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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmahgebliches

hat, braucht nicht aufgeworfen zu werden. Für die Erklärung der angeblichen
Schwenkung der deutschen Politik kommt nur in Betracht, ob die deutsche Regierung
glaubte oder glauben mußte, daß er sich als solcher nicht nur gebärdete, sondern auch be¬
zeichnete. Nach den Dokumenten des Weißbuchs ist ein Zweifel darüber nicht möglich.

Delcasse setzt dann auseinander, er habe Deutschland nicht ignoriert und in
durchaus freundlicher Weise alle notwendigen Mitteilungen über die Marokko be¬
treffenden Verträge gemacht. Delcasse verschweigt aber hier, was er als Diplomat
wissen muß, daß zwischen einer offiziellen Mitteilung und einer Bemerkung im Ge¬
spräch, wie sie Delcasse gegenüber dem Fürsten Radolin gemacht hat, ein bedeutender
Unterschied ist. Wir können diesen alten Streit um so mehr auf sich beruhen lassen,
als die Mehrzahl der Franzosen dieses Vorgehen Delcasses als Fehler erkannt hat.

Indem nun Delcasst auf diese Weise die wirklichen Gründe, die das deutsche
Vorgehen bestimmt haben, wegzaubert, sucht er nach andern: wenn man auch an¬
gesichts einiger in Algeciras gemachter Vorschläge nicht schwören könne, daß Marokko
nicht mitgespielt habe (sollte er damit wirklich an Absichten Deutschlands auf Marokko
glauben machen wollen?), so gebe es doch etwas andres. "Europa entwand sich einer
Art Hegemonie, und in dem befreiten Europa drängten sich alle diejenigen Mächte,
die die Unabhängigkeit im Herzen trugen, um Frankreich." Dieser Satz hat auf
alle" Bänken spontanen lebhaften Beifall hervorgerufen, der jedoch die Beifall¬
spendenden nicht abhalten wird, zu entdecken, daß es sich um eine gefällige Ein¬
bildung handelt. Delcasse' gleitet schnell daran vorbei, daß Deutschland um seiner
Interessen willen gegen eine Politik des Ausschlusses der offnen Tür in Marokko
und um seines Ansehens willen gegen eine Politik der Ignorierung auftreten mußte.
Um die Lücke seiner Beweisführung zu verbergen, stellt er das imaginäre Bild
eines bösen Riesen Goliath hinein, der den Tyrannen Europas spielen will, und der
vor David, der mutig für die Freiheit der Völker kämpft, ergrimmt das Feld
räumen muß.

Delcasse spielt dann auf die bekannten Vorgänge bei seinem Rücktritt an.
Dabei behauptet er, seine Politik hätte nie zum Kriege geführt. Als Beweis
seiner Behauptung zitiert er abermals zu Unrecht den deutschen Reichskanzler, der
im vollen Reichstag den Gedanken eines Krieges um Marokko von sich gewiesen
hätte. Der Reichskanzler hat jüngst im Reichstag von zwei sogenannten Kriegs¬
gefahren gesprochen, die eine, zur Zeit einer angeblich geplanten aber nicht zustande
gekommnen Begegnung zwischen dem Präsidenten Loubet und dem Kaiser Wilhelm,
die andre wegen Marokkos. Die erste hat er zurückgewiesen, über die andre hat
er gesagt, wir hätten ebensowenig um Marokko als 1870 um die spanische Erb¬
folgefrage Krieg geführt. Die Lage sei aber ernst und unser Ansehen engagiert
gewesen. Delcasse wird ohne weiteres zugeben müssen, daß diese Äußerung das Gegen¬
teil dessen sagt, was er aus ihr herauslesen will. Deutschland wollte auch nicht,
wie Delcasst dann weiter behauptet, durch die Konferenz Frankreich herabwürdigen
und das Bündel seiner Allianzen und Freundschaften zerbrechen, sondern sich seine
wirtschaftlichen Rechte in Marokko durch Verträge sichern.

Delcasse rechtfertigt dann seine Ententenpolitik. Er führt in durchaus ein¬
wandfreier Weise aus, von welchem Vorteil die Untsnw ooiMüs sei, wie diese
Kombination in der Natur der Dinge selbst liege, und wie auch, was manchem
anfangs unmöglich schien, diese Entente mit der russischen Allianz in Einklang zu
bringen gelungen sei. Alles das ist gewiß richtig, und kein Mensch wird Delcasses
Verdienst an diesen Dingen verkleinern wollen. Er schildert dann weiter die
Stellung, die Frankreich infolge dieser Ententenpolitik einnehme. Daß bei dieser
Schilderung kräftige chauvinistische Töne gegen Deutschland mit anklingen, ist wohl
mehr in der rhetorischen Situation als in den Tatsachen selbst begründet. >


Grenzboten I 1908 33
Maßgebliches und Unmahgebliches

hat, braucht nicht aufgeworfen zu werden. Für die Erklärung der angeblichen
Schwenkung der deutschen Politik kommt nur in Betracht, ob die deutsche Regierung
glaubte oder glauben mußte, daß er sich als solcher nicht nur gebärdete, sondern auch be¬
zeichnete. Nach den Dokumenten des Weißbuchs ist ein Zweifel darüber nicht möglich.

Delcasse setzt dann auseinander, er habe Deutschland nicht ignoriert und in
durchaus freundlicher Weise alle notwendigen Mitteilungen über die Marokko be¬
treffenden Verträge gemacht. Delcasse verschweigt aber hier, was er als Diplomat
wissen muß, daß zwischen einer offiziellen Mitteilung und einer Bemerkung im Ge¬
spräch, wie sie Delcasse gegenüber dem Fürsten Radolin gemacht hat, ein bedeutender
Unterschied ist. Wir können diesen alten Streit um so mehr auf sich beruhen lassen,
als die Mehrzahl der Franzosen dieses Vorgehen Delcasses als Fehler erkannt hat.

Indem nun Delcasst auf diese Weise die wirklichen Gründe, die das deutsche
Vorgehen bestimmt haben, wegzaubert, sucht er nach andern: wenn man auch an¬
gesichts einiger in Algeciras gemachter Vorschläge nicht schwören könne, daß Marokko
nicht mitgespielt habe (sollte er damit wirklich an Absichten Deutschlands auf Marokko
glauben machen wollen?), so gebe es doch etwas andres. „Europa entwand sich einer
Art Hegemonie, und in dem befreiten Europa drängten sich alle diejenigen Mächte,
die die Unabhängigkeit im Herzen trugen, um Frankreich." Dieser Satz hat auf
alle» Bänken spontanen lebhaften Beifall hervorgerufen, der jedoch die Beifall¬
spendenden nicht abhalten wird, zu entdecken, daß es sich um eine gefällige Ein¬
bildung handelt. Delcasse' gleitet schnell daran vorbei, daß Deutschland um seiner
Interessen willen gegen eine Politik des Ausschlusses der offnen Tür in Marokko
und um seines Ansehens willen gegen eine Politik der Ignorierung auftreten mußte.
Um die Lücke seiner Beweisführung zu verbergen, stellt er das imaginäre Bild
eines bösen Riesen Goliath hinein, der den Tyrannen Europas spielen will, und der
vor David, der mutig für die Freiheit der Völker kämpft, ergrimmt das Feld
räumen muß.

Delcasse spielt dann auf die bekannten Vorgänge bei seinem Rücktritt an.
Dabei behauptet er, seine Politik hätte nie zum Kriege geführt. Als Beweis
seiner Behauptung zitiert er abermals zu Unrecht den deutschen Reichskanzler, der
im vollen Reichstag den Gedanken eines Krieges um Marokko von sich gewiesen
hätte. Der Reichskanzler hat jüngst im Reichstag von zwei sogenannten Kriegs¬
gefahren gesprochen, die eine, zur Zeit einer angeblich geplanten aber nicht zustande
gekommnen Begegnung zwischen dem Präsidenten Loubet und dem Kaiser Wilhelm,
die andre wegen Marokkos. Die erste hat er zurückgewiesen, über die andre hat
er gesagt, wir hätten ebensowenig um Marokko als 1870 um die spanische Erb¬
folgefrage Krieg geführt. Die Lage sei aber ernst und unser Ansehen engagiert
gewesen. Delcasse wird ohne weiteres zugeben müssen, daß diese Äußerung das Gegen¬
teil dessen sagt, was er aus ihr herauslesen will. Deutschland wollte auch nicht,
wie Delcasst dann weiter behauptet, durch die Konferenz Frankreich herabwürdigen
und das Bündel seiner Allianzen und Freundschaften zerbrechen, sondern sich seine
wirtschaftlichen Rechte in Marokko durch Verträge sichern.

Delcasse rechtfertigt dann seine Ententenpolitik. Er führt in durchaus ein¬
wandfreier Weise aus, von welchem Vorteil die Untsnw ooiMüs sei, wie diese
Kombination in der Natur der Dinge selbst liege, und wie auch, was manchem
anfangs unmöglich schien, diese Entente mit der russischen Allianz in Einklang zu
bringen gelungen sei. Alles das ist gewiß richtig, und kein Mensch wird Delcasses
Verdienst an diesen Dingen verkleinern wollen. Er schildert dann weiter die
Stellung, die Frankreich infolge dieser Ententenpolitik einnehme. Daß bei dieser
Schilderung kräftige chauvinistische Töne gegen Deutschland mit anklingen, ist wohl
mehr in der rhetorischen Situation als in den Tatsachen selbst begründet. >


Grenzboten I 1908 33
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[0257] Maßgebliches und Unmahgebliches hat, braucht nicht aufgeworfen zu werden. Für die Erklärung der angeblichen Schwenkung der deutschen Politik kommt nur in Betracht, ob die deutsche Regierung glaubte oder glauben mußte, daß er sich als solcher nicht nur gebärdete, sondern auch be¬ zeichnete. Nach den Dokumenten des Weißbuchs ist ein Zweifel darüber nicht möglich. Delcasse setzt dann auseinander, er habe Deutschland nicht ignoriert und in durchaus freundlicher Weise alle notwendigen Mitteilungen über die Marokko be¬ treffenden Verträge gemacht. Delcasse verschweigt aber hier, was er als Diplomat wissen muß, daß zwischen einer offiziellen Mitteilung und einer Bemerkung im Ge¬ spräch, wie sie Delcasse gegenüber dem Fürsten Radolin gemacht hat, ein bedeutender Unterschied ist. Wir können diesen alten Streit um so mehr auf sich beruhen lassen, als die Mehrzahl der Franzosen dieses Vorgehen Delcasses als Fehler erkannt hat. Indem nun Delcasst auf diese Weise die wirklichen Gründe, die das deutsche Vorgehen bestimmt haben, wegzaubert, sucht er nach andern: wenn man auch an¬ gesichts einiger in Algeciras gemachter Vorschläge nicht schwören könne, daß Marokko nicht mitgespielt habe (sollte er damit wirklich an Absichten Deutschlands auf Marokko glauben machen wollen?), so gebe es doch etwas andres. „Europa entwand sich einer Art Hegemonie, und in dem befreiten Europa drängten sich alle diejenigen Mächte, die die Unabhängigkeit im Herzen trugen, um Frankreich." Dieser Satz hat auf alle» Bänken spontanen lebhaften Beifall hervorgerufen, der jedoch die Beifall¬ spendenden nicht abhalten wird, zu entdecken, daß es sich um eine gefällige Ein¬ bildung handelt. Delcasse' gleitet schnell daran vorbei, daß Deutschland um seiner Interessen willen gegen eine Politik des Ausschlusses der offnen Tür in Marokko und um seines Ansehens willen gegen eine Politik der Ignorierung auftreten mußte. Um die Lücke seiner Beweisführung zu verbergen, stellt er das imaginäre Bild eines bösen Riesen Goliath hinein, der den Tyrannen Europas spielen will, und der vor David, der mutig für die Freiheit der Völker kämpft, ergrimmt das Feld räumen muß. Delcasse spielt dann auf die bekannten Vorgänge bei seinem Rücktritt an. Dabei behauptet er, seine Politik hätte nie zum Kriege geführt. Als Beweis seiner Behauptung zitiert er abermals zu Unrecht den deutschen Reichskanzler, der im vollen Reichstag den Gedanken eines Krieges um Marokko von sich gewiesen hätte. Der Reichskanzler hat jüngst im Reichstag von zwei sogenannten Kriegs¬ gefahren gesprochen, die eine, zur Zeit einer angeblich geplanten aber nicht zustande gekommnen Begegnung zwischen dem Präsidenten Loubet und dem Kaiser Wilhelm, die andre wegen Marokkos. Die erste hat er zurückgewiesen, über die andre hat er gesagt, wir hätten ebensowenig um Marokko als 1870 um die spanische Erb¬ folgefrage Krieg geführt. Die Lage sei aber ernst und unser Ansehen engagiert gewesen. Delcasse wird ohne weiteres zugeben müssen, daß diese Äußerung das Gegen¬ teil dessen sagt, was er aus ihr herauslesen will. Deutschland wollte auch nicht, wie Delcasst dann weiter behauptet, durch die Konferenz Frankreich herabwürdigen und das Bündel seiner Allianzen und Freundschaften zerbrechen, sondern sich seine wirtschaftlichen Rechte in Marokko durch Verträge sichern. Delcasse rechtfertigt dann seine Ententenpolitik. Er führt in durchaus ein¬ wandfreier Weise aus, von welchem Vorteil die Untsnw ooiMüs sei, wie diese Kombination in der Natur der Dinge selbst liege, und wie auch, was manchem anfangs unmöglich schien, diese Entente mit der russischen Allianz in Einklang zu bringen gelungen sei. Alles das ist gewiß richtig, und kein Mensch wird Delcasses Verdienst an diesen Dingen verkleinern wollen. Er schildert dann weiter die Stellung, die Frankreich infolge dieser Ententenpolitik einnehme. Daß bei dieser Schilderung kräftige chauvinistische Töne gegen Deutschland mit anklingen, ist wohl mehr in der rhetorischen Situation als in den Tatsachen selbst begründet. > Grenzboten I 1908 33

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311080/257>, abgerufen am 22.07.2024.