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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr.

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Die preußische Artillerie im Dienste des Uüstcnrettmlgsmcsens

Mängel dieser Apparate, darin bestehend, daß die Wurfleine leicht zerreißt, die
Wurfweiten zu klein und namentlich die Apparate zu unbehilflich sind, um
schnell nach entlegenen Orten transportiert zu werden, beseitigen".

Auf Wunsch des Handelsministers Grafen Jtzenplitz beauftragte Roon im
Januar des Jahres 1866 die Direktion des Laboratoriums, für weitere Werf¬
versuche der Schiffahrtskommission in Swinemünde noch zehn dreizöllige Kriegs¬
raketen anzufertigen. Im Februar schloß das Laboratorium die Versuche ab.
Am 2. März schrieb die Direktion an die Besteller, "es gereiche ihr zu großer
Freude, ihnen anzeigen zu können, daß die Versuche zur Herstellung von
Rettungsraketen, Raketengestellen und Abwickelungsapparaten zu einem recht
günstigen Abschluß gekommen seien". Am 3. März erstattete der Direktor seiner
vorgesetzten Behörde, der General-Inspektion der technischen Institute der Artillerie,
folgende Meldung:

"Der Königlichen General-Inspektion melde ich ganz gehorsamst, daß die
Versuche mit Raketen behufs Rettung Schiffbrüchiger am 28. v. Mes. zu
einem günstigen Abschluß gekommen sind. Die Rakete hat folgende Einrichtung:
Hülsen 3", Bohrung 0,8", Vorderbeschwerung massiv, ca. 15^/., Pfund; gerad-
armige, verstärkte Stabgabeln; 3' lange und 2,3" starke Stäbe, unten mit einer
eisernen Endkappe zur Befestigung der Leine.

Das Naketengcstell ist ein Bockgestell, dessen Rinne bis an das Ende des
Raketenstabes reicht, um die Kette zwischen Stab und Gestell sicher zu führen.
Die Leine, stark, wiegt bei einer Länge von 700 Schritt ca. 38 Pfund;
sie wird an eine 10 Fuß lange Kette gebunden, und die Kette wird mit dem
Stäbe durch ein Gelenkband verbunden (die Befestigung am Balancepunkte
macht die Rakete komplicirter und hat sich weniger bewährt). Der Ab¬
wickelungsapparat besteht aus 4 Nahmenstückcn, wovon die beiden horizontalen
mit einer Reihe fast komisch geformter Knaggen versehen sind. Er funktioniert
nnter 45 Grad am besten. Die Knaggen werden von oben nach unten in
ca. 15 Lagen mit der Leine bewickelt, diese geht dann direkt zum Raketen¬
gestell, welches ca. 6 Schritt hinter dem Apparat steht. Die größte Wurfweite
erreicht man ungefähr bei 35°, weil das Stabende durch die Leine nach unten
gezogen wird. Bei der Bohrung von 1 Zoll ist die Abgangsgeschwindigkeit
noch so groß, daß die Leine öfter reißt, die Bohrung von 0,8" giebt etwas größere
Wurfweiten. . . . Der Korvetten-Kapitän Werner hatte von der ursprünglichen
Aufgabe, 600 Schritt zu erreichen, Abstand genommen und 450 Schritt als
Minimum angegeben. 600 Schritt sind für die 3"gen Raketen unerreichbar,
weil eine leichtere Vordcrbeschwerung die Abgangsgeschwindigkeit vermehren und
hierdurch die Leine zerreißen würde. Die Bohrungsweite läßt sich nicht mehr
vermindern. Den Gesellschaften in Bremen und Danzig ist davon Kenntniß
gegeben worden, daß die Versuche abgeschlossen sind, und daß jetzt die Aus¬
führung der Bestellungen nach Kräften beschleunigt werden wird. gez. Bartsch,
Major und Direktor."


Die preußische Artillerie im Dienste des Uüstcnrettmlgsmcsens

Mängel dieser Apparate, darin bestehend, daß die Wurfleine leicht zerreißt, die
Wurfweiten zu klein und namentlich die Apparate zu unbehilflich sind, um
schnell nach entlegenen Orten transportiert zu werden, beseitigen".

Auf Wunsch des Handelsministers Grafen Jtzenplitz beauftragte Roon im
Januar des Jahres 1866 die Direktion des Laboratoriums, für weitere Werf¬
versuche der Schiffahrtskommission in Swinemünde noch zehn dreizöllige Kriegs¬
raketen anzufertigen. Im Februar schloß das Laboratorium die Versuche ab.
Am 2. März schrieb die Direktion an die Besteller, „es gereiche ihr zu großer
Freude, ihnen anzeigen zu können, daß die Versuche zur Herstellung von
Rettungsraketen, Raketengestellen und Abwickelungsapparaten zu einem recht
günstigen Abschluß gekommen seien". Am 3. März erstattete der Direktor seiner
vorgesetzten Behörde, der General-Inspektion der technischen Institute der Artillerie,
folgende Meldung:

„Der Königlichen General-Inspektion melde ich ganz gehorsamst, daß die
Versuche mit Raketen behufs Rettung Schiffbrüchiger am 28. v. Mes. zu
einem günstigen Abschluß gekommen sind. Die Rakete hat folgende Einrichtung:
Hülsen 3", Bohrung 0,8", Vorderbeschwerung massiv, ca. 15^/., Pfund; gerad-
armige, verstärkte Stabgabeln; 3' lange und 2,3" starke Stäbe, unten mit einer
eisernen Endkappe zur Befestigung der Leine.

Das Naketengcstell ist ein Bockgestell, dessen Rinne bis an das Ende des
Raketenstabes reicht, um die Kette zwischen Stab und Gestell sicher zu führen.
Die Leine, stark, wiegt bei einer Länge von 700 Schritt ca. 38 Pfund;
sie wird an eine 10 Fuß lange Kette gebunden, und die Kette wird mit dem
Stäbe durch ein Gelenkband verbunden (die Befestigung am Balancepunkte
macht die Rakete komplicirter und hat sich weniger bewährt). Der Ab¬
wickelungsapparat besteht aus 4 Nahmenstückcn, wovon die beiden horizontalen
mit einer Reihe fast komisch geformter Knaggen versehen sind. Er funktioniert
nnter 45 Grad am besten. Die Knaggen werden von oben nach unten in
ca. 15 Lagen mit der Leine bewickelt, diese geht dann direkt zum Raketen¬
gestell, welches ca. 6 Schritt hinter dem Apparat steht. Die größte Wurfweite
erreicht man ungefähr bei 35°, weil das Stabende durch die Leine nach unten
gezogen wird. Bei der Bohrung von 1 Zoll ist die Abgangsgeschwindigkeit
noch so groß, daß die Leine öfter reißt, die Bohrung von 0,8" giebt etwas größere
Wurfweiten. . . . Der Korvetten-Kapitän Werner hatte von der ursprünglichen
Aufgabe, 600 Schritt zu erreichen, Abstand genommen und 450 Schritt als
Minimum angegeben. 600 Schritt sind für die 3"gen Raketen unerreichbar,
weil eine leichtere Vordcrbeschwerung die Abgangsgeschwindigkeit vermehren und
hierdurch die Leine zerreißen würde. Die Bohrungsweite läßt sich nicht mehr
vermindern. Den Gesellschaften in Bremen und Danzig ist davon Kenntniß
gegeben worden, daß die Versuche abgeschlossen sind, und daß jetzt die Aus¬
führung der Bestellungen nach Kräften beschleunigt werden wird. gez. Bartsch,
Major und Direktor."


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740/622>, abgerufen am 21.06.2024.