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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr.

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Die großen Flotte" der Welt im Zähre l, AOL

Schiffen und dem fünften Panzerkreuzergeschwader, ferner aus den drei Reserve-
torpedobootsflottillcn der drei großen Kriegshafen sowie aus den in den Häfen
von Portsmouth und Devonport gebildeten Lpsois-I Lervios Vessels Division^
dazu gehören heute dreizehn ältere Linienschiffe mit vermindertem Mannschasts-
stande, die im Kriegsfall schon vier Tage nach erfolgten, Mobilmachungsbefehl
verwendungsbereit sein sollen.

Beider französischen Flotte hat sich im vorigen Jahre Minister Thomson
weiter bemüht, die vielen Fehler und Versäumnisse seines Vorgängers Pelletan
allmählich wieder gut zu machen. Seine Bemühungen, die natürlich noch nicht
am Ziele sein können, sind von allen Parteien und von der Presse anerkannt
worden. Erreicht hat der Minister bis jetzt, daß sämtliche Neubauten aus dem
Flottengesetz des Jahres 1900, deren Fertigstellung M. Pelletan solange ver¬
zögert hatte, endlich abgeliefert und zum wesentlichen Teil schon in den Front¬
dienst übernommen worden sind. . Das gilt insbesondre von den Linien¬
schiffen Republique, Patrie und Democratie, die schon dem Mittelmcergeschwader
angehören, während die drei übrigen Justice, Liberte und Verite nach den
schon vollendeten Probefahrten noch im Laufe dieses Frühjahrs den Front¬
dienst aufnehmen sollen. Von den fünf Panzerkreuzern des Bauprogramms
von 1900 stehn drei, Leon Gambetta, Jules Ferry und Victor Hugo, schon
in Dienst, und Jules Michelet und Ernest Renan haben ihre Probefahrten
nahezu beendet. Die nächsten Neubauten großer Schiffe, die jetzt an die Reihe
kommen, sind die sechs Linienschiffe der Dantonklasse; von ihnen konnten die
letzten vier erst im vorigen Jahre vergeben werden, da die Entwürfe immer¬
fort geändert wurden. Auf diese Weise wird die französische Flotte nicht vor
dem Jahre 1910 mit einem Zuwachs an Linienschiffen rechnen können. Über
die Neubauten für dieses Jahr hat sich der Minister im Parlament dahin aus¬
gesprochen, daß Forderungen für große Schiffe schon deshalb nicht gestellt
werden können, weil sämtliche Staats- und Privatwerften durch die ihnen zu
Ende des Jahres 1906 zugeteilten Aufträge derart für das Jahr 1908 in An¬
spruch genommen seien, daß sie keine neuen Bestellungen annehmen könnten.
Auf der andern Seite sei es aber nötig, in der Herstellung kleiner Schiffs¬
einheiten, namentlich der Torpedo- und Unterseebootsflottillen, fortzuschreiten,
um allmählich den Stand zu erreichen, der im Interesse der Landesverteidigung
unerläßlich sei. Nach diesen Grundsätzen forderte M. Thomson alles in allem
für dieses Jahr nur die Mittel zur Herstellung von zehn Torpedobootszerstörern
und fünf Unterseebooten. ' ^ ^ , , - / > i , .

In der deutschen Presse ist nun vielfach die Ansicht verbreitet worden, die
französische Regierung beabsichtigte, zu dem Marineetat für 1903 noch mit
einem sehr bedeutenden Nachtragskredit hervorzutreten. Das ist ein Irrtum.
Der oberste Marinerat hat dagegen schon -jetzt ein neues Flottenprogramm,
das mit dem Jahre 1909 in Kraft treten soll, aufgestellt, über das auch schon
Einzelheiten in die Öffentlichkeit gedrungen sind. In der Hauptsache handelt


Die großen Flotte» der Welt im Zähre l, AOL

Schiffen und dem fünften Panzerkreuzergeschwader, ferner aus den drei Reserve-
torpedobootsflottillcn der drei großen Kriegshafen sowie aus den in den Häfen
von Portsmouth und Devonport gebildeten Lpsois-I Lervios Vessels Division^
dazu gehören heute dreizehn ältere Linienschiffe mit vermindertem Mannschasts-
stande, die im Kriegsfall schon vier Tage nach erfolgten, Mobilmachungsbefehl
verwendungsbereit sein sollen.

Beider französischen Flotte hat sich im vorigen Jahre Minister Thomson
weiter bemüht, die vielen Fehler und Versäumnisse seines Vorgängers Pelletan
allmählich wieder gut zu machen. Seine Bemühungen, die natürlich noch nicht
am Ziele sein können, sind von allen Parteien und von der Presse anerkannt
worden. Erreicht hat der Minister bis jetzt, daß sämtliche Neubauten aus dem
Flottengesetz des Jahres 1900, deren Fertigstellung M. Pelletan solange ver¬
zögert hatte, endlich abgeliefert und zum wesentlichen Teil schon in den Front¬
dienst übernommen worden sind. . Das gilt insbesondre von den Linien¬
schiffen Republique, Patrie und Democratie, die schon dem Mittelmcergeschwader
angehören, während die drei übrigen Justice, Liberte und Verite nach den
schon vollendeten Probefahrten noch im Laufe dieses Frühjahrs den Front¬
dienst aufnehmen sollen. Von den fünf Panzerkreuzern des Bauprogramms
von 1900 stehn drei, Leon Gambetta, Jules Ferry und Victor Hugo, schon
in Dienst, und Jules Michelet und Ernest Renan haben ihre Probefahrten
nahezu beendet. Die nächsten Neubauten großer Schiffe, die jetzt an die Reihe
kommen, sind die sechs Linienschiffe der Dantonklasse; von ihnen konnten die
letzten vier erst im vorigen Jahre vergeben werden, da die Entwürfe immer¬
fort geändert wurden. Auf diese Weise wird die französische Flotte nicht vor
dem Jahre 1910 mit einem Zuwachs an Linienschiffen rechnen können. Über
die Neubauten für dieses Jahr hat sich der Minister im Parlament dahin aus¬
gesprochen, daß Forderungen für große Schiffe schon deshalb nicht gestellt
werden können, weil sämtliche Staats- und Privatwerften durch die ihnen zu
Ende des Jahres 1906 zugeteilten Aufträge derart für das Jahr 1908 in An¬
spruch genommen seien, daß sie keine neuen Bestellungen annehmen könnten.
Auf der andern Seite sei es aber nötig, in der Herstellung kleiner Schiffs¬
einheiten, namentlich der Torpedo- und Unterseebootsflottillen, fortzuschreiten,
um allmählich den Stand zu erreichen, der im Interesse der Landesverteidigung
unerläßlich sei. Nach diesen Grundsätzen forderte M. Thomson alles in allem
für dieses Jahr nur die Mittel zur Herstellung von zehn Torpedobootszerstörern
und fünf Unterseebooten. ' ^ ^ , , - / > i , .

In der deutschen Presse ist nun vielfach die Ansicht verbreitet worden, die
französische Regierung beabsichtigte, zu dem Marineetat für 1903 noch mit
einem sehr bedeutenden Nachtragskredit hervorzutreten. Das ist ein Irrtum.
Der oberste Marinerat hat dagegen schon -jetzt ein neues Flottenprogramm,
das mit dem Jahre 1909 in Kraft treten soll, aufgestellt, über das auch schon
Einzelheiten in die Öffentlichkeit gedrungen sind. In der Hauptsache handelt


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[0014] Die großen Flotte» der Welt im Zähre l, AOL Schiffen und dem fünften Panzerkreuzergeschwader, ferner aus den drei Reserve- torpedobootsflottillcn der drei großen Kriegshafen sowie aus den in den Häfen von Portsmouth und Devonport gebildeten Lpsois-I Lervios Vessels Division^ dazu gehören heute dreizehn ältere Linienschiffe mit vermindertem Mannschasts- stande, die im Kriegsfall schon vier Tage nach erfolgten, Mobilmachungsbefehl verwendungsbereit sein sollen. Beider französischen Flotte hat sich im vorigen Jahre Minister Thomson weiter bemüht, die vielen Fehler und Versäumnisse seines Vorgängers Pelletan allmählich wieder gut zu machen. Seine Bemühungen, die natürlich noch nicht am Ziele sein können, sind von allen Parteien und von der Presse anerkannt worden. Erreicht hat der Minister bis jetzt, daß sämtliche Neubauten aus dem Flottengesetz des Jahres 1900, deren Fertigstellung M. Pelletan solange ver¬ zögert hatte, endlich abgeliefert und zum wesentlichen Teil schon in den Front¬ dienst übernommen worden sind. . Das gilt insbesondre von den Linien¬ schiffen Republique, Patrie und Democratie, die schon dem Mittelmcergeschwader angehören, während die drei übrigen Justice, Liberte und Verite nach den schon vollendeten Probefahrten noch im Laufe dieses Frühjahrs den Front¬ dienst aufnehmen sollen. Von den fünf Panzerkreuzern des Bauprogramms von 1900 stehn drei, Leon Gambetta, Jules Ferry und Victor Hugo, schon in Dienst, und Jules Michelet und Ernest Renan haben ihre Probefahrten nahezu beendet. Die nächsten Neubauten großer Schiffe, die jetzt an die Reihe kommen, sind die sechs Linienschiffe der Dantonklasse; von ihnen konnten die letzten vier erst im vorigen Jahre vergeben werden, da die Entwürfe immer¬ fort geändert wurden. Auf diese Weise wird die französische Flotte nicht vor dem Jahre 1910 mit einem Zuwachs an Linienschiffen rechnen können. Über die Neubauten für dieses Jahr hat sich der Minister im Parlament dahin aus¬ gesprochen, daß Forderungen für große Schiffe schon deshalb nicht gestellt werden können, weil sämtliche Staats- und Privatwerften durch die ihnen zu Ende des Jahres 1906 zugeteilten Aufträge derart für das Jahr 1908 in An¬ spruch genommen seien, daß sie keine neuen Bestellungen annehmen könnten. Auf der andern Seite sei es aber nötig, in der Herstellung kleiner Schiffs¬ einheiten, namentlich der Torpedo- und Unterseebootsflottillen, fortzuschreiten, um allmählich den Stand zu erreichen, der im Interesse der Landesverteidigung unerläßlich sei. Nach diesen Grundsätzen forderte M. Thomson alles in allem für dieses Jahr nur die Mittel zur Herstellung von zehn Torpedobootszerstörern und fünf Unterseebooten. ' ^ ^ , , - / > i , . In der deutschen Presse ist nun vielfach die Ansicht verbreitet worden, die französische Regierung beabsichtigte, zu dem Marineetat für 1903 noch mit einem sehr bedeutenden Nachtragskredit hervorzutreten. Das ist ein Irrtum. Der oberste Marinerat hat dagegen schon -jetzt ein neues Flottenprogramm, das mit dem Jahre 1909 in Kraft treten soll, aufgestellt, über das auch schon Einzelheiten in die Öffentlichkeit gedrungen sind. In der Hauptsache handelt

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740/14>, abgerufen am 21.06.2024.