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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr.

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Sie deutschen Kolonien im Jahre

durch Anlage von Kautschukpflanzungen dafür gesorgt werden würde, daß die
Kautschukproduktion auf der Höhe bleibt.

Der Stillstand der Kopraausfuhr erklärt sich wohl daraus, daß
die Kokospalme, aus deren Frucht die Kopra gewonnen wird, Seeklima ver¬
langt, also nur in Gebieten vorkommt, die von jeher leicht erreichbar waren.
Da aber auch hier die Eingebornen zu rationellerer Gewinnung angehalten
werden, und die Kokospalme von europäischen Unternehmungen systematisch an¬
gepflanzt wird, so ist in Zukunft eine Steigerung der Produktion zu erwarten.

Der Bergbau ist noch jung und hat kaum erst begonnen. Die Kupfer-
und Phosphatlager scheinen aber so reich zu sein, daß eine bedeutende
Steigerung in den nächsten Jahren sicher ist. In Ostafrika sind abbauwürdige
Goldlager gefunden worden, und in Neuguinea führen die Flüsse ebenfalls
so viel Gold, daß eine geregelte Gewinnung nur eine Frage der Zeit ist.

Das Ereignis des Jahres ist die Entdeckung von Diamanten in Süd¬
westafrika. Schon jetzt sind für rund 1200000 Mark Diamanten gefördert
worden, und die Kolonialverwaltung erwartet, daß sich die Produktion in
kurzer Zeit auf 8 bis 10 Millionen jährlich steigern wird.

Die Produkte der Viehzucht werden in Südwestafrika sicher, in Ostafrika
wahrscheinlich, in absehbarer Zeit eine große Rolle spielen.

Bevor ich nun auf die Entwicklung der einzelnen Kolonien eingehe, muß
ich noch bei einer Frage verweilen, die mir der Gradmesser dafür zu sein
scheint, ob die Kolonien ihre Aufgabe im Rahmen der nationalen Volkswirt¬
schaft erfüllen, einerseits Rohstofflieferanten, andrerseits Absatzgebiete zu sein
für das Mutterland. Mit andern Worten: welchen Anteil am Außen¬
handel der Schutzgebiete hat das Deutsche Reich? Folgende Übersicht
gibt Auskunft darüber:

EinfuhrAnteil DeutschlandsAusfuhrAnteil Deutschlands
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zusammen887426266332210060,08411636302731309767,66

In den afrikanischen Kolonien nimmt das Mutterland also mit 63 vom
Hundert an der Einfuhr, mit 69 vom Hundert an der Ausfuhr teil, in den
Südseekolonien mit 60 oder 67 vom Hundert. Die Beziehungen der Kolonien
zum Mutterland in Zahlen ausgedrückt, haben also zwar nicht ganz das
Ideal der Kolonialpolitik erreicht, aber man kann sich nicht sonderlich darüber
beklagen, zumal da anzunehmen ist, daß sich das Verhältnis mit der Zeit von


Sie deutschen Kolonien im Jahre

durch Anlage von Kautschukpflanzungen dafür gesorgt werden würde, daß die
Kautschukproduktion auf der Höhe bleibt.

Der Stillstand der Kopraausfuhr erklärt sich wohl daraus, daß
die Kokospalme, aus deren Frucht die Kopra gewonnen wird, Seeklima ver¬
langt, also nur in Gebieten vorkommt, die von jeher leicht erreichbar waren.
Da aber auch hier die Eingebornen zu rationellerer Gewinnung angehalten
werden, und die Kokospalme von europäischen Unternehmungen systematisch an¬
gepflanzt wird, so ist in Zukunft eine Steigerung der Produktion zu erwarten.

Der Bergbau ist noch jung und hat kaum erst begonnen. Die Kupfer-
und Phosphatlager scheinen aber so reich zu sein, daß eine bedeutende
Steigerung in den nächsten Jahren sicher ist. In Ostafrika sind abbauwürdige
Goldlager gefunden worden, und in Neuguinea führen die Flüsse ebenfalls
so viel Gold, daß eine geregelte Gewinnung nur eine Frage der Zeit ist.

Das Ereignis des Jahres ist die Entdeckung von Diamanten in Süd¬
westafrika. Schon jetzt sind für rund 1200000 Mark Diamanten gefördert
worden, und die Kolonialverwaltung erwartet, daß sich die Produktion in
kurzer Zeit auf 8 bis 10 Millionen jährlich steigern wird.

Die Produkte der Viehzucht werden in Südwestafrika sicher, in Ostafrika
wahrscheinlich, in absehbarer Zeit eine große Rolle spielen.

Bevor ich nun auf die Entwicklung der einzelnen Kolonien eingehe, muß
ich noch bei einer Frage verweilen, die mir der Gradmesser dafür zu sein
scheint, ob die Kolonien ihre Aufgabe im Rahmen der nationalen Volkswirt¬
schaft erfüllen, einerseits Rohstofflieferanten, andrerseits Absatzgebiete zu sein
für das Mutterland. Mit andern Worten: welchen Anteil am Außen¬
handel der Schutzgebiete hat das Deutsche Reich? Folgende Übersicht
gibt Auskunft darüber:

EinfuhrAnteil DeutschlandsAusfuhrAnteil Deutschlands
1907an der Einfuhr1907an der Ausfuhr
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In den afrikanischen Kolonien nimmt das Mutterland also mit 63 vom
Hundert an der Einfuhr, mit 69 vom Hundert an der Ausfuhr teil, in den
Südseekolonien mit 60 oder 67 vom Hundert. Die Beziehungen der Kolonien
zum Mutterland in Zahlen ausgedrückt, haben also zwar nicht ganz das
Ideal der Kolonialpolitik erreicht, aber man kann sich nicht sonderlich darüber
beklagen, zumal da anzunehmen ist, daß sich das Verhältnis mit der Zeit von


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[0384] Sie deutschen Kolonien im Jahre durch Anlage von Kautschukpflanzungen dafür gesorgt werden würde, daß die Kautschukproduktion auf der Höhe bleibt. Der Stillstand der Kopraausfuhr erklärt sich wohl daraus, daß die Kokospalme, aus deren Frucht die Kopra gewonnen wird, Seeklima ver¬ langt, also nur in Gebieten vorkommt, die von jeher leicht erreichbar waren. Da aber auch hier die Eingebornen zu rationellerer Gewinnung angehalten werden, und die Kokospalme von europäischen Unternehmungen systematisch an¬ gepflanzt wird, so ist in Zukunft eine Steigerung der Produktion zu erwarten. Der Bergbau ist noch jung und hat kaum erst begonnen. Die Kupfer- und Phosphatlager scheinen aber so reich zu sein, daß eine bedeutende Steigerung in den nächsten Jahren sicher ist. In Ostafrika sind abbauwürdige Goldlager gefunden worden, und in Neuguinea führen die Flüsse ebenfalls so viel Gold, daß eine geregelte Gewinnung nur eine Frage der Zeit ist. Das Ereignis des Jahres ist die Entdeckung von Diamanten in Süd¬ westafrika. Schon jetzt sind für rund 1200000 Mark Diamanten gefördert worden, und die Kolonialverwaltung erwartet, daß sich die Produktion in kurzer Zeit auf 8 bis 10 Millionen jährlich steigern wird. Die Produkte der Viehzucht werden in Südwestafrika sicher, in Ostafrika wahrscheinlich, in absehbarer Zeit eine große Rolle spielen. Bevor ich nun auf die Entwicklung der einzelnen Kolonien eingehe, muß ich noch bei einer Frage verweilen, die mir der Gradmesser dafür zu sein scheint, ob die Kolonien ihre Aufgabe im Rahmen der nationalen Volkswirt¬ schaft erfüllen, einerseits Rohstofflieferanten, andrerseits Absatzgebiete zu sein für das Mutterland. Mit andern Worten: welchen Anteil am Außen¬ handel der Schutzgebiete hat das Deutsche Reich? Folgende Übersicht gibt Auskunft darüber: EinfuhrAnteil DeutschlandsAusfuhrAnteil Deutschlands 1907an der Einfuhr1907an der Ausfuhr Markin Markw°/„Markin Markin°/„ Kamerun . .172965471242400171,82168914181348784884,87 Togo ....6«99684364424964,896916609394466766.68 Südwestafrika .323969182678961079,611615661162416094,33 Ostafrika. . .23806 369897261437.6812600179600783448.06 Neuguinea . .3403164136218439,731993109132931966,69 Ostkarolinen32983011112633,691112928226373.91 Westkarolinen .48969714960730,562662004786218,76 Marschallinseln.149646936961824,04111141847880443.08 Samoa . „ .282695761929118,37176974491030051,43 zusammen887426266332210060,08411636302731309767,66 In den afrikanischen Kolonien nimmt das Mutterland also mit 63 vom Hundert an der Einfuhr, mit 69 vom Hundert an der Ausfuhr teil, in den Südseekolonien mit 60 oder 67 vom Hundert. Die Beziehungen der Kolonien zum Mutterland in Zahlen ausgedrückt, haben also zwar nicht ganz das Ideal der Kolonialpolitik erreicht, aber man kann sich nicht sonderlich darüber beklagen, zumal da anzunehmen ist, daß sich das Verhältnis mit der Zeit von

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_312350/384>, abgerufen am 23.07.2024.