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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr.

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Auswärtige Anleihen in der russischen Budgetgesetzgebung

den Finanz-, Kriegs- und Marineministern. Diese Vorschrift erstreckte sich
seit 1904 auch aus die durch den Krieg veranlaßten Mehrausgaben der Zivil¬
behörden.

Alle diese Vorschriften und Gesetze erfahren nun durch die
Schaffung der Reichsduma, Umwandlung des Reichsrath sowie durch
Bildung des Kabinetts eine einschneidende Veränderung nicht.

Wie früher stellen alle Ministerien und Hauptverwaltungen ihre Etats
selbständig auf, haben sich nur dauernd mit einer besondern Versammlung, der
ein Vertreter des Finanzministeriums und ein solcher der Reichskontrolle an¬
gehört, im Einvernehmen zu halten. Von dieser Versammlung unbeanstandet
gebliebne Einzeletats können ohne weiteres, und zwar zwischen dem 1. und
25. September, dem Finanzminister, dem Reichsrat und der Reichsduma zu¬
gestellt werden. Einzeletats, die zu nicht beigelegten Meinungsverschiedenheiten
Anlaß geben, sollen im Ministerrat besprochen werden und erhalten durch ihn
die Form, in der sie in den Reichsbudgetvoranschlag aufgenommen werden
können. Der Finanzminister hat den allgemeinen Budgetvoranschlag zum
1. Oktober an die Volksvertretung gelangen zu lassen, die wieder mit der
Durchberatung des Entwurfs am 1. Dezember fertig sein soll. Die praktische
Arbeit leistet hierbei die nur aus Beamten des Finanzministeriums bestehende
Finanzkommission des Finanzministers. Einmal in das Parlament gelangt,
unterliegt die Behandlung des Entwurfs den allgemeinen Bestimmungen über
die Erledigung von Gesetzentwürfen durch die beiden Häuser.


2. Behandlung des Budgets

Unter den kurz skizzierten formalen Verhältnissen ist die Entscheidung der
Frage von Bedeutung, was die Volksvertreter, die übrigens bezeichnenderweise
im Gesetze immer vzchornM -- Gewählte heißen und nicht Volksvertreter, mit
den ihnen zugegangnen Etatentwürfen anfangen dürfen. Maßgebend dafür ist
zunächst Paragraph 31 des Regulativs für die Reichsduma. Danach unter¬
liegen ihrer Befugnis:

g.) Gegenstände, die die Herausgabe von Gesetzen und Etats sowie deren
Abänderung, Ergänzung, Außerkraftsetzung und Aufhebung notwendig machen;

d) das Reichsbudget für Einnahmen und Ausgaben zusammen mit den
finanziellen Voranschlägen (Etats) der Ministerien und Hauptverwaltungen
wie auch Anweisung von fiskalischen Mitteln, die im Budget nicht vorgesehen
waren, auf Grund festgesetzter Regeln;

v) der Bericht der Reichskontrolle über die Ausführung des Reichs¬
budgets;

ä) Angelegenheiten betreffend die Enteignung staatlicher Einnahmen oder
Besitztümer, die der Allerhöchsten Genehmigung bedürfen;

^ Angelegenheiten betreffend den Bau von Eisenbahnen auf unmittelbare
Veranlassung des Fiskus und für dessen Rechnung; , , "


Auswärtige Anleihen in der russischen Budgetgesetzgebung

den Finanz-, Kriegs- und Marineministern. Diese Vorschrift erstreckte sich
seit 1904 auch aus die durch den Krieg veranlaßten Mehrausgaben der Zivil¬
behörden.

Alle diese Vorschriften und Gesetze erfahren nun durch die
Schaffung der Reichsduma, Umwandlung des Reichsrath sowie durch
Bildung des Kabinetts eine einschneidende Veränderung nicht.

Wie früher stellen alle Ministerien und Hauptverwaltungen ihre Etats
selbständig auf, haben sich nur dauernd mit einer besondern Versammlung, der
ein Vertreter des Finanzministeriums und ein solcher der Reichskontrolle an¬
gehört, im Einvernehmen zu halten. Von dieser Versammlung unbeanstandet
gebliebne Einzeletats können ohne weiteres, und zwar zwischen dem 1. und
25. September, dem Finanzminister, dem Reichsrat und der Reichsduma zu¬
gestellt werden. Einzeletats, die zu nicht beigelegten Meinungsverschiedenheiten
Anlaß geben, sollen im Ministerrat besprochen werden und erhalten durch ihn
die Form, in der sie in den Reichsbudgetvoranschlag aufgenommen werden
können. Der Finanzminister hat den allgemeinen Budgetvoranschlag zum
1. Oktober an die Volksvertretung gelangen zu lassen, die wieder mit der
Durchberatung des Entwurfs am 1. Dezember fertig sein soll. Die praktische
Arbeit leistet hierbei die nur aus Beamten des Finanzministeriums bestehende
Finanzkommission des Finanzministers. Einmal in das Parlament gelangt,
unterliegt die Behandlung des Entwurfs den allgemeinen Bestimmungen über
die Erledigung von Gesetzentwürfen durch die beiden Häuser.


2. Behandlung des Budgets

Unter den kurz skizzierten formalen Verhältnissen ist die Entscheidung der
Frage von Bedeutung, was die Volksvertreter, die übrigens bezeichnenderweise
im Gesetze immer vzchornM — Gewählte heißen und nicht Volksvertreter, mit
den ihnen zugegangnen Etatentwürfen anfangen dürfen. Maßgebend dafür ist
zunächst Paragraph 31 des Regulativs für die Reichsduma. Danach unter¬
liegen ihrer Befugnis:

g.) Gegenstände, die die Herausgabe von Gesetzen und Etats sowie deren
Abänderung, Ergänzung, Außerkraftsetzung und Aufhebung notwendig machen;

d) das Reichsbudget für Einnahmen und Ausgaben zusammen mit den
finanziellen Voranschlägen (Etats) der Ministerien und Hauptverwaltungen
wie auch Anweisung von fiskalischen Mitteln, die im Budget nicht vorgesehen
waren, auf Grund festgesetzter Regeln;

v) der Bericht der Reichskontrolle über die Ausführung des Reichs¬
budgets;

ä) Angelegenheiten betreffend die Enteignung staatlicher Einnahmen oder
Besitztümer, die der Allerhöchsten Genehmigung bedürfen;

^ Angelegenheiten betreffend den Bau von Eisenbahnen auf unmittelbare
Veranlassung des Fiskus und für dessen Rechnung; , , „


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[0234] Auswärtige Anleihen in der russischen Budgetgesetzgebung den Finanz-, Kriegs- und Marineministern. Diese Vorschrift erstreckte sich seit 1904 auch aus die durch den Krieg veranlaßten Mehrausgaben der Zivil¬ behörden. Alle diese Vorschriften und Gesetze erfahren nun durch die Schaffung der Reichsduma, Umwandlung des Reichsrath sowie durch Bildung des Kabinetts eine einschneidende Veränderung nicht. Wie früher stellen alle Ministerien und Hauptverwaltungen ihre Etats selbständig auf, haben sich nur dauernd mit einer besondern Versammlung, der ein Vertreter des Finanzministeriums und ein solcher der Reichskontrolle an¬ gehört, im Einvernehmen zu halten. Von dieser Versammlung unbeanstandet gebliebne Einzeletats können ohne weiteres, und zwar zwischen dem 1. und 25. September, dem Finanzminister, dem Reichsrat und der Reichsduma zu¬ gestellt werden. Einzeletats, die zu nicht beigelegten Meinungsverschiedenheiten Anlaß geben, sollen im Ministerrat besprochen werden und erhalten durch ihn die Form, in der sie in den Reichsbudgetvoranschlag aufgenommen werden können. Der Finanzminister hat den allgemeinen Budgetvoranschlag zum 1. Oktober an die Volksvertretung gelangen zu lassen, die wieder mit der Durchberatung des Entwurfs am 1. Dezember fertig sein soll. Die praktische Arbeit leistet hierbei die nur aus Beamten des Finanzministeriums bestehende Finanzkommission des Finanzministers. Einmal in das Parlament gelangt, unterliegt die Behandlung des Entwurfs den allgemeinen Bestimmungen über die Erledigung von Gesetzentwürfen durch die beiden Häuser. 2. Behandlung des Budgets Unter den kurz skizzierten formalen Verhältnissen ist die Entscheidung der Frage von Bedeutung, was die Volksvertreter, die übrigens bezeichnenderweise im Gesetze immer vzchornM — Gewählte heißen und nicht Volksvertreter, mit den ihnen zugegangnen Etatentwürfen anfangen dürfen. Maßgebend dafür ist zunächst Paragraph 31 des Regulativs für die Reichsduma. Danach unter¬ liegen ihrer Befugnis: g.) Gegenstände, die die Herausgabe von Gesetzen und Etats sowie deren Abänderung, Ergänzung, Außerkraftsetzung und Aufhebung notwendig machen; d) das Reichsbudget für Einnahmen und Ausgaben zusammen mit den finanziellen Voranschlägen (Etats) der Ministerien und Hauptverwaltungen wie auch Anweisung von fiskalischen Mitteln, die im Budget nicht vorgesehen waren, auf Grund festgesetzter Regeln; v) der Bericht der Reichskontrolle über die Ausführung des Reichs¬ budgets; ä) Angelegenheiten betreffend die Enteignung staatlicher Einnahmen oder Besitztümer, die der Allerhöchsten Genehmigung bedürfen; ^ Angelegenheiten betreffend den Bau von Eisenbahnen auf unmittelbare Veranlassung des Fiskus und für dessen Rechnung; , , „

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_312350/234>, abgerufen am 29.06.2024.