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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr.

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mögen! Er, Lappensnider, hob den Korrespondenten durch seine Feder auf eine hohe
Stufe, und jener, der Tyrann, steckte den schönen Verdienst ein und zog ihm noch
die zwei Tage Gehalt ab. Es war zum Verzweifeln.

In dieser Stimmung traf er im Thealercafe, seinem Hauptquartier, mit
dem alten Brömmel zusammen. Man lernte sich kennen, man deckte sein Herz
""f. man schalt über die Herren Chefs, und das Ende war, daß Lappen¬
snider, der als geschickter Mann nach rechts und auch nach links zu schreiben ver¬
stand, versprach, fiir das Tageblatt einen Bericht über Rheingold gegen gute Be¬
zahlung abzufassen. Warum auch nicht? Wie viele Berichterstatter bedienen zugleich
verschiedne Zeitungen! Am nächsten Abend sollte der Aufsatz an demselben Orte
Herrn Brömmel übergeben werden, und über die Verfasserschaft sollte strengstes
Stillschweigen beobachtet werden.

Am nächsten Abend hing der stadtbekannte Havelock Lappensniders in einer
der Nischen des Theatercafts/ Lappensnider selbst hatte an einem Tische Platz ge¬
nommen, an dem einige Neusiedler Pfahlbürger und auch der alte Brömmel saßen.
Dort war er damit beschäftigt, einen Vortrag über seine Fähigkeiten und Erfolge
und über den geringen Wert, den er einem Doktortitel beimesse, zu halten. Bald
darauf traten drei laut redende Herren ein, die wir auf den ersten Blick als
Schauspieler erkennen. Es waren die Herren Frank Mundo, der Heldenspieler,
Lauterbach, der Bonvwant, und Beutler, der Komiker. Sie traten in die Nische,
>n der Lappensniders Havelock hing, und ließen sich mit Getöse nieder. Schorsch,
uef Frank Mundo mit einer Stimme, als mine er Prinz Heinrich und rufe Franz.

Schorsch stürzte herbei. Bringe mir, mein Sohn, das Schandblatt.

Das Schandblatt, Herr Mundo? Sie meinen wohl den Korrespondenten?

Was denn anders, du Kamel!

Schorsch brachte die neuste Nummer des Korrespondenten, und Frank Mundo
ergriff sie mit gewaltiger Hand und stampfte sie auf den Tisch. Ich will, sagte
er, mich mit diesem papiernen Dollich ermorden. Ich will den Giftfusel trinken
ins auf die Neige. Darauf setzte er sich mit aufgestützten Ellenbogen hinter seine
Zeitung und ging die Beilagen durch. Hier! rief er, Sudermanns Ehre. "Die
naive Voraussetzung, daß eine verletzte Ehre durch den Zweikampf wiederhergestellt
Werden könne --"'

Überschlagen Sie das, meinte Lauterbach. Was dieser Doktor Ouassel über
die Ehre schreibt, ist höchst uninteressant.

Und ohne Zweifel auch abgeschrieben, fügte Bender hinzu.

Mundo fuhr fort. "Die Aufführung stand unter einem ungünstigen Stern."
-natürlich, wenn sie von dem Sterne Lappensniders angeleuchtet wird. "Der Graf
Trask-Saarberg" -- das sind Sie, Lauterberg -- "ist, wenn auch Kaffeekönig ge¬
worden, doch Graf geblieben. Er ist nicht so tief gesunken, daß er mit dem
Messer üße oder sich die Nase am Ärmel abwischte. Woher der Graf des Herrn
5-auterberg seine Manieren hatte, ist schwer zu sagen. Vielleicht aus jenem Kreise,
ich will fügen von jenem Miste, von dem das Schauspielersprichwort sagt: Wer
einmal darauf gelegen hat, der riecht danach sein Leben lang."

Ich muß mir, sagte Lauterberg, seinen Stock wippend, unbedingt am nächsten
Ersten einen neuen Stock kaufen, um dieser Giftkröte meine Manieren bei¬
zubringen.

Mundo las weiter: "Robert. . ."

Das sind Sie, Mundo, sagte Lauterbach.

"... Robert war eine gänzlich mißratne Leistung. Auch ich würde einen
Wichen Robert nicht für satisfaktionsfähig halten und würde mir seine nähere
Bekanntschaft verbitten." Hols der Teufel! Muß man sich solche Beleidigungen


mögen! Er, Lappensnider, hob den Korrespondenten durch seine Feder auf eine hohe
Stufe, und jener, der Tyrann, steckte den schönen Verdienst ein und zog ihm noch
die zwei Tage Gehalt ab. Es war zum Verzweifeln.

In dieser Stimmung traf er im Thealercafe, seinem Hauptquartier, mit
dem alten Brömmel zusammen. Man lernte sich kennen, man deckte sein Herz
""f. man schalt über die Herren Chefs, und das Ende war, daß Lappen¬
snider, der als geschickter Mann nach rechts und auch nach links zu schreiben ver¬
stand, versprach, fiir das Tageblatt einen Bericht über Rheingold gegen gute Be¬
zahlung abzufassen. Warum auch nicht? Wie viele Berichterstatter bedienen zugleich
verschiedne Zeitungen! Am nächsten Abend sollte der Aufsatz an demselben Orte
Herrn Brömmel übergeben werden, und über die Verfasserschaft sollte strengstes
Stillschweigen beobachtet werden.

Am nächsten Abend hing der stadtbekannte Havelock Lappensniders in einer
der Nischen des Theatercafts/ Lappensnider selbst hatte an einem Tische Platz ge¬
nommen, an dem einige Neusiedler Pfahlbürger und auch der alte Brömmel saßen.
Dort war er damit beschäftigt, einen Vortrag über seine Fähigkeiten und Erfolge
und über den geringen Wert, den er einem Doktortitel beimesse, zu halten. Bald
darauf traten drei laut redende Herren ein, die wir auf den ersten Blick als
Schauspieler erkennen. Es waren die Herren Frank Mundo, der Heldenspieler,
Lauterbach, der Bonvwant, und Beutler, der Komiker. Sie traten in die Nische,
>n der Lappensniders Havelock hing, und ließen sich mit Getöse nieder. Schorsch,
uef Frank Mundo mit einer Stimme, als mine er Prinz Heinrich und rufe Franz.

Schorsch stürzte herbei. Bringe mir, mein Sohn, das Schandblatt.

Das Schandblatt, Herr Mundo? Sie meinen wohl den Korrespondenten?

Was denn anders, du Kamel!

Schorsch brachte die neuste Nummer des Korrespondenten, und Frank Mundo
ergriff sie mit gewaltiger Hand und stampfte sie auf den Tisch. Ich will, sagte
er, mich mit diesem papiernen Dollich ermorden. Ich will den Giftfusel trinken
ins auf die Neige. Darauf setzte er sich mit aufgestützten Ellenbogen hinter seine
Zeitung und ging die Beilagen durch. Hier! rief er, Sudermanns Ehre. „Die
naive Voraussetzung, daß eine verletzte Ehre durch den Zweikampf wiederhergestellt
Werden könne —"'

Überschlagen Sie das, meinte Lauterbach. Was dieser Doktor Ouassel über
die Ehre schreibt, ist höchst uninteressant.

Und ohne Zweifel auch abgeschrieben, fügte Bender hinzu.

Mundo fuhr fort. „Die Aufführung stand unter einem ungünstigen Stern."
-natürlich, wenn sie von dem Sterne Lappensniders angeleuchtet wird. „Der Graf
Trask-Saarberg" — das sind Sie, Lauterberg — „ist, wenn auch Kaffeekönig ge¬
worden, doch Graf geblieben. Er ist nicht so tief gesunken, daß er mit dem
Messer üße oder sich die Nase am Ärmel abwischte. Woher der Graf des Herrn
5-auterberg seine Manieren hatte, ist schwer zu sagen. Vielleicht aus jenem Kreise,
ich will fügen von jenem Miste, von dem das Schauspielersprichwort sagt: Wer
einmal darauf gelegen hat, der riecht danach sein Leben lang."

Ich muß mir, sagte Lauterberg, seinen Stock wippend, unbedingt am nächsten
Ersten einen neuen Stock kaufen, um dieser Giftkröte meine Manieren bei¬
zubringen.

Mundo las weiter: „Robert. . ."

Das sind Sie, Mundo, sagte Lauterbach.

«... Robert war eine gänzlich mißratne Leistung. Auch ich würde einen
Wichen Robert nicht für satisfaktionsfähig halten und würde mir seine nähere
Bekanntschaft verbitten." Hols der Teufel! Muß man sich solche Beleidigungen


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[0467] mögen! Er, Lappensnider, hob den Korrespondenten durch seine Feder auf eine hohe Stufe, und jener, der Tyrann, steckte den schönen Verdienst ein und zog ihm noch die zwei Tage Gehalt ab. Es war zum Verzweifeln. In dieser Stimmung traf er im Thealercafe, seinem Hauptquartier, mit dem alten Brömmel zusammen. Man lernte sich kennen, man deckte sein Herz ""f. man schalt über die Herren Chefs, und das Ende war, daß Lappen¬ snider, der als geschickter Mann nach rechts und auch nach links zu schreiben ver¬ stand, versprach, fiir das Tageblatt einen Bericht über Rheingold gegen gute Be¬ zahlung abzufassen. Warum auch nicht? Wie viele Berichterstatter bedienen zugleich verschiedne Zeitungen! Am nächsten Abend sollte der Aufsatz an demselben Orte Herrn Brömmel übergeben werden, und über die Verfasserschaft sollte strengstes Stillschweigen beobachtet werden. Am nächsten Abend hing der stadtbekannte Havelock Lappensniders in einer der Nischen des Theatercafts/ Lappensnider selbst hatte an einem Tische Platz ge¬ nommen, an dem einige Neusiedler Pfahlbürger und auch der alte Brömmel saßen. Dort war er damit beschäftigt, einen Vortrag über seine Fähigkeiten und Erfolge und über den geringen Wert, den er einem Doktortitel beimesse, zu halten. Bald darauf traten drei laut redende Herren ein, die wir auf den ersten Blick als Schauspieler erkennen. Es waren die Herren Frank Mundo, der Heldenspieler, Lauterbach, der Bonvwant, und Beutler, der Komiker. Sie traten in die Nische, >n der Lappensniders Havelock hing, und ließen sich mit Getöse nieder. Schorsch, uef Frank Mundo mit einer Stimme, als mine er Prinz Heinrich und rufe Franz. Schorsch stürzte herbei. Bringe mir, mein Sohn, das Schandblatt. Das Schandblatt, Herr Mundo? Sie meinen wohl den Korrespondenten? Was denn anders, du Kamel! Schorsch brachte die neuste Nummer des Korrespondenten, und Frank Mundo ergriff sie mit gewaltiger Hand und stampfte sie auf den Tisch. Ich will, sagte er, mich mit diesem papiernen Dollich ermorden. Ich will den Giftfusel trinken ins auf die Neige. Darauf setzte er sich mit aufgestützten Ellenbogen hinter seine Zeitung und ging die Beilagen durch. Hier! rief er, Sudermanns Ehre. „Die naive Voraussetzung, daß eine verletzte Ehre durch den Zweikampf wiederhergestellt Werden könne —"' Überschlagen Sie das, meinte Lauterbach. Was dieser Doktor Ouassel über die Ehre schreibt, ist höchst uninteressant. Und ohne Zweifel auch abgeschrieben, fügte Bender hinzu. Mundo fuhr fort. „Die Aufführung stand unter einem ungünstigen Stern." -natürlich, wenn sie von dem Sterne Lappensniders angeleuchtet wird. „Der Graf Trask-Saarberg" — das sind Sie, Lauterberg — „ist, wenn auch Kaffeekönig ge¬ worden, doch Graf geblieben. Er ist nicht so tief gesunken, daß er mit dem Messer üße oder sich die Nase am Ärmel abwischte. Woher der Graf des Herrn 5-auterberg seine Manieren hatte, ist schwer zu sagen. Vielleicht aus jenem Kreise, ich will fügen von jenem Miste, von dem das Schauspielersprichwort sagt: Wer einmal darauf gelegen hat, der riecht danach sein Leben lang." Ich muß mir, sagte Lauterberg, seinen Stock wippend, unbedingt am nächsten Ersten einen neuen Stock kaufen, um dieser Giftkröte meine Manieren bei¬ zubringen. Mundo las weiter: „Robert. . ." Das sind Sie, Mundo, sagte Lauterbach. «... Robert war eine gänzlich mißratne Leistung. Auch ich würde einen Wichen Robert nicht für satisfaktionsfähig halten und würde mir seine nähere Bekanntschaft verbitten." Hols der Teufel! Muß man sich solche Beleidigungen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_312350/467>, abgerufen am 12.12.2024.