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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Hauptprinzip nachgegeben haben, und dies wenigstens im Gesetz zum Ausdruck ge¬
bracht worden ist, wird nun kein Einsichtiger befürworten wollen, daß schließlich
doch noch das Gesetz mit diesem Kompromiß verworfen werde. Für das Zustande¬
kommen sprechen vor allem so wichtige allgemeinpolitische Gründe, daß sogar die
starken Bedenken, die daraus für den nationalen Kampf gegen Polentum und
Dänentum erwachsen, dahinter zurücktreten müssen. Allerdings verlautet, daß im
Plenum des Reichstags auf beiden Flügeln der Blockparteien die Bedenken gegen
das Kompromiß im Zunehmen sind. Wir glauben das vorläufig nicht, aber viel¬
leicht ergibt sich doch die Möglichkeit einer Korrektur der größten Mängel des
Kompromisses, wenn die Konservativen das Zugeständnis fallen lassen, das ihnen
bei Paragraph 10 durch Ausschließung der Minderjährigen gemacht worden ist.
Das ist ein Opfer, das durch eine bessere Gestaltung des Paragraphen 7 wohl auf¬
gewogen werden könnte.

Sehr merkwürdige Verhältnisse haben sich jetzt im Reichstage dadurch ergeben,
daß ein Konflikt zwischen dem Reichstag und den Mitgliedern der Journalisten¬
tribüne ausgebrochen ist. Das gegenwärtig sehr reizbare Zentrum glaubte sich ge¬
kränkt, weil bei einer pathetischen Wendung in einer Rede des Abgeordneten Erz-
berger ein lautes Lachen ertönte, das von der Journalistentribüne hergekommen sein
sollte. Wenn das wirklich der Fall gewesen ist, wird niemand diese Ungehörigkeit
entschuldigen wollen, falls sie wirklich als störende Taktlosigkeit gewirkt hat. Wer
aber die Verhältnisse näher kennt, wird von vornherein nicht so hart urteilen können.
Die Abgeordneten selbst benehmen sich keineswegs musterhaft, sondern bewegen und
äußern sich während der Reden mit einer an Rücksichtslosigkeit grenzenden Un¬
geniertheit. Die auf der Tribüne arbeitenden Journalisten vermeiden natürlich schon
im eignen Interesse jede Störung, die sich außerhalb der Tribüne bemerkbar macht,
aber ganz so still sitzen wie die Gäste andrer Tribünen können sie nicht, eben weil
sie zu arbeiten haben. Sie kommen und gehen, sie fertigen ihre Boten ab, sie er¬
teilen sich gegenseitig Auskunft, und daraus ergibt sich gewohnheitsmäßig ein Ver¬
kehr, der ein etwas lauteres Wort oder Lachen, das zufällig im Saal gehört wird,
nicht gerade als ein so todeswürdiges Verbrechen erscheinen läßt, daß ein einzelner
Abgeordneter daraus das Recht entnehmen könnte, mit Schimpfwörtern um sich zu
werfen, die der Sprache der Hausknechte entnommen sind. Der Abgeordnete Grober
bezeichnete die Journalisten, die sein Mißfallen erregt hatten, als "Saubengels".
Der Mann, der in seinem bürgerlichen Beruf eine hohe Richterstellung bekleidet,
hätte sich nichts vergeben, wenn er einen ihm im Zorn entschlüpften ungehörigen
Ausdruck, der gehört, verbreitet und an die Adresse der Beleidigten selbst befördert
worden war, mit einigen angemessenen Worten des Bedauerns zurückgenommen
hätte. Herr Grober empfand diese Notwendigkeit nicht, aber auch der Präsident
des Reichstags, Graf Stolberg, verstand nicht, aus. dieser Verschlimmerung der
Situation die richtigen Folgerungen zu ziehen. Als die Journalisten ihm mitteilten,
was sie erfahren hatten, und dagegen Beschwerde und Protest erhoben, glaubte er
die Sache damit zu erledigen, daß er eine scharfe Drohung gegen Störungen von
der Journalistentribüne in den Vordergrund stellte und nur ein mattes Bedauern
hinzufügte, wenn aus dem Hause ein unparlamentarischer Ausdruck gefallen sein
sollte. Er schien also nicht zu begreifen, daß mit dem Augenblick, wo es öffentlich
bekannt geworden war, daß ein Abgeordneter ein rohes Schimpfwort gegen Leute
ausgestoßen hatte, die im Reichstag zu tun und Anspruch auf Schutz ihrer Ehre
durch den Präsidenten haben, nicht mehr zu untersuchen war, auf welcher Seite Recht
oder Unrecht lag, sondern daß der Präsident selbst und die Würde des Hauses
engagiert waren. Graf Stolberg hatte es durch die von ihm gewählte Form der
Entscheidung dahin gebracht, daß die Journalisten ihrerseits die einzig richtige


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Hauptprinzip nachgegeben haben, und dies wenigstens im Gesetz zum Ausdruck ge¬
bracht worden ist, wird nun kein Einsichtiger befürworten wollen, daß schließlich
doch noch das Gesetz mit diesem Kompromiß verworfen werde. Für das Zustande¬
kommen sprechen vor allem so wichtige allgemeinpolitische Gründe, daß sogar die
starken Bedenken, die daraus für den nationalen Kampf gegen Polentum und
Dänentum erwachsen, dahinter zurücktreten müssen. Allerdings verlautet, daß im
Plenum des Reichstags auf beiden Flügeln der Blockparteien die Bedenken gegen
das Kompromiß im Zunehmen sind. Wir glauben das vorläufig nicht, aber viel¬
leicht ergibt sich doch die Möglichkeit einer Korrektur der größten Mängel des
Kompromisses, wenn die Konservativen das Zugeständnis fallen lassen, das ihnen
bei Paragraph 10 durch Ausschließung der Minderjährigen gemacht worden ist.
Das ist ein Opfer, das durch eine bessere Gestaltung des Paragraphen 7 wohl auf¬
gewogen werden könnte.

Sehr merkwürdige Verhältnisse haben sich jetzt im Reichstage dadurch ergeben,
daß ein Konflikt zwischen dem Reichstag und den Mitgliedern der Journalisten¬
tribüne ausgebrochen ist. Das gegenwärtig sehr reizbare Zentrum glaubte sich ge¬
kränkt, weil bei einer pathetischen Wendung in einer Rede des Abgeordneten Erz-
berger ein lautes Lachen ertönte, das von der Journalistentribüne hergekommen sein
sollte. Wenn das wirklich der Fall gewesen ist, wird niemand diese Ungehörigkeit
entschuldigen wollen, falls sie wirklich als störende Taktlosigkeit gewirkt hat. Wer
aber die Verhältnisse näher kennt, wird von vornherein nicht so hart urteilen können.
Die Abgeordneten selbst benehmen sich keineswegs musterhaft, sondern bewegen und
äußern sich während der Reden mit einer an Rücksichtslosigkeit grenzenden Un¬
geniertheit. Die auf der Tribüne arbeitenden Journalisten vermeiden natürlich schon
im eignen Interesse jede Störung, die sich außerhalb der Tribüne bemerkbar macht,
aber ganz so still sitzen wie die Gäste andrer Tribünen können sie nicht, eben weil
sie zu arbeiten haben. Sie kommen und gehen, sie fertigen ihre Boten ab, sie er¬
teilen sich gegenseitig Auskunft, und daraus ergibt sich gewohnheitsmäßig ein Ver¬
kehr, der ein etwas lauteres Wort oder Lachen, das zufällig im Saal gehört wird,
nicht gerade als ein so todeswürdiges Verbrechen erscheinen läßt, daß ein einzelner
Abgeordneter daraus das Recht entnehmen könnte, mit Schimpfwörtern um sich zu
werfen, die der Sprache der Hausknechte entnommen sind. Der Abgeordnete Grober
bezeichnete die Journalisten, die sein Mißfallen erregt hatten, als „Saubengels".
Der Mann, der in seinem bürgerlichen Beruf eine hohe Richterstellung bekleidet,
hätte sich nichts vergeben, wenn er einen ihm im Zorn entschlüpften ungehörigen
Ausdruck, der gehört, verbreitet und an die Adresse der Beleidigten selbst befördert
worden war, mit einigen angemessenen Worten des Bedauerns zurückgenommen
hätte. Herr Grober empfand diese Notwendigkeit nicht, aber auch der Präsident
des Reichstags, Graf Stolberg, verstand nicht, aus. dieser Verschlimmerung der
Situation die richtigen Folgerungen zu ziehen. Als die Journalisten ihm mitteilten,
was sie erfahren hatten, und dagegen Beschwerde und Protest erhoben, glaubte er
die Sache damit zu erledigen, daß er eine scharfe Drohung gegen Störungen von
der Journalistentribüne in den Vordergrund stellte und nur ein mattes Bedauern
hinzufügte, wenn aus dem Hause ein unparlamentarischer Ausdruck gefallen sein
sollte. Er schien also nicht zu begreifen, daß mit dem Augenblick, wo es öffentlich
bekannt geworden war, daß ein Abgeordneter ein rohes Schimpfwort gegen Leute
ausgestoßen hatte, die im Reichstag zu tun und Anspruch auf Schutz ihrer Ehre
durch den Präsidenten haben, nicht mehr zu untersuchen war, auf welcher Seite Recht
oder Unrecht lag, sondern daß der Präsident selbst und die Würde des Hauses
engagiert waren. Graf Stolberg hatte es durch die von ihm gewählte Form der
Entscheidung dahin gebracht, daß die Journalisten ihrerseits die einzig richtige


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[0648] Maßgebliches und Unmaßgebliches Hauptprinzip nachgegeben haben, und dies wenigstens im Gesetz zum Ausdruck ge¬ bracht worden ist, wird nun kein Einsichtiger befürworten wollen, daß schließlich doch noch das Gesetz mit diesem Kompromiß verworfen werde. Für das Zustande¬ kommen sprechen vor allem so wichtige allgemeinpolitische Gründe, daß sogar die starken Bedenken, die daraus für den nationalen Kampf gegen Polentum und Dänentum erwachsen, dahinter zurücktreten müssen. Allerdings verlautet, daß im Plenum des Reichstags auf beiden Flügeln der Blockparteien die Bedenken gegen das Kompromiß im Zunehmen sind. Wir glauben das vorläufig nicht, aber viel¬ leicht ergibt sich doch die Möglichkeit einer Korrektur der größten Mängel des Kompromisses, wenn die Konservativen das Zugeständnis fallen lassen, das ihnen bei Paragraph 10 durch Ausschließung der Minderjährigen gemacht worden ist. Das ist ein Opfer, das durch eine bessere Gestaltung des Paragraphen 7 wohl auf¬ gewogen werden könnte. Sehr merkwürdige Verhältnisse haben sich jetzt im Reichstage dadurch ergeben, daß ein Konflikt zwischen dem Reichstag und den Mitgliedern der Journalisten¬ tribüne ausgebrochen ist. Das gegenwärtig sehr reizbare Zentrum glaubte sich ge¬ kränkt, weil bei einer pathetischen Wendung in einer Rede des Abgeordneten Erz- berger ein lautes Lachen ertönte, das von der Journalistentribüne hergekommen sein sollte. Wenn das wirklich der Fall gewesen ist, wird niemand diese Ungehörigkeit entschuldigen wollen, falls sie wirklich als störende Taktlosigkeit gewirkt hat. Wer aber die Verhältnisse näher kennt, wird von vornherein nicht so hart urteilen können. Die Abgeordneten selbst benehmen sich keineswegs musterhaft, sondern bewegen und äußern sich während der Reden mit einer an Rücksichtslosigkeit grenzenden Un¬ geniertheit. Die auf der Tribüne arbeitenden Journalisten vermeiden natürlich schon im eignen Interesse jede Störung, die sich außerhalb der Tribüne bemerkbar macht, aber ganz so still sitzen wie die Gäste andrer Tribünen können sie nicht, eben weil sie zu arbeiten haben. Sie kommen und gehen, sie fertigen ihre Boten ab, sie er¬ teilen sich gegenseitig Auskunft, und daraus ergibt sich gewohnheitsmäßig ein Ver¬ kehr, der ein etwas lauteres Wort oder Lachen, das zufällig im Saal gehört wird, nicht gerade als ein so todeswürdiges Verbrechen erscheinen läßt, daß ein einzelner Abgeordneter daraus das Recht entnehmen könnte, mit Schimpfwörtern um sich zu werfen, die der Sprache der Hausknechte entnommen sind. Der Abgeordnete Grober bezeichnete die Journalisten, die sein Mißfallen erregt hatten, als „Saubengels". Der Mann, der in seinem bürgerlichen Beruf eine hohe Richterstellung bekleidet, hätte sich nichts vergeben, wenn er einen ihm im Zorn entschlüpften ungehörigen Ausdruck, der gehört, verbreitet und an die Adresse der Beleidigten selbst befördert worden war, mit einigen angemessenen Worten des Bedauerns zurückgenommen hätte. Herr Grober empfand diese Notwendigkeit nicht, aber auch der Präsident des Reichstags, Graf Stolberg, verstand nicht, aus. dieser Verschlimmerung der Situation die richtigen Folgerungen zu ziehen. Als die Journalisten ihm mitteilten, was sie erfahren hatten, und dagegen Beschwerde und Protest erhoben, glaubte er die Sache damit zu erledigen, daß er eine scharfe Drohung gegen Störungen von der Journalistentribüne in den Vordergrund stellte und nur ein mattes Bedauern hinzufügte, wenn aus dem Hause ein unparlamentarischer Ausdruck gefallen sein sollte. Er schien also nicht zu begreifen, daß mit dem Augenblick, wo es öffentlich bekannt geworden war, daß ein Abgeordneter ein rohes Schimpfwort gegen Leute ausgestoßen hatte, die im Reichstag zu tun und Anspruch auf Schutz ihrer Ehre durch den Präsidenten haben, nicht mehr zu untersuchen war, auf welcher Seite Recht oder Unrecht lag, sondern daß der Präsident selbst und die Würde des Hauses engagiert waren. Graf Stolberg hatte es durch die von ihm gewählte Form der Entscheidung dahin gebracht, daß die Journalisten ihrerseits die einzig richtige

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311080/648>, abgerufen am 01.07.2024.