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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr.

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Die deutschen Kolonien im Jahre 1,903
der Gesamthandel
1900/01 01/02 02/03 03/04 V4/0S 05/06 06/07 07/08
(in Tausend Mark)
in den afrikanischen Kolonien 60,908 49,526 55,366 56,541 61,494 85,952 139,040 216,122
in den Südseekolonien.... 7,200 8,018 9,656 10.830 9,719 13,256 14,022 13,786
zusammen 58,108 57,544 65,022 67,371 71,213 99,208 153,062 129,908

Rechnet man bei Südwestafrika die Negierungsgüter in den Jahren 1906/07
und 1907/08 ab, so beläuft sich der Gesamthandel auf 120786000 Mark
und 123591000 Mark. In den Ziffern von 1904/05 und 1905/06 sind
nämlich die Regierungsgüter nicht enthalten. Damit wäre die scheinbare Ab¬
nahme in 1907/08 beseitigt und die Stetigkeit der Zunahme auch im letzten
Berichtsjahre festgestellt.

Der Gesamthandel hat sich also während der angeführten acht Jahre mehr
als verdoppelt. Die zeitweise Abnahme der Einfuhr, die hauptsächlich eine
Folge der durch die Aufstände in Ost- und Südwestafrika geschwächten Kauf¬
kraft der Bevölkerung sein dürfte, will demgegenüber nicht viel besagen. Die fort¬
schreitende Erschließung und Kultivierung des Landes, die in der steigenden Aus¬
fuhrziffer zum Ausdruck kommt, wird diese Scharte wohl bald wieder auswetzen.

Doch die absoluten Handelsziffern können teilweise trügerisch sein. Man
sieht ihnen nicht ohne weiteres an, ob hinter ihnen dauernde Werte stecken,
oder ob sie zum Teil auf Raubbau beruhen, der eines Tages ein natürliches
Ende findet. Es gibt in unsern Kolonien verschiedne Beispiele dieser Art, z. B.
Sammelkautschuk und Elfenbein. Einen bestimmten Anhalt für die behauptete
Stetigkeit in der Entwicklung der Kolonien gewinnt man bei Betrachtung der
Produktion der einzelnen wichtigern Erzeugnisse. Die folgenden Ausfuhrziffern
der letzten fünf Jahre bestätigen somit gewissermaßen im einzelnen das, was
uns schon die Handelsziffern im ganzen erzählt hatten:

1903/04 1907/08
Kautschuk......... 4 881000 Mark 10 791000 Mark
Baumwolle........ 44000 " 456000 "
Sisalhanf......... 324000 " 2162000 "
Kakao........... 935000 " 2879000 "
Palmkerne und Palmöl , 4576000 " 5582000 "
Kopra........... 6106000 " 6327000 "
Phosphate........ ^ ,, 710000 "
Kupfer.......... - " 1283000 "

Erläuternd muß zu diesen Zahlen bemerkt werden, daß es sich beim
Kautschuk zum großen Teil um Sammelkautschuk handelt, der aus den wilden
Beständen gewonnen ist. Und da sich die Gewinnungsart meist als richtiger
Raubbau charakterisiert, ohne Schonung der Bestände, so müßte bald eine rapide
Abnahme der Produktion zu bemerken sein, wenn nicht einerseits durch die
Eisenbahnen immer neue Kautschukbestände erschlossen und die Eingebornen
langsam zu einer rationellen und schonungsvollern Gewinnungsart erzogen
würden, andrerseits durch die europäischen Unternehmungen in großem Umfang


Die deutschen Kolonien im Jahre 1,903
der Gesamthandel
1900/01 01/02 02/03 03/04 V4/0S 05/06 06/07 07/08
(in Tausend Mark)
in den afrikanischen Kolonien 60,908 49,526 55,366 56,541 61,494 85,952 139,040 216,122
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zusammen 58,108 57,544 65,022 67,371 71,213 99,208 153,062 129,908

Rechnet man bei Südwestafrika die Negierungsgüter in den Jahren 1906/07
und 1907/08 ab, so beläuft sich der Gesamthandel auf 120786000 Mark
und 123591000 Mark. In den Ziffern von 1904/05 und 1905/06 sind
nämlich die Regierungsgüter nicht enthalten. Damit wäre die scheinbare Ab¬
nahme in 1907/08 beseitigt und die Stetigkeit der Zunahme auch im letzten
Berichtsjahre festgestellt.

Der Gesamthandel hat sich also während der angeführten acht Jahre mehr
als verdoppelt. Die zeitweise Abnahme der Einfuhr, die hauptsächlich eine
Folge der durch die Aufstände in Ost- und Südwestafrika geschwächten Kauf¬
kraft der Bevölkerung sein dürfte, will demgegenüber nicht viel besagen. Die fort¬
schreitende Erschließung und Kultivierung des Landes, die in der steigenden Aus¬
fuhrziffer zum Ausdruck kommt, wird diese Scharte wohl bald wieder auswetzen.

Doch die absoluten Handelsziffern können teilweise trügerisch sein. Man
sieht ihnen nicht ohne weiteres an, ob hinter ihnen dauernde Werte stecken,
oder ob sie zum Teil auf Raubbau beruhen, der eines Tages ein natürliches
Ende findet. Es gibt in unsern Kolonien verschiedne Beispiele dieser Art, z. B.
Sammelkautschuk und Elfenbein. Einen bestimmten Anhalt für die behauptete
Stetigkeit in der Entwicklung der Kolonien gewinnt man bei Betrachtung der
Produktion der einzelnen wichtigern Erzeugnisse. Die folgenden Ausfuhrziffern
der letzten fünf Jahre bestätigen somit gewissermaßen im einzelnen das, was
uns schon die Handelsziffern im ganzen erzählt hatten:

1903/04 1907/08
Kautschuk......... 4 881000 Mark 10 791000 Mark
Baumwolle........ 44000 „ 456000 „
Sisalhanf......... 324000 „ 2162000 „
Kakao........... 935000 „ 2879000 „
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Phosphate........ ^ ,, 710000 „
Kupfer.......... - „ 1283000 „

Erläuternd muß zu diesen Zahlen bemerkt werden, daß es sich beim
Kautschuk zum großen Teil um Sammelkautschuk handelt, der aus den wilden
Beständen gewonnen ist. Und da sich die Gewinnungsart meist als richtiger
Raubbau charakterisiert, ohne Schonung der Bestände, so müßte bald eine rapide
Abnahme der Produktion zu bemerken sein, wenn nicht einerseits durch die
Eisenbahnen immer neue Kautschukbestände erschlossen und die Eingebornen
langsam zu einer rationellen und schonungsvollern Gewinnungsart erzogen
würden, andrerseits durch die europäischen Unternehmungen in großem Umfang


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[0383] Die deutschen Kolonien im Jahre 1,903 der Gesamthandel 1900/01 01/02 02/03 03/04 V4/0S 05/06 06/07 07/08 (in Tausend Mark) in den afrikanischen Kolonien 60,908 49,526 55,366 56,541 61,494 85,952 139,040 216,122 in den Südseekolonien.... 7,200 8,018 9,656 10.830 9,719 13,256 14,022 13,786 zusammen 58,108 57,544 65,022 67,371 71,213 99,208 153,062 129,908 Rechnet man bei Südwestafrika die Negierungsgüter in den Jahren 1906/07 und 1907/08 ab, so beläuft sich der Gesamthandel auf 120786000 Mark und 123591000 Mark. In den Ziffern von 1904/05 und 1905/06 sind nämlich die Regierungsgüter nicht enthalten. Damit wäre die scheinbare Ab¬ nahme in 1907/08 beseitigt und die Stetigkeit der Zunahme auch im letzten Berichtsjahre festgestellt. Der Gesamthandel hat sich also während der angeführten acht Jahre mehr als verdoppelt. Die zeitweise Abnahme der Einfuhr, die hauptsächlich eine Folge der durch die Aufstände in Ost- und Südwestafrika geschwächten Kauf¬ kraft der Bevölkerung sein dürfte, will demgegenüber nicht viel besagen. Die fort¬ schreitende Erschließung und Kultivierung des Landes, die in der steigenden Aus¬ fuhrziffer zum Ausdruck kommt, wird diese Scharte wohl bald wieder auswetzen. Doch die absoluten Handelsziffern können teilweise trügerisch sein. Man sieht ihnen nicht ohne weiteres an, ob hinter ihnen dauernde Werte stecken, oder ob sie zum Teil auf Raubbau beruhen, der eines Tages ein natürliches Ende findet. Es gibt in unsern Kolonien verschiedne Beispiele dieser Art, z. B. Sammelkautschuk und Elfenbein. Einen bestimmten Anhalt für die behauptete Stetigkeit in der Entwicklung der Kolonien gewinnt man bei Betrachtung der Produktion der einzelnen wichtigern Erzeugnisse. Die folgenden Ausfuhrziffern der letzten fünf Jahre bestätigen somit gewissermaßen im einzelnen das, was uns schon die Handelsziffern im ganzen erzählt hatten: 1903/04 1907/08 Kautschuk......... 4 881000 Mark 10 791000 Mark Baumwolle........ 44000 „ 456000 „ Sisalhanf......... 324000 „ 2162000 „ Kakao........... 935000 „ 2879000 „ Palmkerne und Palmöl , 4576000 „ 5582000 „ Kopra........... 6106000 „ 6327000 „ Phosphate........ ^ ,, 710000 „ Kupfer.......... - „ 1283000 „ Erläuternd muß zu diesen Zahlen bemerkt werden, daß es sich beim Kautschuk zum großen Teil um Sammelkautschuk handelt, der aus den wilden Beständen gewonnen ist. Und da sich die Gewinnungsart meist als richtiger Raubbau charakterisiert, ohne Schonung der Bestände, so müßte bald eine rapide Abnahme der Produktion zu bemerken sein, wenn nicht einerseits durch die Eisenbahnen immer neue Kautschukbestände erschlossen und die Eingebornen langsam zu einer rationellen und schonungsvollern Gewinnungsart erzogen würden, andrerseits durch die europäischen Unternehmungen in großem Umfang

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_312350/383>, abgerufen am 25.08.2024.