Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr.(Sramida außerordentlich reich ist. Es war der Thronsaal des Herrschers. Die Kühn¬ Wir kommen nun zu dem Löwenhof, den: am besten erhaltnen Teile der Der sagenumwobne Saal der Abencerragen schließt sich im Südwesten an. (Sramida außerordentlich reich ist. Es war der Thronsaal des Herrschers. Die Kühn¬ Wir kommen nun zu dem Löwenhof, den: am besten erhaltnen Teile der Der sagenumwobne Saal der Abencerragen schließt sich im Südwesten an. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0490" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/311571"/> <fw type="header" place="top"> (Sramida</fw><lb/> <p xml:id="ID_2288" prev="#ID_2287"> außerordentlich reich ist. Es war der Thronsaal des Herrschers. Die Kühn¬<lb/> heit der Arkaden, die Vielgestaltigkeit seiner Arabesken und Mosaiken, die köstlich<lb/> bemalte Kuppel von Lärchenholz, die mit der Facette eines geschliffnen Dia¬<lb/> manten vergleichbar ist, die Höhe des quadratischen Raumes, die 18 Meter<lb/> beträgt und durch zwei Stockwerke geht, zeigen die Pracht dieses Repräsentations¬<lb/> raumes. Hier fand die letzte große Versammlung der maurischen Würdenträger<lb/> unter Boabdil statt, bei der über die Übergabe von Granada beraten wurde.<lb/> Die Dicke der Mauern ist so beträchtlich, daß die Fensternischen gleichsam be¬<lb/> sondre Zimmer bilden. Die zwiefache Teilung der Mittelfenster durch kleine<lb/> Säulen und Bogen bildet das bei den Mauren so beliebte HiinW, das Schutz<lb/> gegen die Sonne bot. Die Flächendekoration ist mit ihren vielfältigen Mustern,<lb/> deren 152 nachgewiesen sind, und die Stabfriese, Girlanden, Vielecke und Schrift¬<lb/> zeichen umfassen, ein Triumph arabischer Kunstfertigkeit. Die Aussicht auf die<lb/> Stadt, den Albaicin mit seinen Höhlenwohnungen und das Darrotal bietet<lb/> wundervolle Blicke.</p><lb/> <p xml:id="ID_2289"> Wir kommen nun zu dem Löwenhof, den: am besten erhaltnen Teile der<lb/> Alhambra. Er bildet ein Rechteck von 28 und 16 Metern. Kolonnaden ziehen<lb/> sich nul den ganzen Hof, an den beiden Schmalseiten tritt je ein herrlicher,<lb/> kuppelgekrönter Pavillon hervor. Die prachtvolle, durchbrochne Gipsdekvrativn<lb/> der Wände scheint wie ans Elfenbein geschnitzt. Partien der Mauern sehen<lb/> in ihrer leuchtenden Farbenpracht gestickten, mit Edelsteinen geschmückten Vor¬<lb/> hängen ähnlich, die auf die bei den Arabern gebräuchlichen Zelte ihres<lb/> Nomadenlebens hinweisen. Ein Wald hochragender Säulen, bei den Pavillons<lb/> zu Gruppen angeordnet, gibt dem Auge inmitten all der Zierlichkeit einen<lb/> Ruhepunkt. Der „Löwenbrunnen", ein ans zwei riesigen, übereinanderstehenden<lb/> Marmorschalen bestehender Wasscrspeuder, wird von zwölf, bedauerlich wider¬<lb/> natürlich aussehenden Wüstenkönigen bewacht. Das untere Becken soll an „das<lb/> Meer" im salomonischen Tempel erinnern. Eine arabische Inschrift an der<lb/> großen Schale vergleicht mit großem Wortreichtum die unerschöpfliche Zahl<lb/> guter Taten des Königs Mohammed des Fünften mit dem ewig fließenden<lb/> Wasser des Brunnens, der acht weitere Becken speist, und deutet darauf hin,<lb/> daß der Fürst so edel und weise sei wie der Löwe stark und mächtig.</p><lb/> <p xml:id="ID_2290" next="#ID_2291"> Der sagenumwobne Saal der Abencerragen schließt sich im Südwesten an.<lb/> Die Mitte des Gemachs nimmt ein zwölfeckiger Marmorbrunnen ein, dessen<lb/> Wasser in einer Rinne zum Löwenbrunnen abfließt. Rötlichbranue Flecken<lb/> werden, einer Volkslegende entsprechend, als die untilgbaren Merkmale einer<lb/> blutigen Tat ausgegeben, deren Urheber Boabdil war, der die ihm feindlich<lb/> gesinnte Familie der Abencerragen hier in den Hinterhalt lockte, um sie ermorden<lb/> zu lassen. Das herrliche, rechteckige, im mittlern Quadrate dreistöckige Gemach<lb/> hat eine Decke, die eins der köstlichsten Meisterwerke arabischer Kunst darstellt.<lb/> Auf den Mittelraum öffnen sich in wundervoll gezackten Bogen Alkoven mit<lb/> reizenden Stalaktitenwölbungen. Über einer Galerie im zweiten Stockwerk<lb/> steigen acht kleine Gewölbe zwickelartig auf und wandeln so das Obergeschoß<lb/> in ein Scchzehneck mit ebensoviel Fenstern um, die ein mildes Licht auf die<lb/> märchenhafte Pracht werfen. Die Sala de la Justieia ist eine siebenteilige<lb/> Halle mit ganz dunkeln Nebenräumen, die den Eindruck eines phantastischen<lb/> Grottenwerks macht und an die Gebilde der Tropfsteinhöhlen erinnert. Die<lb/> Stalaktiten hängen hier in besonders reicher Fülle herab und zeigen, daß die<lb/> arabische Dekorationskunst, die keine ungeschmttckte Wandfläche duldete, besonders<lb/> das Pendentif bevorzugte, dessen Grundform häufig den zartesten Gebilden der<lb/> Natur entlehnt wurde. In den Alkoven finden wir die einzigen Bilder, die</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0490]
(Sramida
außerordentlich reich ist. Es war der Thronsaal des Herrschers. Die Kühn¬
heit der Arkaden, die Vielgestaltigkeit seiner Arabesken und Mosaiken, die köstlich
bemalte Kuppel von Lärchenholz, die mit der Facette eines geschliffnen Dia¬
manten vergleichbar ist, die Höhe des quadratischen Raumes, die 18 Meter
beträgt und durch zwei Stockwerke geht, zeigen die Pracht dieses Repräsentations¬
raumes. Hier fand die letzte große Versammlung der maurischen Würdenträger
unter Boabdil statt, bei der über die Übergabe von Granada beraten wurde.
Die Dicke der Mauern ist so beträchtlich, daß die Fensternischen gleichsam be¬
sondre Zimmer bilden. Die zwiefache Teilung der Mittelfenster durch kleine
Säulen und Bogen bildet das bei den Mauren so beliebte HiinW, das Schutz
gegen die Sonne bot. Die Flächendekoration ist mit ihren vielfältigen Mustern,
deren 152 nachgewiesen sind, und die Stabfriese, Girlanden, Vielecke und Schrift¬
zeichen umfassen, ein Triumph arabischer Kunstfertigkeit. Die Aussicht auf die
Stadt, den Albaicin mit seinen Höhlenwohnungen und das Darrotal bietet
wundervolle Blicke.
Wir kommen nun zu dem Löwenhof, den: am besten erhaltnen Teile der
Alhambra. Er bildet ein Rechteck von 28 und 16 Metern. Kolonnaden ziehen
sich nul den ganzen Hof, an den beiden Schmalseiten tritt je ein herrlicher,
kuppelgekrönter Pavillon hervor. Die prachtvolle, durchbrochne Gipsdekvrativn
der Wände scheint wie ans Elfenbein geschnitzt. Partien der Mauern sehen
in ihrer leuchtenden Farbenpracht gestickten, mit Edelsteinen geschmückten Vor¬
hängen ähnlich, die auf die bei den Arabern gebräuchlichen Zelte ihres
Nomadenlebens hinweisen. Ein Wald hochragender Säulen, bei den Pavillons
zu Gruppen angeordnet, gibt dem Auge inmitten all der Zierlichkeit einen
Ruhepunkt. Der „Löwenbrunnen", ein ans zwei riesigen, übereinanderstehenden
Marmorschalen bestehender Wasscrspeuder, wird von zwölf, bedauerlich wider¬
natürlich aussehenden Wüstenkönigen bewacht. Das untere Becken soll an „das
Meer" im salomonischen Tempel erinnern. Eine arabische Inschrift an der
großen Schale vergleicht mit großem Wortreichtum die unerschöpfliche Zahl
guter Taten des Königs Mohammed des Fünften mit dem ewig fließenden
Wasser des Brunnens, der acht weitere Becken speist, und deutet darauf hin,
daß der Fürst so edel und weise sei wie der Löwe stark und mächtig.
Der sagenumwobne Saal der Abencerragen schließt sich im Südwesten an.
Die Mitte des Gemachs nimmt ein zwölfeckiger Marmorbrunnen ein, dessen
Wasser in einer Rinne zum Löwenbrunnen abfließt. Rötlichbranue Flecken
werden, einer Volkslegende entsprechend, als die untilgbaren Merkmale einer
blutigen Tat ausgegeben, deren Urheber Boabdil war, der die ihm feindlich
gesinnte Familie der Abencerragen hier in den Hinterhalt lockte, um sie ermorden
zu lassen. Das herrliche, rechteckige, im mittlern Quadrate dreistöckige Gemach
hat eine Decke, die eins der köstlichsten Meisterwerke arabischer Kunst darstellt.
Auf den Mittelraum öffnen sich in wundervoll gezackten Bogen Alkoven mit
reizenden Stalaktitenwölbungen. Über einer Galerie im zweiten Stockwerk
steigen acht kleine Gewölbe zwickelartig auf und wandeln so das Obergeschoß
in ein Scchzehneck mit ebensoviel Fenstern um, die ein mildes Licht auf die
märchenhafte Pracht werfen. Die Sala de la Justieia ist eine siebenteilige
Halle mit ganz dunkeln Nebenräumen, die den Eindruck eines phantastischen
Grottenwerks macht und an die Gebilde der Tropfsteinhöhlen erinnert. Die
Stalaktiten hängen hier in besonders reicher Fülle herab und zeigen, daß die
arabische Dekorationskunst, die keine ungeschmttckte Wandfläche duldete, besonders
das Pendentif bevorzugte, dessen Grundform häufig den zartesten Gebilden der
Natur entlehnt wurde. In den Alkoven finden wir die einzigen Bilder, die
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