Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr.Aus dem griechischen Erzgebirge Dieser Verteilung von Wald- und Kulturgebiet entspricht auch die der Auch ethnographisch läßt sich eine Scheidung in Ost und West durchführen. Die byzantinische Kolonisierung hat besonders für die drei südlichen Halb¬ Aus dem griechischen Erzgebirge Dieser Verteilung von Wald- und Kulturgebiet entspricht auch die der Auch ethnographisch läßt sich eine Scheidung in Ost und West durchführen. Die byzantinische Kolonisierung hat besonders für die drei südlichen Halb¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0338" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/312025"/> <fw type="header" place="top"> Aus dem griechischen Erzgebirge</fw><lb/> <p xml:id="ID_1353"> Dieser Verteilung von Wald- und Kulturgebiet entspricht auch die der<lb/> Ortschaften: am dichtesten besiedelt ist die westliche Hälfte; hier liegen auch die<lb/> vier größten Dörfer mit je 2000 Einwohnern: Apanomi, Vcissilika, Galätista<lb/> und Polijiros, während die größten der Osthälfte, wie Larigowi, Wawdos,<lb/> Ormylia und Jerissos, zwischen 1000 und 1500 Einwohnern schwanken. Im<lb/> ganzen zählt man 233 Ortschaften mit 72500 Einwohnern, wovon 163 mit<lb/> 52000 Einwohnern auf den Westen, 70 mit 21000 Einwohnern auf den<lb/> Osten entfallen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1354"> Auch ethnographisch läßt sich eine Scheidung in Ost und West durchführen.<lb/> Zwar ist die erdrückende Mehrzahl der Bevölkerung griechisch (60000), die<lb/> übrigen sind Slawen, Türken, Zigeuner sowie die auf zwei Distrikte beschränkten<lb/> Volkssplitter der Jürüken (vgl. über diese Struck S. 32 f.), doch ist zu be¬<lb/> achten, daß die Bewohner der östlichen Minendistrikte ursprünglich Bulgaren<lb/> waren, die aber jetzt gräzisiert sind, wie überhaupt der waldreiche Osten im<lb/> Mittelalter ganz slawisiert worden ist, wie man des näheren bei Fallmeraycr<lb/> S. 341 ff. nachlesen kann. Die Berg-, Fluß- und Ortsnamen geben noch<lb/> Zeugnis davon (den bei Struck S. 48 verzeichneten Namen sind noch hinzu¬<lb/> zufügen der des Gebirges Cholomonda sowie die Ortsnamen Zagliveri und<lb/> Larigowi). Altgriechische Ortsnamen haben sich bezeichnenderweise vorwiegend<lb/> im Westen erhalten, nämlich Anthimos (Vlumenau) in der Nähe von Galätista,<lb/> jetzt Flur-, einst Stadtname, dann der Name des Kalorongebirges (agr.<lb/> /ca^,«^too ö'^os), ferner Kassandra, aus Kassandria, einer Gründung König<lb/> Kassanders (an der Stätte des frühern Potidäa), deren Name sich dann der<lb/> ganzen Halbinsel mitgeteilt hat, endlich Athytos (agr. Aphytis) auf derselben<lb/> Halbinsel. Im Osten ist nur erhalten Stratoni (agr. Stratonikeia) am Golf<lb/> von Jerissos und Toronis (agr. Torone) an der Westküste der Halbinsel<lb/> Longos. Alle übrigen griechischen Ortsnamen sind byzantinisch, wie ja die<lb/> ganze Halbinsel im siebenten und achten Jahrhundert von den byzantinischen<lb/> Kaisern neu kolonisiert worden ist, sodaß von Resten altgriechischer Bevölkerung<lb/> keine Rede sein kann. Immerhin wäre es dankenswert gewesen, wenn Struck<lb/> außer den Landschaftsbildern und Volksszenen auch einige Volkstypen bei¬<lb/> gefügt hätte aus verschiednen Gegenden, die interessante Vergleiche gestatten<lb/> würden. Besonders in dem südlichen Mittelgebiet (der sogenannten Chassia)<lb/> sollen sich noch schöne Physiognomien finden (vgl. Cousinery, Voz^ö<lb/> Na<z6äoiiis II, 134).</p><lb/> <p xml:id="ID_1355" next="#ID_1356"> Die byzantinische Kolonisierung hat besonders für die drei südlichen Halb¬<lb/> inseln bemerkenswerte Folgen in sozialer Hinsicht gehabt. Wie bekannt, ist die<lb/> östlichste Halbinsel seit fast tausend Jahren ein Klosterland, der „heilige Berg"<lb/> geheißen. Weniger bekannt aber ist, daß auch die beiden andern, Longos und<lb/> Kassandra, zahlreiche Metochien bergen, das heißt „aus frommen Schenkungen<lb/> herrührende Besitzungen der griechischen Klöster, vornehmlich der des Athos,<lb/> die in Gutshöfe umgewandelt wurden und entweder in Pacht gegeben oder</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0338]
Aus dem griechischen Erzgebirge
Dieser Verteilung von Wald- und Kulturgebiet entspricht auch die der
Ortschaften: am dichtesten besiedelt ist die westliche Hälfte; hier liegen auch die
vier größten Dörfer mit je 2000 Einwohnern: Apanomi, Vcissilika, Galätista
und Polijiros, während die größten der Osthälfte, wie Larigowi, Wawdos,
Ormylia und Jerissos, zwischen 1000 und 1500 Einwohnern schwanken. Im
ganzen zählt man 233 Ortschaften mit 72500 Einwohnern, wovon 163 mit
52000 Einwohnern auf den Westen, 70 mit 21000 Einwohnern auf den
Osten entfallen.
Auch ethnographisch läßt sich eine Scheidung in Ost und West durchführen.
Zwar ist die erdrückende Mehrzahl der Bevölkerung griechisch (60000), die
übrigen sind Slawen, Türken, Zigeuner sowie die auf zwei Distrikte beschränkten
Volkssplitter der Jürüken (vgl. über diese Struck S. 32 f.), doch ist zu be¬
achten, daß die Bewohner der östlichen Minendistrikte ursprünglich Bulgaren
waren, die aber jetzt gräzisiert sind, wie überhaupt der waldreiche Osten im
Mittelalter ganz slawisiert worden ist, wie man des näheren bei Fallmeraycr
S. 341 ff. nachlesen kann. Die Berg-, Fluß- und Ortsnamen geben noch
Zeugnis davon (den bei Struck S. 48 verzeichneten Namen sind noch hinzu¬
zufügen der des Gebirges Cholomonda sowie die Ortsnamen Zagliveri und
Larigowi). Altgriechische Ortsnamen haben sich bezeichnenderweise vorwiegend
im Westen erhalten, nämlich Anthimos (Vlumenau) in der Nähe von Galätista,
jetzt Flur-, einst Stadtname, dann der Name des Kalorongebirges (agr.
/ca^,«^too ö'^os), ferner Kassandra, aus Kassandria, einer Gründung König
Kassanders (an der Stätte des frühern Potidäa), deren Name sich dann der
ganzen Halbinsel mitgeteilt hat, endlich Athytos (agr. Aphytis) auf derselben
Halbinsel. Im Osten ist nur erhalten Stratoni (agr. Stratonikeia) am Golf
von Jerissos und Toronis (agr. Torone) an der Westküste der Halbinsel
Longos. Alle übrigen griechischen Ortsnamen sind byzantinisch, wie ja die
ganze Halbinsel im siebenten und achten Jahrhundert von den byzantinischen
Kaisern neu kolonisiert worden ist, sodaß von Resten altgriechischer Bevölkerung
keine Rede sein kann. Immerhin wäre es dankenswert gewesen, wenn Struck
außer den Landschaftsbildern und Volksszenen auch einige Volkstypen bei¬
gefügt hätte aus verschiednen Gegenden, die interessante Vergleiche gestatten
würden. Besonders in dem südlichen Mittelgebiet (der sogenannten Chassia)
sollen sich noch schöne Physiognomien finden (vgl. Cousinery, Voz^ö
Na<z6äoiiis II, 134).
Die byzantinische Kolonisierung hat besonders für die drei südlichen Halb¬
inseln bemerkenswerte Folgen in sozialer Hinsicht gehabt. Wie bekannt, ist die
östlichste Halbinsel seit fast tausend Jahren ein Klosterland, der „heilige Berg"
geheißen. Weniger bekannt aber ist, daß auch die beiden andern, Longos und
Kassandra, zahlreiche Metochien bergen, das heißt „aus frommen Schenkungen
herrührende Besitzungen der griechischen Klöster, vornehmlich der des Athos,
die in Gutshöfe umgewandelt wurden und entweder in Pacht gegeben oder
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