Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr.Das vorgoethische Weimar so wichtig, das gelobte Land der deutschen Literatur in einem Zustande kennen Hierzu gibt uns ein Buch von Wilhelm Bode, zurzeit wohl dem besten Das Geheime Konsilium, die oberste Regierungsbehörde, mit der die Herzogin Das Militär setzte sich aus Garde du Corps, Husaren und Infanterie *) Berlin, E. S. Mittler K Sohn, jeder Band geh. 3 Mark, geb. 3 Mark S0 Pfennige,
alle drei Bände geb. 10 Mark. Das vorgoethische Weimar so wichtig, das gelobte Land der deutschen Literatur in einem Zustande kennen Hierzu gibt uns ein Buch von Wilhelm Bode, zurzeit wohl dem besten Das Geheime Konsilium, die oberste Regierungsbehörde, mit der die Herzogin Das Militär setzte sich aus Garde du Corps, Husaren und Infanterie *) Berlin, E. S. Mittler K Sohn, jeder Band geh. 3 Mark, geb. 3 Mark S0 Pfennige,
alle drei Bände geb. 10 Mark. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0418" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/312103"/> <fw type="header" place="top"> Das vorgoethische Weimar</fw><lb/> <p xml:id="ID_1667" prev="#ID_1666"> so wichtig, das gelobte Land der deutschen Literatur in einem Zustande kennen<lb/> zu lernen, worin es sich noch durch nichts von jedem beliebigen deutschen Klein¬<lb/> staat unterschied, und den Acker zu untersuchen, auf dem bald danach eine so<lb/> verheißungsvolle Saat keimen sollte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1668"> Hierzu gibt uns ein Buch von Wilhelm Bode, zurzeit wohl dem besten<lb/> Kenner der in Frage kommenden Verhältnisse, eine Anleitung, das als der erste<lb/> Band einer ausführlichen dreibändigen Biographie der Herzogin Amalie unter<lb/> dem Sondertitel Das vorgoethische Weimar soeben erschienen ist.*) Es<lb/> zeigt uns die junge Witwe des früh verstorbnen Herzogs Ernst August Konstantin<lb/> als Vormünderin ihrer beiden Söhne und als Regentin. Die begabte, lebhaft<lb/> empfindende Frau, die als Prinzessin am braunschweigischen Hofe die Rolle<lb/> des Aschenbrödels gespielt hatte, hatte auch in Weimar keinen leichten Stand.<lb/> Die maßgebenden Männer beim Hof und bei der Regierung waren nicht gewillt,<lb/> sich einer unerfahrnen Frau ohne weiteres unterzuordnen, und von den Söhnen<lb/> verriet wenigstens der Erbprinz Karl August schon früh einen zuweilen an<lb/> Starrsinn grenzenden Hang zur Selbständigkeit.</p><lb/> <p xml:id="ID_1669"> Das Geheime Konsilium, die oberste Regierungsbehörde, mit der die Herzogin<lb/> am meisten in Berührung kam, und der der Minister von Fritsch, ein pflicht¬<lb/> treuer aber nicht immer bequemer Beamter, präsidierte, entsprach etwa dem, was<lb/> wir heute ein Ministerium nennen. Ihm untergeordnet waren an höhern Be¬<lb/> hörden die „Landesregierung", etwa nach heutigen Begriffen Justizverwaltung<lb/> und Oberappellationsgericht, das „Kammerkollegium", dem in der Hauptsache<lb/> die Verwaltung des fürstlichen Grundbesitzes oblag, das „Oberkonsistorium", das<lb/> „Landschaftskassendirektorium", die „Generalpolizeidirektion", die sich vorwiegend<lb/> mit der Wohlfahrtspflege zu befassen hatte, das „Obergeleitsamt" — Weimar<lb/> beanspruchte das Geleitsrecht auf den wichtigsten Straßen im nördlichen<lb/> Thüringen —, die „Oberaufsicht in Jena", die „Landesregierung in Eisenach",<lb/> der ein besondres Oberkonsistorium zugeordnet war, die „Jägerei", der neben<lb/> dem Jagddienst auch die Verwaltung des Forstwesens zufiel, und die „Kriegs¬<lb/> kommisston" mit besondern Ressorts der Kriegskanzlei, der Proviantbäckerei und<lb/> der Marschkommission.</p><lb/> <p xml:id="ID_1670"> Das Militär setzte sich aus Garde du Corps, Husaren und Infanterie<lb/> zusammen, es entsprach, was die Zahl der Soldaten anlangte, den Anforderungen<lb/> der Reichsverfassung, war aber alles andre als kriegstüchtig und diente fast nur<lb/> zu Polizeizwecken, zur gelegentlichen Erweiterung der Hofdienerschaft und zur<lb/> Repräsentation. Die Soldaten lagen nicht in Kasernen, sondern in Privat¬<lb/> quartieren bei Bürgern; zuweilen wurden sie auch in die Häuser säumiger<lb/> Steuerzahler gelegt. Sie erfreuten sich übrigens des ausgedehntesten Urlaubs<lb/> und beschäftigten sich als Tagelöhner oder als Handwerker.</p><lb/> <note xml:id="FID_57" place="foot"> *) Berlin, E. S. Mittler K Sohn, jeder Band geh. 3 Mark, geb. 3 Mark S0 Pfennige,<lb/> alle drei Bände geb. 10 Mark.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0418]
Das vorgoethische Weimar
so wichtig, das gelobte Land der deutschen Literatur in einem Zustande kennen
zu lernen, worin es sich noch durch nichts von jedem beliebigen deutschen Klein¬
staat unterschied, und den Acker zu untersuchen, auf dem bald danach eine so
verheißungsvolle Saat keimen sollte.
Hierzu gibt uns ein Buch von Wilhelm Bode, zurzeit wohl dem besten
Kenner der in Frage kommenden Verhältnisse, eine Anleitung, das als der erste
Band einer ausführlichen dreibändigen Biographie der Herzogin Amalie unter
dem Sondertitel Das vorgoethische Weimar soeben erschienen ist.*) Es
zeigt uns die junge Witwe des früh verstorbnen Herzogs Ernst August Konstantin
als Vormünderin ihrer beiden Söhne und als Regentin. Die begabte, lebhaft
empfindende Frau, die als Prinzessin am braunschweigischen Hofe die Rolle
des Aschenbrödels gespielt hatte, hatte auch in Weimar keinen leichten Stand.
Die maßgebenden Männer beim Hof und bei der Regierung waren nicht gewillt,
sich einer unerfahrnen Frau ohne weiteres unterzuordnen, und von den Söhnen
verriet wenigstens der Erbprinz Karl August schon früh einen zuweilen an
Starrsinn grenzenden Hang zur Selbständigkeit.
Das Geheime Konsilium, die oberste Regierungsbehörde, mit der die Herzogin
am meisten in Berührung kam, und der der Minister von Fritsch, ein pflicht¬
treuer aber nicht immer bequemer Beamter, präsidierte, entsprach etwa dem, was
wir heute ein Ministerium nennen. Ihm untergeordnet waren an höhern Be¬
hörden die „Landesregierung", etwa nach heutigen Begriffen Justizverwaltung
und Oberappellationsgericht, das „Kammerkollegium", dem in der Hauptsache
die Verwaltung des fürstlichen Grundbesitzes oblag, das „Oberkonsistorium", das
„Landschaftskassendirektorium", die „Generalpolizeidirektion", die sich vorwiegend
mit der Wohlfahrtspflege zu befassen hatte, das „Obergeleitsamt" — Weimar
beanspruchte das Geleitsrecht auf den wichtigsten Straßen im nördlichen
Thüringen —, die „Oberaufsicht in Jena", die „Landesregierung in Eisenach",
der ein besondres Oberkonsistorium zugeordnet war, die „Jägerei", der neben
dem Jagddienst auch die Verwaltung des Forstwesens zufiel, und die „Kriegs¬
kommisston" mit besondern Ressorts der Kriegskanzlei, der Proviantbäckerei und
der Marschkommission.
Das Militär setzte sich aus Garde du Corps, Husaren und Infanterie
zusammen, es entsprach, was die Zahl der Soldaten anlangte, den Anforderungen
der Reichsverfassung, war aber alles andre als kriegstüchtig und diente fast nur
zu Polizeizwecken, zur gelegentlichen Erweiterung der Hofdienerschaft und zur
Repräsentation. Die Soldaten lagen nicht in Kasernen, sondern in Privat¬
quartieren bei Bürgern; zuweilen wurden sie auch in die Häuser säumiger
Steuerzahler gelegt. Sie erfreuten sich übrigens des ausgedehntesten Urlaubs
und beschäftigten sich als Tagelöhner oder als Handwerker.
*) Berlin, E. S. Mittler K Sohn, jeder Band geh. 3 Mark, geb. 3 Mark S0 Pfennige,
alle drei Bände geb. 10 Mark.
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