Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr.Koloniale (Lingebornenpolitik und Arbeiterfrage Rudolf Wagner vonin Berlin or wenig Jcihren noch galten unsre Kolonien bei der großen Wir stehn im Begriff, die Konsequenzen der veränderten politischen Lage zu Damit sind wir bei dem Kern der wirtschaftlichen Kolonialpolitik angelangt, Grenzbowi I.1S08 52
Koloniale (Lingebornenpolitik und Arbeiterfrage Rudolf Wagner vonin Berlin or wenig Jcihren noch galten unsre Kolonien bei der großen Wir stehn im Begriff, die Konsequenzen der veränderten politischen Lage zu Damit sind wir bei dem Kern der wirtschaftlichen Kolonialpolitik angelangt, Grenzbowi I.1S08 52
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0405" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/311486"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341887_311080/figures/grenzboten_341887_311080_311486_000.jpg"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Koloniale (Lingebornenpolitik und Arbeiterfrage<lb/><note type="byline"> Rudolf Wagner </note> vonin Berlin</head><lb/> <p xml:id="ID_1984"> or wenig Jcihren noch galten unsre Kolonien bei der großen<lb/> Menge des deutschen Volks für mehr oder minder wertlos, und<lb/> auch der Kolonialfreund wußte zu ihren Gunsten eigentlich nichts<lb/> weiter ins Feld zu fuhren, als daß es eine nationale Ehrensache<lb/> sei, sie trotz ihrer ansehnlichen Kosten durchzuhalten. Es ist das<lb/> unbcstrittne Verdienst des Staatssekretärs Dernburg, daß er es verstanden hat,<lb/> der wirtschaftlichen Betrachtungsweise in der Kolonialpolitik Geltung zu ver¬<lb/> schaffen. Erst seit Beginn der „Ära Dernburg", also seit etwa anderthalb<lb/> Jahren, haben wir eigentlich begonnen, uns über den wirtschaftlichen Wert unsrer<lb/> Kolonien Rechenschaft zu geben, uus über die Grundlagen ihres wirtschaftlichen<lb/> Lebens klar zu werden und daraus Schlüsse zu ziehen über Mittel und Wege<lb/> zu ihrer Nutzbarmachung für die deutsche Volkswirtschaft. Dabei ist die erfreu¬<lb/> liche Tatsache zutage getreten, daß wir eigentlich gar keine Veranlassung haben,<lb/> zu klagen oder mutlos zu sein. Ein- und Ausfuhr in unsern Kolonien sind<lb/> in stetigem Steigen begriffen, einige Kolonien bringen sogar ihre Verwaltungs-<lb/> kosten selbst auf, und es wird nicht lange mehr dauern, so werden die andern<lb/> Kolonien ebensoweit sein. Die öffentliche Meinung ist über die Bedeutung der<lb/> Kolonien andrer Ansicht geworden, und damit ist deren Stellung im Rahmen<lb/> der Gesamtpolitik gefestigt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1985"> Wir stehn im Begriff, die Konsequenzen der veränderten politischen Lage zu<lb/> ziehen und durch eine groß angelegte Erschließungstätigkeit die Entwicklung des<lb/> Kolonialbesitzes zu beschleunigen- Dies soll durch den Bau einer Reihe von Eisen¬<lb/> bahnlinien, wasserwirtschaftliche Anlagen, große Pflanzuugs- und Bergwerks¬<lb/> unternehmungen geschehen. Vorarbeiten mancher Art sind schon gemacht worden,<lb/> und das notwendige Kapital wird sich, soweit es nicht schon zur Verfügung steht,<lb/> finden. Offen bleibt nur die Frage: Wer wird die notwendige Arbeit leisten?</p><lb/> <p xml:id="ID_1986" next="#ID_1987"> Damit sind wir bei dem Kern der wirtschaftlichen Kolonialpolitik angelangt,<lb/> bei der Arbeiterfrage oder, was dasselbe ist, der Eingebornenfrage. Denn das</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzbowi I.1S08 52</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0405]
[Abbildung]
Koloniale (Lingebornenpolitik und Arbeiterfrage
Rudolf Wagner vonin Berlin
or wenig Jcihren noch galten unsre Kolonien bei der großen
Menge des deutschen Volks für mehr oder minder wertlos, und
auch der Kolonialfreund wußte zu ihren Gunsten eigentlich nichts
weiter ins Feld zu fuhren, als daß es eine nationale Ehrensache
sei, sie trotz ihrer ansehnlichen Kosten durchzuhalten. Es ist das
unbcstrittne Verdienst des Staatssekretärs Dernburg, daß er es verstanden hat,
der wirtschaftlichen Betrachtungsweise in der Kolonialpolitik Geltung zu ver¬
schaffen. Erst seit Beginn der „Ära Dernburg", also seit etwa anderthalb
Jahren, haben wir eigentlich begonnen, uns über den wirtschaftlichen Wert unsrer
Kolonien Rechenschaft zu geben, uus über die Grundlagen ihres wirtschaftlichen
Lebens klar zu werden und daraus Schlüsse zu ziehen über Mittel und Wege
zu ihrer Nutzbarmachung für die deutsche Volkswirtschaft. Dabei ist die erfreu¬
liche Tatsache zutage getreten, daß wir eigentlich gar keine Veranlassung haben,
zu klagen oder mutlos zu sein. Ein- und Ausfuhr in unsern Kolonien sind
in stetigem Steigen begriffen, einige Kolonien bringen sogar ihre Verwaltungs-
kosten selbst auf, und es wird nicht lange mehr dauern, so werden die andern
Kolonien ebensoweit sein. Die öffentliche Meinung ist über die Bedeutung der
Kolonien andrer Ansicht geworden, und damit ist deren Stellung im Rahmen
der Gesamtpolitik gefestigt.
Wir stehn im Begriff, die Konsequenzen der veränderten politischen Lage zu
ziehen und durch eine groß angelegte Erschließungstätigkeit die Entwicklung des
Kolonialbesitzes zu beschleunigen- Dies soll durch den Bau einer Reihe von Eisen¬
bahnlinien, wasserwirtschaftliche Anlagen, große Pflanzuugs- und Bergwerks¬
unternehmungen geschehen. Vorarbeiten mancher Art sind schon gemacht worden,
und das notwendige Kapital wird sich, soweit es nicht schon zur Verfügung steht,
finden. Offen bleibt nur die Frage: Wer wird die notwendige Arbeit leisten?
Damit sind wir bei dem Kern der wirtschaftlichen Kolonialpolitik angelangt,
bei der Arbeiterfrage oder, was dasselbe ist, der Eingebornenfrage. Denn das
Grenzbowi I.1S08 52
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