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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

um Schutz für den rechtgläubigen Selbstherrscher im Osten anflehten. Nichts kam dem
Reiz dieser Freundschaft gleich, bei der man Lächeln und Händedruck gerade über
Deutschland, das böse Deutschland, hinweg austauschte. Aber, wie gesagt, die nationalen
Hoffnungen kamen doch nicht ans ihre Rechnung, und fo sprach man von der Sache
nicht mehr so viel, als das neue Einverständnis mit England angebahnt wurde.
Aufgegeben wurde jedoch nichts, die Bundesgenossenschaft bestand fort und konnte
jeden Augenblick den frühern Wärmegrad wieder erreichen. Seitdem ist nun auch
das Abkommen zwischen England und Rußland über Asien abgeschlossen worden,
und damit ist die Möglichkeit gegeben, daß aus den beiden Freundschaften zu zweien
nun eine Freundschaft zu dreien wird. Das; die englische Politik diese Möglichkeit
nach Kräften auszunutzen bestrebt ist, läßt sich wohl verstehn. Die Lage des bri¬
tischen Weltreichs zwingt dazu, überall ein Eisen im Feuer zu haben. Seit Japan
seincni englischen Verbündeten hier und da unbequem und gefährlich wird, sucht
sich England Rußland weiter zu nähern, und der russischen Politik können diese
freundschaftlichen Beziehungen zu den Westmünster nur angenehm sein. Soweit
darin nur eine Tendenz zum Ausgleich drohender Gegensätze liegt, brauchen uns
diese Bestrebungen nicht zu beunruhigen. Es könnte ja nun freilich sein, daß sich
der neue Dreibund in den Dienst von feindlichen Absichten gegen uus und unsre
Verbündeten stellte. Aber es würde wohl bei diesen Absichten bleiben, so wie es bei
dem französisch-russischen Zweibnnd bei der Absicht geblieben ist. Denn das Schwer¬
gewicht der realen Interessen und Möglichkeiten ist größer als das luftige Gespinst
der volkstümlichen Sympathien und Antipathien, die gelegentlich als Mittel für die
ernstern Zwecke der Staatskunst dienen müssen, aber das Schicksal der Völker nicht
allein bestimmen können. Die Interessen der europäischen Mächte sind gegenwärtig
nach allen Richtungen so festgelegt, daß neue Bündnisse nur dazu dienen können,
unerwünschte oder gewaltsame Lösungen schlummernder Krisen hintanzuhalten, nicht
aber neue Konstellationen zu Angriffszweckcn zu schaffen. Wenn der erwartete
Dreibund England-Frankreich-Rußland zustande kommt und wirklich eine deutsch¬
feindliche Spitze zu zeigen versuchen wollte, so würde er sich sehr bald vor einer
Reihe von innern und äußern Unmöglichkeiten sehen und erkennen, daß der
Selbsterhaltungstrieb den Gliedern des Bundes nützlichere und wichtigere Aufgaben
stellt, mit denen sie vollauf zu tun haben, ehe sie überhaupt in der Lage sind, sich
um uns zu kümmern. Das Vergnügen, das deutschfeindliche Kreise in den be¬
teiligten Ländern vielleicht in der Vorstellung finden, Deutschland mit einem solchen
Bunde beunruhigen und in Schach halten zu können, brauchen wir den guten Leuten
nicht zu mißgönnen; es hält sie vielleicht von gefährlichen Plänen zurück.

Wie wenig das wichtigtuende, im Gewände politischer Weisheit einherstolzierende
Gerede von den ständigen Schwierigkeiten und Mißerfolgen der deutschen Politik
oft gilt, zeigt auch der Schritt vorwärts, der neuerdings wieder in der Frage der
Bagdadbahn getan worden ist. Das Unternehmen ist bekanntlich rein wirtschaft¬
licher Natur, vollzieht sich unter türkischer Oberhoheit, arbeitet mit internationalem
Kapital und dient keineswegs nur deutschen Interessen, sondern Handelsbeziehungen,
die ein großes Volkergebiet umfasse". Und doch weiß jedermann, daß man mit
vollem Recht dieses Unternehmen als deutsch, ja im politischen Sinne deutsch be¬
trachtet. Denn seine Ausführung wäre tatsächlich unmöglich gewesen ohne das Ver¬
trauen des Gultans und der Pforte zu deutschem Können auf technischem und
administrativen Gebiete, zu der Solidität deutscher Geschäftstätigkeit und zu der
politischen Loyalität Deutschlands. Erst dadurch ist die Sache in Fluß gekommen.
Daß dieses Vertrauen erworben und erhalten wurde, ist in Wahrheit eine politische'
Tat Deutschlands. Die Ausführung des Unternehmens ist daher auch stets von
einer starken politischen Gegenarbeit andrer Mächte begleitet gewesen. Diese hat
um so stärker eingesetzt, je mehr sich der Bahnbau dem wichtigsten Teil der Arbeit


Maßgebliches und Unmaßgebliches

um Schutz für den rechtgläubigen Selbstherrscher im Osten anflehten. Nichts kam dem
Reiz dieser Freundschaft gleich, bei der man Lächeln und Händedruck gerade über
Deutschland, das böse Deutschland, hinweg austauschte. Aber, wie gesagt, die nationalen
Hoffnungen kamen doch nicht ans ihre Rechnung, und fo sprach man von der Sache
nicht mehr so viel, als das neue Einverständnis mit England angebahnt wurde.
Aufgegeben wurde jedoch nichts, die Bundesgenossenschaft bestand fort und konnte
jeden Augenblick den frühern Wärmegrad wieder erreichen. Seitdem ist nun auch
das Abkommen zwischen England und Rußland über Asien abgeschlossen worden,
und damit ist die Möglichkeit gegeben, daß aus den beiden Freundschaften zu zweien
nun eine Freundschaft zu dreien wird. Das; die englische Politik diese Möglichkeit
nach Kräften auszunutzen bestrebt ist, läßt sich wohl verstehn. Die Lage des bri¬
tischen Weltreichs zwingt dazu, überall ein Eisen im Feuer zu haben. Seit Japan
seincni englischen Verbündeten hier und da unbequem und gefährlich wird, sucht
sich England Rußland weiter zu nähern, und der russischen Politik können diese
freundschaftlichen Beziehungen zu den Westmünster nur angenehm sein. Soweit
darin nur eine Tendenz zum Ausgleich drohender Gegensätze liegt, brauchen uns
diese Bestrebungen nicht zu beunruhigen. Es könnte ja nun freilich sein, daß sich
der neue Dreibund in den Dienst von feindlichen Absichten gegen uus und unsre
Verbündeten stellte. Aber es würde wohl bei diesen Absichten bleiben, so wie es bei
dem französisch-russischen Zweibnnd bei der Absicht geblieben ist. Denn das Schwer¬
gewicht der realen Interessen und Möglichkeiten ist größer als das luftige Gespinst
der volkstümlichen Sympathien und Antipathien, die gelegentlich als Mittel für die
ernstern Zwecke der Staatskunst dienen müssen, aber das Schicksal der Völker nicht
allein bestimmen können. Die Interessen der europäischen Mächte sind gegenwärtig
nach allen Richtungen so festgelegt, daß neue Bündnisse nur dazu dienen können,
unerwünschte oder gewaltsame Lösungen schlummernder Krisen hintanzuhalten, nicht
aber neue Konstellationen zu Angriffszweckcn zu schaffen. Wenn der erwartete
Dreibund England-Frankreich-Rußland zustande kommt und wirklich eine deutsch¬
feindliche Spitze zu zeigen versuchen wollte, so würde er sich sehr bald vor einer
Reihe von innern und äußern Unmöglichkeiten sehen und erkennen, daß der
Selbsterhaltungstrieb den Gliedern des Bundes nützlichere und wichtigere Aufgaben
stellt, mit denen sie vollauf zu tun haben, ehe sie überhaupt in der Lage sind, sich
um uns zu kümmern. Das Vergnügen, das deutschfeindliche Kreise in den be¬
teiligten Ländern vielleicht in der Vorstellung finden, Deutschland mit einem solchen
Bunde beunruhigen und in Schach halten zu können, brauchen wir den guten Leuten
nicht zu mißgönnen; es hält sie vielleicht von gefährlichen Plänen zurück.

Wie wenig das wichtigtuende, im Gewände politischer Weisheit einherstolzierende
Gerede von den ständigen Schwierigkeiten und Mißerfolgen der deutschen Politik
oft gilt, zeigt auch der Schritt vorwärts, der neuerdings wieder in der Frage der
Bagdadbahn getan worden ist. Das Unternehmen ist bekanntlich rein wirtschaft¬
licher Natur, vollzieht sich unter türkischer Oberhoheit, arbeitet mit internationalem
Kapital und dient keineswegs nur deutschen Interessen, sondern Handelsbeziehungen,
die ein großes Volkergebiet umfasse». Und doch weiß jedermann, daß man mit
vollem Recht dieses Unternehmen als deutsch, ja im politischen Sinne deutsch be¬
trachtet. Denn seine Ausführung wäre tatsächlich unmöglich gewesen ohne das Ver¬
trauen des Gultans und der Pforte zu deutschem Können auf technischem und
administrativen Gebiete, zu der Solidität deutscher Geschäftstätigkeit und zu der
politischen Loyalität Deutschlands. Erst dadurch ist die Sache in Fluß gekommen.
Daß dieses Vertrauen erworben und erhalten wurde, ist in Wahrheit eine politische'
Tat Deutschlands. Die Ausführung des Unternehmens ist daher auch stets von
einer starken politischen Gegenarbeit andrer Mächte begleitet gewesen. Diese hat
um so stärker eingesetzt, je mehr sich der Bahnbau dem wichtigsten Teil der Arbeit


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[0448] Maßgebliches und Unmaßgebliches um Schutz für den rechtgläubigen Selbstherrscher im Osten anflehten. Nichts kam dem Reiz dieser Freundschaft gleich, bei der man Lächeln und Händedruck gerade über Deutschland, das böse Deutschland, hinweg austauschte. Aber, wie gesagt, die nationalen Hoffnungen kamen doch nicht ans ihre Rechnung, und fo sprach man von der Sache nicht mehr so viel, als das neue Einverständnis mit England angebahnt wurde. Aufgegeben wurde jedoch nichts, die Bundesgenossenschaft bestand fort und konnte jeden Augenblick den frühern Wärmegrad wieder erreichen. Seitdem ist nun auch das Abkommen zwischen England und Rußland über Asien abgeschlossen worden, und damit ist die Möglichkeit gegeben, daß aus den beiden Freundschaften zu zweien nun eine Freundschaft zu dreien wird. Das; die englische Politik diese Möglichkeit nach Kräften auszunutzen bestrebt ist, läßt sich wohl verstehn. Die Lage des bri¬ tischen Weltreichs zwingt dazu, überall ein Eisen im Feuer zu haben. Seit Japan seincni englischen Verbündeten hier und da unbequem und gefährlich wird, sucht sich England Rußland weiter zu nähern, und der russischen Politik können diese freundschaftlichen Beziehungen zu den Westmünster nur angenehm sein. Soweit darin nur eine Tendenz zum Ausgleich drohender Gegensätze liegt, brauchen uns diese Bestrebungen nicht zu beunruhigen. Es könnte ja nun freilich sein, daß sich der neue Dreibund in den Dienst von feindlichen Absichten gegen uus und unsre Verbündeten stellte. Aber es würde wohl bei diesen Absichten bleiben, so wie es bei dem französisch-russischen Zweibnnd bei der Absicht geblieben ist. Denn das Schwer¬ gewicht der realen Interessen und Möglichkeiten ist größer als das luftige Gespinst der volkstümlichen Sympathien und Antipathien, die gelegentlich als Mittel für die ernstern Zwecke der Staatskunst dienen müssen, aber das Schicksal der Völker nicht allein bestimmen können. Die Interessen der europäischen Mächte sind gegenwärtig nach allen Richtungen so festgelegt, daß neue Bündnisse nur dazu dienen können, unerwünschte oder gewaltsame Lösungen schlummernder Krisen hintanzuhalten, nicht aber neue Konstellationen zu Angriffszweckcn zu schaffen. Wenn der erwartete Dreibund England-Frankreich-Rußland zustande kommt und wirklich eine deutsch¬ feindliche Spitze zu zeigen versuchen wollte, so würde er sich sehr bald vor einer Reihe von innern und äußern Unmöglichkeiten sehen und erkennen, daß der Selbsterhaltungstrieb den Gliedern des Bundes nützlichere und wichtigere Aufgaben stellt, mit denen sie vollauf zu tun haben, ehe sie überhaupt in der Lage sind, sich um uns zu kümmern. Das Vergnügen, das deutschfeindliche Kreise in den be¬ teiligten Ländern vielleicht in der Vorstellung finden, Deutschland mit einem solchen Bunde beunruhigen und in Schach halten zu können, brauchen wir den guten Leuten nicht zu mißgönnen; es hält sie vielleicht von gefährlichen Plänen zurück. Wie wenig das wichtigtuende, im Gewände politischer Weisheit einherstolzierende Gerede von den ständigen Schwierigkeiten und Mißerfolgen der deutschen Politik oft gilt, zeigt auch der Schritt vorwärts, der neuerdings wieder in der Frage der Bagdadbahn getan worden ist. Das Unternehmen ist bekanntlich rein wirtschaft¬ licher Natur, vollzieht sich unter türkischer Oberhoheit, arbeitet mit internationalem Kapital und dient keineswegs nur deutschen Interessen, sondern Handelsbeziehungen, die ein großes Volkergebiet umfasse». Und doch weiß jedermann, daß man mit vollem Recht dieses Unternehmen als deutsch, ja im politischen Sinne deutsch be¬ trachtet. Denn seine Ausführung wäre tatsächlich unmöglich gewesen ohne das Ver¬ trauen des Gultans und der Pforte zu deutschem Können auf technischem und administrativen Gebiete, zu der Solidität deutscher Geschäftstätigkeit und zu der politischen Loyalität Deutschlands. Erst dadurch ist die Sache in Fluß gekommen. Daß dieses Vertrauen erworben und erhalten wurde, ist in Wahrheit eine politische' Tat Deutschlands. Die Ausführung des Unternehmens ist daher auch stets von einer starken politischen Gegenarbeit andrer Mächte begleitet gewesen. Diese hat um so stärker eingesetzt, je mehr sich der Bahnbau dem wichtigsten Teil der Arbeit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740/448>, abgerufen am 24.07.2024.