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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr.

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Die Stadterweiterung

solche gelten sollen, die den Vorschriften entsprechen, sodaß an ihnen Häuser
gebaut werden dürfen. Mangvldt bemerkt, daß diese Vorschriften u. a. auch
darum preissteigernd wirken mußten, weil durch die Beschränkung des Hüuser-
baus auf vorhandne Straßennetze, namentlich wenn diese klein sind, die Kon¬
kurrenz der Baulustigen verschärft wird. Für die Herstellung der Straßen und
Plätze gelten, abgesehen vom Technischen, noch folgende Vorschriften. Sie
dürfen nicht in kleinen Bruchstücken gebaut, sondern müssen wenigstens von
einem Straßenkreuz bis zum andern vollendet werden und mindestens an einem
Ende unmittelbaren Anschluß an eine schon bestehende oder an eine bauplan¬
mäßig vorgesehene Straße haben. Und diese Straßen und Plätze müssen mit
Schleusen und Wasserleitung versehen sein. Das Bauen und die Einrichtung
der Straßen besorgt der Rat selbst in eigner Regie, und zwar bestimmt er
selbst, zu welcher Zeit der Straßenbau ausgeführt werden soll; der Terrain¬
unternehmer hat nur das dafür erforderliche Land herzugeben und die Bau¬
kosten zu tragen. Antrüge auf Ausführung der im Plan vorgesehenen Straßen¬
bauten werden nicht selten vom Rat abgelehnt, weil dieser die Zeit noch nicht
für gekommen erachtet; denn er hält darauf, daß Neubauten immer nur im
unmittelbaren Anschluß an die schon mit Häusern angefüllten Stadtteile unter¬
nommen werden. Und ehe die Ausführung der Straßenbauten beginnen kann,
müssen wiederum eine Reihe von Stadien durchlaufen werden. Eins davon
besteht darin, daß die dafür bestimmten Landstreifen von den etwa darauf
haftenden Hypotheken befreit und auf dem Wege der Dismembration sowohl
technisch wie juristisch aus dem Eigentumszusammenhange gelöst sind, in dem
sie bisher gestanden haben. Dasselbe gilt für die von den Straßen einge¬
schlossenen Bebauungsflächen, die außerdem in Baustellen zerlegt sein müssen,
für die in Beziehung auf Größe und Form allerlei Vorschriften bestehn. Das
ist Geometerarbeit, während die juristische Dismembration, oder wie jetzt lieber
gesagt wird, Zergliederung Umschreibungen im Grundbuche und im Steuerkataster
erfordert.

In dem folgenden Kapitel: "Die eigentlich treibenden Kräfte der Stadt¬
erweiterung", wird zunächst dargelegt, daß unter ihnen die Dresdner Stadt¬
verwaltung nur eine bescheidne Rolle spiele. (Die eigentlich treibende Kraft
ist doch das Wohnbedürfnis des Bevölkerungszuwachses.) Sie sei einigemal,
wo dringendes Bedürfnis vorlag, mit Enteignungen, sei wohl auch selbst
auf Geländen, die ihr Eigentum waren, mit der Aufschließung vorgegangen,
als Bauunternehmerin aber, abgesehen von der Errichtung städtischer Ge¬
bäude, nicht aufgetreten. "In Summa dürfte in Dresden für unsre ganze
Beobachtungszeit, 1866 bis 1902, der Einfluß der Stadtverwaltung weit mehr
als ein Hindernis denn als eine Förderung einer flotten und reichlichen Auf¬
schließung von Bauländereien zu hundelt sein. Allerdings erfährt dieses Er¬
gebnis durch die wiederholten bedeutenden Einverleibungen in verschiednen
Richtungen wieder eine gewisse Korrektur, namentlich dadurch, daß eine Anzahl


Die Stadterweiterung

solche gelten sollen, die den Vorschriften entsprechen, sodaß an ihnen Häuser
gebaut werden dürfen. Mangvldt bemerkt, daß diese Vorschriften u. a. auch
darum preissteigernd wirken mußten, weil durch die Beschränkung des Hüuser-
baus auf vorhandne Straßennetze, namentlich wenn diese klein sind, die Kon¬
kurrenz der Baulustigen verschärft wird. Für die Herstellung der Straßen und
Plätze gelten, abgesehen vom Technischen, noch folgende Vorschriften. Sie
dürfen nicht in kleinen Bruchstücken gebaut, sondern müssen wenigstens von
einem Straßenkreuz bis zum andern vollendet werden und mindestens an einem
Ende unmittelbaren Anschluß an eine schon bestehende oder an eine bauplan¬
mäßig vorgesehene Straße haben. Und diese Straßen und Plätze müssen mit
Schleusen und Wasserleitung versehen sein. Das Bauen und die Einrichtung
der Straßen besorgt der Rat selbst in eigner Regie, und zwar bestimmt er
selbst, zu welcher Zeit der Straßenbau ausgeführt werden soll; der Terrain¬
unternehmer hat nur das dafür erforderliche Land herzugeben und die Bau¬
kosten zu tragen. Antrüge auf Ausführung der im Plan vorgesehenen Straßen¬
bauten werden nicht selten vom Rat abgelehnt, weil dieser die Zeit noch nicht
für gekommen erachtet; denn er hält darauf, daß Neubauten immer nur im
unmittelbaren Anschluß an die schon mit Häusern angefüllten Stadtteile unter¬
nommen werden. Und ehe die Ausführung der Straßenbauten beginnen kann,
müssen wiederum eine Reihe von Stadien durchlaufen werden. Eins davon
besteht darin, daß die dafür bestimmten Landstreifen von den etwa darauf
haftenden Hypotheken befreit und auf dem Wege der Dismembration sowohl
technisch wie juristisch aus dem Eigentumszusammenhange gelöst sind, in dem
sie bisher gestanden haben. Dasselbe gilt für die von den Straßen einge¬
schlossenen Bebauungsflächen, die außerdem in Baustellen zerlegt sein müssen,
für die in Beziehung auf Größe und Form allerlei Vorschriften bestehn. Das
ist Geometerarbeit, während die juristische Dismembration, oder wie jetzt lieber
gesagt wird, Zergliederung Umschreibungen im Grundbuche und im Steuerkataster
erfordert.

In dem folgenden Kapitel: „Die eigentlich treibenden Kräfte der Stadt¬
erweiterung", wird zunächst dargelegt, daß unter ihnen die Dresdner Stadt¬
verwaltung nur eine bescheidne Rolle spiele. (Die eigentlich treibende Kraft
ist doch das Wohnbedürfnis des Bevölkerungszuwachses.) Sie sei einigemal,
wo dringendes Bedürfnis vorlag, mit Enteignungen, sei wohl auch selbst
auf Geländen, die ihr Eigentum waren, mit der Aufschließung vorgegangen,
als Bauunternehmerin aber, abgesehen von der Errichtung städtischer Ge¬
bäude, nicht aufgetreten. „In Summa dürfte in Dresden für unsre ganze
Beobachtungszeit, 1866 bis 1902, der Einfluß der Stadtverwaltung weit mehr
als ein Hindernis denn als eine Förderung einer flotten und reichlichen Auf¬
schließung von Bauländereien zu hundelt sein. Allerdings erfährt dieses Er¬
gebnis durch die wiederholten bedeutenden Einverleibungen in verschiednen
Richtungen wieder eine gewisse Korrektur, namentlich dadurch, daß eine Anzahl


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740/190>, abgerufen am 04.07.2024.