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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr.

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Wechsel-, Depositen- und Scheckverkehr

gruppen ist. Selbst zu teuern Zinsen im Auslande beschafftes Kapital leihen
die Banken am Berliner Geldmarkt zu billigen Sätzen aus, um beispielsweise
die Emission ausländischer Papiere zu fördern. Prion weist auf verschiedne
Arten der Bilanzverschleierung hin (S. 233) und schließlich auf die bedenkliche
Sitte des Akzeptaustausches, der an die Stelle der früher unter den Provinz¬
banken üblichen Finanzakzepte getreten zu sein scheint (S. 63 u. S. 132).

Viel zu kurz sind zwei sehr wichtige Gebiete, das Devisengeschäft und
der Rembourswechsel, behandelt. Über die Entstehungsgründe der Wechsel
sind hier und da einige Bemerkungen verstreut, während sich vielleicht eine
gesonderte zusammenhängende Darstellung empfohlen hätte. Hierbei hätte ge¬
schildert werden sollen, wieweit die wirtschaftliche Natur des Wechsels äußerlich
erkennbar ist, und welche Mittel der Bankpraxis außerhalb des Wechsels zur
Verfügung stehn, um das Verhältnis der Wechselverpflichteten zu ergründen.
Das besonders für die Zwecke des Wechselverkehrs eingerichtete eigenartige
Auskunftswesen der deutschen Banken hätte unbedingt beschrieben werden sollen.

Überall da, wo dem Verfasser zu große Schwierigkeiten entgegentraten,
hat er, leider, seine Forschungen eingestellt; wie er einleitend selbst bemerkt,
wuchsen die Schwierigkeiten mit der Menge des Stoffes und noch mehr mit
den räumlichen Umständen. So ist es zu erklären, daß der Verfasser über
das Diskontgeschäft des Privatbankiers nichts neues ermittelt hat; was er
darüber bringt, sind großenteils nur Vermutungen. Und doch hätte hier mehr
geleistet werden können. In den letzten Jahren haben sich dankenswerterweise
verschiedne Privatbankiers durch Veröffentlichungen an der wissenschaftlichen
Erforschung des Bankgeschäfts beteiligt. Von dieser Seite hätte Prion ver¬
mutlich interessante Angaben erhalten können.

Das Schatzscheingeschäft am englischen Geldmarkt ist nicht ausreichend ge¬
schildert. Beim Wucherkredit findet sich der unklare Satz: "Das Wechselsystem
beruht ja darauf, daß in dem Wechsel überhaupt nicht die Rede von Zins
sein kann" (?).

Wir vermuten, daß der Verfasser sehr bald Gelegenheit haben wird, bei
einer zweiten Auflage unsre Ausstellungen in Erwägung zu ziehen. Doch
auch heute schon ist sein Buch das beste, was auf diesem Gebiete existiert.

"Die Grundlagen unsers Depositen- und Scheckwesens" (Jena, Gustav
Fischer, 1908) hat Dr. Siegmund Proebst in einer Weise dargestellt, die volle
Anerkennung verdient. Trotz der überreichen Literatur über das Scheckwesen
hat es der Verfasser verstanden, dem Stoff neue Seiten abzugewinnen. Da¬
durch, daß der Verfasser die Regelung des Depositenwesens in den Kreis seiner
Betrachtungen zieht, wird sein Buch in hohem Grade aktuell. Dr. Proebst
stellt alle wichtigern Vorschläge zur Sicherung der Depositen vollzählig zu¬
sammen und wägt die Licht- und Schattenseiten jedes einzelnen ab. Der Ver¬
fasser ist im Gegensatz zu Prion ein Gegner der Annahme verzinslicher De¬
positen durch die Reichsbank. Proebst empfiehlt die Beibehaltung des gegen-


Wechsel-, Depositen- und Scheckverkehr

gruppen ist. Selbst zu teuern Zinsen im Auslande beschafftes Kapital leihen
die Banken am Berliner Geldmarkt zu billigen Sätzen aus, um beispielsweise
die Emission ausländischer Papiere zu fördern. Prion weist auf verschiedne
Arten der Bilanzverschleierung hin (S. 233) und schließlich auf die bedenkliche
Sitte des Akzeptaustausches, der an die Stelle der früher unter den Provinz¬
banken üblichen Finanzakzepte getreten zu sein scheint (S. 63 u. S. 132).

Viel zu kurz sind zwei sehr wichtige Gebiete, das Devisengeschäft und
der Rembourswechsel, behandelt. Über die Entstehungsgründe der Wechsel
sind hier und da einige Bemerkungen verstreut, während sich vielleicht eine
gesonderte zusammenhängende Darstellung empfohlen hätte. Hierbei hätte ge¬
schildert werden sollen, wieweit die wirtschaftliche Natur des Wechsels äußerlich
erkennbar ist, und welche Mittel der Bankpraxis außerhalb des Wechsels zur
Verfügung stehn, um das Verhältnis der Wechselverpflichteten zu ergründen.
Das besonders für die Zwecke des Wechselverkehrs eingerichtete eigenartige
Auskunftswesen der deutschen Banken hätte unbedingt beschrieben werden sollen.

Überall da, wo dem Verfasser zu große Schwierigkeiten entgegentraten,
hat er, leider, seine Forschungen eingestellt; wie er einleitend selbst bemerkt,
wuchsen die Schwierigkeiten mit der Menge des Stoffes und noch mehr mit
den räumlichen Umständen. So ist es zu erklären, daß der Verfasser über
das Diskontgeschäft des Privatbankiers nichts neues ermittelt hat; was er
darüber bringt, sind großenteils nur Vermutungen. Und doch hätte hier mehr
geleistet werden können. In den letzten Jahren haben sich dankenswerterweise
verschiedne Privatbankiers durch Veröffentlichungen an der wissenschaftlichen
Erforschung des Bankgeschäfts beteiligt. Von dieser Seite hätte Prion ver¬
mutlich interessante Angaben erhalten können.

Das Schatzscheingeschäft am englischen Geldmarkt ist nicht ausreichend ge¬
schildert. Beim Wucherkredit findet sich der unklare Satz: „Das Wechselsystem
beruht ja darauf, daß in dem Wechsel überhaupt nicht die Rede von Zins
sein kann" (?).

Wir vermuten, daß der Verfasser sehr bald Gelegenheit haben wird, bei
einer zweiten Auflage unsre Ausstellungen in Erwägung zu ziehen. Doch
auch heute schon ist sein Buch das beste, was auf diesem Gebiete existiert.

„Die Grundlagen unsers Depositen- und Scheckwesens" (Jena, Gustav
Fischer, 1908) hat Dr. Siegmund Proebst in einer Weise dargestellt, die volle
Anerkennung verdient. Trotz der überreichen Literatur über das Scheckwesen
hat es der Verfasser verstanden, dem Stoff neue Seiten abzugewinnen. Da¬
durch, daß der Verfasser die Regelung des Depositenwesens in den Kreis seiner
Betrachtungen zieht, wird sein Buch in hohem Grade aktuell. Dr. Proebst
stellt alle wichtigern Vorschläge zur Sicherung der Depositen vollzählig zu¬
sammen und wägt die Licht- und Schattenseiten jedes einzelnen ab. Der Ver¬
fasser ist im Gegensatz zu Prion ein Gegner der Annahme verzinslicher De¬
positen durch die Reichsbank. Proebst empfiehlt die Beibehaltung des gegen-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_312350/193>, abgerufen am 03.07.2024.