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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr.

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Das Modell der Schmerzen

Der -- ich vernahm den verächtlichen Ton deutlich dnrch das Sprachhorn -- hat
längst umgeschmissen. Es ist gerade so gekommen, wie ich erwartet habe. Mir schien,
als vernähme ich, wie der Philanthrop von Profession triumphierend lachte. Ich war
sehr erregt darüber, und ehe ich meine Fassung wiedergefunden hatte, war der Anschluß
mit Herrn Asser unterbrochen. Am Abend erhielt ich ein Briefchen von ihm, worin
er mir mitteilte, daß Quarriar ein Schuft sei, der aus Rußland habe fliehen müssen,
weil er, ohne die Berechtigung zu haben, spirituösen verkauft hätte. Er hätte nur
zwei, höchstens drei ältliche Töchter; die drei jüngern Kinder seien ein Märchen.
Für den Augenblick war ich sehr betroffen, dann aber kehrte mein voller Glaube
an Israel zurück. Diese drei Kinder sollten eine Erfindung seiner Phantasie sein?
Unmöglich! Ich erinnerte mich zahlloser kleiner Anekdoten über diese Kinder, von
denen er offenbar mit großem väterlichen Stolze sprach. Er hatte mir sogar die drolligen
Bemerkungen wiederholt, die die Jüngste gemacht hatte, nachdem sie zum erstenmal in
einer englischen Schule gewesen war. Es war doch ganz unmöglich, solche Dinge zu
erfinden. Nein, ich konnte unmöglich an der Wahrheit der Erzählungen meines
Modells zweifeln, besonders da er in jenen Tagen, wo er bei mir verkehrte, keinen
Grund hatte, das Geringste von mir zu erwarten, und mich jedenfalls niemals um
irgend etwas gebeten hatte. Ich erinnerte mich deutlich jener tragischen Episode, wie
er beschrieb, daß sich diese drei Kleinen, nachdem sich eine mitleidige Seele ihrer
erbarmt hätte, als der eigne Vater sie besuchen kam, ängstlich versteckt hatten, weil
sie fürchteten, wenn er sie wieder mitnähme, würden sie Hunger und Kälte erdulden
müssen. Wenn Quarriar solche Dinge erfinden konnte, so war er ein Dichter, denn
in der ganzen das Elend hungernder Armut schildernden Literatur erinnerte ich mich
keiner so packenden Stelle.

Ich ging zu Sir Asser. Er sagte, Quarriar habe, als Conn von ihm gefordert
habe, daß er die Kinder vorführe, das verweigert. Ebenso habe er abgeschlagen,
darauf bezügliche Fragen zu beantworten. Ich fand, daß er da ganz im Rechte
sei. Man sollte den Mann nicht durch so lächerliche Beschuldigungen beleidigen,
sagte ich. Sir Asser lächelte fein und verbarrikadierte sich wie gewöhnlich hinter
einer undurchdringlichen Mauer von offiziellem Mißtrauen und Pessimismus.

Ich schrieb Quarriar, daß er sofort auf mein Atelier kommen möge. Er kam
auch gleich mit gesenktem Haupte zu mir. Seine Züge waren noch bleicher und
kummervoller geworden, man sah ihm an, daß er schwer gelitten hatte. Ja, es war die
Wahrheit, mit dem Sortieren war es vorbei. Die ersten Wochen war alles sehr gut
gegangen. Er hatte selbst die Lumpen aufgekauft und hatte dem ihm von Conn auf¬
gezwungnen Geschäftsteilnehmer verschiednemale Geld gegeben, damit er dasselbe tue.
Sie hatten zusammen gearbeitet und zu diesem Zweck einen Keller gemietet, zu dem
sein Associe" den Schlüssel hatte. Es war im Anfang alles so glatt und gut ge¬
gangen, daß er sogar den Reservefonds von sieben Pfund Sterling, den ich ihm
gegeben hatte, in das Geschäft gesteckt hatte. Er hatte nicht den kleinsten Verdacht
mehr gehegt, da man den Gewinn wöchentlich teilte -- jeder bekam gewöhnlich
siebzehn Schilling --, der ganze Keller war voller Vorrat, den sie gemeinschaftlich
eingekauft hatten. Aber als er dann eines Morgens an die Arbeit gehn wollte, fand
er den Arbeitsraum abgeschlossen, und als er nach der Wohnung des Geschäftsteil¬
nehmers ging, um eine Erklärung dafür zu fordern, lachte ihn der Mann aus. Er
behauptete, daß der ganze Vorrat im Keller jetzt ihm gehöre, denn Quarriar habe
nicht nur das Anlagekapital für sich verbraucht, sondern außerdem auch den ihm
zukommenden Anteil des aus dem Verkaufe der Lumpen gezognen Profits.

Außerdem war dieses Geld nicht Ihr Geld, war das fernere Argument dieses
Schurken, und warum sollte ich nicht ebensogut wie Sie aus der christlichen Einfalt
Nutzen ziehn?


Das Modell der Schmerzen

Der — ich vernahm den verächtlichen Ton deutlich dnrch das Sprachhorn — hat
längst umgeschmissen. Es ist gerade so gekommen, wie ich erwartet habe. Mir schien,
als vernähme ich, wie der Philanthrop von Profession triumphierend lachte. Ich war
sehr erregt darüber, und ehe ich meine Fassung wiedergefunden hatte, war der Anschluß
mit Herrn Asser unterbrochen. Am Abend erhielt ich ein Briefchen von ihm, worin
er mir mitteilte, daß Quarriar ein Schuft sei, der aus Rußland habe fliehen müssen,
weil er, ohne die Berechtigung zu haben, spirituösen verkauft hätte. Er hätte nur
zwei, höchstens drei ältliche Töchter; die drei jüngern Kinder seien ein Märchen.
Für den Augenblick war ich sehr betroffen, dann aber kehrte mein voller Glaube
an Israel zurück. Diese drei Kinder sollten eine Erfindung seiner Phantasie sein?
Unmöglich! Ich erinnerte mich zahlloser kleiner Anekdoten über diese Kinder, von
denen er offenbar mit großem väterlichen Stolze sprach. Er hatte mir sogar die drolligen
Bemerkungen wiederholt, die die Jüngste gemacht hatte, nachdem sie zum erstenmal in
einer englischen Schule gewesen war. Es war doch ganz unmöglich, solche Dinge zu
erfinden. Nein, ich konnte unmöglich an der Wahrheit der Erzählungen meines
Modells zweifeln, besonders da er in jenen Tagen, wo er bei mir verkehrte, keinen
Grund hatte, das Geringste von mir zu erwarten, und mich jedenfalls niemals um
irgend etwas gebeten hatte. Ich erinnerte mich deutlich jener tragischen Episode, wie
er beschrieb, daß sich diese drei Kleinen, nachdem sich eine mitleidige Seele ihrer
erbarmt hätte, als der eigne Vater sie besuchen kam, ängstlich versteckt hatten, weil
sie fürchteten, wenn er sie wieder mitnähme, würden sie Hunger und Kälte erdulden
müssen. Wenn Quarriar solche Dinge erfinden konnte, so war er ein Dichter, denn
in der ganzen das Elend hungernder Armut schildernden Literatur erinnerte ich mich
keiner so packenden Stelle.

Ich ging zu Sir Asser. Er sagte, Quarriar habe, als Conn von ihm gefordert
habe, daß er die Kinder vorführe, das verweigert. Ebenso habe er abgeschlagen,
darauf bezügliche Fragen zu beantworten. Ich fand, daß er da ganz im Rechte
sei. Man sollte den Mann nicht durch so lächerliche Beschuldigungen beleidigen,
sagte ich. Sir Asser lächelte fein und verbarrikadierte sich wie gewöhnlich hinter
einer undurchdringlichen Mauer von offiziellem Mißtrauen und Pessimismus.

Ich schrieb Quarriar, daß er sofort auf mein Atelier kommen möge. Er kam
auch gleich mit gesenktem Haupte zu mir. Seine Züge waren noch bleicher und
kummervoller geworden, man sah ihm an, daß er schwer gelitten hatte. Ja, es war die
Wahrheit, mit dem Sortieren war es vorbei. Die ersten Wochen war alles sehr gut
gegangen. Er hatte selbst die Lumpen aufgekauft und hatte dem ihm von Conn auf¬
gezwungnen Geschäftsteilnehmer verschiednemale Geld gegeben, damit er dasselbe tue.
Sie hatten zusammen gearbeitet und zu diesem Zweck einen Keller gemietet, zu dem
sein Associe" den Schlüssel hatte. Es war im Anfang alles so glatt und gut ge¬
gangen, daß er sogar den Reservefonds von sieben Pfund Sterling, den ich ihm
gegeben hatte, in das Geschäft gesteckt hatte. Er hatte nicht den kleinsten Verdacht
mehr gehegt, da man den Gewinn wöchentlich teilte — jeder bekam gewöhnlich
siebzehn Schilling —, der ganze Keller war voller Vorrat, den sie gemeinschaftlich
eingekauft hatten. Aber als er dann eines Morgens an die Arbeit gehn wollte, fand
er den Arbeitsraum abgeschlossen, und als er nach der Wohnung des Geschäftsteil¬
nehmers ging, um eine Erklärung dafür zu fordern, lachte ihn der Mann aus. Er
behauptete, daß der ganze Vorrat im Keller jetzt ihm gehöre, denn Quarriar habe
nicht nur das Anlagekapital für sich verbraucht, sondern außerdem auch den ihm
zukommenden Anteil des aus dem Verkaufe der Lumpen gezognen Profits.

Außerdem war dieses Geld nicht Ihr Geld, war das fernere Argument dieses
Schurken, und warum sollte ich nicht ebensogut wie Sie aus der christlichen Einfalt
Nutzen ziehn?


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[0494] Das Modell der Schmerzen Der — ich vernahm den verächtlichen Ton deutlich dnrch das Sprachhorn — hat längst umgeschmissen. Es ist gerade so gekommen, wie ich erwartet habe. Mir schien, als vernähme ich, wie der Philanthrop von Profession triumphierend lachte. Ich war sehr erregt darüber, und ehe ich meine Fassung wiedergefunden hatte, war der Anschluß mit Herrn Asser unterbrochen. Am Abend erhielt ich ein Briefchen von ihm, worin er mir mitteilte, daß Quarriar ein Schuft sei, der aus Rußland habe fliehen müssen, weil er, ohne die Berechtigung zu haben, spirituösen verkauft hätte. Er hätte nur zwei, höchstens drei ältliche Töchter; die drei jüngern Kinder seien ein Märchen. Für den Augenblick war ich sehr betroffen, dann aber kehrte mein voller Glaube an Israel zurück. Diese drei Kinder sollten eine Erfindung seiner Phantasie sein? Unmöglich! Ich erinnerte mich zahlloser kleiner Anekdoten über diese Kinder, von denen er offenbar mit großem väterlichen Stolze sprach. Er hatte mir sogar die drolligen Bemerkungen wiederholt, die die Jüngste gemacht hatte, nachdem sie zum erstenmal in einer englischen Schule gewesen war. Es war doch ganz unmöglich, solche Dinge zu erfinden. Nein, ich konnte unmöglich an der Wahrheit der Erzählungen meines Modells zweifeln, besonders da er in jenen Tagen, wo er bei mir verkehrte, keinen Grund hatte, das Geringste von mir zu erwarten, und mich jedenfalls niemals um irgend etwas gebeten hatte. Ich erinnerte mich deutlich jener tragischen Episode, wie er beschrieb, daß sich diese drei Kleinen, nachdem sich eine mitleidige Seele ihrer erbarmt hätte, als der eigne Vater sie besuchen kam, ängstlich versteckt hatten, weil sie fürchteten, wenn er sie wieder mitnähme, würden sie Hunger und Kälte erdulden müssen. Wenn Quarriar solche Dinge erfinden konnte, so war er ein Dichter, denn in der ganzen das Elend hungernder Armut schildernden Literatur erinnerte ich mich keiner so packenden Stelle. Ich ging zu Sir Asser. Er sagte, Quarriar habe, als Conn von ihm gefordert habe, daß er die Kinder vorführe, das verweigert. Ebenso habe er abgeschlagen, darauf bezügliche Fragen zu beantworten. Ich fand, daß er da ganz im Rechte sei. Man sollte den Mann nicht durch so lächerliche Beschuldigungen beleidigen, sagte ich. Sir Asser lächelte fein und verbarrikadierte sich wie gewöhnlich hinter einer undurchdringlichen Mauer von offiziellem Mißtrauen und Pessimismus. Ich schrieb Quarriar, daß er sofort auf mein Atelier kommen möge. Er kam auch gleich mit gesenktem Haupte zu mir. Seine Züge waren noch bleicher und kummervoller geworden, man sah ihm an, daß er schwer gelitten hatte. Ja, es war die Wahrheit, mit dem Sortieren war es vorbei. Die ersten Wochen war alles sehr gut gegangen. Er hatte selbst die Lumpen aufgekauft und hatte dem ihm von Conn auf¬ gezwungnen Geschäftsteilnehmer verschiednemale Geld gegeben, damit er dasselbe tue. Sie hatten zusammen gearbeitet und zu diesem Zweck einen Keller gemietet, zu dem sein Associe" den Schlüssel hatte. Es war im Anfang alles so glatt und gut ge¬ gangen, daß er sogar den Reservefonds von sieben Pfund Sterling, den ich ihm gegeben hatte, in das Geschäft gesteckt hatte. Er hatte nicht den kleinsten Verdacht mehr gehegt, da man den Gewinn wöchentlich teilte — jeder bekam gewöhnlich siebzehn Schilling —, der ganze Keller war voller Vorrat, den sie gemeinschaftlich eingekauft hatten. Aber als er dann eines Morgens an die Arbeit gehn wollte, fand er den Arbeitsraum abgeschlossen, und als er nach der Wohnung des Geschäftsteil¬ nehmers ging, um eine Erklärung dafür zu fordern, lachte ihn der Mann aus. Er behauptete, daß der ganze Vorrat im Keller jetzt ihm gehöre, denn Quarriar habe nicht nur das Anlagekapital für sich verbraucht, sondern außerdem auch den ihm zukommenden Anteil des aus dem Verkaufe der Lumpen gezognen Profits. Außerdem war dieses Geld nicht Ihr Geld, war das fernere Argument dieses Schurken, und warum sollte ich nicht ebensogut wie Sie aus der christlichen Einfalt Nutzen ziehn?

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740/494>, abgerufen am 20.06.2024.