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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

eines solchen Strafsystems eingehend behandelt werden; aber so überzeugend die Be¬
gründung auch dargestellt ist, so scheint eine Ergänzung unsers Strafgesetzbuchs nach
dieser Seite doch uur möglich, wenn der Reichstag merkt, daß die Deportations¬
frage die weitesten Kreise des Volks interessiert, und daß dieses Abschiebungssystem
für eine Notwendigkeit angesehen wird. Im Reichstage ist zwar bei einigen Parteien
noch wenig Stimmung dafür. Aber die Frage ist für uns zu wichtig und wird
kaum wieder von der Tagesordnung verschwinden. Wie wenig unsre Gefängnisse
die Verbrecher bessern, ersieht man aus einer höchst bedenklichen Erscheinung: im
Jahre 1901 waren von den 497310 Delinquenten nicht weniger als 209346
rückfällig und darunter 37 557 sechsmal (!) rückfällig. Dazu kommt die alle soziale
Ordnung und Sicherheit gefährdende Tatsache, daß sich bei den meisten Verbrechern
die Schwere der Straftat mit jedem Rückfall steigert, und daß dadurch die Gemein¬
gefährlichkeit beständig wächst. Im Jahre 1903 wurden, abgesehn von den lebens¬
länglich Verurteilten, 1029 Personen mit fünf und mehr Jahren Zuchthaus bestraft
und nicht weniger als 4046 zu zwei bis fünf Jahren. Dazu kommen 3178 Personen,
die zu zwei und mehr Jahren Gefängnis verurteilt wurde". Das alles in einem
einzigen Jahre! Und diese riesigen Zahlen wachsen von Jahr zu Jahr. Nun ver¬
gegenwärtige man sich, daß in Deutschland der Bau eines neuen Zuchthauses für
500 Sträflinge 1900000 Mark verschlingt, und man wird sich eine Vorstellung
von den Riesensummen machen, die das gegenwärtige Strafsystem unserm Volke kostet.
Für jeden Sträfling muß, selbst wenn sein Arbeitsverdienst zu den Erhaltungskosten
benutzt wird, der Staat obendrein jährlich mehr als 500 Mark Pensiousgeld zahlen;
das geht natürlich in viele hundert Millionen. Und welche traurigen Resultate in
sozialer und in humaner Beziehung werden mit diesen gewaltigen Summen erreicht!

In allen solchen Fragen kommt man mit Theoretisieren nicht weit; man muß
auch in Deutschland mit der Strafverschickung einmal einen Versuch machen. Der
französische Rechtsgelehrte LeveM sagt: "Von allen praktischen Strafsystemen,
Bagno, Gefängnis, Deportation, hat sich das letztere in Frankreich am besten bewährt;
von den aus dem Baguo entlaßnen Personen wurden durchschnittlich 95 Prozent
rückfällig, vou den aus dem Gefängnis entlaßnen 50, von den Deportierten aber
nur 5 Prozent." Und wir glauben, Deutschland wird gut tun, diese Erfahrungen
Frankreichs zu beachten und selbst einmal praktisch vorzugehn. Die Tatsachen, die
Männer wie Bor, Leroy-Beaulieu, von Holtzendorff, Brück u. a. als Vorteile einer
Strafverschickung angeben, sind überzeugender als die oft auf falschen Voraussetzungen
oder auf Voreingenommenheit beruhenden Gründe und die zaghaften Bedenken der
Deportationsgegner. Für die Millionen, die uns jetzt der Bau neuer Zuchthäuser
kostet, könnte man mit Hilfe der sich freiwillig zur Deportation meldenden und zur
Kulturarbeit geeigneten Gefangnen ganze wüst liegende Inseln, auf deuen noch keine
Kolonisten wohnen, zu einem wertvollen Besitze Deutschlands machen. Und ob es
humaner ist, gesunde arbeitskräftige und arbeitslustige Männer, die vielleicht durch
eine in der Leidenschaft begangne Tat oder durch eine leichtfertige Handlung dem
Strafrichter verfallen sind, jahrelang in die dumpfen Mauern eines Gefängnisses
zu sperren und mit Tütenkleben stumpfsinnig zu machen, oder sie hinaus auf eine
Insel zu führen, wo sie Urwälder ausroden und deu Boden kulturfähig machen
könnten, das ist für normal denkende Menschen gar keine Frage. Wenn England
mit seine" Deportationen wenig Glück gehabt hat, so lag es lediglich daran, daß
seinerzeit dort alles faule, arbeitsscheue, geschlechtskranke und versoffne Gesindel
zwangsweise nach den Kolonien abgeschoben wurde. Diesen Fehler brauchten wir
nicht mitzumachen; man müßte sich darauf beschränken, aus deu sich freiwillig zur
Deportation meldenden Gefangnen die für eine geordnete Kulturarbeit geeigneten
Personen auszusuchen.


Maßgebliches und Unmaßgebliches

eines solchen Strafsystems eingehend behandelt werden; aber so überzeugend die Be¬
gründung auch dargestellt ist, so scheint eine Ergänzung unsers Strafgesetzbuchs nach
dieser Seite doch uur möglich, wenn der Reichstag merkt, daß die Deportations¬
frage die weitesten Kreise des Volks interessiert, und daß dieses Abschiebungssystem
für eine Notwendigkeit angesehen wird. Im Reichstage ist zwar bei einigen Parteien
noch wenig Stimmung dafür. Aber die Frage ist für uns zu wichtig und wird
kaum wieder von der Tagesordnung verschwinden. Wie wenig unsre Gefängnisse
die Verbrecher bessern, ersieht man aus einer höchst bedenklichen Erscheinung: im
Jahre 1901 waren von den 497310 Delinquenten nicht weniger als 209346
rückfällig und darunter 37 557 sechsmal (!) rückfällig. Dazu kommt die alle soziale
Ordnung und Sicherheit gefährdende Tatsache, daß sich bei den meisten Verbrechern
die Schwere der Straftat mit jedem Rückfall steigert, und daß dadurch die Gemein¬
gefährlichkeit beständig wächst. Im Jahre 1903 wurden, abgesehn von den lebens¬
länglich Verurteilten, 1029 Personen mit fünf und mehr Jahren Zuchthaus bestraft
und nicht weniger als 4046 zu zwei bis fünf Jahren. Dazu kommen 3178 Personen,
die zu zwei und mehr Jahren Gefängnis verurteilt wurde«. Das alles in einem
einzigen Jahre! Und diese riesigen Zahlen wachsen von Jahr zu Jahr. Nun ver¬
gegenwärtige man sich, daß in Deutschland der Bau eines neuen Zuchthauses für
500 Sträflinge 1900000 Mark verschlingt, und man wird sich eine Vorstellung
von den Riesensummen machen, die das gegenwärtige Strafsystem unserm Volke kostet.
Für jeden Sträfling muß, selbst wenn sein Arbeitsverdienst zu den Erhaltungskosten
benutzt wird, der Staat obendrein jährlich mehr als 500 Mark Pensiousgeld zahlen;
das geht natürlich in viele hundert Millionen. Und welche traurigen Resultate in
sozialer und in humaner Beziehung werden mit diesen gewaltigen Summen erreicht!

In allen solchen Fragen kommt man mit Theoretisieren nicht weit; man muß
auch in Deutschland mit der Strafverschickung einmal einen Versuch machen. Der
französische Rechtsgelehrte LeveM sagt: „Von allen praktischen Strafsystemen,
Bagno, Gefängnis, Deportation, hat sich das letztere in Frankreich am besten bewährt;
von den aus dem Baguo entlaßnen Personen wurden durchschnittlich 95 Prozent
rückfällig, vou den aus dem Gefängnis entlaßnen 50, von den Deportierten aber
nur 5 Prozent." Und wir glauben, Deutschland wird gut tun, diese Erfahrungen
Frankreichs zu beachten und selbst einmal praktisch vorzugehn. Die Tatsachen, die
Männer wie Bor, Leroy-Beaulieu, von Holtzendorff, Brück u. a. als Vorteile einer
Strafverschickung angeben, sind überzeugender als die oft auf falschen Voraussetzungen
oder auf Voreingenommenheit beruhenden Gründe und die zaghaften Bedenken der
Deportationsgegner. Für die Millionen, die uns jetzt der Bau neuer Zuchthäuser
kostet, könnte man mit Hilfe der sich freiwillig zur Deportation meldenden und zur
Kulturarbeit geeigneten Gefangnen ganze wüst liegende Inseln, auf deuen noch keine
Kolonisten wohnen, zu einem wertvollen Besitze Deutschlands machen. Und ob es
humaner ist, gesunde arbeitskräftige und arbeitslustige Männer, die vielleicht durch
eine in der Leidenschaft begangne Tat oder durch eine leichtfertige Handlung dem
Strafrichter verfallen sind, jahrelang in die dumpfen Mauern eines Gefängnisses
zu sperren und mit Tütenkleben stumpfsinnig zu machen, oder sie hinaus auf eine
Insel zu führen, wo sie Urwälder ausroden und deu Boden kulturfähig machen
könnten, das ist für normal denkende Menschen gar keine Frage. Wenn England
mit seine» Deportationen wenig Glück gehabt hat, so lag es lediglich daran, daß
seinerzeit dort alles faule, arbeitsscheue, geschlechtskranke und versoffne Gesindel
zwangsweise nach den Kolonien abgeschoben wurde. Diesen Fehler brauchten wir
nicht mitzumachen; man müßte sich darauf beschränken, aus deu sich freiwillig zur
Deportation meldenden Gefangnen die für eine geordnete Kulturarbeit geeigneten
Personen auszusuchen.


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[0450] Maßgebliches und Unmaßgebliches eines solchen Strafsystems eingehend behandelt werden; aber so überzeugend die Be¬ gründung auch dargestellt ist, so scheint eine Ergänzung unsers Strafgesetzbuchs nach dieser Seite doch uur möglich, wenn der Reichstag merkt, daß die Deportations¬ frage die weitesten Kreise des Volks interessiert, und daß dieses Abschiebungssystem für eine Notwendigkeit angesehen wird. Im Reichstage ist zwar bei einigen Parteien noch wenig Stimmung dafür. Aber die Frage ist für uns zu wichtig und wird kaum wieder von der Tagesordnung verschwinden. Wie wenig unsre Gefängnisse die Verbrecher bessern, ersieht man aus einer höchst bedenklichen Erscheinung: im Jahre 1901 waren von den 497310 Delinquenten nicht weniger als 209346 rückfällig und darunter 37 557 sechsmal (!) rückfällig. Dazu kommt die alle soziale Ordnung und Sicherheit gefährdende Tatsache, daß sich bei den meisten Verbrechern die Schwere der Straftat mit jedem Rückfall steigert, und daß dadurch die Gemein¬ gefährlichkeit beständig wächst. Im Jahre 1903 wurden, abgesehn von den lebens¬ länglich Verurteilten, 1029 Personen mit fünf und mehr Jahren Zuchthaus bestraft und nicht weniger als 4046 zu zwei bis fünf Jahren. Dazu kommen 3178 Personen, die zu zwei und mehr Jahren Gefängnis verurteilt wurde«. Das alles in einem einzigen Jahre! Und diese riesigen Zahlen wachsen von Jahr zu Jahr. Nun ver¬ gegenwärtige man sich, daß in Deutschland der Bau eines neuen Zuchthauses für 500 Sträflinge 1900000 Mark verschlingt, und man wird sich eine Vorstellung von den Riesensummen machen, die das gegenwärtige Strafsystem unserm Volke kostet. Für jeden Sträfling muß, selbst wenn sein Arbeitsverdienst zu den Erhaltungskosten benutzt wird, der Staat obendrein jährlich mehr als 500 Mark Pensiousgeld zahlen; das geht natürlich in viele hundert Millionen. Und welche traurigen Resultate in sozialer und in humaner Beziehung werden mit diesen gewaltigen Summen erreicht! In allen solchen Fragen kommt man mit Theoretisieren nicht weit; man muß auch in Deutschland mit der Strafverschickung einmal einen Versuch machen. Der französische Rechtsgelehrte LeveM sagt: „Von allen praktischen Strafsystemen, Bagno, Gefängnis, Deportation, hat sich das letztere in Frankreich am besten bewährt; von den aus dem Baguo entlaßnen Personen wurden durchschnittlich 95 Prozent rückfällig, vou den aus dem Gefängnis entlaßnen 50, von den Deportierten aber nur 5 Prozent." Und wir glauben, Deutschland wird gut tun, diese Erfahrungen Frankreichs zu beachten und selbst einmal praktisch vorzugehn. Die Tatsachen, die Männer wie Bor, Leroy-Beaulieu, von Holtzendorff, Brück u. a. als Vorteile einer Strafverschickung angeben, sind überzeugender als die oft auf falschen Voraussetzungen oder auf Voreingenommenheit beruhenden Gründe und die zaghaften Bedenken der Deportationsgegner. Für die Millionen, die uns jetzt der Bau neuer Zuchthäuser kostet, könnte man mit Hilfe der sich freiwillig zur Deportation meldenden und zur Kulturarbeit geeigneten Gefangnen ganze wüst liegende Inseln, auf deuen noch keine Kolonisten wohnen, zu einem wertvollen Besitze Deutschlands machen. Und ob es humaner ist, gesunde arbeitskräftige und arbeitslustige Männer, die vielleicht durch eine in der Leidenschaft begangne Tat oder durch eine leichtfertige Handlung dem Strafrichter verfallen sind, jahrelang in die dumpfen Mauern eines Gefängnisses zu sperren und mit Tütenkleben stumpfsinnig zu machen, oder sie hinaus auf eine Insel zu führen, wo sie Urwälder ausroden und deu Boden kulturfähig machen könnten, das ist für normal denkende Menschen gar keine Frage. Wenn England mit seine» Deportationen wenig Glück gehabt hat, so lag es lediglich daran, daß seinerzeit dort alles faule, arbeitsscheue, geschlechtskranke und versoffne Gesindel zwangsweise nach den Kolonien abgeschoben wurde. Diesen Fehler brauchten wir nicht mitzumachen; man müßte sich darauf beschränken, aus deu sich freiwillig zur Deportation meldenden Gefangnen die für eine geordnete Kulturarbeit geeigneten Personen auszusuchen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311080/450>, abgerufen am 29.06.2024.