Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr.Die Einigung Südafrikas mit tönenden Reden hervor als Vorkämpfer der Schwarzen und gewänne die Die Vertretungsfrage im Zukunftsparlament ist schon erwähnt worden, Von einer Schwierigkeit, der allerältesten und ewig jungen Südafrikas, Die Einigung Südafrikas mit tönenden Reden hervor als Vorkämpfer der Schwarzen und gewänne die Die Vertretungsfrage im Zukunftsparlament ist schon erwähnt worden, Von einer Schwierigkeit, der allerältesten und ewig jungen Südafrikas, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0340" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/312691"/> <fw type="header" place="top"> Die Einigung Südafrikas</fw><lb/> <p xml:id="ID_1314" prev="#ID_1313"> mit tönenden Reden hervor als Vorkämpfer der Schwarzen und gewänne die<lb/> Schwarzen für alle Zeit — pas vivtis dann in der Zukunft. Das ist für die<lb/> Kaffern überhaupt die ganze Bedeutung des Stimmrechts, daß sie lernen und<lb/> sich daran entzücken, Weiß gegen Weiß auszuspielen. Die Engländer, nicht<lb/> die Holländer, haben eine gewaltige Sünde gegen die Kultur begangen, als<lb/> sie ihren Missionaren, der ganzen Livingstoneapostelei und Exeter-Hall-<lb/> Stimmung nachgaben. Freilich, man hoffte damals wohl, sich bei den Wahlen<lb/> Stimmen gegen die Holländer geschaffen zu haben. Man irrte sich. Über die<lb/> Eingebornenfrage spricht am Kap offenherzig aus dem angegebnen politischen<lb/> Grunde niemand gern. Missionare und Missionsfreunde aber versichern dafür<lb/> dem übrigen Südafrika um so lauter, daß nicht Träumern zuliebe einst den<lb/> Farbigen das Stimmrecht vom Kap gewährt sei, sondern daß man etwas mit<lb/> Grazie hingegeben habe, was dem lebendigen Ansturm eines Volkes nicht mehr<lb/> vorzuenthalten war. Dazu lachen die Buren in Transvaal und in Orangia<lb/> grimmig.</p><lb/> <p xml:id="ID_1315"> Die Vertretungsfrage im Zukunftsparlament ist schon erwähnt worden,<lb/> auch der Umstand, daß die Hälfte der Gesamtbevölkerung am Kap ansässig<lb/> ist. Um gleich von vornherein den Schwesterkolonien den Verdacht zu nehmen,<lb/> daß das Kap versuchen werde, zu dominieren, um seine Eingebornenpolitik<lb/> schmackhaft zu machen und den erwähnten Einwurf der andern zu entkräften,<lb/> hat das Kap einen eigentümlichen Kompromißvorschlag gemacht: nicht die<lb/> Kopfzahl der Wähler in den bestehenden Einzelstaaten soll bestimmend sein<lb/> für die Wahl der Abgeordneten zum Gesamtparlament, sondern Gruppen sollen<lb/> gebildet werden, d. h. das Gesamtland soll zerfallen in dreißig Bezirke, von<lb/> denen zwölf dem Kap, acht dem Transvaal, fünf Natal und Orangia zugehören<lb/> und drei Rhodesia, wenn sich das später anschließen sollte. Jede Gruppe<lb/> oder jeder Bezirk soll fünf Abgeordnete entsenden, und zwar soll das Wachsen<lb/> oder Abnehmen der Bevölkerung eine Verschiebung oder Veränderung der Be¬<lb/> zirke nicht nach sich ziehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1316" next="#ID_1317"> Von einer Schwierigkeit, der allerältesten und ewig jungen Südafrikas,<lb/> der Rassenfrage unter den Weißen, spricht niemand; kommt man ihr einmal<lb/> nahe, so versichert man sich gegenseitig, sie bestünde gar nicht. Sie besteht<lb/> natürlich; an dem Tage, wo sie wirklich aufgehört hat zu sein, ist Südafrika<lb/> unabhängig. Wohl aber ist wahr, daß schon heute die stille statutenlose<lb/> namenlose Partei im Lande die stärkste ist; sie hat aus den dreijährigen<lb/> Kriegen ihre Folgerungen ruhig gezogen, angenehme oder bittere. Diesem<lb/> Bunde der Geister gehören die Jungburen an, die über Krüger hinaus kennen<lb/> gelernt haben, daß der englische Afrikaner eine unauslöschliche Macht im<lb/> Lande ist, und daß man mit ihm zusammengehen muß, wenn die „Vereinigten<lb/> Staaten von Südafrika" zustandekommen sollen. Dem Bunde gehören englische<lb/> Afrikaner an, die über Milner hinaus verstanden haben, daß der Bur un¬<lb/> ausrottbar und wurzelstärker als jeder andre Weiße in Südafrika ist, und daß</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0340]
Die Einigung Südafrikas
mit tönenden Reden hervor als Vorkämpfer der Schwarzen und gewänne die
Schwarzen für alle Zeit — pas vivtis dann in der Zukunft. Das ist für die
Kaffern überhaupt die ganze Bedeutung des Stimmrechts, daß sie lernen und
sich daran entzücken, Weiß gegen Weiß auszuspielen. Die Engländer, nicht
die Holländer, haben eine gewaltige Sünde gegen die Kultur begangen, als
sie ihren Missionaren, der ganzen Livingstoneapostelei und Exeter-Hall-
Stimmung nachgaben. Freilich, man hoffte damals wohl, sich bei den Wahlen
Stimmen gegen die Holländer geschaffen zu haben. Man irrte sich. Über die
Eingebornenfrage spricht am Kap offenherzig aus dem angegebnen politischen
Grunde niemand gern. Missionare und Missionsfreunde aber versichern dafür
dem übrigen Südafrika um so lauter, daß nicht Träumern zuliebe einst den
Farbigen das Stimmrecht vom Kap gewährt sei, sondern daß man etwas mit
Grazie hingegeben habe, was dem lebendigen Ansturm eines Volkes nicht mehr
vorzuenthalten war. Dazu lachen die Buren in Transvaal und in Orangia
grimmig.
Die Vertretungsfrage im Zukunftsparlament ist schon erwähnt worden,
auch der Umstand, daß die Hälfte der Gesamtbevölkerung am Kap ansässig
ist. Um gleich von vornherein den Schwesterkolonien den Verdacht zu nehmen,
daß das Kap versuchen werde, zu dominieren, um seine Eingebornenpolitik
schmackhaft zu machen und den erwähnten Einwurf der andern zu entkräften,
hat das Kap einen eigentümlichen Kompromißvorschlag gemacht: nicht die
Kopfzahl der Wähler in den bestehenden Einzelstaaten soll bestimmend sein
für die Wahl der Abgeordneten zum Gesamtparlament, sondern Gruppen sollen
gebildet werden, d. h. das Gesamtland soll zerfallen in dreißig Bezirke, von
denen zwölf dem Kap, acht dem Transvaal, fünf Natal und Orangia zugehören
und drei Rhodesia, wenn sich das später anschließen sollte. Jede Gruppe
oder jeder Bezirk soll fünf Abgeordnete entsenden, und zwar soll das Wachsen
oder Abnehmen der Bevölkerung eine Verschiebung oder Veränderung der Be¬
zirke nicht nach sich ziehen.
Von einer Schwierigkeit, der allerältesten und ewig jungen Südafrikas,
der Rassenfrage unter den Weißen, spricht niemand; kommt man ihr einmal
nahe, so versichert man sich gegenseitig, sie bestünde gar nicht. Sie besteht
natürlich; an dem Tage, wo sie wirklich aufgehört hat zu sein, ist Südafrika
unabhängig. Wohl aber ist wahr, daß schon heute die stille statutenlose
namenlose Partei im Lande die stärkste ist; sie hat aus den dreijährigen
Kriegen ihre Folgerungen ruhig gezogen, angenehme oder bittere. Diesem
Bunde der Geister gehören die Jungburen an, die über Krüger hinaus kennen
gelernt haben, daß der englische Afrikaner eine unauslöschliche Macht im
Lande ist, und daß man mit ihm zusammengehen muß, wenn die „Vereinigten
Staaten von Südafrika" zustandekommen sollen. Dem Bunde gehören englische
Afrikaner an, die über Milner hinaus verstanden haben, daß der Bur un¬
ausrottbar und wurzelstärker als jeder andre Weiße in Südafrika ist, und daß
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