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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr.

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Sie großen Flotten der Welt im Jahre I.Y03

es sich dabei um den Bau von sechs Schlachtschiffen, die eine Wasserverdrängung
von 20000 bis 21000 Tonnen erhalten und, mit Turbinenmaschinen versehen,
eine Geschwindigkeit von 20 Knoten erreichen sollen. Auch die Armierung
dieser Schiffe scheint schon festzustehn. Es ist darüber in den Sitzungen des
obersten Marinerats zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen zwischen den
Gegnern und den Anhängern einer nur einkalibrigen Bestückung für die schwere
Artillerie und über den Wegfall der mittlern Artillerie. Das Ergebnis ist,
daß die zu beantragenden sechs Schlachtschiffe mit je sechs 30,5 Zentimeter-, acht
24 Zentimeter- und achtzehn 10 Zentimeter-Geschützen ausgerüstet werden sollen.

Unter den organisatorischen Maßnahmen bei der französischen Flotte ist
die Neuverteilung der Geschwader hervorzuheben. Danach setzt sich das Mittel¬
meergeschwader aus zwölf modernen Schlachtschiffen und sechs Panzerkreuzern
zusammen, von denen jedoch nur je die Hälfte das ganze Jahr mit voller
Bemannung, die andre Hälfte mit verringerten Stande in Dienst gehalten
wird. Das Geschwader des Atlantischen Ozeans wird aus zwei Divisionen
von je zwei Panzerkreuzern gebildet, außerdem sind in den Häfen der Nord¬
küste noch drei ältere Linienschiffe Und neun Küstenpanzer als Reserve stationiert.
Zum asiatischen Geschwader endlich zählen nur ein Panzerkreuzer und drei
geschützte Kreuzer.

Die Flotte der Vereinigten Staaten von Nordamerika stand gegen Ende
des vorigen Jahres und steht erst recht heute unter dem Zeichen der Fahrt des
atlantischen Geschwaders von Hampton Roads nach San Franzisko, einer
Entfernung von 15772 Seemeilen, die in der Zeit vom 16. Dezember v. I.
bis zum 10. April d. I. zurückgelegt werden soll. Durch dieses schwierige
Unternehmen, an dem allein sechzehn Linienschiffe beteiligt sind, und das zur
Vereinigung fast des gesamten Bestandes der amerikanischen Flotte in den
Gewässern des Stillen Ozeans führen wird, hat die Union am besten bewiesen,
daß alle Gerüchte über die Rückständigkeit und Minderwertigkeit ihres Kriegs¬
schiffmaterials aus schlecht unterrichteten Quellen verbreitet worden sind. Aller¬
dings hat es ja Zeiten gegeben, wo der Kriegsschiffbau in Amerika ins Stocken
geraten war, und wo auch die Wertschätzung einer starken Flotte an den ma߬
gebenden Stellen nicht klar genug erkannt schien. Aber seitdem Präsident
Noosevelt am Staatsruder steht, sind diese trüben Bilder vom Horizont ver¬
schwunden, und alle Hände sind an der Arbeit, dem Sternenbanner auch auf
dem Meere seinen hohen Rang zu erhalten. Nur ein Vorwurf ist erhoben
worden, daß wenn nämlich Admiral Evans demnächst an der kalifornischen
Küste eine so starke Macht von neunzehn Schlachtschiffen, zehn Panzerkreuzern
und sieben geschützten Kreuzern unter seinem Befehl vereinigen werde, die Ost¬
küste der Vereinigten Staaten auf lange Zeit ohne hinreichenden Schutz sei.
Dieser Einwand trifft jedoch nicht zu. wie aus den letzten amtlichen Ver¬
öffentlichungen hervorgeht. Hiernach steht an dieser Küste, ganz abgesehen
von den vierundzwanzig befestigten Häfen, die gegen jeden Angriff gut armiert


Sie großen Flotten der Welt im Jahre I.Y03

es sich dabei um den Bau von sechs Schlachtschiffen, die eine Wasserverdrängung
von 20000 bis 21000 Tonnen erhalten und, mit Turbinenmaschinen versehen,
eine Geschwindigkeit von 20 Knoten erreichen sollen. Auch die Armierung
dieser Schiffe scheint schon festzustehn. Es ist darüber in den Sitzungen des
obersten Marinerats zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen zwischen den
Gegnern und den Anhängern einer nur einkalibrigen Bestückung für die schwere
Artillerie und über den Wegfall der mittlern Artillerie. Das Ergebnis ist,
daß die zu beantragenden sechs Schlachtschiffe mit je sechs 30,5 Zentimeter-, acht
24 Zentimeter- und achtzehn 10 Zentimeter-Geschützen ausgerüstet werden sollen.

Unter den organisatorischen Maßnahmen bei der französischen Flotte ist
die Neuverteilung der Geschwader hervorzuheben. Danach setzt sich das Mittel¬
meergeschwader aus zwölf modernen Schlachtschiffen und sechs Panzerkreuzern
zusammen, von denen jedoch nur je die Hälfte das ganze Jahr mit voller
Bemannung, die andre Hälfte mit verringerten Stande in Dienst gehalten
wird. Das Geschwader des Atlantischen Ozeans wird aus zwei Divisionen
von je zwei Panzerkreuzern gebildet, außerdem sind in den Häfen der Nord¬
küste noch drei ältere Linienschiffe Und neun Küstenpanzer als Reserve stationiert.
Zum asiatischen Geschwader endlich zählen nur ein Panzerkreuzer und drei
geschützte Kreuzer.

Die Flotte der Vereinigten Staaten von Nordamerika stand gegen Ende
des vorigen Jahres und steht erst recht heute unter dem Zeichen der Fahrt des
atlantischen Geschwaders von Hampton Roads nach San Franzisko, einer
Entfernung von 15772 Seemeilen, die in der Zeit vom 16. Dezember v. I.
bis zum 10. April d. I. zurückgelegt werden soll. Durch dieses schwierige
Unternehmen, an dem allein sechzehn Linienschiffe beteiligt sind, und das zur
Vereinigung fast des gesamten Bestandes der amerikanischen Flotte in den
Gewässern des Stillen Ozeans führen wird, hat die Union am besten bewiesen,
daß alle Gerüchte über die Rückständigkeit und Minderwertigkeit ihres Kriegs¬
schiffmaterials aus schlecht unterrichteten Quellen verbreitet worden sind. Aller¬
dings hat es ja Zeiten gegeben, wo der Kriegsschiffbau in Amerika ins Stocken
geraten war, und wo auch die Wertschätzung einer starken Flotte an den ma߬
gebenden Stellen nicht klar genug erkannt schien. Aber seitdem Präsident
Noosevelt am Staatsruder steht, sind diese trüben Bilder vom Horizont ver¬
schwunden, und alle Hände sind an der Arbeit, dem Sternenbanner auch auf
dem Meere seinen hohen Rang zu erhalten. Nur ein Vorwurf ist erhoben
worden, daß wenn nämlich Admiral Evans demnächst an der kalifornischen
Küste eine so starke Macht von neunzehn Schlachtschiffen, zehn Panzerkreuzern
und sieben geschützten Kreuzern unter seinem Befehl vereinigen werde, die Ost¬
küste der Vereinigten Staaten auf lange Zeit ohne hinreichenden Schutz sei.
Dieser Einwand trifft jedoch nicht zu. wie aus den letzten amtlichen Ver¬
öffentlichungen hervorgeht. Hiernach steht an dieser Küste, ganz abgesehen
von den vierundzwanzig befestigten Häfen, die gegen jeden Angriff gut armiert


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740/15>, abgerufen am 24.07.2024.