Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr.Lin Hochzeitsschwank Friedrichs des Großen Kriege zurückkehren (der erste Schlesische Krieg war soeben beendet), Werden ein Nun kommt Besuch: sein bester Freund, in dem er das Ideal eines Er ist entzückt davon, wie diskret der Freund Rot aufgelegt und wie Der Marquis ist etwas bedrückt darüber, daß er den Erwartungen des Ja, wollen Sie sie denn eigentlich für sich, fragt ihn der Diener, oder Lin Hochzeitsschwank Friedrichs des Großen Kriege zurückkehren (der erste Schlesische Krieg war soeben beendet), Werden ein Nun kommt Besuch: sein bester Freund, in dem er das Ideal eines Er ist entzückt davon, wie diskret der Freund Rot aufgelegt und wie Der Marquis ist etwas bedrückt darüber, daß er den Erwartungen des Ja, wollen Sie sie denn eigentlich für sich, fragt ihn der Diener, oder <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0042" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/312393"/> <fw type="header" place="top"> Lin Hochzeitsschwank Friedrichs des Großen</fw><lb/> <p xml:id="ID_139" prev="#ID_138"> Kriege zurückkehren (der erste Schlesische Krieg war soeben beendet), Werden ein<lb/> verteufelt inartialiiches Aussehen haben, und wenn das Mode wird, null ich<lb/> natürlich nicht hinter ihnen zurückstehn. Findest du nicht, daß ich in dieser<lb/> Pose beinahe wie „Turenne" aussehe? fragt er. den Diener. Von „Turenne"<lb/> hat dieser allerdings noch nichts gehört. Er versteht Wut risn und glaubt<lb/> sehr geschickt zu antworten, wenn er erwidert: Vyus g-vex 6s Wut <>t von3 —<lb/> voils ix? ivLkieuüiIö/ u rien. , ^ - ^ / / ^ '</p><lb/> <p xml:id="ID_140"> Nun kommt Besuch: sein bester Freund, in dem er das Ideal eines<lb/> modernen Elegant bewundert, der Vicomte Belair (Stutzer) kommt, und sie<lb/> begrüßen sich ganz im Stile der Preziosen. „Zwei Tage, klagt der Vicomte,<lb/> habe ich dich nicht gesehen, welches Martyrium!" „Ich habe in diesen beiden<lb/> Tagen, überbietet ihn der Marquis, überhaupt nicht gelebt, sondern nur vege¬<lb/> tiert." Es war ein Lieblingsausdruck Friedrichs, den er hier dem Marquis<lb/> in den Mund legt, und sicherlich von sehr drastischer Wirkung, wenn er den<lb/> Vicomte enthusiastisch antworten ließ: „Vegetiert! das ist letzte Mode. Ich<lb/> werde bald selbst von dir lernen können. Du erkletterst mit einemmal den<lb/> Superlativ der Mode und wirst ihrem Großvater noch seine Frau abspenstig<lb/> machen."</p><lb/> <p xml:id="ID_141"> Er ist entzückt davon, wie diskret der Freund Rot aufgelegt und wie<lb/> geschmackvoll er das Schönpflästerchen angebracht hat. Er ist aber mit seinem<lb/> sonst so gelehrigen Schüler unzufrieden, weil er in der Gunst der Schauspielerin<lb/> Julie so wenig Fortschritte gemacht hat. „Du mußt durchaus eine Geliebte<lb/> vom Theater haben, belehrt er ihn. Dein guter Ruf ist dahin, wenn du nicht<lb/> bald regelmäßige Beziehungen zu einer dieser Damen anknüpfst." Er wolle<lb/> ihm gern auch darin zur Seite stehn. Er werde ihn bei zwei oder drei sehr<lb/> erfahrnen Damen seiner Bekanntschaft einführen, die ihn in die Schule der<lb/> Galanterie nehmen würden. Sie haben seit fünfzehn Jahren keinen Verstoß<lb/> gegen die Mode getan und beherrschen überdies das Wörterbuch aller modernen<lb/> Ausdrücke mit großer Sicherheit.</p><lb/> <p xml:id="ID_142"> Der Marquis ist etwas bedrückt darüber, daß er den Erwartungen des<lb/> Freundes noch nicht ganz entspricht. Er will sich nun um so mehr Mühe<lb/> geben, Juliens Gunst zu gewinnen. Eigentlich gefällt sie ihm ganz und gar<lb/> nicht. Er findet sie weder hübsch noch liebenswürdig. Aber wenn sie singt,<lb/> klatscht das ganze Publikum. Alle jungen Leute laufen ihr nach, und es ist<lb/> sein Ehrgeiz, ein Verhältnis mit einer Schauspielerin zu haben, die von allen<lb/> bewundert wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_143" next="#ID_144"> Ja, wollen Sie sie denn eigentlich für sich, fragt ihn der Diener, oder<lb/> weil sie dem Publikum gefällt? Das verstehst du nicht, antwortet der<lb/> Marquis. Es gibt eben hundert Dinge, die ein Mann von Welt tun muß,<lb/> nur weil sie Mode sind. Die Philosophie z.B. finde ich zum Sterben lang¬<lb/> weilig, und ich gestehe dir offen: „Ich verstehe gar nichts davon", aber man<lb/> würde auf der Straße mit Fingern auf mich zeigen, wenn ich nicht sagte: „ich<lb/> bin Philosoph", und mit philosophischen Ausdrücken um mich würfe. Ich ver-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0042]
Lin Hochzeitsschwank Friedrichs des Großen
Kriege zurückkehren (der erste Schlesische Krieg war soeben beendet), Werden ein
verteufelt inartialiiches Aussehen haben, und wenn das Mode wird, null ich
natürlich nicht hinter ihnen zurückstehn. Findest du nicht, daß ich in dieser
Pose beinahe wie „Turenne" aussehe? fragt er. den Diener. Von „Turenne"
hat dieser allerdings noch nichts gehört. Er versteht Wut risn und glaubt
sehr geschickt zu antworten, wenn er erwidert: Vyus g-vex 6s Wut <>t von3 —
voils ix? ivLkieuüiIö/ u rien. , ^ - ^ / / ^ '
Nun kommt Besuch: sein bester Freund, in dem er das Ideal eines
modernen Elegant bewundert, der Vicomte Belair (Stutzer) kommt, und sie
begrüßen sich ganz im Stile der Preziosen. „Zwei Tage, klagt der Vicomte,
habe ich dich nicht gesehen, welches Martyrium!" „Ich habe in diesen beiden
Tagen, überbietet ihn der Marquis, überhaupt nicht gelebt, sondern nur vege¬
tiert." Es war ein Lieblingsausdruck Friedrichs, den er hier dem Marquis
in den Mund legt, und sicherlich von sehr drastischer Wirkung, wenn er den
Vicomte enthusiastisch antworten ließ: „Vegetiert! das ist letzte Mode. Ich
werde bald selbst von dir lernen können. Du erkletterst mit einemmal den
Superlativ der Mode und wirst ihrem Großvater noch seine Frau abspenstig
machen."
Er ist entzückt davon, wie diskret der Freund Rot aufgelegt und wie
geschmackvoll er das Schönpflästerchen angebracht hat. Er ist aber mit seinem
sonst so gelehrigen Schüler unzufrieden, weil er in der Gunst der Schauspielerin
Julie so wenig Fortschritte gemacht hat. „Du mußt durchaus eine Geliebte
vom Theater haben, belehrt er ihn. Dein guter Ruf ist dahin, wenn du nicht
bald regelmäßige Beziehungen zu einer dieser Damen anknüpfst." Er wolle
ihm gern auch darin zur Seite stehn. Er werde ihn bei zwei oder drei sehr
erfahrnen Damen seiner Bekanntschaft einführen, die ihn in die Schule der
Galanterie nehmen würden. Sie haben seit fünfzehn Jahren keinen Verstoß
gegen die Mode getan und beherrschen überdies das Wörterbuch aller modernen
Ausdrücke mit großer Sicherheit.
Der Marquis ist etwas bedrückt darüber, daß er den Erwartungen des
Freundes noch nicht ganz entspricht. Er will sich nun um so mehr Mühe
geben, Juliens Gunst zu gewinnen. Eigentlich gefällt sie ihm ganz und gar
nicht. Er findet sie weder hübsch noch liebenswürdig. Aber wenn sie singt,
klatscht das ganze Publikum. Alle jungen Leute laufen ihr nach, und es ist
sein Ehrgeiz, ein Verhältnis mit einer Schauspielerin zu haben, die von allen
bewundert wird.
Ja, wollen Sie sie denn eigentlich für sich, fragt ihn der Diener, oder
weil sie dem Publikum gefällt? Das verstehst du nicht, antwortet der
Marquis. Es gibt eben hundert Dinge, die ein Mann von Welt tun muß,
nur weil sie Mode sind. Die Philosophie z.B. finde ich zum Sterben lang¬
weilig, und ich gestehe dir offen: „Ich verstehe gar nichts davon", aber man
würde auf der Straße mit Fingern auf mich zeigen, wenn ich nicht sagte: „ich
bin Philosoph", und mit philosophischen Ausdrücken um mich würfe. Ich ver-
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