamburg, Lübeck und Bremen ausschließen, so entfielen
auf jedes angefangene 50000 etwa 250000 Mark. Köln mit 428000 Ein¬
wohnern würde das Neunfache von 250000 Mark — 2,250 Millionen Mark —
aufzubringen haben. Es darf nun weiter nicht vergessen werden, daß 60 Millionen
die überhaupt in Betracht kommende Höchstsumme für Gründung der Städtebank
darstellt, und daß andrerseits die vielen Städte unter 50000 ebenfalls zur
Einzahlung des auf sie entfallenden Genossenschaftskapitals geneigt sein
werden. Düsseldorf würde bei dieser Berechnung etwa 1^ Millionen Mark
Grundkapital übernehmen müssen, also einen Betrag, der dem Reinzuschuß ent¬
spricht, den Düsseldorf 1906 für seinen Schuldendienst aufgewandt hat. Daran
sieht man, daß die Schwierigkeiten für Aufbringung des Gesellschaftskapitals, das
überdies nicht auf einmal beschafft zu werden braucht, wohl zu überwinden sein
dürften. Wenn die Städtebank die Rechte einer Hypothekenbank erlangt, dürfte
die Hälfte des angenommnen Grundkapitals schon zweifellos ausreichen. Und
diese Aussichten sind um so berechtigter, als es sich auch hier nur um mündcl-
sichcre Papiere handelt.


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[0646] Städtische Anleihen und ihre Organisation gebotnen Stücke auszulaufen und für eine längere Dauer in ihrem Portefeuille aufzubewahren. Da alle Städte mit Ausnahme der unter 10000 Einwohner zählenden lebhaftes Interesse an der Gründung einer solchen Bank haben, diese andrerseits aber nur solche Gewinne zu erzielen braucht, um die Verwaltungskosten zu bestreiten, also von jedem überschießenden Reingewinn von vornherein ab¬ sehen kann, dürfte die Rechtsform einer Genossenschaft mit beschränkter Haftung die geeignetste sein. Je nach dem Verhältnis ihrer Steuerkraft würden die „Städtegenossen" die Anteilscheine zu übernehmen haben. Die hierfür erforder¬ lichen Summen könnte jede Stadt wohl am besten dadurch erzielen, daß sie auf etwa fünf Jahre die Auslosung einer oder mehrerer Anleihen suspendiert und die so freiwerdenden Gelder zum Ankauf der auf sie entfallenden Anteilscheine der Genossenschaftsbank verwendet. Die Inhaber der Stücke dürften aus den schon oben angeführten Gründen mit der Suspendicrung der Auslosung auf eine zu bestimmende Frist sehr wohl einverstanden sein. Kommunalkörperschaften, bei denen die auf diese Weise erzielten Summen nicht ausreichen, würden sicherlich in der Lage sein, aus etwa bestehenden Fonds die erforderlichen Mittel zu nehmen. Ob durch einen Steuerzuschlag für ein oder mehrere Jahre oder durch etwaige Überschüsse in der Steuerveranlagung die für Gründung der Bank not¬ wendigen Mittel ausnahmsweise beschafft werden können, scheint uns — soweit die preußischen Gesetze in Betracht kommen — sehr fraglich zu sein. Hier dürfte die beaufsichtigende Behörde die Zustimmung versagen. Ein andrer Weg würde der sein, für eine Reihe von Jahren einen Posten für Ankauf der Bankanteil¬ scheine in den Etat einzusetzen. Die Aufbringung des Grundkapitals in Höhe von 60 Millionen Mark dürfte nicht die größten Schwierigkeiten bereiten. Wenn sich an der Bank¬ gründung nur die über 50000 Einwohner zählenden deutschen Städte beteiligen würden, auch wenn wir Hamburg, Lübeck und Bremen ausschließen, so entfielen auf jedes angefangene 50000 etwa 250000 Mark. Köln mit 428000 Ein¬ wohnern würde das Neunfache von 250000 Mark — 2,250 Millionen Mark — aufzubringen haben. Es darf nun weiter nicht vergessen werden, daß 60 Millionen die überhaupt in Betracht kommende Höchstsumme für Gründung der Städtebank darstellt, und daß andrerseits die vielen Städte unter 50000 ebenfalls zur Einzahlung des auf sie entfallenden Genossenschaftskapitals geneigt sein werden. Düsseldorf würde bei dieser Berechnung etwa 1^ Millionen Mark Grundkapital übernehmen müssen, also einen Betrag, der dem Reinzuschuß ent¬ spricht, den Düsseldorf 1906 für seinen Schuldendienst aufgewandt hat. Daran sieht man, daß die Schwierigkeiten für Aufbringung des Gesellschaftskapitals, das überdies nicht auf einmal beschafft zu werden braucht, wohl zu überwinden sein dürften. Wenn die Städtebank die Rechte einer Hypothekenbank erlangt, dürfte die Hälfte des angenommnen Grundkapitals schon zweifellos ausreichen. Und diese Aussichten sind um so berechtigter, als es sich auch hier nur um mündcl- sichcre Papiere handelt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_312350/646>, abgerufen am 23.07.2024.