Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr.Brauchen wir die Ausländer in unsern Kolonien? überhandnehmen und einen Pfahl im Fleisch der Kolonie bilden wird. Ich Wenn wir ernsthaft wollen, so bietet uns das Einwandrungsgesetz vom Dem Burentum gegenüber treten jedenfalls jene Elemente, die der Auf¬ Ganz andre Verhältnisse finden wir in Ostafrika. Zwar hat sich auch Brauchen wir die Ausländer in unsern Kolonien? überhandnehmen und einen Pfahl im Fleisch der Kolonie bilden wird. Ich Wenn wir ernsthaft wollen, so bietet uns das Einwandrungsgesetz vom Dem Burentum gegenüber treten jedenfalls jene Elemente, die der Auf¬ Ganz andre Verhältnisse finden wir in Ostafrika. Zwar hat sich auch <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0263" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/311950"/> <fw type="header" place="top"> Brauchen wir die Ausländer in unsern Kolonien?</fw><lb/> <p xml:id="ID_1139" prev="#ID_1138"> überhandnehmen und einen Pfahl im Fleisch der Kolonie bilden wird. Ich<lb/> meine, man hat, seit die Burenbegeisterung verflogen ist, und die Dinge<lb/> nüchterner betrachtet Merdeu, die Buren als ein höchst unruhiges, schwer zu<lb/> lenkendes Element kennen gelernt und sollte deshalb versuchen, die Kolonie<lb/> nach Möglichkeit vor spätern innern Kämpfen und Hemmungen zu bewahren, die<lb/> das Zusammenleben zweier verschiedenartiger Volkselemente mit sich bringen<lb/> muß. Man soll nicht mehr sagen, daß die Buren unsre Lehrmeister sind.<lb/> Und wenn sie es je waren, so sind sie von ihren Schülern längst überflügelt<lb/> worden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1140"> Wenn wir ernsthaft wollen, so bietet uns das Einwandrungsgesetz vom<lb/> 15. Dezember 1905 mancherlei Handhaben, auch wäre der von manchen Seiten<lb/> gemachte Vorschlag, das Erbrecht nach holländisch-afrikanischen Muster auszu¬<lb/> gestalten, sehr zu erwägen. Denn wenn die Ehegatten gehalten sind, nach dem<lb/> Tode des einen Teils das Erbe der Nachkommen sicherzustellen, ehe sie eine<lb/> neue Ehe eingehn, so würde dies die Expansionsfähigkeit des Burentums<lb/> immerhin beschränken. Die Verpflichtung zur sofortigen Seßhaftmachung und<lb/> die Schulpflicht werden ein übriges tun. Eine besonders wichtige Aufgabe<lb/> aber fällt der deutschen Frau zu. Nichts wird der Erhaltung und Förderung<lb/> des deutschen Übergewichts dienlicher sein als die Unterstützung von Bestrebungen,<lb/> die aus der Kolonie eine deutsche Familiensiedluug machen wollen. Wenn<lb/> darauf hingearbeitet wird, daß sich unsre südwestafrikanischen Landsleute möglichst<lb/> schnell nach ihrer Niederlassung eine Familie gründen können, und daß sich die<lb/> deutsche Bevölkerung in gesunder Weise vermehrt, so wird dadurch dem aus¬<lb/> ländischen Einfluß am wirksamsten vorgebeugt. Es sei deshalb an dieser Stelle<lb/> auf die Bestrebungen des vor einem Jahre gegründeten Deutschkolonialen<lb/> Frauenbundes hingewiesen und dessen Wirken der Beachtung empfohlen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1141"> Dem Burentum gegenüber treten jedenfalls jene Elemente, die der Auf¬<lb/> stand nach den Hafenstädten gezogen hat, und die mit ihren unlautern Ge¬<lb/> schäften dem legitimen Handel vielerlei Schaden zugefügt haben, in den Hinter¬<lb/> grund. Immerhin wird sich das Neiuignngsgeschäft auch auf diese beziehen<lb/> müssen, soweit sie nach beendeten Aufstand nicht von selbst verschwinden. Wir<lb/> haben keinerlei Veranlassung, zuzusehen, wie sich mit Hilfe unsrer Eisenbahnen<lb/> allerlei ausländisches Gesindel die Taschen füllt, während so und soviel solide<lb/> deutsche Ansiedler nur notdürftig ihr Leben fristen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1142" next="#ID_1143"> Ganz andre Verhältnisse finden wir in Ostafrika. Zwar hat sich auch<lb/> dort in neuerer Zeit eine Anzahl Buren niedergelassen, doch sind die Erfahrungen,<lb/> die hier mit ihnen gemacht worden sind, so wenig erfreulich, daß ein weiterer<lb/> Zuzug kaum zu erwarten ist. Auch in Ostafrika hat sich wieder gezeigt, daß<lb/> vom Buren bahnbrechende wirtschaftliche Arbeit kaum zu erwarten ist, daß sein<lb/> Streben hauptsächlich darauf ausgeht, möglichst schnell und mühelos „Geld zu<lb/> verdienen". Fast überall, wo Buren zugezogen sind, wird darüber geklagt, daß<lb/> sie im Lande umherziehen und das Wild abschießen, statt sich ordentlich an-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0263]
Brauchen wir die Ausländer in unsern Kolonien?
überhandnehmen und einen Pfahl im Fleisch der Kolonie bilden wird. Ich
meine, man hat, seit die Burenbegeisterung verflogen ist, und die Dinge
nüchterner betrachtet Merdeu, die Buren als ein höchst unruhiges, schwer zu
lenkendes Element kennen gelernt und sollte deshalb versuchen, die Kolonie
nach Möglichkeit vor spätern innern Kämpfen und Hemmungen zu bewahren, die
das Zusammenleben zweier verschiedenartiger Volkselemente mit sich bringen
muß. Man soll nicht mehr sagen, daß die Buren unsre Lehrmeister sind.
Und wenn sie es je waren, so sind sie von ihren Schülern längst überflügelt
worden.
Wenn wir ernsthaft wollen, so bietet uns das Einwandrungsgesetz vom
15. Dezember 1905 mancherlei Handhaben, auch wäre der von manchen Seiten
gemachte Vorschlag, das Erbrecht nach holländisch-afrikanischen Muster auszu¬
gestalten, sehr zu erwägen. Denn wenn die Ehegatten gehalten sind, nach dem
Tode des einen Teils das Erbe der Nachkommen sicherzustellen, ehe sie eine
neue Ehe eingehn, so würde dies die Expansionsfähigkeit des Burentums
immerhin beschränken. Die Verpflichtung zur sofortigen Seßhaftmachung und
die Schulpflicht werden ein übriges tun. Eine besonders wichtige Aufgabe
aber fällt der deutschen Frau zu. Nichts wird der Erhaltung und Förderung
des deutschen Übergewichts dienlicher sein als die Unterstützung von Bestrebungen,
die aus der Kolonie eine deutsche Familiensiedluug machen wollen. Wenn
darauf hingearbeitet wird, daß sich unsre südwestafrikanischen Landsleute möglichst
schnell nach ihrer Niederlassung eine Familie gründen können, und daß sich die
deutsche Bevölkerung in gesunder Weise vermehrt, so wird dadurch dem aus¬
ländischen Einfluß am wirksamsten vorgebeugt. Es sei deshalb an dieser Stelle
auf die Bestrebungen des vor einem Jahre gegründeten Deutschkolonialen
Frauenbundes hingewiesen und dessen Wirken der Beachtung empfohlen.
Dem Burentum gegenüber treten jedenfalls jene Elemente, die der Auf¬
stand nach den Hafenstädten gezogen hat, und die mit ihren unlautern Ge¬
schäften dem legitimen Handel vielerlei Schaden zugefügt haben, in den Hinter¬
grund. Immerhin wird sich das Neiuignngsgeschäft auch auf diese beziehen
müssen, soweit sie nach beendeten Aufstand nicht von selbst verschwinden. Wir
haben keinerlei Veranlassung, zuzusehen, wie sich mit Hilfe unsrer Eisenbahnen
allerlei ausländisches Gesindel die Taschen füllt, während so und soviel solide
deutsche Ansiedler nur notdürftig ihr Leben fristen.
Ganz andre Verhältnisse finden wir in Ostafrika. Zwar hat sich auch
dort in neuerer Zeit eine Anzahl Buren niedergelassen, doch sind die Erfahrungen,
die hier mit ihnen gemacht worden sind, so wenig erfreulich, daß ein weiterer
Zuzug kaum zu erwarten ist. Auch in Ostafrika hat sich wieder gezeigt, daß
vom Buren bahnbrechende wirtschaftliche Arbeit kaum zu erwarten ist, daß sein
Streben hauptsächlich darauf ausgeht, möglichst schnell und mühelos „Geld zu
verdienen". Fast überall, wo Buren zugezogen sind, wird darüber geklagt, daß
sie im Lande umherziehen und das Wild abschießen, statt sich ordentlich an-
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