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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr.

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Die asiatische Gmwandrung

Wünschenswert. Ihre Lebenshaltung ist nicht die des weißen Mannes, sie
stellen viel geringere Ansprüche und unterbieten ihn in jeder Form. In der
folgenden Generation schon wird der eingewanderte Kuli die Existenz mancher
Europäer vernichtet haben. Ein Land mit unumschränkter, unkontrollierter und
gesetzlich nicht streng geregelter asiatischer Einwandrung kommt über kurz oder
lang für europäische Massenauswandrung kaum noch in Betracht.

Amerika und Kanada können z. B. wohl die niedrigste Klasse europäischer
Einwandrung. wie Ruthenen, Galizier. Slowaken usw.. aufsaugen und sie sich
mit der Zeit assimilieren. Im Laufe dieses Aufsaugeprozesses, der längere oder
kürzere >M dauern mag, wird sich der amerikanische Charakter infolge der
Aufnahme fremden Blutes modifizieren, aber dennoch wird es eine ameri¬
kanische Nation bleiben. Kein Volk aber kann Asiaten in sich aufnehmen und
mit der eignen Rasse verschmelzen. Der Asiate wird immer ein Außenstehender
bleiben, nie wird er, was Meredith Townsend "die dumpfe, unbesiegbare, nicht
zu mildernde Abneigung gegen die Weißen" nennt, verlieren. Dasselbe Gefühl
beherrscht aber auch den Europäer, mag er theoretisch noch so gerecht denken
und sich nicht durch Vorurteile leiten lassen wollen, innerlich ist auch er sich
dieser unüberwindlichen Schranke bewußt. Ein andrer Umstand kommt hinzu;
wer nie in Asien oder einem Lande gelebt hat. das eine an Zahl bedeutende
asiatische Bevölkerung und Einwandrung hat, kann in der Regel die Tatsache
nicht verstehn. daß der Asiate immer die Weißen in seiner Lebenshaltung
und auf dem Arbeitsmarkt unterbietet. .... ^ . . ^

Bei der Beurteilung des Problems vom kolonialen Standpunkt muß
ein Unterschied zwischen rein tropischen Kolonien, in denen der Weiße keine
Arbeit verrichten kann, und den andern, nicht tropischen Kolonialländern
gemacht werden.

In tropischen Siedlungen, wie den Struth-settlements, den föderierten
Malaienstaaten und Borneo sind die Chinesen das Rückgrat für die Industrie,
sie sind unter englischem Schutz die wahren Urheber des industriellen Auf¬
schwungs dieser Länder gewesen. An ein Ausscheiden des chinesischen Elements
ist hier gar nicht mehr zu denken, auch würde dies den völligen Ruin der
Länder nach sich ziehn.

Jndier vom Pendschab haben die Ugandabahn in Britisch-Ostafrika gebaut.
Kanälen aus der Südsee den Zuckerrohrbau in Nord-Queensland (Australien)
ermöglicht und zur Blüte gebracht. Chinesen haben wiederum den größten
Teil der "Spatenarbeit" an der nordamerikanischen Westküste geleistet. Die
westindischen Inseln sind ein Beispiel dafür, was mit Hilfe asiatischer Arbeits¬
kräfte geleistet werden kann; die indischen Kukis haben die Inseln vor dem
Ruin gerettet. Die Schwierigkeiten in bezug auf die Arbeiterfrage datieren bis
in die erste Zeit der spanischen Kolonisation in Westindien zurück, immer hat
man über Mangel und Unregelmäßigkeit in der Versorgung mit ungelernten
Arbeitern geklagt.


Die asiatische Gmwandrung

Wünschenswert. Ihre Lebenshaltung ist nicht die des weißen Mannes, sie
stellen viel geringere Ansprüche und unterbieten ihn in jeder Form. In der
folgenden Generation schon wird der eingewanderte Kuli die Existenz mancher
Europäer vernichtet haben. Ein Land mit unumschränkter, unkontrollierter und
gesetzlich nicht streng geregelter asiatischer Einwandrung kommt über kurz oder
lang für europäische Massenauswandrung kaum noch in Betracht.

Amerika und Kanada können z. B. wohl die niedrigste Klasse europäischer
Einwandrung. wie Ruthenen, Galizier. Slowaken usw.. aufsaugen und sie sich
mit der Zeit assimilieren. Im Laufe dieses Aufsaugeprozesses, der längere oder
kürzere >M dauern mag, wird sich der amerikanische Charakter infolge der
Aufnahme fremden Blutes modifizieren, aber dennoch wird es eine ameri¬
kanische Nation bleiben. Kein Volk aber kann Asiaten in sich aufnehmen und
mit der eignen Rasse verschmelzen. Der Asiate wird immer ein Außenstehender
bleiben, nie wird er, was Meredith Townsend „die dumpfe, unbesiegbare, nicht
zu mildernde Abneigung gegen die Weißen" nennt, verlieren. Dasselbe Gefühl
beherrscht aber auch den Europäer, mag er theoretisch noch so gerecht denken
und sich nicht durch Vorurteile leiten lassen wollen, innerlich ist auch er sich
dieser unüberwindlichen Schranke bewußt. Ein andrer Umstand kommt hinzu;
wer nie in Asien oder einem Lande gelebt hat. das eine an Zahl bedeutende
asiatische Bevölkerung und Einwandrung hat, kann in der Regel die Tatsache
nicht verstehn. daß der Asiate immer die Weißen in seiner Lebenshaltung
und auf dem Arbeitsmarkt unterbietet. .... ^ . . ^

Bei der Beurteilung des Problems vom kolonialen Standpunkt muß
ein Unterschied zwischen rein tropischen Kolonien, in denen der Weiße keine
Arbeit verrichten kann, und den andern, nicht tropischen Kolonialländern
gemacht werden.

In tropischen Siedlungen, wie den Struth-settlements, den föderierten
Malaienstaaten und Borneo sind die Chinesen das Rückgrat für die Industrie,
sie sind unter englischem Schutz die wahren Urheber des industriellen Auf¬
schwungs dieser Länder gewesen. An ein Ausscheiden des chinesischen Elements
ist hier gar nicht mehr zu denken, auch würde dies den völligen Ruin der
Länder nach sich ziehn.

Jndier vom Pendschab haben die Ugandabahn in Britisch-Ostafrika gebaut.
Kanälen aus der Südsee den Zuckerrohrbau in Nord-Queensland (Australien)
ermöglicht und zur Blüte gebracht. Chinesen haben wiederum den größten
Teil der „Spatenarbeit" an der nordamerikanischen Westküste geleistet. Die
westindischen Inseln sind ein Beispiel dafür, was mit Hilfe asiatischer Arbeits¬
kräfte geleistet werden kann; die indischen Kukis haben die Inseln vor dem
Ruin gerettet. Die Schwierigkeiten in bezug auf die Arbeiterfrage datieren bis
in die erste Zeit der spanischen Kolonisation in Westindien zurück, immer hat
man über Mangel und Unregelmäßigkeit in der Versorgung mit ungelernten
Arbeitern geklagt.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740/119>, abgerufen am 30.06.2024.